80. Aahrg«««.

Erscheint täglich «tt Ausnahme der Tenn« und Festtage.

Brei» virrteljätzrUch hier 1 >*. «tt Lräger- ioh»1.W^.t«»e,trt». und 10 Kru-Vrrkehr !.S8 i« übrige» Württemberg 1.S8 »st Wv»atSabo»ne«e»t> «ach Verhältnis.

Drr GkskWllster.

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A«»nsp»eche» W». MV.

M«mfp»e«He» M». RV.

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»nzetg«.Gebühr s. d. Ispalt. Zette a»S gewähnl. Uchrist oder deren Kam» bet 1««l »tnrü«rn«g 10 it, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt,

Mit de« Plandrrstübche» und

Gchwäb. Nandwirt.

156

Magold, Samstag den 7. Jutt

1806.

Beftelluttge«

aus den

Gesellschafter

für die Monate

Juli, August, September

nehmen «Le Postasstalteu, P»stb»te«, sowie unsere A»strSseri««e» immer noch entgegen.

Seine Königliche Majestät haben am 10. Juni d, IS. aller- gnädigst geruht, die evangelische Pfarrei Erdmannhausen, Dek. Marbach, dem Pfarrer Raur in Oberjettingen, Dek. Herrenberg, zu übertragen

VoMifche MeSerftchl.

Eine« bezeichnende» Vorgang a«S de« Lager der Gazialdemakratie erzählt dieGermania". Das Blatt schreibt:In Berlin lobt zur Zeit ein Lohukampf der Buchbinder. Auch die bei«Vorwärts" tätigen Ge­hilfen waren mit de» dort gezahlten Löhnen nicht zufrieden und sandten ihren Vertrauensmann zurVorwärtS"-Leitnug mit der Anfrage, ob die Herren Obergruofseu derselben zum Larisabschluß bereit seien. Darauf erklärte dieVorwärts"- Leitung: Eine zehnprozentige Lohnerhöhung bei de» schon jetzt hohe» Löhnen imVorwärts" ist unmöglich. Der Tarif wird erst dann anerkannt, wenn die Konkurrenz diesen be­willigt hat. Darf ma» fragen, wen sich die Herren vom Vorwärts" als Konkurrenten denken? Die Erregung unter den Buchbindern über den die Konknrrenz fürchtendenVor­wärts" ist groß, vm so «ehr, aiS dieser auch noch beim Streikbruch" gefaßt worden ist. Er ließ nämlich seine Buchbinderarbeite» bei einer Firma Herstellen, die den Tarif nicht bewilligt und sogar ihre organisierten Buchbinder g»S« gesperrt hat."

Rach verschiede»«» russische» Zeit»«ge» er­klärte der Ministerpräsident Goremykin in eurer Sitzung deS MtuisterratS, dem Kabinett sei der Rücktritt urhegelegt wor­den; mit der Neubildung des Kabinetts soll der ehemalige Ackerbaaminister Jnmolow betraut werden. Nus den Eisenbahnlinien, besonders der WladikawkaS- Sibirischen Bahn, sowie auf der Südwrstbahn ist wiederum eine wach­sende politische Gärung bemerkbar; ebenso unter den Hafen­arbeitern, besonders stark in Noworosstsk.

I» Spante» wird de» A»archiste» jetzt scharf a«f die Finger gefehe«. In Guadalajara hat die Po­lizei zwei ,talleursche Geschäftsleute, die aus Verona dort etugetroffen find, verhaftet. Die Verhafteten behaupten, ledig­lich ihrer Geschäfte wegen «ach Spanien c;eksmmm zu sein.

und haben sich anheischig gemacht, ihre Unbescholtenheit nach- zuwrtse«. Ein Depesche an- Melilla meldet, der Präten­dent habe eine Niederlage erlitten und ziehe sich, verfolgt von den Truppen des Sultans, auf Tazza zurück.

