Aro. 145.

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63. Jahrgang.

Amts- uaä Intelkigenzbkatt für clen Kezirlr.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt S H p. Zelle tm Bezirk, sonst 12 H.

Aamstag, äen 8. Dezember 1888.

! Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

( die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg. 2 70

AmMche MekcrrrrrLmcrchungen.

C a l-^v.

An die Hrtsvorsteher.

Erlaß, be! reffend die Vorbereitungen für die neue Landtagswahl.

Die Ortsvorsteher weiden beauftragt, dafür, zu sorgen, daß in jeder Gemeinde

1) die Ortswahlko mmission für dis Entwsrfung und Fort­führung der Wählerliste alsbald ordnungsmäßig , b e st e l l t ist. Dieselbe besteht aus dem Ortsvorsteher als Vorstand, dem Gemeindepfleger und drei weiteren von dem vereinigten Gemeinderath und Bürgerausschuß aus ihrer Mitte zu wählenden Mitgliedern (Art. 1 des Wahlgesetzes vom 26. März 1868, Reg.-Bl. S.178) Dabei ist zu beachten, daß nach Art. 2 des Wahl­gesetzes von 1868 die Octsivahlkommissionen bleibend sind und daher eine Neuwahl der von den vereinigten bürgerlichen Kollegien bestellten Mitglieder nur insoweit stattfindet, als die Gewählten nicht mehr Mitglieder dieser Kol­legien find. Es ist aber eine Neuwahl auch für solche Mitglieder vorzuneh­men, welche seit der letzten Abgeordnetenwahl in Folge des Ablaufs ihrer Wahlperiode aus dem Gemeinderath oder Bücgerausschuß ausgetreten und dann später wieder gewählt worden sind, da das betreffende Kommisstonsmit­glied, wenn auch vielleicht nur Lvf. kurzz. Zeit, aus .dem CEstium auszu-. scheiden hatte. Dabei unterliegt ^jedoch dessen Wiederwahl keinem Anstand.

2) Daß die Wählerlisten durch Erhebung und Sammlung des zu ihrer Ergänzung und Richtigstellung dienenden Materials (Art. 3 und 4 des Wahlgesetzes) gehörig vorbereitet werden, damit dieselben in­nerhalb der an das wohl bald erscheinende Wahlausschreiben sich anschließen­den zehntägigen Frist ohne Schwierigkeit fertig gebracht werden können. Hiebei wird jetzt schon bemerkt, daß, um Auslassungen möglichst zu vermei­den, bei Anfertigung der Wählerlisten auch die Steuerabrech­nungsbücher und Einzugsregister zu vergleichen find, da Wahlberechtigte, die in der Gemeinde ihres Wohnsitzes oder ihres nicht bloß vorübergehenden Aufenthalts direkte Staatssteuern (auch aus Capital-, Dienst- und Berufs- Einkommen), Wohn« oder Bürgersteuer entrichten, von Amtswegen in die Wählerlisten aufzunehmsn sind.

3) Bis 12. d. M. ist durch Einsendung eines Pcotokollauszugs an­zuzeigen. daß und wie die Ortswahlkommissionen für die Entwerfung und Fortführung der Wählerlisten ergänzt sind und w i e

groß din ungefähre Anzahl der Wähler und der Bedarf an For.m ularien für die einfache Anlegung der Wählerlisten ist.

Bemerkt wird, daß Berichte in Sachen dör Lmdtagswahl, welche nicht je auf den gegebenen Termin einkämsn, ohne voraus gehende Erinnerung durch Warllboten abgeholt werden müßte.

Calw, den 6. Dezbr. 1888. K. Oberamt.

_ Supper.

Bekanntmachung,

betreffend die Krankenverffchernng der Arbeiter.

Gemäß § 9 der Vollzugsversügung zum Krankenversicherungsgesetz vom 1. Dezember 1383 wurde der ortsübliche Taglohn gewöhn­lich er T a g a r b e i t e r für sämmtliche Gemeinden des Oberamtsbezirks vom Oberamt für 1839 festgesetzt:

für erwachsene männliche Arbeiter guf 2

weibliche 1 40 H

jugendliche männliche 1 20 L

., weibliche 90 Z

Calw, den 6. Dezember 1888. K. Oberamt.

Supper.

Die Hrtsvorsteher

werd-n an die in Nco. 98 des Amtsblatts angeordnete Berichterstattung, betreffend oen Obstvaumsatz an Leu Straßen, erinnert.

Calw, den 6. Dezbr. 1888. K. Oberamt.

S upper.

