81. Jahrgang.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwab. Landwirt.
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Magokd, Mittwoch dm 15. Mai
Einig, friedlich und stark.
Die große Kundgebung zur äußeren Politik, die der Reichstag bei der Beratung des Gehalts des Reichskanzlers am 30. April veranstaltet hat, war in erster Linie beachtenswert durch die völlige Einmütigkeit, mit der sich sämtliche deutsche Parteien zum Gedanken des Patriotismus bekannt haben. Selbst die Sozialdemokraten haben, gewarnt durch ihre Fehlschläge bei der letzten Wahl, nicht gewagt, in diese Harmonie einen Mißklang zu bringen, so daß sich an diesem denkwürdigen Tage ein einiges Deutschland, einig nicht nur von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt, sondern auch einig in seinen sozialen Schichten vom Arbeiter bis zum Großgrundbesitzer in geschlossener Linie dem Auslande, dessen Blicke an diesem Tage aus dem Reichstage ruhten, darbot.
Es ist klar, daß eine derartige Kundgebung aus dem Hause im Auslande bedeutender wirken muß, als die schönste Rede des verantwortlichen Leiters der deutschen Politik. Der Reichstag hat sich den aufrichtigen Dank des ganzen urteilsfähigen deutschen Volkes erworben, dafür, daß er diesen Tag nicht zu kleinlichen Bemängelungen gemißbraucht, sondern durch diese bedeutende einmütige Kundgebung gezeigt hat, was das deutsche Volk in der Schule seines großen politischen Lehrmeisters, Bismarcks, und in der Zeit Kaiser Wilhelms l gelernt hat. Die Hoffnung, die Bismarck einst ausgesprochen hat, daß man Deutschland nur in den Sattel zu setzen brauche, reiten werde es schon können, hat der Reichstag an jenem Tage dadurch erfüllt, daß er ohne jede Anregung von der Regierung, aus sich heraus, diese patriotische Einmütigkeit des deutschen Volkes so wirkungsvoll bekundet hat. Vielleicht kann man sogar diese tapfere und selbstbewußte Haltung, ohne siie zu sehr zu überschätzen, neben bas große Bismarckische Wort: „Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts in dieser Welt" stellen. Denn damals, wie auch heute, war der politische Gesichtskreis umwölkt, so daß das deutsche VE nur mit Sorgen in die Zukunft schauen konnte. Möge die furchtlose ruhige Sicherheit, die die Erwählten des deutschen Volkes am 30. April bekundet haben, diese Wolken zerstreuen, so wie Bismarcks Wort vor nunmehr 19 Jahren die Kriegsgefahr beseitigt hat.
Es war erfreulich, daß der Reichskanzler die Ausführungen aus dem Hause nur in wenig und nicht einmal ausschlaggebenden Punkten zu ergänzen brauchte, im allgemeinen aber seine volle Zustimmung zu ihnen erklären konnte. Dadurch verlor allerdings seine Rede an Bedeutung gegenüber anderen Reden, die er bei ähnlichen Anlässen gehalten hatte, dagegen wurde aber die ganze Kundgebung, als aus dem Volke selbst herstammend, um so wichtiger und eindrucksvoller vor dem Auslande. Das aber hat Fürst Bü- low sicherlich selbst erstrebt, indem er zunächst dem Hause Gelegenheit gab, sich zu äußern und selbst erst verhältnismäßig spät zum Worte griff. Was dieser Kundgebung aber besonderen Wert verleiht, das ist, daß durch sie kein anderes Land bedroht wird, sondern, daß sie eine Kundgebung zum Frieden war, dessen Hüter und Schützer Deutschland jetzt seit fast 40 Jahren in Europa ist. Niemand in der Welt
konnte sich durch diese deutsche Einmütigkeit überrascht und bedroht fühlen, was auch ausdrücklich von den aufrichtigen Blättern des Auslandes anerkannt worden ist.
Aber wenn wir auch den Frieden wünschen und erstreben, so darf das für uns kein Grund sein, unsere Wehrhaftigkeit zu vernachlässigen. Wir haben den Frieden nur deshalb so lange erhalten, weil wir stark waren, wogegen der Schwache und Wehrlose nur zu leicht den Uebermut einer anderen Macht herausfordert. Deutschland möchte die Erfahrungen, die es im dreißigjährigen Kriege und vor 100 Jahren in der napoleonischen Zeit gemacht hat, nicht noch einmal machen. Deshalb war es gleichfalls erfreulich und bewies ein hohes Maß von politischer Einsicht, daß fast von allen Rednern der, einer durchaus unklaren Friedensbegeisterung entsprungene Abrüstungsgedanke bekämpft wurde als unausführbar und außerdem als friedensgefährlich, wie sich auch die internationale Spannung seit dem Auftreten dieses Gedankens wesentlich verschärft habe. sDabei bleibt aber das Ideal doch der unbewaffnete Friede. D. R.sl Gerade wir Deutschen haben keine Veranlassung, von unserer bewährten Art, den Frieden zu erhalten dadurch, daß wir so stark sind, daß uns niemand-anzugreifen wagt, abzugehen, denn sie Hilst uns, das Erbe einer großen Vergangenheit zu bewahren, und bedroht niemand, als höchstens den, der es wagen sollte, daran zu tasten.
