81. Jahrg an g.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn 1.20 im Bezirks­und 10 Km-Verkehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

Ärd

Jernspr.'ecCer Wr. 29.

Auflage 2600 .

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

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Amtliches.

Die Herren Ortsvorfteher

wollen als portopflichtige Sache bis 1. Mai 1SV7 die

Verzeichnisse

1. der Gast- nnd Schankwirtschaften S der Bäckereien nnd Konditoreien ». der Maler-, Anstreicher u. s f. -betriebe

vorlegen.

Weiter werden dieselben veranlaßt bis genannte» Termin zu berichten:

1. ob und welche Rotzhaarspinnereien, Haar-und Borstenzurichtereien, sowie Bürsten- und Pinsel- machereren seit dem letzten Jahr in ihrer Gemeinde neu entstanden sind.

2. ob und welche Steinbrüche und Steinhauereien

seit dieser Zeit neu errichtet worden sind.

3. welche Veränderungen Lei den Anlagen zu Ziffer 1 und 2, welche - im vorigen Jahre schon bestanden haben, seither vorgekommen sind (z. B. Wechsel des Besitzers, Art des Betriebs u. s. f.)

Verneinden Falles sind Fehlanzeigen zu erstatten. Nagold, den 11. April 1907.

K. Oberamt.

J.V.: Mayer, Reg.-Ass.

Den Herren Ortsvorstehern

derjenigen Gemeinden, in welchen sich Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen und dgl. befinden, sind die Verzeichnisse dieser heute zugegangen. Sie wollen die­selben auf ihre Vollständigkeit prüfen jund etwaige Aen- derungen bezw. Ergänzungen bis spätestens 1. Mai litt»? als portopflichtige Dienstsache dem Oberamt berichten.

Bemerkt wird, daß Einträge in die Verzeichnisse nicht van der Ortsbehörde vorgenommen werden dürfen.

Von denjenigen Ortsbehörden, in deren Gemeinden am 1. April 1906 keine Fabriken re. vorhanden waren, aber seither entstanden sind, ist das eingangs erwähnte Ber- zeichnisUofortZanzulegen und bis zum oben genannten Termin einzusenden, von den übrigen ist Fehlanzeige zu erstatten.

Nagold, 11. April 1907.

K. Oberamt.

I. V.: Mayer, Reg.-Ass.

Wocitische MeSerflcht.

Zur Beratung der neuen Eisenbahn-Verkehrs­ordnung fand dieser Tage unter der Leitung des Reichs­eisenbahnamts eine Konferenz von Vertretern der am meisten beteiligten Bundesregierungen und zuständigen Reichsressorts statt. Der voni Reichseisenbahnamt aufgestellte Entwurf wurde im wesentlichen gut geheißen; nur über wenige Punkte wurde die Entscheidung für die im Herbst ftattfindende zweite Lesung, zu der auch Vertreter der Verkehrsinteressenten hin­zugezogen werden sollen, zurückgestellt. Schon jetzt fand ein großer Teil der von Handel, Industrie und Landwirtschaft geäußerten Wünsche Berücksichtigung. ,

Deutschland fordert von Persien jfür die Er­mordung des deutschen Studenten Damman eine Entschä­digungssumme von 15 000 Toman, ferner die Bestrafung der Täter und Anstifter.

Die Berfassungsfrage für die beiden Mecklen­burg scheint wider Erwarten in ein rasches Fahrwasser geraten zu sein. Wie verschiedene Zeitungen übereinstimmend melden, ist der Entwurf einer Verfassung in den Ministerien beider Großherzogtümer soweit fertiggestellt, daß die Ein­berufung der Landstünde bereits für Anfang September und die Proklamierung der neuen Verfassung am Anfang des nächsten Jahres erfolgen kann.

