63. Jahrgang
Amts- unä Intekkigenzökatt für äen Aezirti.
Erscheint Atenstag, Aonnerstag L Samstag.
Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Donnerstag, äea 29. November 1888.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70
Aum Abonnement
auf das „Calwer Wochenblatt" für den Monat Dezember ladet freund, lichst ein
die Redaktion.
Amtliche Bekanntmachungen.
Für äie Oagekbefckaäigten lies Kezirbs Mekzbeim ftnä weiter eingegangen:
Vom Schultheißenamt Schmieh . . . . 20 —- H,
„ Schultheißenamt Unterreichenbach . 25 — „
„ ev. Stadtpsarramt Liebenzell . . 42 „ 50 „
Von Breitenberg und Oberkollwangen . 46 „ — „
Vom ev. Stadtpfarramt Neubulach . . 27 „ 38 „
„ gcm. Amt Calw weitere .... 19 „ — „
„ ev. Pfarramt Monakam .... 7 „ — „
„ „ „ Gechingen .... 21 „ 73 „
„ „ „ Stammheim ... 42 „ 82 „
„ „ „ Neuhengstett ... 7 „ — „
Durch Herrn Stadtschultheiß Haffner von
N. N. 5 von F. B. 5 . . . 10 „ — „
zusammen 268 ^ 43
welcher Betrag heute dem K. gem. Oberamt Welzheim zugesandt worden ist.
Die Sammlung, welche im Ganzen 1015 22 H ergeben hat, ist
nunmehr geschloffen.
Calw, 26. November 1888.
Oberamtmann Dekan
_Supper._Braun._
Deutschland.
Berlin, 26. Nov. Der Kaiser hatte heute eine Beratung mit dem Kultusminister und nahm den Vortrag des Vorstands des Zivilkabinets entgegen. Mittags beriet er mit dem Justizminister und empfing darauf das Präsidium des Reichstages in besonderer Audienz. Ueber diesen Empfang meldet die „Post": Die Herren wurden in das neben dem Arbeitszimmer gelegene Wohnzimmer geleitet, in welchem Se. Majestät die Meldung von der erfolgten Bildung des Reichstages entgegennahm. Der Kaiser, welcher die Jnterimsuniform der Garde du Korps trug, sah überaus
wohl aus und begrüßte die Herren mit herzgewinnendster Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, jedem von ihnen die Hand schüttelnd. Er drückte seine Freude über diese Wahl aus und versicherte, es sei ihm höchst angenehm, die Herren bei ihm zu sehen. Die etwa 5 Minuten dauernde Unterhaltung, führte der Kaiser in der heitersten Weise, politische Dinge wurden dabei mit keiner Silbe berührt. Mit freundlichem Händedruck wurde das Präsidium huldvollst entlasten.
Berlin, 27. Nov. (Reichstag.) Die erste Beratung des Etats wurde durch eine Expose des Staatssekretärs v. Maltzahn-Gültz eingeleitet. Dasselbe enthält die bereits bekannten Darlegungen. Der Staatssekretär bittet um sorgsame Prüfung des Etats. Der Abg. Richter erklärt seine Befriedigung über den die auswärtigen Beziehungen betreffenden Teil der Thronrede. Die erheblichen Erneuerungen bei den Schiffsbauten widersprächen jedoch den amtlichen Aeußerungen vom Anfang dieses Jahres. Redner kritisiert ferner die k o lonia lpwlitis ch en Bestrebungen, welche dem Reiche keinerlei Vorteil, sondern nur Unruhe gebracht hätten, sehr abfällig, und weist sodann auf die seit 1876 beständig gestiegene Belastung des Reichs, auf die bedeutenden Mehreinahmen durch neue Steuern hin und regt den Gedanken an einen Steuernachlaß im Reiche an. Abg. von Wedell-Malchow spricht sich sympathisch über die Mehrausgabe der Marine aus. Huene (Centrum) betont, seine Partei wolle weder neue Steuern, noch aber auch die Abschaffung von Zöllen. Das Reich müsse unter allen Umständen mit den bewilligten Mitteln auskommen. Die Getreidezölle in ihrer jetzigen Höhe seien für die Landwirtschaft notwendig. Die Forderungen für die Marine werde das Zentrum nicht beanstanden, wenn in der Kommission genügende Erklärung erfolge. Die Debatte wird morgen um 1 Uhr fortgesetzt werden.
Berlin, 26. Nov. Unter dem Vorsitz von Dr. Peters fand gestern nachmittag im Abgeordnetenhause eine Sitzung des deutschen Ein in- Pascha. Komite's statt, welcher gegen 50 Personen, darunter Ober- Präsident v. Bennigsen, der frühere Staatsminister Hofmann, der Afrikaforscher Pcemierlieutenant Wißmann, welcher die erste Kolonne der deutschen Emin-Pascha-Expedition führen soll, anwohnten. Ein Antrag, die Expedition baldmöglichst nach Ostafrika zu entsenden und Peters aufzufordern, auch die Vorbereitungen für den von ihm auszuführenden Teil der Expedition baldmöglichst in Angriff zu nehmen und auszuführen, wurde einstimmig angenommen.