Die Hemeindeöehörden

werden soweit dies nicht bereits geschehen ist an die alsbaldige gemäß Z. 7 des Erlasses des K. LrndesverstcherungSamteS vom 21. Juli d. IS., Ministerialamtsbl. S. 229, angeordnete Vorlage der Umlagekataster für die landwirthschaftliche Bsrufsgenossenschaft erinnert. Die den Gemeinden gemäß K 20 der Minist.-Verf. vom 13. März 1888, Reg.-Bl. S. 118, zu- kommende Vergütung ist bei Vorlegung des Umlagekatasters zu liquidiren. Es wird erwartet, daß die Aufstellung des mit Anlegung und Fortfüh­rung des Katasters beauftragten Beamten überall im Wege ordnungsmäßiger Beschlußfassung erfolgt ist.

Calw, den 5. Dezember 1888. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

DeuiUeton.

Nachdruck »erboten.

Verschlungene Kaden.

Roman aus dem Englischen von Hermine Franken st ein.

(Fortsetzung.)

Natalie warf ihrem Vater einen ängstlichen Blick zu. Berechnete Mr. Far- quhar bereits, was er thun würde, wenn er Herr des Schlosses geworden sein würde; Der Atem versagte ihr fast bei diesem Gedanken, und sie begann rasch dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.

Spielen Sie Schach?" fragte Mr Farquhar sie nach einer Weile, und als sie bejahte, fügte er hinzu: Dann möchte ich gern eine Partie mit Ihnen spielen, wenn es Ihnen recht wäre."

Natalie ließ das Schachbrett bringen; die Figuren wurden aufgestellt und das Spiel begann. Das junge Mädchen war äußerst gewandt in diesem Spiel, aber sie sollte sich bald überzeugen, daß ihre Kunst von der ihres Gegners weit über­troffen wurde, denn er hatte binnen Kurzem den Sieg davongetragen.

Es geschieht mir nur selten, daß ich auf dem Schachbrett geschlagen werde," sagte sie in etwas gereiztem Tone.Sie spielen ganz ungewöhnlich gut, Mr. Farquhar."

Ja," entgegnet« er mit seltsamem Lächeln,ich schmeichle mir, bei Spielen, wo es hauptsächlich auf Berechnung und Voraussicht ankommt, immer zu siegen, besonders, wenn ich siegen will!"

Es war ein eigentümlicher Tonfall, in welchem er die letzten Worte sprach. Dem jungen Mädchen entging es nicht, und wie eine eiskalte Hand griff es ihr ans HAH' ; , ^

Während Natalie sich zurückzog, begaben sich' die beiden Herren in Mr. Eger- ton's Studierzimmer, um eine Cigarre zu rauchen.

Nachdem sie hier eine kurze Weile schweigend einander gegenüber gesessen hatten, begann Mr. Farquhar:

Ich habe heute Ihre Tochter zum ersten Mal gesehen, Egerton!"

Es war keine Gelegenheit vorhanden, daß Sie sie früher sehen konnten," er- wiederte der ältere Mann kalt,unsere Beziehungen waren ja rein geschäftlicher Natur!"

Ja, bis jetzt; aber ich bin sehr froh, daß Sie mich endlich in Ihrem Fa­milienkreis zugelassen haben. Ich hege eine außerordentliche Bewunderung für Miß Egerton!"

Mr. Egerton antwortete Nichts; offenbar warrn ihm Mr. Farquhar's Ge ­fühle vollkommen gleichgültig.

Ist sie verlobt?" fragte der Geldmann plötzlich ganz unerwartet.

Verlobt! Nein, gewiß nicht. Sie ist ja noch sehr jung!"

Nun, ich glaube doch, daß sie alt genug wäre, um heiraten zu können," ver­setzte Farquhar. Sie würde eine vortreffliche Herrin in dem Hause eines jeden Mannes abgeben."

Der Sprecher schwieg einige Minuten, den blauen Rauchringeln nachblickend die er in die Lust blies; dann fuhr er fort, indem er die Cigarre aus dem Munde nahm und sie prüfend betrachtete:

Wissen Sie, Egerton, daß ich in der letzten Zeit wiederholt daran gedacht habe, mich zu verheiraten? Ich bin reich genug, so daß ich mich vom Geschäft zu­rückziehen und von meinem Vermögen glänzend leben kann- Nun glaube ich, daß Ihre Tochter eine bewundernswürdige Gattin für mich abgeben würde!"

Mr. Egerton erschrak heftig. Offenbar hatte sich ihm der Gedanke an eine solche Möglichkeit niemals aufgedrängt und war ihm jetzt sehr unangenehm; aber was immer seine Empfindungen auch sein mochten, hielt er es doch für klüger, den­selben keinen Ausdruck zu geben.

Was würden Sie dazu sagen, mich als Schwiegersohn zu empfangen?" fragte Farquhar, ihn mit lauernden Blicken betrachtend.

Wahrlich, ich bin nicht in der Lage, darauf sofort zu antworten," war die ziemlich verwirrt gegebene Entgegnung.Solch eine Idee ist mir bisher gar nie gekommen!"