81. Jahrgang.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn 1.20 im Bezirks­und 10 Lin-Verkehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

Aburrspul'eHer: Wu. 29.

Mernsprecher Wr. 29.

Auflage^ 2000 ._

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift, oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen * und

Schwäb. Landwirt.

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Hlagokd, Ireitag dm 12. April

1907

Amtliches.

Die Schultheißenämter

werden auf die Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern betr. die Gewährung von Renten an dienst­unfähige Hebammen vom 28. Febr. d. Js., Amtsbl. S. 122, besonders aufmerksam gemacht und angewiesen, in ihren Ministcrialamtsbiättern von 1905 die entsprechende Be­richtigung zu machen.

Die Schultheißenämter derjenigen Gemeinden, in welchen Hebammen bereits Renten beziehen, wollen von vorbezeichneter Bekanntmachung zugleich die Gemeinde­pfleger in Kenntnis setzen.

Nagold, 11. April 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung,

betr. die Maul- und Klauenseuche.

Nach Mitteilung des K. Oberamts Horb ist der Ober­amtsbezirk Horb nunmehr seuchenfrei.

Mit Rücksicht auf den Stand der Seuche im Oberamt Freudenstadt besteht jedoch auch fernerhin die polizeiliche Beobachtung für die Gemeinden Bittelbronn, Grün- mettftette», Rexingen, Altheim, Salzstetten und Lützenhardt.

Nagold, den 11. April 1907.

^ _ K. Oberaurt. Ritter.

An die Ortsbehörden.

Zur Zeil erscheint eine neue, die vierte, Auflage von

v. Schicker, Polizeistrafrecht und Potizeistrafver- fahren im Königreich Württemberg, welche an die Stelle der infolge zahlreicher Aenderungen und der fort­schreitenden Gesetzgebung veralteten dritten Auflage zu treten bestimmt ist.

Den Ortsbehörden wird das bewährte Werk zur Anschaffung empfohlen.

Bestellungen nimmt die G. W. Zaiser'sche Buchhdlg. entgegen.

Nagold, den 11. April 1907.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung

betreffend die Abhaltung des am IS. d. Mts. in Rottenburg fälligen Viehmarktes.

Die Abhaltung des am 15 d. Mts. hier fälligen Vichmarktes wird unter folgenden Bedingungen gestattet:

1. Die Beifuhr von Wiederkäuern und Schweinen auf den Markt aus dem ganzen Oberamt Horb und - mit Ausnahme der Gemeinde Unterjesingen aus dem ganzen Oberamt Herrenberg sowie aus den nachstehend genannten im Umkreis von 20 Kilometern

von den verseuchten Orten der Oberämter Horb und Nagold gelegenen Gemeinden des Bezirks Rottenburg:

Eckenweiler, Ergenzingen, Frommenhausen, Hailfingen,Hemmendorf,Hirrli«gen,Nellingsheim, Niedernau, Obernau, Remmingsheim, Schwall­dorf, Seebronn und Wolfenhausen ist verboten.

2. sämtliche zu Markt gebrachten Wiederkäuer und Schweine sind an den Markt-Eingängen Stück für Stück auf Maul- und Klauenseuche tierärztlich zu untersuchen.

Rottenburg, den 9. April 1907.

K. Oberamt: Amtmann Risch.

UoLitische Hleberficht.

Zur Verfolgung des Anwachsens der Beiträge

für die landwirtschaftliche Unfallversicherung werden im Reichsversicherungsamt alljährlich Ueberstchten aufgestellt. Die letzte betrifft das Jahr 1905. Danach hat sich ergeben, daß bei den dem Reichsversicherungsamt unterstellten land­wirtschaftlichen Berufsgenossenschaften die Beiträge für 1905 je nach dem geltenden Beitragsmaßstab sich auf 47,72 Proz. der Grundsteuer und 1,62 Proz. der Lohnwerte im Durch­schnitt stellten. Im Jahr 1904 betrugen die in gleicher Weise ermittelten Verhältniszahlen 45,58 Proz. der Grund­steuer und 1,51 Proz. der Lohnwerte. Diese Ueberstchten können ja nur ein ungefähres Bild der Höhe und der Steigung der Beiträge ergeben, soviel aber ist aus den Zahlen klar, daß das Anwachsen der Beitragslast von einem Jahr zum andern recht bedeutend ist.

Die österreichisch-ungarische» Ausgleichsver­handlungen sind am Mittwoch in Wien wieder ausge­nommen worden. Zunächst traten die beiden Ministerpräsi­denten zur Konferenz zusammen, zu welcher später die beider­seitigen Fachminister zugezogen wurden. Die Verhandlungen gelten noch immer der Frage, wie das Verhältnis beider Staaten nach 1917 sich gestalten soll.

