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Stuttgart. Der glückliche Gewinner des ersten Preises der katholischen Krankenhausbaulotterie, schreibt dieWürtt. Ldztg.", ist ein Abonnent unserer Zeitung und Mitarbeiter des Vetters aus Schwaben in Altshausen. Derselbe hat die Nachricht von seinem Glück zuerst aus unserem Blatt erfahren, welches bekanntlich 24 Stunden früher als jedes andere Blatt die 20 ersten Gewinne mitteilte. Der zweite Gewinn von 10,000 ist einem Arbeiter namens Ä Kölle in der Württ. Metallwarenfabrik Geis, lingen zuteil geworden. Wie uns ferner von der Generalagentur von Breit­meyer mitgeteilt wird, ist der dritte Gewinn dieser Lotterie nicht in die Kollekte von Schweickert, sondern in die Breitmeyersche gefallen.

Stuttgart. Kunstvereinslotterie. Bei der heute vor« mittag auf dem Rathaus stattgehabten Ziehung der Württ. Kunstvereins­lotterie wurden folgende 20 Hauptgewinne gezogen; 1. 15966, 2. 13055, 3. 12512, 4. 23137, 5. 14692, 6 . 3988, 7. 17486, 8 . 19066. 9. 13765, 10. 1702. 11. 25971. 12. 27506. 13. 19841, 14. 22585. 15. 22571. 16. 19585, 17. 12849. 18. 29189, 19. 348, 20. 1325. Der erste Gewinn ist ein Gemälde von Professor Käppis hier, der zweite ein solches von Professor Ludwig, Berlin.

Aus dem Bezirk Cannstatt, 21. Jan. In den letzten obst- armen Jahren wurde aus den Weintrestern durch Aufguß von Wasser noch ein Haustrunk (Leire) bereitet, welcher bei Zusatz von etwas Zucker immerhin einen trinkbaren und billigen Ersatz bildete für den teuren Obstmost. Heuer aber war dies nicht nötig; aus den Trestern wird darum überall Brannt- wein bereitet, seit vielen Jahren wurden nicht so viele Weintrester gebrannt wie in diesem Winter. Die Regierung hat das Brennen in dankenswertester Weise erleichtert durch Erlassen der Führung des Brennregisters, in welches im letzten Jahre Beginn und Dauer jedes einzelnen Abtriebs auf Stunde und Minute eingetragen werden mußte. Die nach dem Abfindungsplan ar- beilenden Brenner dürfen jetzt nur noch Beginn und Ende des Brennens anzeigen. Von der Steuerbehörde werden dem Brenner täglich 21 Betriebs- stunden und wöchentlich sechs Arbeitstage berechnet. Ueberdies wird ihm zu einem Abtrieb mehr Zeit berechnet, als er in Wirklichkeit braucht, so daß er also in einer bestimmten Zeit etwa 1/4 mehr Abtriebe machen kann, als er besteuern muß. Hierin liegt für den Brenner allerdings die Versuchung, in möglichst kurzer Zeit recht viel Maische zu verarbeiten. Aber dies bleibt nicht ungestraft; denn es sind in letzter Zeit in unserem Bezirke vermutlich infolge forcierten Betriebs gar manche Brennhäfen zersprungen. Solche Brennereien, welche nur über eine Blase verfügen, arbeiten nach Abfindungs- Anmeldung; sie heißen Pauschalierungsbrennereien, weil das Material auf- genommen wird. Der Brenner kann dann gelegentlich brennen, er ist nicht so an die bestimmte Zeit gebunden. Doch darf der einzelne jährlich nicht mehr als 50 Liter absoluten Alkohol darin erzeugen, was einem Quantum von 100 Liter Trinkbranntwein entsprechen wird. Um nun die Einrichtung nicht nutzlos stehen zu lassen, vermietet der Besitzer an einen Weingärtner, welcher als Brennereipächter seine Trester dann auch darin brennen kann. So haben z. B. in Stetten i. R. 6 Weingärtner nach einander in derselben Brennerei als Pächter ihre Trester gebrannt. Hieraus ist ersichtlich, daß das anfänglich so drückend empfundene Branntweingesetz allmählich von seinen Härten verliert und vom Publikum nicht mehr so schwer empfunden wird.

Besigheim, 21. Jan. Heute fand hier die Stichwahl für die beiden Landtagswahlkandidaten Rechtsanwalt Becher und Oekonom Essich statt. Becher erhielt 2683 Stimmen, Essich dagegen nur 1421 Stimmen, somit ist Becher mit 1262 Stimmen Majorität gewählt. Beim ersten Wahlgang am 9. Januar erhielt Becher 1638, Essich 1009 Stimmen.

Metzingen, 19. Jan. Eine interessante Naturerscheinung war heute vormittag kurz nach 10 Uhr etwa 10 Minuten lang hier sichtbar. Am süd. östlichen, anfangs mit leichtem Nebeldunst überzogenen Himmel stand in etwa 70o Höhe ein farbiger Bogen von ca. 40° mit nach oben gebogenen Enden.