KoMische Hlebersicht.
Einer Einladung des Kriegsministers v. Einem
zur Besichtigung der Schießplätze in Jüterbog waren am Freitag die Budgetkommission des Reichstags und zahlreiche Abgeordnete aller Parteien — auch der sozialdemokratischen Partei — gefolgt. Den Herren wurde eine Hebung mit den neuen Maschinengewehren und den neuen Rohrrücklaufgeschützen vorgeführt. Es wurde auf Schützenlinien, die durch Holzsiguren markiert waren, auf eine Entfernung von 2500 Metern geschossen; 75 Proz. Treffer wurden erzielt. Die Geschütze wurden in indirektem Feuer, d. h. so, daß sie und die Mannschaft dem Blick des Feindes durch eine Anhöhe entzogen waren, vorgeführt. Nach vier Schüssen hatten sich die Geschütze auf die richtige Entfernung, 4000 Meter, eingeschossen.
I» Frankreich ist die Depntiertenkammer wieder znsammengetreten und hat ihre Arbeiten mit einem gewaltigen Sturmlauf gegen das Ministerium Cls- menceau begonnen, dessen Taktik besonders in der Arbeiterund Beamten-Syndikatsfrage in letzter Zeit sehr viel Mißfallen erregt hat. Bisher ist es Clsmenceauinoch nicht gelungen, sich vor den zahlreich eingebrachten Interpellationen durch Ablenkung der Debatte auf allgemeinere politische Fragen zu retten. Die Mißstimmung — auch über die bisherige Unfruchtbarkeit des Ministeriums — findet indessen so unverhohlen Ausdruck, daß man annehmen kann, Cttmenceaus Tage seien gezählt.
Die englische Kolonialkonserenz nahm eine von der Regiemng vorgeschlagene Resolution an, in der anerkannt wird, daß die Förderung des Handelsverkehrs innerhalb des
Das Testament des Bankiers. !
Kriminalroman von A. M. Barbour.
Autorisiere — Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
Frau La Grange erzählte weiter: „Mein Mann sagte, daß er das, mich als seine Frau anzuerkennen, allerdings noch nicht gleich tun könnte, weil er hier nur als unverheiratet bekannt sei, er wolle aber alles vorbereiten, um sich in einiger Zeit noch einmal öffentlich mit mir trauen zu lassen, damit ich endlich den mir gebührenden Platz einnehmen könne. Ich Närrin ließ mich betören und wartete und wartete. Inzwischen wurde unser Kind geboren, und dies gab ihm neuen Anlaß zu einer weiteren Verschiebung der Sache. Ich glaube, wenn ich ihn nicht in meiner Hand gehabt, wenn er nicht gefürchtet hätte, durch mich entlarvt zu werden, würde er mich mit dem Ende einfach auf die Straße gesetzt haben, so aber wagte er das nicht. Er erfand den Ausweg, mich in Witwenkleidung mit dem Knaben hierher nach Schöneiche kommen zu lassen, und sprengte aus, ich wäre eine entfernte Verwandte, die ihm den Haushalt führen sollte. So habe ich aus Liebe für mein Kind den Vater nicht, wie ich dies hätte tun können, in eine Verbrecherzelle gebracht, und in der Hoffnung, unseren Sohn doch endlich noch in seine Rechte eingesetzt zu sehen, ein doppeltes Leben geführt, das heißt, als Dienerin gegolten, wo ich die rechtmäßige Herrin war."
Mit atemloser Spannung folgten die Versammelten diesen Enthüllungen.
„Können Sie die Papiere über Ihren mit Herrn Main- waring geschlossenen Ehebund vorlegen?" fragte nun der Coroner.
- Die Augen der Zeugin sprühten plötzlich Haß und Grimm.
„Das vermag ich leider nicht, da mein Mann den Trauschein verwahrte und mir bei meinen Vorstellungen öfter drohte, ihn zu vernichten. Wenn er diese Drohung nicht wirklich ausgeführt hat, wird sich der Schein im Geldschrank befinden. Indessen kann ich für alle Fälle einen Zeugen stellen, der der Trauung beiwohnte und den Schein unterschrieb."
„Wer war der Zeuge?"
„Richard Hobson aus London."
Der Coroner machte sich eine flüchtige Notiz.
„So sind Sie also mit dem Manne bekannt?"
„Natürlich, er war ja eine Zeitlang der Anwalt meines Mannes."
„Er soll gestern hier gewesen sein. Ist Ihnen das bekannt?"
„Ja; er war bei mir."
„Galt der Besuch Ihnen, oder wollte Herr Hobson durch Ihre Vermittlung eine Unterredung mit Herrn Main- waring erlangen?"
„Sein Besuch galt nur mir. Ich hatte in eigenen Geschäftsangelegenheiten mit ihm zu tun. Von der Absicht, meinen Mann zu sprechen, erwähnte er nichts."
„Sahen Sie ihn in letzter Zeit öfter bei sich?"