Die russische Duma setzte am Mittwoch die Budget­debatte fort. Starken Eindruck machte die Rede des Kadetten Fedorow, der im Sinn des Finanzministers für Kommissions­beratung eintrat. Der Redner warnte davor, von dem Ministerium zuviel zu verlangen, das ein schweres Erbe angetreten habe und ganz neuartigen Verhältnissen gegen­überstehe. Fedorow schloß mit einem Appell zur ruhigen Arbeit ohne Furcht vor einer Dumaauflösung. Man be­schloß endlich mit allen Stimmen gegen diejenigen der So­zialdemokraten und Sozialrevolutionäre, das Budget der Budgetkommission zu üherweiscn. Wie weiter gemeldet wird, dauern die Konflikte der Regierung mit der Reichs­duma wegen Kompetenzüberschreitungen seitens der letzteren fort. Ministerpräsident Stolypin richtete zwei Schreiben an den Dumapräsidenten mit dem Hinweis, der Regierung sei bekannt, daß jdie jDumakommission für das Verpflegungs­

Nächste Woche werden wir an dieser Stelle mit dem Abdruck des ganz,besonders spannenden Kriminalromans

Aas Testament des Bankiers

von A. M. Barbour

beginnen; derselbe hat in Amerika, der Heimat des Ver­fassers, einen glänzenden Erfolg gehabt, indem von der Buchausgabe bis jetzt elf starke Auflagen erschienen sind.

Are Wööek in der modernen Kultur.

Von Karl Scheffler')

Bei den Möbeln merkt man die Eigenart der modernen Zeit am deutlichsttn in dem, was ausgegeben worden ist. Das Bedürfnis hat gesichtet, und wenn auch die Künstler der neuen Bewegung erst die Neubildungen in Angriff ge­nommen haben, so hat der Gebrauchszweck doch gewisse Formen längst abgelehnt. Die Truhe ist ganz verschwunden, die Kommode ist im Aussterben, und der Schrank hat eine Umwandlung erfahren. Auch sind alle Möbel gegen früher viel leichter geworden, weil sie öfters bewegt werden müssen. Trotzdem hat sich eine eigene Form für das moderne Be­dürfnis nicht bilden können; erst die englischen Anregungen

Diesen Artikel entnehmen wir mit Erlaubnis der Deutsche» «nlagSanstalt, Stuttgart, dem soeben erschienenen bedeutsamen WerkeModerne Kultur. Tin Handbuch der LebenSbilduna und de» guten Geschmacks. In Verbindung mit Frau Marie Dier», W. Fred, Hermann Hesse, Dr. Georg Lehnert, Karl Schefflrr, Dr. Karl Storck herausgegeben von Prof. Dr. Ed. Heyck. Erster «and: Grundbegriffe. Die Häuslichkeit." Dir interessanten Aus­führungen werden die Beachtung besonder» auch in den Kreisen unsrer MSbelfabrikanten und -Schreiner wert sein, da st, wertvoll» Fingerzeige enthalten.

und die Arbeit der Künstler haben Wandel geschaffen. Zu­nächst ist die wesentliche Tätigkeit der Kritik zugefallen. Sie hat, wie überall, das Bedürfnis befragt und jede Schmuck­form, jede dekorative Bildung, die damit nichts zu tun haben, verneint. Freilich war damit noch nicht viel getan, weil nach solcher Reinigungsarbeit kaum etwas Nennens­wertes übrig blieb. Was die Künstler dann auf diesem Gebiet der angewandten Kunst geschaffen haben, bleibt ihr höchstes Verdienst, weil sie dort mehr als anderswo Posi­tive? geleistet haben. Und die Deutschen stehen hier allen anderen voran, weil sie den Sachsinn der Engländer glück­lich mit einem größeren Kunstsinn verbinden.

Es hat bei uns eine Periode gegeben, die als die Ent­stehungszeit des neueren bürgerlichen Möbels, im Gegensatz zum aristokratischen einerseits und zum bäuerlichen anderer­seits, gelten muß; die Zeit von 1770 bis 1830 etwa. Man braucht nur Stühle aus Hamburg und Lübeck aus dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts zu betrachten, Schränke aus den östlichen und Tische aus den westlichen Provinzen, um sofort den Eindruck einer sehr aktuellen Modernität zu haben. An diese Anfänge, die später in der wild und allzu schnell heraufkommenden Jndustriezeit vernichtet worden sind, knüpfen die neuen Bestrebungen bei uns denn auch an. Man findet in modernen Wohnungsmilieus oft alte Urvätermöbel neben solchen von Künstlern unserer Tage, und es paßt aus­gezeichnet. Was die Anregung gebracht hat, ist die Ver­arbeitung der Konstruktion zu ästhetischen Zwecken. Man will nicht länger in einem Schrank eine verkleinerte Archi­tektur bewundern, sondern die Fügung des Holzes sehen, will das einfachste Bedürfnis nicht länger durch Rücksicht­nahmen auf Dekorationen unterdrücken, sondern die Schön­heit gerade in der Anpassung an das Notwendige suchen. Dieses Bestreben hat unsere gesamte Möbelindustrie revo-

wesen und zur Durchsicht des Budgetentwurfs Privatpersonen

als Sachverständige heranzuziehen beabsichtigen. Em solches Verfahren bedeute eine wesentliche Kompetenzüberschreitung seitens der Duma. Stolypin wünscht zu wissen, welche Maßnahmen beabsichtigt seien, um eine Verletzung der ein­schlägigen Vorschriften fernerhin unmöglich zu machen. Der Minister des Innern wies ferner die Gouverneure an, keine Dorfversammlungen zur Beratung von Vorschlägen, die seitens der Dumaabgeordneten an die Dorfbehörden gemacht werden würden, zu gestatten, bezw. die Schuldigen sofort zur Verantwortung zu ziehen.

