81. Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn 1.20 im Bezirks­und 10 Km-Verkehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

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Jernfprecher Hlr. 29.

Jernspvecher: Wr. 29.

Auflage 2600.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Schwab. Landwirt.

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Wagold, Montag den 22. April

1907

IlMkl,

welche auf den Markt Bezug haben, bitten wir baldmöglichst aufzugeben.

Amtliches.

BekarrntmachrlNg.

Martin Theurer, Metzger in Spielberg will feine Schlächtereianlage von seinem Wohnhaus Nr. 34 daselbst in seinen Scheunenanbau verlegen.

Die Pläne und Beschreibungen zu diesem Vorhaben find auf der Oberamtskanzlei zur Einsicht aufgelegt.

Einwendungen gegen das Gesuch können binnen 14 Tagen beim Oberamt angebracht werden; nach Ablauf dieser Frist können solche in diesem Verfahren nicht mehr vorge­bracht werden.

Nagold, den 20. April 1907.

K. Oberamt. Ritter.

WolAifche Meberficht.

Der Kaiser hat durch Order die Einrichtung einer Schiffsartillerieschule in Sonderburg verfügt. Sie umfaßt nach den Aussührungsbestimmungen des Staatssekretärs von Tirpitz die marinefiskalischen Land- und Hafenanlagen in Sonderburg. Die Inbetriebnahme erfolgt am 1. Mai.

Die für die Kolonien verlangte Neuorgani­sation der Militärverwaltung ist von der Budget­kommission des Reichstages gegen Zentrum und Sozial­demokratie genehmigt worden. Abgelehnt wurden jedoch der zur Leitung der Truppen geforderte General und dessen Adjutant. Man war der Ansicht, daß es ein Oberst auch mache. Im Laufe der Beratung verlas Kolonialdirektor Dernburg eine Erklärung des Staatssekretärs des Aus­wärtigen Amts, in der es heißt, es sei unrichtig, wenn be­hauptet werde, in Südwestafrika würden Truppen zu An­griffen auf die Kapkolonie gehalten, die Zahl der dortigen Truppen entspreche vielmehr lediglich den Bedürfnissen der Kolonie.

Ueber die Geschäftstätigkeit der Gerichtsvoll­zieher hat der preußische Justizmmister eine neue Verfügung erlassen. Danach haben die Gerichtsvollzieher alle drei Monate die Ergebnisse ihrer Vollstreckungstätigkeit dem Richter vorzulcgen, der prüfen soll, ob die ohne Erfolg erledigten Vollstreckangsaufträge juristisch Bedenken erregen.

Durch die Handhabung des neuen bayerischen Wahlgesetzes in Bamberg ist die Frage aufgeworfen worden, ob es zur Erfüllung der für die Wahlberechtigung geltenden Voraussetzung einjähriger Steuerzahlung notwendig ist, daß auch die für die Zeit vom 1. Januar 1907 mit 31. Mai 1907 verfallenen Steuern entrichtet sind. Aus Anlaß dieser Zweifel hat das Staatsministerium des Innern im Einverständnis mit dem Staatsministerium der Finanzen den Kreisregierungen eröffnet, daß es im Fall eines min­destenseinjährigen Bestandes des Steuerverhältniffes zur

Eintragung in die Wählerliste genügt, wenn die für das Jahr 1906 in Betracht kommende Steuerquote bereits ent­richtet ist, daß es dagegen nicht erforderlich sei, daß die Steuerentrichtung auch schon für das Jahr 1907 stattsand.

In beiden Häusern des englische» Par­laments gab es am Mittwoch eine interessante Flotten­debatte, in der von den Rednern der Regiemng eine etwas anmaßende Sprache geführt wurde. Im Unterhaus erklärte der Staatssekretär der Admiralität, Robertson, die englische Flotte sei niemals so bereit oder so kriegstüchtig gewesen, wie gegenwärtig. Die Regierung sei entschlossen, die Su­prematie Englands zur See so, wie sie jetzt sei, aufrecht­zuerhalten und, falls die Haager Konferenz ergebnislos ver­laufen sollte, sich solche Maßregeln vorzubehalten, welche die Flotte in dieser Stellung erhalten. Aehnliches sagte der Lord der Admiralität, Tweedmouth, im Oberhaus. Er betonte sodann, daß England zu Anfang des Jahres 1909 neun neue große Kriegsschiffe, einschließlich vier Schiffe der Dreadnought-Klasse, besitzen werde, während keine andere Macht in Europa auch nur ein fertiges Schiff, das diesen gleich käme, würde aufweisen können; die einzige Macht, die Schiffe von dem Typ des Dreadnought in dieser Zeit ge­baut haben werde, sei das verbündete Japan. In bezug auf die Frage der Einschränkung der Flottenrüstungen auf der Haager Friedenkonferenz sagte Tweedmouth, daß die Regierung sehr bereit sei, ein Uebereinkommen dieser Art einzugehen, wenn die anderen Mächte bereit seien, darüber zu verhandeln und sich durch die Enscheidung der Konferenz für gebunden zu erachten. Wenn jedoch die Mächte dieses verweigern sollten, so trete England mit der Verpflichtung in die Konferenz, daß, wenn die Mächte ihre Flottenpro­gramme ausdehnen, England auch seinerseits sein Flotten­programm vergrößern werde, um seine relative Stellung unter den Seemächten aufrecht zu erhalten. Auf eine be­sondere Anfrage erklärte Tweedmouth, er glaube nicht, daß irgend ein ausländischer Kreuzer imstand sein werde, einem Kreuzer vom Typ desJnvincible" stand zu halten.

