8s. Jahrgang.
Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1 mit Trägerlohn 1.20«^, im Bezirksund 10 Lw-Verkehr 1.25 «X, im übrigen Württemberg 1.3S Monatsabonnemenls nach Verhältnis.
AevnfpvecHer Wv. 29.
KerrrsprecHev Wr. 29.
Auflage 2600.
Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirl.
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Magold, Montag dm 13. Mai
1S07
AmllicheS.
. Nagold.
Aushebung der Militärpflichtige«.
Das diesjährige Aushebungsgeschäft findet am Mittwoch den SS. Mai vormittags von 8 /, Uhr an und am Donnerstag den SS. Mai d. I. vormittags von 8 Uhr an ans dem Rathaus in Nagold fiatt.
Es haben auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen: am Mittwoch den SS. Mai vorm. 8 Uhr:
Die Reklamierten mit ihren Angehörigen, die als dauernd untauglich erklärten, die zum Landsturm und zur Ersatzreserve vorgeschlagenen Militärpflichtigen, sowie sämtliche Schneider, insbesondere auch die als tauglich bezeich- neten Schneider;
am Donnerstag de« SS« Mai vorm. / 8 Uhr:
Sämtliche als tauglich bezeichnten Militärpflichtigen mit Ausnahme der schon auf Mittwoch vorgeladenen Schneider.
Die Ortsvorsteher erhalten die Weisung, die vor die K. Oberersatzkommission zu beordernden Militärpflichtigen, über welche ihnen besondere Verzeichnisse zukommen werden, mit dem Anfügen vorzuladen, daß sie bei Vermeidung der gesetzlichen Strafen und Rechtsnachteile an den genannten Tagen vormittags8 Uhr bezw. l -8 Uhr auf dem Rathaus in Nagold zu erscheinen haben. Auch sind die Militärpflichtigen auf die Bestimmungen der Wehrordnung M 65 Z. 3, 71 Z. 7 und 72 Z. 3 aufmerksam zu machen, wonach Versuche Militärpflichtiger zur Täuschung gerichtlich bestraft werden, die Entscheidungen der K. Oberersatzkommission endgültig sind und jeder in den Grundlisten des Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige berechtigt ist, im Aushebungstermin zu erscheinen und der Oberersatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen.
Ferner haben die Ortsvorsteher darauf hinzuwirken, daß die Militärpflichtigen mit reingewaschenem Körper und reiner Wäsche erscheinen. Diejenigen Militärpflichtigen, welche an Schwerhörigkeit zu leiden behaupten, haben das Innere der Ohren gründlich zu reinigen, um eine Untersuchung derselben zu ermöglichen.
Ortskundige Fehler der Militärpflichtigen (geistige Beschränktheit, Epilepsie rc.) sind — soweit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht wurden — vor der Aushebung dem Unterzeichneten anzuzeigen. Bei Schwerhörigen, Nervenleidenden, Stotterern, Geisteskranken oder Taubstummen verlang! die K. Oberersatzkommission Vorlage von ärztlichen Zeugnissen.
Es wird daraus aufmerksam gemacht, daß Familien- , Verhältnisse halber ein Militärpflichtiger niemals zum Train : bestimmt wird und daher derartige Gesuche wertlos sind. !
Die Eröffnungsurkunden der Vorladung der Militär- s pflichtigen sind unter Anschluß der Losungsscheine spätestens bis IS. Mai d. I. hieher vorzulegeu. Ueber sämtliche ? vorhandenen Schneider (tauglich und nicht tauglich) sind S Arbeitszeugnisse alsbald anher vorzulegen. !
Militärpflichtige, welche sich auswärts aushalten, dürfen j
nicht von anderen Bezirken hieher zur Aushebung berufen
werden, sind vielmehr zu belehren, daß sie sich am Orte ihres dauernden (nicht bloß vorübergehenden) Aufenthalts zur Stammrolle anzumelden und zur Aushebung zu stellen haben.
Sodann haben die Ortsvorsteher darauf zu achten, daß keine Scheinverzüge Vorkommen. Bei denjenigen Militärpflichtigen, welche vor der Aushebung sich wieder nach Hause begeben, ist sich daher zu vergewissern, ob sie nicht in der Absicht gekommen sind, um an der'Aushebung teilzunehmen und hernach wieder an ihren früheren Ort zurückzukehren. Es ist daher von jetzt an bei jeder Neuanmeldung zu berichten, ob nicht ein Scheinverzug des Militärpflichtigen vorliegt.
Von der Beiziehung der Ortsvorsteher zum Aushebungsgeschäft wird auch Heuer abgesehen.
Endlich werdendieOrtsvorsteherbeauftragt, dieStamru- rolleu pro 1S0S, 1SV6 und IS07 nebst den Beilagen zum Zweck der Prüfung durch den Zivilvorsitzenden der Kgl. Oberersatzkommission zuverlässig bis IS. Mai d. Js. an das Oberamt einzusenden.
Sollten in neuerer Zeit Strafe« gegen Militärpflichtige anerkannt worden sein, so wären solche in den Stammrollen nachzutragen und dem Oberamt in besonderem Bericht anzuzeigen.
