81. Jahrgang.

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Jernsprecher Wr. 29.

Isernsprechev Wv. 29.

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Mit dem Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

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Nagold, Samstag den 11. Mai

1907

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 8. Mai.

Beim Kap. Universität Straßburg bittet Ever­lin g (nt.) um Ablösung des Zuschusses des Thomasstifts Straßburg zur Erhaltung der evangelisch-theologischen Fakultät der reichsländischen Universität durch einen Reichs­zuschuß. Die katholische Fakultät genieße diesen Reichszu­schuß, die evangelische müsse von dieser Stiftung erhalten werden. Die Thomasstiftung sei, nachdem sie Jahrhunderte unter französischer Herrschaft bestanden habe, unter deutscher Herrschaft dem Ruin entgegen gegangen. Es handle sich um einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit.

Staatssekretär v. Stengel: Es handle sich hier um Verwaltungsfragen, die die elsaß-lothringische Landesregie­rung angehen.

Schräder (frs. Vg.): Es sei abnorm, daß eine deutsche Universität von einer Stiftung lebe, die selbst in bitterer Not sei. Es sei recht und billig, daß man der protestan­tischen Fakultät dasselbe bewillige, was man der katholischen Fakultät gegeben habe.

Etat für Südwestafrika.

Kolonialdirektor Dernb urg bestreitet, daß, wie Lede- bour angegeben habe, -die Kolonialverwaltung Kapitalisten in die Kolonie einführe mit der Aufforderung, sich zu be­reichern. Falsch sei auch, als ob die Regierung jedermann diskreditiere, der an der Kolonialverwaltung Kritik übe. Ledebour habe sich auch beschwert, daß der Kommandeur in Südwestafrika gegen 1709 Hottentotten nach der Haifisch- Insel habe bringen lassen. Aber man habe diese Leute unmöglich im Rücken unserer Truppen lassen können. . Wäh­rend noch die Verhandlungen schwebten, sei den Leuten bei­gebracht worden, daß sie deportiert werden sollten. Da seien sie so aufsäßig geworden, daß sie schleunigst nach der Haifisch-Insel gebracht worden seien. Nun sage Ledebour, die große Sterblichkeit unter den Hottentotten auf dieser Insel sei eine Folge ihres Aufenthaltes daselbst gewesen. Das lasse sich nicht beweisen.

Es gelangt zur Annahme die Resolution der Budget- Kommisston, daß die 4000 Mann in Südwestafrika nach Maßgabe der Entwicklung und Beruhigung des Landes ver­ringert werde.

Kolonialdirektor Dernburg: Wir stehen auf dem Standpunkt der Resolution.

Im Semorenkonvent des Reichstags stimmten gestern alle Parteien dahin überein, den Reichstag am 15. Mai bis zum Herbst zu vertagen. Es sollen nur noch das Handelsabkommen mit Amerika und die drei Beamtengesetze erledigt werden. Alle anderen Fragen, auch die Reform des Majeftätsbeleidigungsparagraphen werden bis zum Herbst zurückgestellt.

* ^ *

Das Handelsabkommen angenommen.

Berlin, 10. Mat. Die Reichstagskommission zur Vorberatung des Handelsabkommens zwischen dem Deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Amerika nahm heute nach eingehender Erörterung der von verschiedenen Seiten erhobenen Zweifel und Be­denken das Abkommen an.

Württembergischer Landtag.