Der dänische Reichstag nahm einen Gesetzentwurf betreffend die Verlängerung des Banknotenmonopols der Nationalbank bis 1938 an; die Session des Reichstages wurde darauf geschloffen.

Die chinesische Regierung hat der japanischen aus Anlaß der Räumung der südlichen Mandschurei die Zu­sicherung gegeben, daß China schleunigst die Reorganisation des Landes in Angriff' nehmen werde. Hsushischang, der zum ersten Vizekönig ernannt worden sei, habe besondere Vollmacht zu diesem Zweck erhalten. Ein zwischen China und Japan zum Abschluß gelangtes Abkommen bestimmt, daß China die Eisenbahn Hstnmintun-Mukden zum Preis von 166 000 Pfund Sterling kaust und in einem Monat in den Besitz der Bahn tritt. Das Abkommen enthält ferner Präliminarbestimmungen über den durch China und Japan auszuführenden Bau der Eisenbahn von Kwang- changtse nach Kirin. Aus Hongkong kommt die Meldung von einem gewalttätigen Angriff, den Beamte in Wuchow auf einen Engländer namens Arthur ausgeübt hätten.

Die Schiffahrtsabgaben.

Stuttgart, 20. April. Die hiesige Handelskammer

beschäftigte sich in ihrer letzten Sitzung mit der Frage der Rheinschiffahrtsabgabe» und dem Schiffahrtswege auf dem Neckar Entgegen ihrer früheren ablehnenden Haltung sprach sie sich für den Beitritt zu der von Preußen vorgeschlagenen Konvention unter der Vor­aussetzung aus, daß verfassungsmäßige Rechte gewahrt, die Württemberg versprochenen Anteile an den Abgaben gesichert und die Schiffahrt auf dem Neckar für den Verkehr mit Schiffen von mindestens 1000 bis 12000 Tons ermöglicht werde.

Zur Personentarifreform.

Berlin, 19. April. Die Nordd. Allgem. Ztg. schreibt mit Bezug auf die von den deutschen Regierungen beschlossene Beseitigung der von Reisenden vielfach als Belästigung em­pfundene Vorschrift, Fahrtunterbrechung bescheinigen zu lassen:

Wenn neuerdings in der Presse verlangt wird, daß man seine Reise beliebig, auch mehrmals, ohne Bescheinigung, unterbrechen dürfe, wenn weiterhin gefordert wird, daß den Fahrkarten eine längere Geltungsdauer gegeben werden möge, als bis zum folgenden Tage, so scheine hierzu ein Bedürfnis nicht vorzuliegen, ganz abgesehen davon, daß bei langfristigen Fahrkarten, die ohne alle Kontrolle von be­liebigen Stationen aus benutzt werden können, der Reiz zu Fahrgeldhinterziehungen in noch größerem Umfange als bei den heutigen Rückfahrkarten vorliegen würde. Wer längere Reisen machen wolle und sein Gepäck beliebig vorausschicke und die Fahrt wiederholt unterbrechen wolle, dem ständen auch künftig die Vereinsfahrscheinhefte zur Verfüg ung.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 18. April.

Prinz Carolath (natl.) fragt an, ob irgendwelche Maßnahmen bezw. Anordnungen im Gange seien, um dem Unwesen der schädlichen Ausdünstungen und der übermäßigen Stauberregung der Automobile ein Ende zu machen.

Severing (Soz.) tritt ein für vermehrte Anstellung von Aerzten in der Gewerbeaufsicht und empfiehlt eine von seiner Fraktion eingebrachte Resolution Albrecht betr. Arbeiter­schutz in Hütten- und Walzwerken sowie Metall-Schleifereien. Notwendig sei vor Allem Festsetzung einer höchstens acht­stündigen Arbeitsschicht für die in den Feuerbetrieben be­schäftigten Arbeiter, ferner allgemeine -Einschränkung der Ueberarbeit, weiter strenge Durchführung der zum Schutz der Arbeiter erlassenen gesetzlichen Bestimmungen und Un­fallverhütungs-Vorschriften und endlich sanitäre Einrichtung der Arbeitsruhe rc. Die Zahl der Unfälle in den Hütten- und Walzwerken sei eine andauernd große. Deshalb sei auch unerläßlich die Anstellung von Arbeiter-Kontrolleuren zur Ueberwachung der Einhaltung der Schutzvorschriften.

Wattendorff (Ztr.) fordert Maßnahmen gegen die Einschleppung von pestverdächtigen Ratten durch holländische

Das Testament des Bankiers.

Kriminalroman von A. M. Barbour.