Nagold, 7. Mai 1907.
K. Oberamt. Ritter.
YoMisPe Msöersicht.
Zwischen dem Kaiser und dem Reichskanzler
sollten nach Berichten Sensation treibender Blätter Differenzen ausgebrochen sein. Die „Nord. Allg. Ztg." hält es für nötig, diesem Gerücht entgegenzutreten und auch eine weitere Sensationsmeldung für unbegründet zu erklären, daß Fürst Bülow arbeitsmüde geworden sei.
Der Bundesrat erteilte am Montag seine Zustimmung zu der Zusatzübereinkunft zum Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Türkei vom 26. August 1890.
Ueber die schwebende« japanisch-französische« Verhandlungen äußerte der französische Minister des Aeußern, Pichon: Die Verhandlungen haben die Unterzeichnung eines Uebereinkommens zum Zweck, das neue Bürgschaften für die Aufrechterhaltung des Friedens in Ostasten schaffen soll; sie sind die logische Fortsetzung der durchaus friedlichen Politik Frankreichs, einer Politik, welche kein anderes Ziel hat, als allen Verwicklungen überall und besonders in jenen Teilen der Welt vorzubeugen, wo Frankreich besondere Interessen hat. Auch die französische Presse betont den friedlichen Charakter des erstrebten Abkommens, so daß niemand an ihm Anstoß nehmen könne.
Nach der Neubildung des belgischen Kabinetts nahm auch die Deputiertenkammer ihre Arbeit wieder auf. Sie hielt gestern ihre erste Sitzung nach der Unterbrechung ab, die jedoch sofort einen erregten und stürmischen Verlauf
nahm. Anlaß bot eine Interpellation, in der Aufklärung verlangt wurde, warum Präsident und Bureau der Kammer den Berggesetzentwurf während einer ganzen Sitzung haben diskutieren lassen, trotzdem derselbe doch schon tags zuvor zurückgezogen war. Der Präsident erklärte hierauf, daß alles ordnungsmäßig zugegangen sei. Da eine weitere Diskussion durch wüsten Lärm unmöglich wurde, sah der Präsident sich genötigt, die Sitzung aufzuheben.
Die liberale Strömung in russische« Regierungskreisen soll in erfreulicher Zunahme begriffen sein. Als Beweis wird angeführt, daß der Zar sich weigerte, eine Abordnung des reaktionären russischen Volksbunds zu empfangen oder irgendwelche Petitionen für die Auflösung der Duma entgegenzunehmen. Der Moskauer Kongreß de? Volksbunds soll untersagt worden sein. Durch einen Ukas des Zaren wurden 800 wegen politischer Vergehen Verurteilte begnadigt. Die Strafen vieler anderer wurden erheblich herabgesetzt.
Die gegenwärtigen Unruhen in Indien werden der großen Gegnerschaft zwischen Hindus und Mohammedanern zugeschrieben. Die elfteren behaupten, daß die letzteren ihre Tempel entweiht hätten; die Mohammedaner sagen, daß der von den Hindus betriebene Boykott britischer Waren ein Steigen der Preise verursacht habe. Die Eingeborenenpresse macht in außerordentlich heftiger Weise gegen die englische Verwaltung scharf; es spielt also auch die Abneigung der Inder gegen die Europäer eine wesentliche Rolle. Neuere Blättermeldungen berichten über neue Tumulte, denen nur mit Mühe beizukommen war. Man macht sich auf Schlimmes gefaßt.
Ans China wird berichtet, daß Chupao Kuei aus dem Amt eines Vizepräsidenten des Ministeriums der-inneren Verwaltung entlassen und an seine Stelle der unerprobte Beamte Wuchunghst ernannt wird. Chupao Kuei ist der einzige bewährte Beamte in dem Ministerium, und seine Entfernung wird als ein sehr reaktionärer Schritt angesehen. Ein anderes rückschrittliches Edikt setzr den Prinzen Ching an die Spitze des Kriegsministeriums, wodurch der Einfluß der Mandschus in den Armeeangelegenheiten verstärkt wird.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 10. Mai.
Die Farmereutschädiguug. Die Regierungsvorlage verlangt 7'/, Millionen, die Kommission beantragt nur 5 Millionen und zwar als Geschenk zu bewilligen. Ferner fügte die Kommission folgende Bedingung hinzu: „Die Hilfeleistung erfolgt unter der Voraussetzung, daß anderweitige Ansprüche Ms Entschädigung gegen das Reich oder die Kolonie für Verluste infolge des Eingeborenenaufstands seitens der Empfänger der Hilfeleistung nicht gestellt werden".
Gröber (Z.). Seine Partei werde sowohl gegen die Vorlage wie gegen den Vorschlag der Kommission stimmen.
Paas che (N.). Die Haltung des Zentrums sei keineswegs konsequent; wenn es früher 5 Millionen bewilligte,
Das Testament des Bankiers. !
Kriminalroman von A. M. Barbour. i
Autorisiert. — Nachdruck verboten i
(Fortsetzung.) !