«»- L»»d»« wird gemeldet, daß dort gestern nach­mittag drr italienische Minister drS AuSvärttgen Littoui und der französische Botschafter Cambou zur Abfassung des englisch- französisch- italienischen Vertrages über Abessinien im englischen Auswärtigen Amt erscheine« wollten; Minister Littout gedenkt am Mittwoch nach Rom jurückzureiseu. Da­von, daß auf Deutschlands Interessen Rücksicht genommen werden wird, verlautet nichts. Abessinien droht so, ein zweites Marokko für uuS zu werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Württernbergischer Landtag.

Die endgültige A»«ah«e der Bers»ff««gSre»ifi»» i« der Adge»rd»ete»r»««er.

Stnttgart, 6. Juli. Die Kammer der Abgeord­nete« hat fich heute nochmals und wohl zu« letztenmale mit der Bers«ff«»g-re»ifi»» beschäftigt, um zu den Beschlüssen des andern Hause» Stellung zu nehmen. ES zeigte sich zunächst, daß das Haus sich in einer Zwangs­lage befand, da von der 1. Kammer hinter den Kulissen die Mitteilung gemacht worden war, die Revision werde scheitern, wenn nicht de» Verlange» der StandeSherre« zugestimmt werde, daß die Zahl der Berufsvertreter iu der 1. K. nur 5 betragt. Die Zwangslage wurde von dem Berichterstatter Lteschiug etugeheud geschildert nud er ge­laugte namens seiner Freunde zu de« Schluß, daß au dieser Frage die Revision nicht scheitern dürfe nud seine Partei deshalb den 5 Berufsvertretern statt der verlangten 8 zustimme. Frech, v. Ow legte in längerer Rede, den Standpunkt der Ritter dar, welche eine möglichst starke 1. K. als in deren eigene« Interesse gelegen, ausehe», und deshalb auch 8 BerusSarbeiter wünschen, umsomehr als nun für die 8. N. 93 Abgeordnete beschlossen seien. Er betonte, die Bedeutung jener BerufSständr und das von den Rittern gebrachte Opfer. Prälat von Braun vertrat ebenfalls die Ansicht, daß an der Zahl 3 die Revision nicht scheitern dürfe. Keil stimmte de» Beschluß des andern Hauses mit Vergnügen zu, da die Sozialdemokratie eine mög­lichste Schwächung der 1. K. wünsche. Domkapitular Berg motivierte seine ablehnende Haltung. Auch der Mttberichlerstatter Dr. Hieb er erklärte namens der deut­schen Partei die Zustimmung zu dem von Lteschiug ge­stellten Antrag, dem Beschluß des andern Hauses beizn- treten, desgleichen «raut, während Frhr. v. Pal« erklärte, wenn vor de« engherzigen Standpunkt der 1. K. die Flagge gestrichen werde, so könne er. de« ganzen Gesetz nicht zu- stismeu. Gröber wies kürz ans die ablehnende Stellung des Zentrums hin. Hierauf wurde der Antrag Lieschiug «tt 58 gegen 30 Stimmen des Zentrums und einiger Ritter bei 1 StiW«e«evthaItnug angenommen. Bei Art. 2 wurde gemäß de« Antrag der Kommission dem Beschluß

