81. Jahrgang.
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Jernfpvechev Wr. 29.
Isevnspvechev Wr. 29.
Auflage 2600.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
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Hlagokd, Donnerstag den 18. April
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politische MeSersichl.
Nachdem die Räumung der Mandschurei jetzt beendigt ist, wird die chinesische Verwaltung wieder eingesetzt. Chinesische Truppen sollen nach Heilungkiang entsandt werden, uni die russischen Truppen zu ersetzen. Man beabsichtigt dort eine beträchtliche Anzahl gut ausgebildeter Truppen zu stationieren.
In London begann am Freitag die Kolonialkonferenz. Premierminister Campbell-Bannerman begrüßte die auswärtigen Vertreter und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Beratungen zu nützlichen Ereignissen führen, daß namentlich im Hinblick auf die Frage der Vorzugsbehandlung allseitig befriedigende Auswege gefunden werden. Nach entsprechenden Gegenreden wurde die Geschäftsordnung beraten. — Im Unterhaus wurde unter Beifall mitgeteilt, daß Lord Kitcheners Kommando als Oberbefehlshaber in Indien auf zwei Jahre verlängert wurde. Unterstaatssekretär Churchill erklärte, die Bestimmungen betreffend Einführung der Selbstverwaltung in der Oränjekolonie würden im Lauf der nächsten Woche erlassen werden.
Der britische diplomatische Agent nnd Generalkonsul in Kairo, Lord Croiner, ist aus Gesundheitsrücksichten von seinem gerade jetzt wieder außerordentlich wichtigen Posten zurückgetreten. Zu seinem Nachfolger ist Sir Eldan Gorst ernannt worden. Staatssekretär Grey nannte im englischen Unterhaus den Rücktritt Cromers den größten Personenverlust, den der englische Staatsdienst erleiden konnte. Die Regierung sei entschlossen, die von Cromer begonnene nnd bisher konsequent durchgeführte despotische Politik in Aegypten fortzusetzen. Der Nachfolger Sir Gorst sei von Lord Cromer selbst als die geeignetste Persönlichkeit bezeichnet worden. — Nach Meldungen aus Kairo nehmen infolge des Anwachsens der nationalistischen Bewegung die fremdenfeindlichen Kundgebungen in Aegypten zu. In den Eingeborenenvierteln werden Europäer oft angegriffen. Ein Italiener wurde kürzlich tödlich verwundet, dessen Begleiter stach in Notwehr einen Eingeborenen nieder.
Der persische Minister des Innern, der in letzter Zeit im Parlament mehreremal wegen seiner Untätigkeit heftig angegriffen wurde, hat seine Entlassung gegeben.
D is chinesische Kriegsmiuifterium plant die Errichtung eines neuen großen Arsenals in Hankau (Provinz Honau) und einer Fabrik für Ausrüstungsgegenstände in Peking. Die Maschinen sollen vom Ausland bezogen werden. Wie weiter gemeldet wird, wurden französische Missionare auf dem Weg von Dünn an nach Tibet in Szet- schwan aufgehalten. Die chinesische Regierung kann einen Schutz nicht gewährleisten.
In Japan lief dieser Tage ein neues Linienschiff vom Stapel, das 1100 Tonnen größer ist als der englische Dreadnought. Es erhielt den Namen Aki.
Die Beendigung des mittelamerikanischen Kriegs ist mit der Einnahme von Amapala durch die Nicaraguaner tatsächlich gesichert. Nach neuen Meldungen
hat sich der Präsident von Honduras, Bonilla, nicht ergeben, sondern auf den amerikanischen Kreuzer „Chicago" geflüchtet, wo er festgehalten wird. Zwischen den Präsidenten von Nicaragua und Salvador werden demnächst in Amapala die Friedeusbedingungen verhandelt werden. Man hofft, daß aus der Affäre ein allgemeiner Vertrag zwischen allen Staaten Zentralamerikas hervorgehen wird.