Der Entwurf eines Richterbesoldungsgesetzes, nach welchem die Richtergehälter, soweit sie nicht Einzel­gehälter sind, nach Dienstaltersstufen geregelt werden, ist gestern dem preußischen Abgeordnetenhaus vorgelegt worden. Das Gesetz soll am 1. April 1908 in Kraft treten.

Aus dem Schmerzensland Marokko kommen neue unerfreuliche Meldungen. Die Konsuln von Casablanca richteten an das diplomatische Korps in Tanger eine Be- schwerde gegen den Gouverneur von Casablanca, der nichts für die Sicherheit der dortigen Europäer tue. Infolge der beim Gouverneur direkt unternommenen Schritte des Kon- strlarkorps drohte der Kaid des Schaum-Stammes die Stadt zu plündern. Die Konsuln verlangten deshalb, daß die Truppen des Wachsen, welche drei Stunden entfernt lagern, herangezogen werden, um die Stadt zu schützen. Der Befehlshaber der Truppen verweigerte dies jedoch,

Nagold, Samstag dm 13. April

worauf der Gouverneur den außerhalb wohnenden Europäern den Rat erteilte, sofort in die Stadt zurückzukehren. Die Nachrichten von der gefahrdrohenden Lage in Casablanca riefen in Tanger große Aufregung hervor; der französische Gesandte verlangte sofort die Absetzung des Gouverneurs. Nach Meldungen derTimes" ging bereits der französische KreuzerLalande" nach Casablanca ab. Wie weiter aus Tanger gemeldet wird, wurde dort der Mörder des Fran­zosen Charbonnier verhaftet. Der Mann hätte schon viel früher festgenommen werden können, aber erst nach der Be­setzung Udschas sandte der Sultan einen stritten Befehl zur Vornahme dieser Verhaftung. Nach den letzten denTimes" zugegangenen Depeschen hat die französische Gesandtschaft ein Antwortschreiben des Sultans auf ihre Forderungen erhalten. Der Brief ist unklar gehalten und augenscheinlich darauf berechnet, Zeit zu gewinnen. Er wird daher auch von der Gesandtschaft für völlig ungenügend angesehen. Die Vereinbarung über gemeinsame Ausführung und Betrieb der drahtlosen Telegraphie kann als gesichert gelten, nachdem der englische Gesandte von seiner Regierung er­mächtigt worden ist, der von den Gesandten Deutschlands, Frankreichs und Spaniens angenommenen Verständigung zuzustimmen.

In Dänemark ist man an der Arbeit, ein Gemeinde­wahlrecht für Männer und Frauen unter Anwendung der Proportionalwahlmethode einzuführen. In der Sitzung einer aus Mitgliedern des Folketing und des Landsting bestehen­den Kommission wurde dieser Tage ein von der Regierungs­partei angebrachter Entwurf beraten. Die Entscheidung der Angelegenheit steht nahe bevor.

Der französische Ministerrat beschlotz, alle Staatsbeamten und Lehrer, die das Streikrecht beanspruchen und auf dem Anschluß an das allgemeine Arbeitersyndikat beharren, sofort zu entlassen.

Der Besuch des Königs von Italien in Athen wird in Griechenland mit großer Begeisterung gefeiert. Be­unruhigung rief er jedoch in türkischen Kreisen hervor. In­folgedessen wurde den türkischen Blättern die Veröffentlich­ung von Depeschen über den Besuch verboten, damit unter den Mohammedanern der Glaube aufrecht erhalten werde, daß die Pforte noch über alle Balkanstaaten dominiere. Einige Beruhigung ist erst eingetreten, nachdem in Konstan­tinopel bekannt wurde, daß der König von Italien den türkischen Gesandten in Athen empfangen und ihm gegenüber freundschaftliche Versicherungen abgegeben habe.

