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i;4. Jahrgang.
Amts- unä Intekkigenzökatt sür äen AezirA.
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Das „Calwer Wochenblatt" erscheint im neuen Jahre in der seitherigen Form 3mal wöchentlich und kostet halbjährlich nach auswärts durch die Post bezogen incl. der Speditionsgebühr Mk. 2. 30, vierteljährlich Mk. 1.15; in der Stadt samt Trägerlohn halbjährlich Mk. 2. 20, vierteljährlich Mk. 1. 10. Da das „Catwer Wochenblatt" im ganzen Bezirk fast in jedem Haus gelesen wird, so sagen wir unfern Lesern in Erwähnung seines Inhalts nichts Neues. Auch im neuen Jahre werden wir bei wichtigen Vorkommnissen auf politischem oder wirtschaftlichem Gebiet, unsere Leser durch regen Depeschendienst aufs rascheste unterrichten.
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öie Weöaktion.
Gcrges-Weuigksiten.
-j- Althengstet t. Letzten Samstag abend hielt der Kandidat für die bevorstehende Landtagswab! im Bezirk Calm, Herr StadtsHustHMHaff- ner aus Cal«, auf dem hiesigen Rathaus einen Vortrag über die wichtigsten politischen Fragen, welche den nächsten Landtag voraussichtlich beschäftigen werden. Er wußte die Stimmung des Landvolkes so geschickt für sich zu gewinnen, daß dieses eigentlich keinen beredteren Vertreter seiner Wünsche und Rechte finden könnte. Dies empfiehlt den Hrn. Kandidaten in hohem Grade, und wenn auch bisher kein Gegenkandidat sich vernehmen ließ, so kann doch jeder Wahlberechtigte, dessen ausgesprochenen Grundsätzen gemäß ihn zu seinem Vertrauensmann erwählen. Somit ist nur zu wünschen, daß das Mandat des Bezirks Calw für den nächsten Landtag von möglichst vielen Wählern dem Hrn. Stadtschultheiß Haffner aus Calw übertragen werde.
Stuttgart, 22. Dez. Gestern abend 6 Uhr hat die Fahnd.. Mannschaft unter Leitung des Polizei-Jnspektors Kern in der Herberge zur Heimat eine sog. Razzia vorgenommen. Es waren etwa 160 Personen, worunter viele Handwsrksburschen anwesend und die Kontrolle ging wie gewöhnlich ruhig vor sich, bis einer der H indwerksbucschen, welcher durch einen Fahnder über seine Verhältnisse befragt wurde, mit einem offenen Messer in
der Hand auf den Fahnder eindrang und rief: „Wenn Sie mich mitnehmen, dann steche ich Sie nieder." Zugleich holte er zum Stoß aus. Mehrere Fahnder und Handwerksburschen hatten zu thun, dem Wütenden das Messer zu entwinden und denselben dingfest zu machen. Der Thäter ist der Friedrich - Theodor Zimmermann, Schneider von Neuweiler, OA. Böblingen, welcher schon öfters wegen Vergehens wider fremdes Eigentum, letztmals mit 2 Jahren Zuchthaus bestraft und am 1. Dezember d. I. in Ludwigsburg entlassen wurde. Es ist derselbe, welcher vor ca. 3 Jahren das Wetterhäuschen auf der Plante beschädigte.
Schorndorf, 26. Dez. In der Nacht vom Sonntag auf Montag wurden hier mehrere Einbruchsversuche gemacht, bei einem Kaufmann erbrachen die frechen Gesellen die Ladenkasse, fanden jel och solche vom vorsichtigen Eigentümer schon geleert vor; sie griffen daher nach dem Vorrat in Cigarren, dem sie wacker zusprachen, ferner entwendeten sie mehrere Geldbeutel und einige Schuhwaren. Bei einem Bäcker stahlen sie Kleidungstücke. An zwei weiteren Geschäftsräumen fanden sich deutliche Spuren, welche auf versuchten Einbruch schließen ließen. Den frechen Thätern soll man auf der Spur sein. — Sicherem Vernehmen nach wurde anläßlich der Restauration der hiesigen Stadtkirche, zur Ausstattung der Sakristei, der reiche Beitrag von 400 aus Staatsmitteln bewilligt.
Geislingen, 28. Dez. Eine seltene Weihnachtsgabe wurde dieses Jahr einer alten treuen Dienerin zu teil. Ihre Majestät die Königin Olga hat allergnädigst der Anna Seyfang von Altenstadt für 50jährige Dienstleistung im Haufe der Frau Pfarrer Breitschwerdt das für Dienstboten gestiftete golden; Kreuz verliehen. Im hiesigen Bszirkskrankenhause wurde eine erhebende Christbescheerung mit Gesang, Gebet und Ansprache gefeiert. Unter dem strahlenden Christbaum ragte aus den bescheiden Gaben, mit welchen die Diakonissen ihre 38 Kranken erfreuten, das schöne Geschenk der Metallwarenfabrik hervor, ein prachtvoller Abendmahlskelch samt Hostienteller und Hostienkapsel.