Amerikanischer Friedenskongreß.
Nemyork, 16. April. Der erste amerikanische Schiedsgerichts- und Friedenskongreß, der gestern in Carnegie-Hall eröffnet wurde, zeigte einen immensen Andrang. Der Vorsitzende Carnegie feierte in einer Rede die Ideale der Friedensliga. Zur Zeit liege es hauptsächlich in der Hand Kaiser Wilhelms, den Krieg abzuschaffen. Sein Ruf, einen Bund für diesen Zweck zu bilden, würde bei mehr als fünf Nationen einen Widerhall finden und wie in der einstigen Liga der Mächte zur Niederwerfung des Boxeraufstandes in China müßten auch in dieser größeren Liga ein deutscher General die verbündeten Streitkräfte kommandieren. Der deutsche Kaiser sei ein Friedensfreund; er habe dies in feiner fast 20jährigen Regierung bewiesen.
Nach Steards Rede verlas Andrew Carnegie ein längeres Schreiben Roosevelts, in dem der Präsident die Frage des allgemeinen Schiedsgerichtsvertrags als die wichtigste Frage für die zweite Haager Friedenskonferenz bezeichnet und der Hoffnung Ausdruck gibt, daß die Nationen einen derartigen Vertrag annehmen werden.
Die Frage der Einschränkung der Rüstungen, heißt es in Roosevelts Schreiben weiter, sei nicht eine der wichtigsten. Die eigenartige Stellung der Vereinigten Staaten mit ihrer kleinen Armee und Marine berechtigt Amerika nicht in dieser Frage anderen Nationen gegenüber die Haltung eines Schulmeisters einzunehmen. Was Amerika angeht, so vergrößere es seine Marine nicht, sondern halte einfach ihre Schlagfertigkeit aufrecht. Die amerikanischen Delegierten zur zweiten Konferenz hätten Weisung, das Werk der ersten Konferenz in jeder Weise der Vollendung näher zu bringen.
-Der Präsident mahnt dazu, von ihr, der Konferenz nicht etwas Unmögliches zu verlangen. Ein Schade würde erwachsen, falls nur die vorgeschrittensten Nationen nach einer Vereinbarung abrüsteten und sich so der Gnade der weniger vorgeschrittenen Nationen auslieserten. Viel könne aber zur Förderung des internationalen Friedens getan werden, falls mit Vernunft und Selbstbeschränkung vorgegangen werde.
Der Staatssekretär Root führt dann aus: Die amerikanische Regierung sei der Ansicht, daß die zwei Beschlüsse der ersten Haager Konferenz bezüglich der Marine- und Militärrüstungen auch auf der zweiten Konferenz weiterberaten werden sollten, und daß der Versuch gemacht werden sollte, eine Vereinbarung zu treffen, derzufolge die ungeheuren Ausgaben für kriegerische Zwecke reduziert werden. Die amerikanische Regierung wisse, daß diese Frage eher Europa als Amerika angeht, aber ein Staat, welcher weniger In
teresse an einem Vorschlag Habe, könne bisweilen diesen
mit mehr Aussicht auf Erfolg Vorbringen. Deshalb habe seine Regierung sich das Recht Vorbehalten, diesen Vorschlag im Haag zu unterbreiten. Die Regierung der Vereinigten Staaten sei auch der Meinung, die Haager Konferenz solle beschließen, daß die Anwendung von Gewalt bei Eintreibung von Verbindlichkeiten, die eine Regierung den Bürgern einer anderen schuldet, beschränkt werde.
Unter den Rednern, die in der Abendsitzung sprachen, beleuchtete Prof. Münsterberg von der Harvard-Universität den. deutschen Standpunkt in der Friedensidee. Er erklärte, jede Bewegung, welche die sittliche Kraft des Friedens steigere, werde stets in Deutschland einen warmherzigen Förderer finden. Redner betonte dann die sittliche Bedeutung der Armee für Deutschland. Es sei sinnlos, die deutschen Motive deshalb zu verdächtigen. Es gebe kein festeres Bollwerk des Friedens als den guten Willen und die Aufrichtigkeit des deutschen Volkes. __
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 16. April.