Im Verlauf des überraschenden Schauspiels klärte sich der Himmel in der betreffenden Gegend für kurze Zeit ganz auf und das Ringstück erschien in den glänzenden Farben des Specktrum auf blauem Grund. Gleichzeitig war eine Drehung des Bogens nach Norden zu wahrnehmbar. Wenige Minuten nachher zog sich ein Schleier von Federwolken über das Phänomen her, durch welchen die Farben noch kurze Zeit hindurchschimmerten, um bald darauf ganz zu verschwinden.

Ravensburg, 20. Jan. Im Walde bei Heißen, Gemeinde Vogt, etwa 12 km von Weingarten entfernt, liegt ein gewaltiger erratischer Block, dessen Gewicht 1200 bis 1500 Ztr. betragen mag. Dieser Steinkoloß ist bestimmt zu einem Denkmal verwendet zu werden, welches das Kaiser Wil- Helm-Regiment seinem einstigen, ruhmgekrönten Chef, Kaiser Wilhelm I., im Kasernenhof zu Weingarten aufstellen lassen will. Die Idee ist originell und es ist zu wünschen, daß der Plan, trotz der gewaltigen Schwierigkeiten, dis sich dem Transport dieses Kolosses entgegenstellen, zur Ausführung komme.

Langenargen, 19. Jan. Einen außergewöhnlich reichen Fisch­fan g , wie ihn Langenargen noch nie erlebt hat, machte gestern der Fischer­meister Franz des Hrn. Privatier Wahl, gegenwärtig Inhaber des Fischerei- pachtes hier. Der Erstere bemerkte schon vorgestern in der Nähe des Schlosses Montfort einen auf der Wanderung begriffenen großen Schwarm Broxmen (ein karpfenänlicher, 1 bis 3 Pfd. schwerer Fisch) und gestern gelang es diesem auch wirklich, denselben mit einem großen Nez zu umgarnen und ein­zufangen. Es kostete aber sehr viel Mühe und Sorgfalt, das so schwer ge­füllte Netz in die Nähe des Ufers zu bringen, um die Beute bergen zu können. Alt und Jung von den herbeigeeilten Zuschauern mußten Hand anlegen und als vollends gegen 4 Uhr die entlassene Schuljugend dazukam, die sich vom Strandrecht Gebrauch machend, teilweise schon in die Beute teilen wollte, ent­stand am Ufer ein außerordentliches lebhaftes Treiben. Man denke sich auch nur ein auf jeder Seite ca. 80 Meter langes und 4 bis 6 Meter breites Nez vollgepfropft mit Fischen, die teils 1 bis 2 Meter dicht auf einander lagen. Der Fischfang war auch so überraschend reich, daß die Entleerung des Netzes gestern nicht mehr beendigt werden konnte und heute vormittag noch fortgesetzt wird. Man schätzt die ganze Ausbeute aus ca. 150 Ztr., viele taxieren dieselbe noch höher. Der Flschwasserpächter ordnete die Abgabe der Fische an die Armen an.

München, 19. Jan. Die Gräfin Rantzau (Tochter des Fürsten Bismarck) ist ernstlich erkrankt. Prof. Schweninger ist heute früh hier eingetroffen. Nach einer späteren Meldung hat sich das Befinden der Gräfin Rantzau gebessert. Die Afnkareisenden Andreas Küntzel, Ingenieur Gerstäcker und v. Stransky sind nach Witu (Ostafrika) abgereist.

Mainz, 21. Jan. In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde in der Schillerstraße dahier von Nachtschwärmern mancherlei Unfug veiübt. Insbesondere wurden auch am Regierungsgebäude die Laternen und verschiedene Fenster eingeschlagen. Als Thäter wurden nun zwei junge Kaufleute aus Paris und Baume, Angehörige der hiesigen französischen Kolonie ermittelt.

Straßburg, 22. Jan. Ein um 11 Uhr vormittags in dem öst­lichen Flügel der M a n t e u f fe l-K a s e r n e ausgebrochenes Feuer zerstörte die Montierungskammer und den Dach stuhl.

Wilhelmshaven, 20. Jan. Gras M 0 nts -si. Die bereits gestern abend hier eingetroffene Nachricht von dem Tode des kommandierenden Admirals und Chefs der Admiralität Grasen v. Monts hat in Marinekreisen, sowohl wie auch in allen Schichten der Einwohnerschaft die größte Teilnahme und das tiefste Bedauern erregt. Bekanntlich war Graf v. Monts vom Jahre 1883 bis zu seiner Berufung an die Spitze der Marine Chef ver Marinestation der Nordsee und hat während seiner fünfjährigen Thätigkeit als Chef mit rastlosem Eifer an der Entwickelung der Kriegshasinstadt ge-

dieser indes nicht zu bemerken schien; und dann ging er rasch die Allee hinab, un­fähig, sich einer gewissen Unruhe zu erwehren, die seine letzte Unterredung mit Otto bezüglich Adrienne's hervorgerufen hatte.