Die rumänische Regierung erläßt aus Anlaß der Wiederherstellung der Ruhe im Land einen Aufruf an die Bürger, in dem sie es als ihre eigene Pflicht bezeichnet, darüber zu wachen, daß die Zukunft gesichert bleibe. Die Aufwiegler würden verfolgt und bestraft werden, aber gleich­zeitig ,werde sich die Regierung das Los der Bauern an­gelegen sein lassen. Die Regierung beabsichtige, die Lage der Landbevölkerung zu verbessern, ohne Nachteil für die legitimen Interessen der Grundbesitzer. Der Aufruf warnt vor neuen Unruhen, indem darauf hingewiesen wird, daß der Verlust eines Erntejahres Hungersnot nach sich ziehe, und fordert sodann die Grundbesitzer und Pächter auf, auf ihre Güter zurückzukehren und für das laufende Jahr land­wirtschaftliche Verträge abzuschließen; denn die Verständigung zwischen den Bauern und den Grundbesitzern werde durch die Distriktspräfekten erleichtert werden, deren. Intervention schon sehr befriedigende Ergebnisse gezeitigt habe. Die Re­gierung ruft zum Schluß alle Bürger zur Mitarbeit an der Wiederherstellung brüderlicher Beziehungen auf.

Gcrges-Meuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 13. April.

?. Zur Konfirmation. Aus der Schule ins Leben! So heißt es jetzt für die Knaben und Mädchen, welche vor den Altar treten zur Taufbundserneuerung. Wenn die heilige Handlung vollzogen ist, die den Kindern eine bleibende tiefe Erkenntnis ihrer Gottesgemeinschaft sein soll, daun liegt der Weg offen vor ihnen, der sie ins breitere Fahr­wasser des Lebens führt. Die Knaben, so sie nicht weiter­lernen, um sich auf einen sog. höheren Perus vorzubereiten, kommen in die Lehre, die Mädchen bleiben im Hause und helfen der Mutter. Und wenn sich auch nicht auf einmal der richtige Lernbegriff in den Seelen der jungen Leute festsetzt, so finden sie doch langsam heraus, daß es einer ernsten Sache der Ausrüstung zum Kampf ums Dasein gilt. Dieser Satz klingt für die Leutchen etwas rauh, namentlich für die Mädchen. Und doch wollen wir nichts daran mildern. Ohne Kampf, ohne Fleiß kein

1907

Preis. Deshalb soll aber den Lernenden und Strebenden

der Frohsinn nicht verdunkelt werden; das auf der Grund­lage des ernstlichen Aufmerkens bei frommen Herzen zu er­strebende Ziel einer gesicherten Stellung eröffnet so viele schöne Ausblicke auf die Höhen des Daseins und Einblicke in das Getriebe des Lebens, daß es zur allein wahren Freude dienen muß zu wirken und zu schaffen!

Warnung. In neuerer Zeit bemühen sich nieder­ländische Losgesellschaften, welche sichBanken" (Prämien- Effektenbanken, Wechsel- und Effektenbanken usw.) zu nennen pflegen, wieder, Losanteile oder Anteile von Prämienpapieren oder Urttmden über das Recht auf den Bezug der auf Lose oder Prämienpapiere etwa entfallenden Gewinne (Promefsen) auch in Württemberg abzusetzen. Alle diese Losgesellschaften sind Schwindelunternehmen, lediglich auf die Ausbeutung der sich mit Abgebenden gerichtet. Es kann daher nur jedermann ernstlich davor gewarnt werden, sich mit diesen ausländischen Gesellschaften in irgend einer Weise einzulassen.

*Der Zirkus-Kinematograph gibt morgen und über­morgen (Sonntag und Montag) in der Seminarturnhalle Vorstellungen. Die Vorführung der farbigen Lebebilder bekannter Persönlichkeiten und der neuesten Ereignisse zu Wasser und zn Land dürste dem Publikum großes Interesse abgewinnen und gute Unterhaltung bieten . . . Wie ver­weisen auf die Ankündigung im Anzeigenteil.