des anderen Hauses betgetreteu, wonach t« Falle des Weg­

falls von tzandeSherrliche« Familien ein Ersatz durch wet­tere Ernennung lebenslänglicher Mitglieder erfolgen soll, jedoch mit der Einschränkung, daß diese Ernennung nur er­folgen darf, »euu die staudesherrliche Stimme aus andere Weise als durch freiwillige Entschließung dauernd wegfällt. Hiezu setzte Rembold-Gmünd auseinander, daß die unter bureaukratische» Einfluß stehenden Lebenslänglichen kein richtiger Ersatz für die politisch und wirtschaftlich freien StandeSherreu seien. Weiterhin kam daun noch von mehreren Abgg. der Wunsch zu« Ausdruck, daß in Zukunft nicht bloß höhere Staatsbeamte, sondern auch Künstler und sonstig« hervorragende Persönlichkeiten zu lebenslänglichen Mitgliedern ernannt werden möchten. Bei Art. 4 wurde der Kom- «isfiousautrag angenommen, bezüglich der 17 Proporz- abgeordneteu das Land tu 2 Kreise zu teilen, aber Satt der von der 1. K. beschlossenen Längs siuteiluug eine Qnerteil- uug vorzuuehmtv, so daß drr erste Kreis den Neckar- kreis und den JagfikreiS umfaßt und 9 Abgeordnete wählt und der zweite Kreis den Schwarzwaldkrei» und den Donaukreis umfaßt und 8 Abgeordnete wählt. Eine Veränderung in der Einteilung der Kreise des Landes soll Gegenstand der öffentlichen Gesetzgebung sein. Nach An­nahme weiterer KommifstouSanträge auf Beitritt zu den Beschlüssen de» anderen HanseS iu Konsequenz der heutigen Beschlußsaffuugeuiigelaugte «au endlich zu Art. 36 (Budget­recht), woz« die Kommisfiou Zustimmung zu« Beschluß de» anderen HanseS beantragte, jedoch bei Art. 29» das un­beschränkte MitwirkuugSrecht der 1. S. bet Erhöhung der Einkommensteuer ablehute. Lieschiug betonte, daß seine Partei i« Vollgefühl des Ernstes der Situation und der Verantwortung au dieser Frage das Gesetz ui t scheitern lassen wolle. Drr Abg. Gröber suchte nachznweiseu, daß die bei der Etukommesstener in der 1. K. gemachte Kon­zession von den heute durch die Kommission vorgeschlageueu Konzessionen weit übertroffeu werde. Er erinnerte daun au ein Wort HaußmauuS bei der letzten BeratungBis hteher und nicht weiter", au das damalige Bravorufen und wies auf das heutige verstummen hin. Die Bolttpartei fei ans- gezogen, um die 1. K. zu vernichten, heute wollte sie die­selbe vermehren und verstärken auf Kosten der 2. K.; das sei da» Ende des Feldzugs. Die Bolttpartei habe sich unter das Joch der StandeSherreu begeben. Ihre Politik sei nicht demokratisch. DaS Zentrum sei mit den übrigen Parteien einig darin, de« Wohl des Vaterlands zu dienen, stimme aber der BesaffuugSrevisiou nicht zu, weil rS nicht glaube, daß dlese dem Wohl des Vaterlands dienen werde. Hieraus erwiderte der Abg. tzaußmauu-Baliugeu, daß die Bolttpartei aus die Angriffe des Zentrums!stolz sei, e» aber ablehne, fich vor ihm zu rechtfertigen. Er sprach seine Freude über da» tatkräftige Mitwirken des Ministerpräsi­denten au», »einte daß da» Nachgeden in drr Bndgetfrage praktisch geringer sei, als theoretisch und schloß, Württemberg könne fich des heutige» Sieges freue«, eS habe fich als ein geschultes Volk gezeigt. Nachdem sodann noch Rin.- Prüf. v. Breitling seine Genugtuung über die Beendigung der Kämpfe ausgesprochen hatte, wurde der SommlsfiouS-

Wttrnerster Wruyn und Ilrau

von C. Munsmann.

Autorisierte Uebersetzung. Nachdr. verb.

(Fortsetzung.)

Sechstes «apitel.

Am nächsten Mittag um zwei Uhr fuhr der Gutsbe­sitzer Bruhn tu seine« kleinen Korbwagen in die Stadt und ließ diesen bei seinem Kaufmann auSspavneu.

Daraus begab er fich ans das Amtsgericht.

Es war ein altes Gebäude, das nach de« Markte htuanSlag. I« Hintergründe erhob fich rin roter, zackiger Turm, der beinahe einem Kirchturme glich und aus de» der Gchatzhetlige der Stadt auf eine« Stuhle sitzend angebracht war. Er war in Sandstein gemeißelt und hing wie eine wunderliche kleine Puppe auf der eine« Seite der Turm- luke, aus der allabendlich der Souueamttergaug eingeläutet wurde.