Es war nicht recht von ihm, sie allein aufs Wasser gehen zu lassen, ein junges Wesen, das keinerlei Erfahrung im Rudern hat," murmelte er für sich. Wie, wenn er nach dem Wehr hinabritt und sich überzeugte, daß Adrienne keinerlei Ge­fahr bedrohte? Er war von Kings-Dene herübergeritten und hatte sein Pferd, einen feurigen Renner, in der Obhut eines Stallburschen zurückgelassen. Hastig suchte er dasselbe nun wieder auf, schwang sich leicht in den Sattel und sprengte im Galopp davon. Der Landweg nach dem Wehr war von Lynwood-Hall aus eigentlich ganz kurz, da man die großen Biegungen und Krümmungen, die der Fluß machte, querfeldein durchschneiden konnte.

Es wäre vielleicht zu viel gesagt, wenn man behaupten wollte, daß er um Adrienne besorgt war; jedenfalls hatte Otto's Benehmen einen sonderbaren Ein­druck auf ihn gemacht, dessen er sich nicht zu entledigen vermochte, und er sagte sich, daß es ja Nichts ausmachte, wenn er den Rückweg am Wehr vorbei nehme, anstatt direkt nach Hause zu reiten-

Um die Wahrheit zu sagen, fand er den Aufenthalt in Kings-Dene nicht sehr erheiternd, denn sein Vater verriet eine lebhafte Abneigung gegen jedwede Gesell­schaft und mit Natalie war in der letzten Zeit eine solche Veränderung vorgegangen, daß sie kaum wieder zu erkennen war.

Sie sah bleich und abgehärmt aus, ein greller Gegensatz zu dem Bilde blühender Gesundheit und Frische, das sie früher dargeboten hatte; aber seltsamer­weise verriet sie den größten Widerwillen dagegen, eine Bemerkung über ihr ver­ändertes Aussehen zu hören, und wenn Lionel sie voller Unruhe bat, einen Arzt zu Rate zu ziehen, so lachte sie ihm ins Gesicht und erklärte, daß sie sich vollkommen wohl fühle.

Er war ihrethalben überhaupt sehr besorgt, nicht nur um ihre Gesundheit, sondern auch wegen ihrer Verlobung, die er sich nicht zu erklären vermochte. Sie war nicht zu bewegen, offen mit ihm darüber zu sprechen, und wenn er die Sache

zur Sprache bringen wollte, so brach sie jedenfalls so schnell als möglich wieder ab. Ihr Vater war eben so verschlossen darüber. So hatte Lionel endlich aufgehört, Fragen zu stellen, und beschloß, zu warten, bis er Farquhar persönlich kennen ge­lernt hatte, was ihm vielleicht eine Aufklärung bieten würde.

Er wußte, daß dies bald geschehen mußte, da Natalie's Verlobter seinen Be­such in Kings-Dene für die nächste Zeit in Aussicht gestellt hatte; und Lionel sah demselben mit großer Neugierde, aber auch mit einigem Vorurteil gegen seinen künftigen Schwager, dessen er sich seltsamerweise nicht erwehren konnte, entgegen.

- Er hatte von der finanziellen Bedrängnis, in der sich sein Vater befand, und von dem Umstand, daß die Güter vollständig verpfändet waren, keine Ahnung, denn Mr. Egerton hatte beschlossen, jetzt, da die Dinge eine solche Wendung genommen hatten, seinem Sohne Nichts von seinen unglücklichen Spekulationen zu sagen, und Natalie fügte sich selbstverständlich seinen Wünschen und beobachtete das strengste Stillschweigen. Es änderte ja in der That Nichts an der Wirklichkeit, daß auch Lionel an der Last trug, an der alpschweren Last, welche nur zu oft Natalie's Herzschlag stocken und ihr fast die Sinne vergehen ließ.

Lionel dachte jedoch nicht an all diese Dinge, während er rasch durch die Felder seinem Bestimmungsort zuritt; seine Gedanken weilten einzig bei Adrienne, deren liebliches Bild er fast nicht mehr aus seiner Seele zu verbannen vermochte.

Sehr bald verriet ihm ein lautes Brausen, daß er sich in der Nähe des Wehres befand; er stieg von seinem Pferde, band dasselbe an einen Baum und schwang sich über eine niedrige Hecke, worauf er sich an dem Ufer des Flußes be­fand. Aengstlich forschend schaute er umher, aber der Gegenstand seines Suchens war nirgends zu erblicken.

Das Wasser tobte schäumend heran und brach sich in einem mächtigen Schwall bei dem jähen Absturz. Lionel schauderte bei dem Gedanken, wie schnell ein so schwaches Boot, wie die .Wasserlilie', unter einem solchen Anprall würde zerschellen

(Fortsetzung folgt.)