- t. Altensteig, 11. April. Unter der Leitung des Herrn Seminaroberlehrer Köbele fand gestern hier eine Sonderkonferenz im obern Schulhaus statt. Nach dem Vor­trag eines Männerchors wurde eine Lehrprobe gehalten nach Max Paul'scher Methode. Hierauf folgte die Besprechung der aufgestellten Leitsätze über die Max Paul'sche Methode im bibl. Geschichtsunterricht. Bei der Konferenz war auch der Herr Bezirksschulinspektor Pfarrer Schottvon Altensteig- Dorf anwesend, der in längerer Ausführung sich über den neuen Lehrplan für Volksschulen verbreitete. Die Zeichen­proben besprach Herr Schullehrer Arnold von Nagold.

Wildbad, TO April. Die Bergbahn auf den Som­merberg ist jetzt" als Aktiengesellschaft unter der Firma Bergbahn Wildbad" gegründet worden. Das Aktienkapital beträgt 200000 ^ in Aktien L 1000 Außer einer Anzahl hiesiger Hoteliers und Geschäftsleute ist auch die Maschinenfabrik Eßlingen an der Gründung beteiligt. Vor­sitzender des Aufsichtsrats ist Stadtschultheiß Bätzner.

Stuttgart, 11. April. Schneider- und Schuh­macherstreik. Eine Versammlung der Schneidergehilfen hat es abgelehnt, die Arbeit zu den vom Berliner Haupt­vorstand vereinbarten Bedingungen wieder aufzunehmen. Zu dem Schneiderstreik ist hier auch ein Schuhmacher­streik gekommen: 350 organisierte Schuhmachergehilfen in Stuttgart und Cannstatt sind in den Ausstand getreten.

r. Stuttgart, 12. April. Aus dem Spielplan-Ent- wurf des K. Hoftheaters ist zu entnehmen, daß am Sams­tag 27. April außer Abonnement die große Veranstaltung zu Gunsten der Bühnengenossenschast und der Penfionsan- stalt des Hoftheaters stattfindet. Als Theatervorstellung ist die erste Aufführung der Bozenhardt'schen Detektiv-Ko­mödieSherlock Holmes" bestimmt. Der Verfasser, ein Mitglied des Thalia-Theaters in Hamburg, wird an diesem Abend die Titelrolle spielen.

r. Schramberg, 12. April. Die im vorigen Jahre errichtete dritte Stelle an der evangelischen Volksschule wird in eine ständige umgewandelt werden. Das vordere Schul­haus bei der katholischen Kirche wird einem Umbau unter­zogen.

r. Neckargartach, 12. April. Bestem mittag kurz nach 12 Uhr stürzte sich unterhalb der hiesigen Neckarbrücke eine / Frauensperson ins Wasser, trotz sofortigen Nachsuchens konnte der Leichnam bis jetzt nicht geländet werden. Wie man sagt, heißt die Ertrunkene Lina Gläsel und ist von Heilbronn.

r. Kirchheim, 11. April. Vom 12.14. Mai findet in hiesiger Stadt der württembergische Bezirksvereinstag des Deutschen Fleischerverbandes statt. Aus dem vorläufig auf­gestellten Programm ist zu entnehmen, daß am Sonntag den 12. Mai vormittags eine Vorstandssitzung stattfindet und nachmittags die Verhandlungen der Häute- und Fell­vereinigungen beginnen. Am Montag früh ist Empfang weiterer Festgäste, Festzug und von ' ,12 Uhr ab Verbands­tag auf welchem eine umfangreiche Tagesordnung zur Be­ratung gelangt. Für Dienstag früh ist eine Besichtigung des neuerbauten Schlachthauses nnd nachmittags der Be­such des Lenninger Tals vorgesehen.

Tuttlingen, 10. April. In Jmmendingen verhaftete auf dem Hauptbahnhof der Landjäger von Möhringen zwei Personen aus Niederullersdorf (Böhmen), die nicht weniger als zwei Zentner Sacharin bei sich hatten.