r. Stuttgart, 8. Mai. Die Zweite Kammer

hat heute die Einzelberatung über dm Etat des Innern fortgesetzt und zunächst eine Forderung der Regierung von 20 000 zur Förderung von Wanderarbeitsstätten beraten, die nach einer von der Regierung hiezu in einem Nachtrag vorgelegtm Denkschrift den Zweck haben, die Bettelei und Landstreicherei zu bekämpfen durch die Gewährung von Obdach und Verpflegung durch die Leistung eines gewissen Maßes von Arbeit und den Nachweis der Einhaltung einer bestimmten Wanderordnung. Diese Arbeitsstätten sollen netzartig im ganzen Land bei staatlicher Unterstützung durch die Amtskorporationen errichtet werden. In der Debatte wurde betont, daß der vorgeschlagene Versuch gemacht werden sollte, daß er aber nur Erfolg haben könne, wenn alle Amts- korporatronen ihn machen. Andererseits wurde die For­derung aufgestellt, daß diese Arbeitsstätten des polizeilichen und armenrechtlichen Charakters entkleidet werden und die in der Denkschrift aufgestellten Grundsätze, die u. a. auch Wanderrouten vorschreiben, von der Kommission näher ge­prüft werden. Von dem Ab.g. Schick (Ztr.) wurde be­zweifelt, ob das erstrebte Ziel sich überhaupt erreichen lasse, weil namentlich im Winter, die Arbeitsgelegenheit, oft fehle und die Kosten sehr beträchtliche sein werden. Direkt gegen die Forderung sprach sich nur der Abg. Schlichte (Ztr.)

aus. Die übrigen Redner, die Abgg. Dietrich (Soz.), Böhm (D. P), Maier-Rottweil (Ztr.), Haußmann- Balingen (Vp.), Dr. Wolf (Bbd.) und Andre (Ztr.) er­klärten sich für Kommissionsberatung aus. Minister v. Pischek betonte, daß es ihm nicht um den Polizeigeift, sondern le­diglich um die Fürsorge für die Arbeitswilligen zu tun sei. Ohne eine gewisse Ordnung lasse sich das erstrebte Ziel überhaupt nicht erreichen. Gelinge der Versuch mit den Amtskorporationen nicht, so müsse die Frage mit der Kreis­ordnung ihre Lösung finden. Mit den Kreisverbänden werde er eher ans Ziel kommen als mit den Amtskorporationen. Das Ergebnis der 2 '/»ständigen Beratung war die Verweisung der Position an die volkswirtschaftliche Kommission. Eine längere Debatte knüpfte sich dann auch wie alljährlich an das Kapitel Landjägerkorps. Vizepräs. Dr. v. Kiene (Ztr.) verlangte die Wiedereinbringung eines Gesetzentwurfs über den Waffengebrauch sowie verschiedene dienstliche Er­leichterungen und vertrat zwei von ihm gestellte und von der Kommission zum Beschluß erhobene Anträge betr. Durch­führung des Dienstaltersystems mit dreijährigen Vorrückungs- stufeu schon in diesem Etat sowie betr. Vereinheitlichung der verschiedenen Bezüge der Landjäger und Stationskom­mandanten zu einem festen Gehalt unter Aufrundung der Bezüge im nächsten Etat. In der weiteren Diskussion wurde die Tüchtigkeit unseres Landjägerkorps allseitig anerkannt und dementsprechend auch eine bessere Bezahlung dieser Leute verlangt. Die alten Klagen über das Exerzieren der Land­jäger und das Verlangen nach Abschaffung der Arreststrafe wurden auch wieder vorgebracht. Minister v. Pischek wies beide Klagen als belangslos nach, stellte die Vorlegung eines Gesetzentwurfs betr. den Waffengebrauch in nahe Aus­sicht und sprach seine Freude über die Kommisstonsanträge aus, die schließlich auch die Zustimmung des Hauses fanden. Ein Antrag des Frhr. Per gl er v. Perglas (B.K.) betr. die Aufstellung von berittenen Landjägern in den an der Grenze liegenden Oberämtern des Jagstkreises wurde gleich­falls angenommen, und nachdem dann noch Kap. 25 Ge­fangenentransportwesen erledigt worden war, die Weiter­beratung auf Freitag nachmittag vertagt.

De» Ergebmflen der Beraalagaug zur Einkommensteuer

auf 1. April 1905, welche soeben in den Württ. Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde veröffentlicht werden, ent­nehmen wir, daß in unserem Oberamtsbezirk 5170 phy­sische Einzelpersonen, 40 Körperschaften, Anstalten, Vereine, Stiftungen, 10 Aktiengesellschaften, Gesellschaften m. b. H., eingetr. Genossenschaften zur Einkommensteuer zu veran­lagen waren.