Bor de« alten Turm war el« häßliches, graues Ge- bände aufgeführt, tu dessen obere« Stockwerk fich eine Reihe kleiner, viereckiger Fenster mit eisernen Stangen befand. ES waren die Gefängniszellen, und die Knabe«, die am Morgen iu die hinter de« Amtsgericht liegende Schule gingen, schauten immer «tt etue« Gemisch von Nengterde und Schreck zu den Fenstern hinaus, und durch die schmutzigen, vergitterten Scheiben erblickten sie hin und wieder die Um­risse eine» bleiche» Gesichts. In ihrer lebhaften Phantasie wollte eS ihnen dann scheinen, als wenn dieses sie verspotte,

und sie sahen es Dann nicht selten anch nacht» tu ihre« Träumen wieder.

Wurde aber einmal eine bekannte Persönlichkeit ver­haftet, so glaubten die Knab n immer, daß diese» Gesicht demjenigen gehöre, der augenblicklich i« Munde aller war, und trafen sie fich daun ans de« Spielplätze, so berichtete der eine mit geheimnisvoller Miene de» andern:Ich habe ihn gesehen". Alle wußten sofort, wer gemeint war, und sie beneideten denjenigen, der das Glück gehabt hatte, diesen interessanten Anblick zu genießen.

Links daneben i« RathauSkeller befand fich der gemüt­liche Ort, bei dessen Nennung die Jugend nie den wirklichen Ernst des Gesetzes und der Gerechtigkeit empfand. Hier war der Polizeigewahrsa« für die Betrovkeven, und hier wurdn an den Jahrmärkten oft ein heftiger Kampf zwischen den übermütigen Knechten vom Laude und dr« dicken Poli- zetdieuer auSgesochteu, der für gewöhnlich keine andere^ Be­schäftigung hatte, als die Marktpreise zu notieren und, wenn Auktion war, mit der großen Trommel umherzulausen.

Auf das Amtsgericht führte eine große, breite Treppe mit eisernem Geländer. Wenn der Gutsbesitzer Brnhu früher aus ihr hinaufßirg, hatte er das alte Gebäude mit dem­selben hälbhumoristischeu Blicke betrachtet, mit de« alle ge­horsamen Bürger mit gutem Gewissen das mittelalterliche Juventarstück anschen.

Erst heute fiel eS ihm auf, wie abgetreten die Steine waren, und eS kam ihm plötzlich iu dev Sinn, wie schwer wohl oft die Schritte gewesen sein möchten, die i« Laufe

der Jahre den harten Granit der Stufe» spiegelblank ge­schliffen hatten.

Zögernd schritt er die Stufen zu der großen Vorhalle hinaus, unter deren gemauerten Wölbungen die Luft ihm heute kälter und feuchter als sonst erschien.

Der dicke, gemütliche AmtSgerichtSdteuer, der ihn so gut kannte, grüßte ehrerbietig, mit der Höflichkeit eine» wohlgesinnten Gönners. Sr empfand ein gewisse» heimat­liches Wohlwollen für alle diejenigen, die vor den fremden Krimiualrichter geladen waren. Denn selbstredend betrach­tete er das Eingreifen der von auswärts kommenden Unter- suchungSkommisfiou als eine Kränkung der einheimischen Behörde, bei der er von jeher eine hervorragende Rolle gespielt hatte.

Der Rittmeister wurde sofort iu ein ziemlich große» Zimmer geführt, in welche» das Licht vom Marktplatze au» hell hrreikflntete.

Der Krimiualrichter ging hinter der Schranke aus und nieder und schlug hier ein Protokoll, dort ein Aktenstück aus. Im Vorbeigehen ersuchte er den Geladenen durch etue Haudbeweguug, Platz zu nehmen.

Brnhu setzte fich schräge aus eine neben der Tür stehende, mit Wachstuch überzogene Bank.

Der Richter suchte iu seinen Protokollen und Akten­stücken umher, al» habe er die Anwesenheit des Gutsbesitzer» ganz vergessen.

So verging ungefähr eine halbe Stunde, und die große Uhr in der Vorhalle schlug dreimal, daß e» i« ganzen Rathause dröhnte. (Fortsetzung folgt.)