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Reichs am besten gesichert sei, wenn jedem Teil Frechett zu
eigenem Vorgehen gewährt werde. Am Sonnabend scheint die Konferenz ihr Ende gesunden zu haben. Botha hat an diesem Tag, nach einer Audienz beim König, die Heimreise nach Südafrika angetreten. Nach einer Mitteilung im Unterhaus hat die Regierung beschlossen, zur Linderung der Not der von dem Erdbeben auf Jamaika betroffenen Familien 150000 Pfund Sterling und ebenso der Verwaltung von Jamaika eine Anleihe im Betrag von 800000 Pfd. Sterling zu bewilligen. ^
In Marokko ist nunmehr das Reglement über den Verkehr mit Jagd- und Luxuswaffen endgültig festgestellt worden. Danach hat jedes Land das Recht auf eine Verkaufsstelle ausländischer Waffen, lieber die Inhaber der Verkaufsstellen enthält das Reglement besondere Bestimmungen. Die Zahl der Waffen ist einer Beschränkung unterworfen. — Die französische Regiemng hat nach Prüfung der Antwort des Machsen auf die französischen Beschwerden ihren Gesandten in Tanger aufgefordert, von den bereits versprochenen Punkten der Genugtuung Akt zu nehmen. Die Regiemng hat aber die Bemerkung hinzugesügt, daß keinerlei Unterhandlung möglich sei, bevor nicht alle Forderungen ohne Ausnahme bewilligt worden seien. Die Regiemng hat den Vorschlag des Machsen, es möge eine Kommission ernannt werden, die die Grenze der Stämme Mauretaniens festsetzen soll, als exorbitant abgelehnt. — Nachrichten aus Marrakesch fprechen von einer großen Erregung der südlichen Stämme, die anscheinend danach streben, die Mörder Dr. Mauchamps der Bestrafung zu entziehen. In Tanger sind beunmhigende Gerüchte im Umlauf, nach denen der Rhamnan-Stamm, einer der mächtigsten im Distrikt von Marrakesch, sich ohne Blutvergießen der Stadt Marrakesch bemächtigt habe. Den Europäern sei eine 14tägige Frist zur Räumung der Stadt gegeben unter Zusicherung freien Geleits bis zur Küste. Die Rhamnans verlangten, daß die Untersuchung gegen die wegen der Ermordung des Dr. Mauchamp Verhafteten in Marrakesch geführt werde. Ferner verweigerten sie die Anerkennung Ben Ghazis als Pascha von Marrakesch.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher NeichStag.
Berlin, 13. Mai.
Beratung des Handelsabkommens mit Amerika.
Graf Kanitz (kons.): Die Schwierigkeiten im Verkehr mit Amerika sind durch den Dingleytarif gesteigert. Ich bedauere, daß die Hoffnungen unserer Industrie nicht erfüllt worden sind. Leider hat auch der Abg. Kämpf als Vorsitzender des Handelstags sich für den Antrag ausgesprochen. Wenn sich die Industrie so verhält, werden wir nicht gegen den Vertrag stimmen. Wir werden dann von Amerika lernen, was man durch rücksichtslose, zielbewußte Politik erreicht. (Lebhafter Beifall.)
Herold (Ztr.): Wir stehen vor einem Vertrag, den wir entweder annehmen oder ablehnen können; wenn wir ihm trotzdem zustimmen, so geschieht es in der Erwartung, daß die verbündeten Regiemngen energisch danach streben,
„Nur gestern vormittag und dann noch einmal am Abend, als er seinen Schreiber mitbrachte."
„Zwischen elf und zwölf Uhr nachts, Frau La Grange, sind Sie noch bei Herrn Mainwaring in der Bibliothek gewesen. Wie lange blieben Sie bei ihm?"
Zornesröte stieg ihr ins Gesicht bei der auch jetzt noch von dem Coroner beibehaltenen Anrede mit dem bisher von ihr geführten Namen, und ziemlich spitz erwiderte sie:
„Ich dürste mich ungefähr eine halbe Stunde bei meinem Manne aufgehalten haben."
„Sie hörten, was Herr Skott darüber aussagte. Hat er Ihre Worte richtig wiedergegeben?"
„Ich zweifle durchaus nicht daran und bewundere sein Gedächtnis, da ich mich nicht mehr so genau wie er all meiner Worte erinnere.
„Welche Bedeutung also hatte Ihre gegen Herrn Mainwaring ausgestoßene Drohung, er und seine Verwandtschaft sollten ihr Werk bereuen?"
„Sie sollte bedeuten — und mein Mann verstand das sehr gut —, ich würde gegen das Testament Einfpruch erheben und ihn auf die Anklagebank bringen."
„Wie verhielt er sich dazu?"
„Er antwortete mir, wie gewöhnlich, mit Hohn und Spott, konnte aber dabei doch nicht seine heimliche Furcht verbergen. Um zu einem Ende zu kommen, schlug ich ihm einen Ausgleich vor. Die Antwort darauf wollte ich mir bald holen. Dann verließ ich ihn.
(Fortsetzung folgt.)