Sachse (S.) beklagt sich über Polizeischikanen gegenüber Gewerkschaften, über Saalabtreibereien dnrch Einwirkung auf die Wirte und wendet sich dann gegen den Abgeordneten v. Dirksen und dessen Methode, direkt gegen die der sozialdemokratischen Partei angehörigen Mitglieder des Hauses zu polemisieren.
Gehcimrat Veckmann vom Reichsversicherungsamt bittet um Ablehnung der Resolution Pauli, in der Wiederherstellung der früheren Bestimmungen über Ansammlung des Reservefonds gewünscht war.
v. Staudy (kons.) stimmt dem bei, was der Abgeordnete v. Dirksen gesagt habe. Soweit, der Staatssekretär sich dagegen verwahrt habe) daß der Gang der sozialpolitischen Gesetzgebung ein zu langsamer sei, stimme er ihm durchaus zu. Daß die sozialpolitische Gesetzgebung fortgeführt werden müsse, darin feien wohl alle Parteien in diesem Hause einig. Andererseits sei aber auch das Mißtrauen berechtigt gegen diejenigen Elemente, die alles niederreiten wollen, was uns teuer ist und die nur die niedrigen Instinkte wachrufen. Er wolle es offen lassen, ob die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Arbeitswilligen an sich genügen, wie der Staatssekretär behaupte, jedenfalls genüge aber ihre Handhabung nicht ganz. Redner hält auch dem Staatssekretär vor, daß sich in dessen Aeußerungen über die Zusammenlegung der drei Versicherungsgesetze mehrfach Widersprüche vorfänden.
Staatssekretär Posadowsky: Wenn die Zusammenlegung zustand kommen würde, so falle jede Reibung zwischen den Verwaltungen der einzelnen Gesetze weg und es würden viele Ausgaben erspart bleiben, die jetzt nötig seien. Ob sich das Marken-System ersetzen lasse, sei von der Regierung lebhaft erwogen worden, aber man sei dabei zu der Einsicht gelangt, daß zwei wichtige Momente: die Dauer der Arbeitszeit nnd die Höhe der Löhne sich am b esten nur
„Wirklich ein herrliches Besitztum," bemerkte endlich Ralph. „Wenn man das alles sieht und dazu das Bankgeschäft mit all seinen schönen Gewinnen in Rechnung zieht, muß man wahrhaftig sagen, der Junge kann zufrieden sein."
„Scheint mir auch so," stimmte Thornton lachend bei. „Dein Hugh ist in der Tat ein Glückspilz. Uebrigens, sag' mal, du weißt wohl ziemlich genau über die Finanzen des Vetters Bescheids Hat er dir eine kleine Andeutung gegeben, was er eigentlich wert ist?"
„Der? Da kennst du ihn schlecht; nicht mit einem Worte. Ich habe aber eine Menge Geschäftsfreunde auf dieser Seite des Wassers, und da kannst du dir denken, daß ich Sorge trug, stets gut unterrichtet zu sein über alles, was hier vorging. Ich habe den guten Vetter die ganze Zeit nicht aus dem Auge gelassen."
„Glaube ich dir aufs Wort," lachte Thornton amüsiert, „ist mir doch noch nie ein Mainwaring begegnet, der es nicht verstanden hätte, sich sein Nest auszufüttern. Ja, wie du sagst, ein schöner Besitz, aber weißt du, ein bißchen sonderbar will es mir doch scheinen, daß der alte Junge, der Hugh, es jetzt auf einmal so eilig hat zu testieren."
„Ich habe mich auch darüber gewundert, er wird aber wohl seine guten Gründe dazu haben."