Die Vergünstigung der Befreiung von der Einkommen­steuer nach Artikel 20 und 21 des Gesetzes (größere Kinderzahl und Leistungsfähigkeit) haben 432 Personen genossen.

Das zur Steuer herangezogene Einkommen hat be­tragen bei den physischen Einzelpersonen 6 414274 und bei den nicht physischen Personenvereiniguugen 432 776 Die hieraus angesetzte Steuer hat 89 846 betragen.

Von dem berechneten Reinertrag des Einkommens ent­fällt auf Grundeigentnm 2 943400 Gewerbe 2160951 Mark, Kapitalen und Reuten 598 271 Dienst- und Arbeitseinkommen 2131854

Die Abzüge vom Reinertrag berechnen sich an: Steuern auf 42 242 Schuldzinsen, Renten und Lasten auf 426 642 -^e, Versicherungsbeiträgen auf 37 372 Ver­lusten auf 4196 so daß noch ein reines Jahresein­kommen von 7309024 ^ verbleibt.

Infolge vou Steuerermäßigungen wurden 159 900 Mark freigeschrieben. Der Gesamtanfall an Staatssteuer berechnet sich auf 74 517 ^ 30 -H.

An steuerpflichtigen nicht physischen Personen waren im Oberamtsbezirk 40 vorhanden und zwar 39 Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts und 1 rechtsfähiger Verein.

Die Reinerträge der nicht physischen Personen sämt­licher Einkommensquellen haben betragen 449 305

Die Aktiengesellschaften (0), Gesellschaften mit beschränkter Haftung (1) und die eingetragenen Genossenschaften (9) des Oberamtsbezirks hatten zusammen steuerbare Ueberschüsse von 70 674 Nach Abrechnung der gesetzlichen Abzüge verbleibt ein in Württemberg zur Steuer herangezogenes Einkommen von 33 850

Von je 100 Reinertrag bei den physischen Einge­schätzten fließen aus Grundeigentum 37,6 Gewerbe 27,5 Kapitalen und Renten 7,60 Berufs- und Arbeitstätigkeit 27,3

Es herrscht in unserem Oberamtsbezirk somit das Ein­kommen aus Grund- und Gebäudebesitz vor.

Auf eine physische Einzelperson entfällt au Einkommen­steuer für den Staat in dem Oberamtsbezirk im Durchschnitt 14,4

Gcrges-Meuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold. 11 Mai.

Seminar Nagold. Gestern verließ uns Seminar« dimer Löffelhardt, nachdem er 16 Jahre am hiesigen Seminar Dienste geleistet hat. In einem eigens anberaumten Lehrerkonvent, zu dem der jetzt in Ruhestand gesetzte Seminar­diener eingeladen wurde, dankte ihm Rektor Dieterle für seine langjährigen, treuen Dienste, übergab ihm ein von den Seminarlehrern gespendetes Abschiedsgeschenk, für das der Geehrte gerührt dankte, und wünschte ihm einen ruhigen und schönen Lebensabend in seiner Heimat Mainhardt.