„Etwa eine halbe Stunde später," fuhr Skott weiter, ! schlug ich den Rückweg ein und schritt nach der Bibliothek, ! hörte aber darin eine Stimme sehr laut und zornig sprechen ! und wartete deshalb auf dem Korridor, bis Herr Main- ! waring wieder allein war. Er gab mir nur kurz seine ! Befehle und entließ mich dann wieder." i
„War Ihnen die Stimme, die Sie hörten, fremd oder j bekannt, und konnten Sie verstehen, was gesprochen wurde?" !
„Es war die Stimme der Haushälterin; sie sprach so ! laut, daß ich alles hören mußte, und da das, was sie sagte, durchaus nicht für meine Ohren bestimmt war, zog ich mich ; außer Hörweite zurück und wartete, bis sie herauskam." >
„Wurden Sie von ihr bemerkt?" !
„Im ersten Augenblick schien mir das nicht, da sie, ^ ohne mich anzusehen, in großer Aufregung an mir vorüber- ! stürmte, dann aber, als ich an die Tür der Bibliothek klopfte, sah ich, wie sie sich plötzlich umdrehte und meinen Eintritt beobachtete."
„Sie sagten, daß Frau La Grange so laut und zornig wrach, daß, solange Sie an der Tür standen, Sie jedes Wort deutlich vemommen hätten. Sie werden also anzugeben vermögen, um was es sich bei dem Gespräche zwischen ihr und Herrn Mainwaring handelte. „Wollen Sie sich darüber näher äußern." ;
„Frau La Grange stieß schwere Beschuldigungen gegen - Hern: Mainwaring aus. Sie warf ihm vor, seinen Bruder j schmählich hintergangen und betrogen, sowie seinen eigenen ? Sohn verleugnet zu haben, und nun diesen sogar zugunsten j eines Fremden seines Erbes berauben zu wollen. ,Das aber/ ; rief sie drohend — und diese letzten von mir gehörten Worte j haben sich mir besonders eingeprägt — ,das aber soll dir ! nicht gelingen. Ich habe dich in meiner Gewalt. Du und j deine ganze hochnäsige, geldgierige Sippschaft — ihr sollt - das Werk dieses Tages noch bereuen/" !
Der Sekretär sprach diese Worte mit einer fast un- > natürlichen Ruhe, aber das Bewußtsein, den Beweis für die ! Verbrechen seines Prinzipals in der Tasche zu haben — ein i Geheimnis zu besitzen, wovon kein anderer sich etwas träumen ließ, verlieh dem Feuer seiner Augen einen besonderen Glanz. !
Im Gegensatz zu seinem gleichmütigen Wesen hatte sich - der meisten der Anwesenden eine fast fieberhafte Erregung bemächtigt. Die Bleistifte der Reporter hasteten über das > Papier, seit sich die Vernehmung so interessant gestaltete und so ergiebige, würzige Enthüllungen in Aussicht stellte. Ralph Mainwarings Gesicht war dunkelrot vor Wut, Herrn Thorn- ton schien sich kaum mehr bemeistern zu können, und Herr Whitney wurde vor Aufregung und Aerger bald rot und blaß. Nur Frau La Grange hatte ihre volle Gewalt über sich wiedergefunden und mit halb geschlossenen Augen und spöttischem Lächeln der Wiederholung der eigenen Worte gelauscht.
„Erwiderte Herr Mainwaring nichts?" fragte der Coroner weiter.
„Jawohl, ich hörte aber, da ich mich nun von der Tür zurückzog, nur noch seine Stimme, ohne etwas zu verstehen."
„Wieviel Uhr war es, als Sie dann bei ihm eintraten?"
„Einige Minuten nach zwölf."
„Und da sahen Sie Herrn Mainwaring zum letztenmal lebend?"
„Zum letztenmal."
„Wissen Sie, ob noch irgend jemand bei ihm war, nachdem Sie ihn verlassen hatten?"
„Davon ist mir nichts bekannt."
„Nach Ihrer eigenen Erklärung müssen Sie etwa eine Stunde vor seinem Tode bei ihm gewesen sein und deshalb ist es nötig, daß Sie jede Einzelheit Ihres Gespräches angeben."
„Ich bin durchaus bereit dazu, kann aber nur wenig sagen. Die Zusammenkunft dauerte überhaupt kaum zehn Minuten. Herr Mainwaring ging, als ich eintrat, gewohnheitsmäßig mit auf dem Rücken verschränkten Händen, tief in Gedanken versunken, in der Bibliothek auf und nieder. Das Turmzimmer war, wie ich durch einen Ritz der zusammengezogenen Portieren erkennen konnte, matt erleuchtet. Als er mich bemerkte, setzte er sich, gab mir sichtlich ermüdet und abgespannt nur einige Anweisungen bezüglich eingehender Telegramme und Briefe, sowie einen Zettel i^t Notizen für den nächsten Tag, und lud mich dann ein, an der Feier seines Geburtstages teilzunehmen und mich als seinen Gast zu betrachten. Ich dankte ihm und entfernte mich. Das war alles."
(Fortsetzung folgt.)