„Das sollte man annehmen," pflichtete Thornton bei, „denn sonst würde mir offen gestanden die ganze Geschichte etwas närrisch Vorkommen, da er, soviel uns bekannt ist, keinen Leibeserben hat und das gesamte Vermögen so wie so deiner Familie zufallen müßte."
(Fortsetzung folgt.)
Das Testament des Bankiers.
Kriminalroman von A. M. Barbour.
Autorisiert. — Nachdruck verboten
(Fortsetzung-
„Ach, liebe Frau Hogarth!" ries Edith, „wie unbarmherzig Sie immer dem, was mir gefällt, den Reiz rauben; bis zu diesem Augenblick war ich von Frau La Grange ganz entzückt."
„Ich nicht," warf Lizzy sogleich ein, „mir kam sie vom ersten Augenblick au wie der böse Geist des Schlosses, wie die Schlange im Paradiese vor!"
„Und ich," bemerkte Fräulein Jsabella achselzuckend, „begreife nicht, wie ihr über diese Frau so lange reden könnt. Mag sie doch sein, was sie will, was kümmert dies uns. Hoffentlich wird sie ja nicht als Inventar des Hauses auf Hugh mit vererbt, sonst könnte mir der arme Junge leid tun. Vielleicht ist sie bis dahin schon zur ewigen Ruhe eingegangen. Also Friede ihrer Asche!"
Die letzten Worte kamen so komisch heraus, daß die Damen in Helles Lachen ausbrachen.
In diesem Augenblick schritten zwei junge Männer auf das Haus zu. Der ältere, eine wohlproportionierte Gestalt von mittlerer Größe mit offenem, ehrlichem Gesicht und treuherzigen Augen, war Hugh, der Bräutigam Fräulein Thorntons, der jüngere, ein schlank gewachsener, bildhübscher Junge mit weichen Zügen, war Walter La Grange, ein Tertianer, der die Ferien bei seiner Mutter verlebte. Beide kehrten vom Angeln zurück.
Als Hugh das heitere Gelächter auf dem Balkon hörte, rief er belustigt: „He, ihr da oben! Wen lacht ihr denn wieder aus?"
Sofort erschien das Köpfchen Ediths über dem Geländer. „Dich, du Herumtreiber. Du bist ja schrecklich lange fortgeblieben. Hast du wenigstens etwas mitgebracht?"
„Jawohl, einen Wolfshunger!" tönte es zurück. „Bin gleich bei dir, Schätzchen. Will nur den Bratenrock anlegen."
„Mein Gott, ist es denn schon so spät?" murmelte Frau Mainwaring, auf ihre Uhr sehend. „Richtig! Kinder, es ist die höchste Zeit, uus zu Tische anzukleiden. Die Herren können jeden Augenblick aus der Stadt zurückkommen."
Damit erhoben sich alle und gingen auf ihre Zimmer.
Das Testament Hugh Mainwarings.
Am folgenden Morgen, gleich nach dem Frühstück, zog sich Hugh Mainwaring, gefolgt von seinem Sekretär und Herrn Whitney, in das Vibliothekzimmer zurück, um das ! Testament aufzusetzen; die junge Welt bestieg die vorge- ! führten Reitpferde und galoppierte so ausgelassen die Eichenallee entlang, daß ihr fröhliches Lachen bald im Park verhallte. Die älteren Herren und Damen trennten sich allmählich; Frau Mainwaring begab sich auf ihr Zimmer, um ihr gewohntes Vormittagsschläfchen zu halten; Frau ! Hogarth vertiefte sich in ein Werk ihres Lieblingsschrift- ! stellers, und Ralph Mainwaring machte in Gesellschaft von ! William Thornton einen Spaziergang durch die Parkanlagen. ! Beide rauchten und ließen ihre Blicke bewundernd über Haus ' und Umgebung schweifen.