Der marokkanische Minister des Auswärtigen erklärte in einem Brief, er verstehe nicht, wie die Ermordung des Doktor Mauchamp den Grund zu der Okkupation von Udscha habe bieten können. In Anbetracht der geleisteten Dienste und seines hohen Alters gehe es nicht an, den Gouverneur von Marrakesch zur Rechenschaft zu ziehender würde indessen seiner Stellung enthoben werden, und viel­leicht würde sein Sohn nach Tanger kommen, um in seinem Namen Entschuldigungen auszusprechen. Das wird nicht sehr viel zur Beruhigung Frankreichs beitragen. Nach wei­teren Meldungen ist zwischen der französischen und der deutschen Gesandtschaft glücklich ein Abkommen über die drahtlose Telegraphie erreicht worden. Man hofft, daß diese befriedigende Abmachung zu weiteren Arrangements führen, und daß eventuell ein vollständiges Einverständnis zustand kommen wird._

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 10. April.

Während der Osterpausen sind die Abgeordneten Prinz Arenberg (Ztr.) und heute Auer (Soz.) verstorben, Das Haus ehrt ihr Andenken durch Erheben von den Sitzen.

Der Gesetzentwurf über den Gebührentarif für den Kaiser-Milhelm-Kanal, der die fünfjährige Ermächtigung zur Festsetzung des Tarifs zum, dritten Male verlängert, wird nach kurzer Erörterung durch Dr. Gerike (N.) und Dr. Leonhardt (frs. Vgg.) in erster und zweiter Lesung genehmigt.

Zweite Lesung des Etats.

Trimborn (Z.) beginnt mit einer Polemik gegen den Abgeordneten Dr. Mugdan und richtet dann an den Staats­sekretär u. a. folgende Fragen: In welchem Stadium be­finden sich zurzeit die Vorarbeiten für die Zusammenlegung der drei Versicherungsgesetze? Weiter: Ist die Ausdehnung der Krankenversicherung auf Landwirtschaft und Gesinde schon vorher zu erwarten und ebenso die Witwen- und Waisenversicherung? Redner begründet nun die Anträge des Zentrums. Für die bürgerlichen Parteien uud die Re­gierung ergebe sich die Notwendigkeit, nun erst recht die

lutioniert, und wenn man auch heute noch überall unruhig tastet und sucht, übertreibt und Kompromisse schließt, so läßt sich doch schon erkennen, daß ein Rückwärts zum alten Schlendrian nicht mehr möglich sein wird. Die Gefahr ist hier wie überall die Mode. DerJugendstil" ist an vielen Orten an Stelle der alten Jndustriestile getreten, und es braucht nicht gesagt zu werden, daß er Schlimmeres produ­ziert, als jemals vorher geboten worden ist, weil ihm so­gar der kleine Halt fehlt, den die historische Nachahmung immer noch am schönen Vorbild fand. Aber auch die Künstler selbst, die uns die Wege zum Vernünftigen gebahnt haben, experimentieren nirgend lieber als in der Holzarchitektur mit reinen Kunstformen und schaffen so die Gefahr, ihr eigenes Werk zu gefährden, indem sie aus einer Sach- und Zweck­kunst eine Ausstellungs- und Versuchskunst machen. Sie widmen ihr ganzes gesammeltes Bildnergefühl an Ge­brauchsdinge, die damit gar nichts anfangen können. So sind wir im Laufe der letzten Jahre neben den vortrefflichen Mustern in Besitz von Möbeln gekommen, die für alle Zeiten merkwürdig sein werden, an denen verschwendet worden ist, was eigentlich nur in den weiteren Aufgaben der Baukunst Platz hat. Man hat das Holz als Versuchsmaterial für Ideen benützt, die höher hinaufdrängen. Davon darf der verständige Käufer sich aber nicht irritieren lassen; das sind Angelegenheiten, die den Künstler allein angehen. Wenn er für seine weiterreichenden Pläne kein anderes Arbeitsgebiet findet, als das der Nutzkunst, so hat er ein volles Recht, hier seine Studien zu machen. Unmittelbar mit solcher Arbeit kommt ja nur zusammen, wer sich ein fertiges In­terieur beim Künstler bestellt, und wer das tut, muß sich inst seinem Gefühl notwendig auch in den Jdeenkreisen des schöpferischen Geistes bewegen, von dem er ein Zimmer oder ein Haus zu bewohnen wünscht. Es ist gewiß nicht jeder-