2 Schwarzwaldverein. Teils die Aussicht auf ein Körper und Geist erfrischendes Bad im Maientau, teils der Wunsch, sich einmal das bisher nur vom Hörensagen bekannte Vesperweiler, dessen Existenz mancher bezweifelt hatte, zu besichtigen, hatte sich ein zwar nicht sonderlich großes, aber um so unternehmungslustigeres Häuflein wanderlustiger Schwarzwaldvereinsmitglieder am Himmelfahrtsfestmorgen zu dem üblichen Himmelfahrtsfestmarsch versammelt. Von der Krone ab gings unter Führung her Damen in trotzdem (oder eben deshalb ?) nicht schlechter Gangart die Oktzx- kircher Steige hinauf und auf dem immer schönen ObK- schwandorser Fußweg derDrillingstanne" und denKandel­aberfichten" zu. Schon diese Sehenswürdigkeiten waren einem Teil der Wanderer unbekannt. Doch es sollte noch besser kommen. Hinter Beihingen, wo das Waldachtal immer schmäler wird und nur noch eine schmale Wiese den Wald von dem Flüßchen trennt, hörte die Ortskenntnis der meisten auf. Vorbei an der RuineMantelberg" führte der Weg und bald begrüßte uns gar freundlich) von oben die neue Nördlingerhütte. Wehmütig gedachte! ein Wanderer eines früheren Marsches bei dem er in dieser Gegend ein Faß Bier und Schinkenbröter entdeckt hatte! So gut sollte es ihm diesmal nicht gehen. Wohl lockte manch WirtS- hausschild in Unter- und Oberwaldach, allein der Vorstand blieb unerbittlich, viel Wasser gabs, doch keinen Wein. Auch in Vesperweiler mußten wir eine Enttäuschung erleben und der Vorstand führte uns auf einem Fußweg um den Ort herum, so daß mancher gar nicht bemerkte, wie er an dem Ort mit dem einladenden Namen vorbeikam. Doch schon winkte oben vom Berg das schmucke neue Kirchlein von Lützenhardt und bald war Lützenhardt erreicht. Manch einer mußte dem Ort mit seinen schmucken sauberen Häuschen Abbitte leisten, weil er eben bisher eine gar zuborstige" Vorstellung davon gehabt hatte. Hier sollten die Nagolder dem Vorsitzenden des Dornstetter Bezirksvereins der sich in liebens­würdiger Weise bereit erklärt hatte, von Lützenhardt ab die Führung zu übernehmen imAdler" treffen so war es wenigstens ausgemacht. Aber es gab eben keinenAdler" in Lützenhardt, nur eine Krone und eineGermanja" ja ja! Wir wählten vertrauensvoll die Krone; war sie auch nicht verzaubert von Gold und von Edelgesteinen, so waren doch die Bretzeln groß und der Wein rein. DerAdler" welcher dem Vorsitzenden des Dornstetter Vereins bei seiner Einladung im Kopf herumgegangen war, wurde uns später imEngel" in Dornstetten ausgestopft vorgezeigt. Kurz nach 12 Uhr traf der Vorsitzende des Dornstetter Bezirksvereins, Herr Oberförster Freiherr v. Süßkind im Automobil mit zwei weiteren Herren ein, um uns von Lützenhardt ab den schönsten Weg nach Dornstetten zu zeigen. Der Herr Oberförster hatte es sich auch nicht nehmen lassen, eines seiner auto­mobilfrommen Rehe zur Besichtigung herzubestellen, auch hatte er einige Tannen über den Weg gelegt, um unseren Damen Gelegenheit zum Schlußsprung zu geben. Prächtig war vom Waldrand aus der Blick auf Freudenstadt, die schneebedeckte Hornisgrinde und die lange Albkette. Rasch gings nun bergab Dornstetten zu. Doch heimtückischerweise hatte sich ein Teil der Gesellschaft in einem Steinbruch versteckt, um die Nachzügler mit Schneeballen am 9. Mai zu überschütten. Ein treffliches Mahl imEngel" stärkte die Wanderer und als die zweite Abteilung, welche bis Schopfloch gefahren war und von dort aus vergeblich den Aussichtsturm gesucht hatte, eintraf, sehen wir uns auch an der Zahl so verstärkt, daß wir uns vor den Dornstettern sehen lassen konnten. Um 4'/, Uhr trafen wir mit den Vereinsmitgliedern von Dornstetten im schönen Saal der Bahnhofrestauration zusammen. Nachdem unser Vorsitzender Rechtsanwalt Knödel in launiger Rede den Dornstettern für ihre Liebenswürdigkeit gedankt und sie zu einem Besuch in Nagold eingeladen hatte, erwiderte der Vorsitzende des Dornstetter Vereins; und dann begann eine heitere Gesellig­keit, die auch durch die dem gefallenen Ausfichtsturm nach- geweiuten Tränen nicht allzusehr beeinträchtigt wurde. Frohe Lieder und flotte Tänze ließen die mäßige Anstrengung des