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Na, wenigstens hat er einen sehr schlechten Ruf," stimmte Thornton ein;ich würde auf den Kerl gar nicht gekommen sein, wenn ich ihn nicht vor einer halben Stunde hier getroffen hätte."

Hugh entfärbte sich sichtlich, sagte aber ohne merkbare Erregung:Ihn hier im Hause getroffen? Unmöglich!" Dabei sah er den aufwartenden Diener fragend an, doch dessen Gesicht gab ihm keine Antwort.Ich bezweifle, daß der Mensch England verlassen haben sollte."

Und doch hat er es getan," entgegnete Ralph.Vor etwa zwei wahren erfuhr ich zufällig, daß ihm in London der Boden unter den Füßen zu heiß geworden und daß er eckigst nach Amerika abgedampst wäre. Er bedurfte wohl mehr freien Feldes für seine unsauberen Geschäfte."

Diese Mitteilung verstärkte den Ausdruck der Miß­stimmung auf Hughs Gesicht, und Thornton, dem das nicht entging und der suhlte, daß er mit der Erwähnung Hob- sons einen wunden Punkt berührt hatte, lenkte gutmütig ein:

Nun, ich kann mich ja auch geirrt haben, die Aehn- uchkeit war aber allerdings auffallend."

Nach diesem Versuch, das Gesprächsthema abzubrechen, trat eine leichte Verlegenheitspause ein, die der junge Sekre­tär unterbrach, indem er, Geschäfte vorschützend, nach der

Bibliothek zurückkehrte. Dorthin folgten ihm bald alle Herren mit Ausnahme des jungen Hugh. Auf dem Korri­dor blieb der Hausherr einen Augenblick bei einem dort beschäftigten Diener stehen und sprach leise mit ihm. Der feinhörige Sachwalter vernahm aber die Antwort:Nein, gnädiger Herr, bei Frau La Grange."

Kurze Zeit später wurde das Testament Hugh Main- warings von dem Testator sowie den Zeugen: Ralph Main- waring, William Mainwaring-Thornton und William Whit­ney ordnungsmäßig unterzeichnet. Nach Abgabe der letzten Unterschrift atmete Hugh, wie von einer schweren Last be­freit, tief auf und sagte:

So, mein lieber Ralph, nun ist mein Wunsch erfüllt und dein Sohn mein Erbe!" Darauf nahm er das Doku­ment und reichte es seinem Sekretär.Legen Sie es vor- läufig in mein Pult im Turmzimmer; morgen will ich es im Beisein aller anwesenden Familienmitglieder vorlesen lassen und dann, wenn das geschehen ist," sprach er zu seinem Sachwalter gewandt weiter,mögen Sie, lieber Whitney, es in Ihre Obhut nehmen, bis zu dem Zeitpunkte, wo es in Kraft tritt. Wann das sein wird, wer will's wissen - vielleicht früher, als wir denken."

Seit dem Frühstück hatte sich das Wesen Hughs auf­fallend verändert. Seine wehmütig klingenden Worte, machten auf jeden einen tiefen Eindruck. Indessen ging die düstere Stimmung gleich vorüber, als Hugh einen Ausflug in die Umgebung vorschlug und Equipagen bestellte. Alle fuhren fort, nur der Sekretär blieb in der Bibliothek zurück, um noch eine Arbeit zu erledigen.

Als Harry Skott sich in den Zimmern seines Prinzi­pals allein befand, verriet er die größte Aufregung. Un­geduldig schob er seine Arbeit beseite, stand auf und begann nachdenklich mit langen Schritten aus und ab zu gehen. Dann auf einmal schritt er nach dem Turmzimmer, wo er vor den eisernen Geldschrank trat.

Was will ich eigentlich?" murmelte er.Einen Nutzen hat es nicht; ich habe doch schon überall gesucht und nichts gefunden." Plötzlich aber hob er entschlossen den Kopf, ging wieder nach der Bibliothek, verriegelte die Tür und kehrte zu dem Schrank zurück. Jetzt zog er ein kleines Schlüssel­bund aus der Tasche, indem er vor sich hinsprach:Wer weiß, ob ich nicht heute mehr Glück habe: die Gelegenheit bietet sich vielleicht nie wieder" und bekannt mit der Oeffnung des Schrankes, lag dessen Inhalt alsbald vor seinen Augen. Dieselbe Peinlichkeit und Genauigkeit, die Mainwaring in all seinen Geschäftsgepflogenheiten aus­zeichnete, herrschte auch hier; jedes Fach zeigte sich aufs sorg­samste geordnet.

Harry Skott ging sofort ans Werk, und in dem Be­wußtsein, Zeit im Ueberfluß zu haben und sicher vor Unter­brechung zu sein, begann er den Inhalt der Fächer bis ins kleinste zu durchsuchen. Verschiedene geheime Dokumente kamen ihm dabei in die Hände, er legte sie aber alle wieder an ihren Platz. Von dem, was er zu finden hoffte, ent­deckte er keine Spur.

Endlich traf er auf einen altmodischen eisernen Kasten, dessen Gewicht und Aussehen ihn darauf schließen ließen, daß er die Schatulle mit den Familien-Juwelen vor sich