Schweiz.
— Am 1. Dezember d. I. findet in oer Schweiz eine VolkS- zähIung statt, zwei Jahre früher als gewöhnlich. Anstatt der bisherigen
Jeuilteton.
Verschlungene Käben.
Roman aus dem Englischen von Hermine Frankenste in.
(Fortsetzung.)
„Sie sind es, Miß Egerton?" rief er ihr zu, an das Ufer hinabeilend und seinen Strohhut abnehmend, wodurch eine breite, weiße Stirn sichtbar wurde.
„Ja, glauben Sie, daß es Jemand anders sei?" fragte sie, während ein dunkles Rot ihre Wangen überzog.
„Nein, aber sie sahen in ihrem weißen Kleide und in dem eigentümlich gold- ' grünen Schimmer der Sie umgebenden Bäume fast wie eine Waffe rfee aus.
„Ei, ich dächte, ich sehe nicht danach aus, als ob ich jeden Augenblick in ein Nichts zerfließen könnte!"
„Gewiß nicht; aber dennoch möchte ich mich von Ihrem thatsächlichen Vorhandensein durch einen Händedruck überzeugen, und zu diesem Zweck muß ich zu Ihnen ins Boot steigen. Habe ich Ihre Erlaubnis?"
Natalie zögerte einen Augenblick, dann antwortete sie bejahend, worauf er leichtfüßig in das Boot sprang und sich so ihr gegenüber setzte, daß er ihr gerade ins Gesicht sehen konnte.
„Ist der Tag nicht herrlich?" fuhr er, tiefatment fort. „Sie haben es wahrscheinlich mir gleich als Sünde erachtet, im Hause zu bleiben, obwohl Sie vielleicht nicht so wie ich einen bestimmten Zweck verfolgten, als Sie ausginge m"
Sie antwortete ihm nicht; sie schöpfte mit der hohlen Hand Wasser aus dem Teich und schaute den Hellen Tropfen nach, während dieselben durch ihre Finger rieselten.
„Sie fragen mich nicht, welchen Zweck ich verfolge, Miß Egerton," hob er rvicker an.
„Dann liefere ich Ihnen den Beweis, daß nicht alle meines Geschlechts neugierig sind," entgegnete sie lachend.
„Und dennoch sind Sie dabei im Spiele!"
„Ich?" wiederholte sie. „Sie überraschen mich wirklich, Mr. Cleveland."
„Ist es wahr? Sind Sie wirklich nicht vorbereitet darauf, von mir zu hören, daß Ihre Gegenwart eine Lebensbedingung für mich geworden ist, — daß ich überall hingehen, Alles thun würde, um nur fünf Minuten mit Ihnen beisammen sein zu können?"
Sein Ton war ungemein leidenschaftlich geworden, und er hatte sich wett vorüber und ihr zugeneigt.
Natalie wagte es nicht, die Augen aufzuschlagen, aber die holde Röte auf ihren Wangen vertiefte sich mehr und mehr und überflutete endlich auch S:irn Nacken und Hals.
Hugh Cleveland schien diese Zeichen keineswegs zu seinen Ungunsten zu deuten denn er ergriff eine der weißen Hände des Mädchens und führte Sie an seine Lippen
„Sie werden mich vielleicht für verwegen und kühn hatten, nach so kurzer Bekanntschaft so zu sprechen," fuhr er fort. „Es ist wahr, ich kenne Sie kaum einen Monat, — aber die Liebe fragt nicht nach der Zeit, — ein Augenblick genügt, um ihre unvergängliche Lohe im Herzen anzufachen. Ach, Geliebte meiner Seele, wenn ich Dich gewinnen kann, dann verlange ich Nichts weiter; dann will ich selbst dem härtesten Schicksal Trotz bieten!"
Etwas von seiner Erregung teilte sich auch ihr mit, denn sie begann heftig zu zittern, widerstrebte aber nicht, als er sie sanft an sich zog und einen langen, glühen den Kuß auf ihre Lippen preßte, — den ersten Kuß beseligender, junger Liebe.
Ein langes Schweigen folgte diesem seinem Geständnis und für eine Welle waren Beide wie der Welt entrückt und ihre Sorgen und Kümmernisse existierten nicht mehr für sie. Sie waren sich nur dessen bewußt, daß sie einander liebten, und in diesem Bewußtsein lag für sie so viel Seligkeit, daß Nichts, was ihnen das Leben später bieten konnte, sich damit vergleichen ließ.
„Ich habe Unrecht gethan!" rief der junge Mann plötzlich in hastigem Tone