Bietigheim, 26. Dez. E n empörender Akt viehischster Verrohung, wie er vor wenigen Tagen in unserem Nachbarort Metterzimmern vorgekommen ist, hält jedes sittliche Gefühl in natürlicher Erregung. — Zwei junge Burschen, Brüder, von denen der eine erst kürzlich nach 2jähnger Dienstzeit vom Militär entlassen wurde, lockten ein kaum der Schule entwachsenes Mädchen in ihre Scheuer und vergewaltigten und mißhandelten dasselbe derart, daß es schwer krank darniederliegt, so daß dev zu Hilfe gerufene Wundarzt die Bsiziehung des Oberamtsarztes für nötig erachtete. Am Montag wurde der Hauptbeschuldigte an das Bezirksgericht eingeliefert.
Heilbronn, 28. Dez. Neben Schultheiß Schott und Dr. Lipp ist nun Gem.-Rat Gottl. Wagner von Großgartach als 3. Kandidat zur Landtagswahl aufgetreten. In seiner in der Neck.-Ztg. erscheinenden Er- ^
JeuMetsn.
Nachdruck verboten.
Verschlungene Jaden.
Roman aus dem Englischen von Hermine Franken st ein.
(Fortsetzung.)
Bald nachdem sie ihren Thee genommen, ging die junge Frau hinaus, um ihre Kleider zu wechseln, und die beiden Herren blieben allein.
„Nun, Otto, was sagst Du zu meiner Frau?" fragte Sir Ralph, sobald sich die Thür hinter Adrienne geschlossen hatte.
„Sie ist reizend!" war die begeisterte Antwort. „Sie ist hold und schön wie eine Blume!"
„Nicht wahr?" rief der Baronet voll zärtlichem Stolze aus. „Und mehr als das; ihre Seele ist rein und unschuldsvoll wie die eines Kindes. Sie weiß Nichts von der Welt und ihren Schlechtigkeiten und betrachtet alle Dinge nur durch den Spiegel ihrer eigenen Seelenreinheit. Ein sanfteres, zartfühlenderes, argloseres Wesen ist mir niemals vorgekommen. Das Böse ist ihr verhaßt, wie den Engeln!"
„Aber selbst Engel fallen!" murmelte Otto vor sich, wobei sein Schnurrbart das häßliche Lächeln, welches seinen Mund umspielte, verdeckte. Laut sagte er dann:
„Ich glaube Dir gern, Onkel. Ich habe zwar im Allgemeinen keine sehr gute Meinung von den Frauen; aber ich will zu Gunsten dieser einen mit Freuden eine Ausnahme machen."
„Sei nicht cynisch, mein Junge; dazu ist es noch Zeit genug, wenn Du einmal ein alter Mann geworden bist und das Leben Dir seine Schattenseiten gezeigt haben wird. Was ich Dir noch sagen wollte, Otto; ich bin Dir noch vielen Dank für Deinen Brief schuldig, sowie für die Art und Weise, wie Du meine Heirat ausgenommen hast," fügte er in etwas verlegenem Tone hinzu. „Ich versichere Dich, daß ich sehr erfreut war, zu sehen, daß Deine Gefühle für mich so uninteressiert sind."
„Mein lieber Onkel, welches Recht hätte ich vor allen Menschen in her Welt mich zu beklagen, da ich ja doch Dir ganz allein Alles verdanke, was ich bin und habe?"
„Gut, gut; aber manche Leuts Härten die Sache in einem anderen Lichte betrachtet, besonders, da ich Dich immer in dem Glauben erhielt, daß es meine Absicht wäre, niemals zu heiraten. — wie es auch thatsächlich war. Aber wie Du siehst, Otto, sind selbst- alle Männer vor der Gewalt Kupido's nicht sicher, und ich glaube, ich bin jetzt eben so verliebt, wie ein Jüngling von siebenzehn oder achtzehn Jahren
„Alter Narr!" dachte Otto bei sich, während er dem Onkel freundlich, ins Gesicht lächelte über dessen liebenswürdige Schwäche. Nun, Du hast jedenfalls eine sehr reizende Entschuldigung," sagte er laut als Antwort.
„Ich, kann es jetzt gar nicht begreifen, wie ich mich in meinem Hagestolzleben so wohl fühlen konnte," fuhr der Baron fort. „Ganz gewiß sind die Menschen am glücklichsten, die sich eine traute Häuslichkeit schaffen."
Das Gespräch wurde hier durch Adrienne's Eintreten unterbrochen, die ihren Reiseanzug mit einem weißen, einfachen Kaschmirkleide vertauscht hatte, in welchem die feinen Formen ihres jugendlichen Körpers trefflich zur Geltung kamen.
„Sie sehen in diesem Kleide fast rvie eine Heilige aus," bemerkte Otto in munterem Tone, ihr entgegentretend.
Die kleine Gesellschaft begab sich in den eleganten Speisesaal, an dessen mit Holz getäfelten Wänden Familienporträts hingen.
„Wie gefallen Ihnen Ihre Zimmer?" fragte Otto Adrienne, sobald sie an der Tafel Platz genommen hatten.
„Sie sind reizend!" antwortete sie mit der ihr eigenen, kindlichen Begeisterung.
Er verneigte sich und schaute sie interessiert an.
Hch bin sehr froh, daß sie Ihren Beifall haben. Ich kannte Ihren Geschmack nicht uift, so wurde mir die Wahl der Einrichtungsstücke selbstoerständlich sehr schwer."