578
solch' erfreulicher Weise Gebrauch gemacht, baß die Mitgliederzahl, welche in der ersten Versammlung auf 31 sich beziffert hatte, auf nahezu das Doppelte noch im Laufe des Abends stieg. Bezüglich der regelmäßigen Monatsversammlungen wurde einstimmig beschlossen, dieselben jeweilig am ersten Montag des Monats zu halten.
Ravensburg, 20. Nov. Auf Veranlassung des kaufmännischen Vereins fand gestern abend im Lammsaale ein Vortrag des Hosschau- spielers August Junkermann au» Stuttgart aus „Fritz Reuters Werken" statt. Dank der Liberalität des kaufm. Vereins, auch Nichtmitgliedern gegen niederes Entree das Anwohnen zu gestatten, Dank der freundlichen Erinnerung an die von demselben Redner im Frühjahr 1887 hier stattgefundenen Vorträge hatte sich eine große Zuhörerschaft eingefunden. Zum Vortrag gelangten eine eingeschaltete Erzählung aus „Schurr Murr", ein Kapital aus „Ut mine Stromtid" und zwei kleine Gedichtchen „Dat is er" und „Der blinde Schusterjunge". Der reiche Beifall, der dem geehrten Redner, der den Humor der Dichtung in unübertrefflicher Weise und in den süddeutschen Ohren verständlicher Art zum Ausdruck brachte, steigerte sich noch beim Schluß der Vorlesung: „Die humorvolle Sitzung des Ranstädter Reformvereins im Jahr 1848". Dank der Vereinsleitung, die uns diesen Abend solchen Genuß verschaffte.
Frankfurt, 21. Nov. Der Basler Schnellzug, 10 Uhr 25. Min. abends hier fällig, stieß gestern abend kurz vor der Mainbrücke auf den 10 Uhr 15 Min. fälligen Darmstadter Personenzug, welcher Verspätung hatte, zertrümmerte dessen Eilgutwagen und warf diesen nebst einem Personenwagen die Böschung hinab. Die Maschine und 2 Wagen des Schnellzugs stürzten um. Personen wurden, abgesehen von Hautabschürfungen, nicht verletzt. Der Verkehr wird vorläufig über Sachsenhausen geleitet.
Wien, 16. Nov. Im Etablissement Ronacher stürzte gestern Abend während der Vorstellung der brasilianische Drahtseilkünstler Juan Calcedo vom Seil und fiel so heftig mit dem Kops auf den Fußboden, daß er bewußtlos weggetragen werden mußte. Man befürchtet eine lebensgefährliche Gehirnerschütterung. Eine im Laufe des Tages mit seiner Gattin gehabte Eifersuchtsszene, bei welcher die Frau ihren Mann mit dem Messer bedrohte und mit Gewalt zurückgehalten werden mußte, mag vielleicht die Ursache sein, daß dem sonst so gewandten Seilkünstler dieser Unfall begegnete. — Sarah Bernhard hat sich nicht lange in dem goldenen Prag aufgehalten, un- erachtet des ihr von den französisch gesinnten Tschechen bereiteten begeisterten Empfangs; sie ist gestern mittag mit ihrer Gesellschaft in Pest angekommen und gleich abends dort aufgetreten. Wie nachträglich bekannt wurde, beziffert sich die Bruttoeinnahme ihres lätägigen Gastspiels in Wien auf 80,000 fl. Hievon erhält das Theater an der Wien für die Benützung seiner Räumlichkeiten 40 o/o.
WevrnifcHtes.
— Auf der Jagd beim Grafen Jschirschky-Renard erlegte der Kaiser nach der „Post" 9 Rehböcke, 63 Fasanen, 12 Rebhühner, 544 Hasen und 2 Kaninchen, im Ganzen 630 Stck. Wild. Von Breslau, vom Zobten und der ganzen Umgegend waren Zuschauer herbeigeeilt, welche der Jagd dicht hinter dem Kaiser zu Fuße folgten. Nach dem Frühstück auf Schloß Gnich. witz wurde dem Kaiser ein Veteran aus dem Feldzug 1870/71 vorgestellt, der frühere Feldwebel Weiß vom 47. Infanterie-Regiment, der bei dem letzten Ausfall an den Barrikaden vor Paris durch einen Schuß in den linken Ellenbogen schwer verwundet worden war, aber trotzdem weiter gekämpft hatte. Kaiser Friedrich als Kronprinz hatte ihm dafür eigenhändig das eiserne Kreuz l. Klaffe auf die Brust geheftet. Der Kaiser sprach aufs freundlichste mit dem Veteranen nnd ließ sich von ihm erzählen.
Der Winter vor 200 Jahren. Im Jahre 1688 trat schon zeitig eine harte und schreckliche Kälte ein; dabei fielen solche Schneemafsen, daß Niemand wohl sortkommen konnte und die Fuhrleute auf den Land- straßen liegen bleiben mußten. Die Elbe war bis zum März mit Eis bedeckt und aus Mangel an Nahrung kamen unzählige Stücke Rotwild um. Zugleich richtete das hungrige Wild an Bäumen und Anpflanzungen durch Abschälung der Rinde großen Schaden an. Viele Menschen kamen im Schnee um. So blieb am 11. Januar 1689 eine Seilersfrau aus Taucha auf dem Heimwege im Schnee stecken und erfror. An demselben Tage konnte eine Frau aus Lößnig sich nicht aus dem Schnee heraus arbeiten und mußte jämmerlich umkommen. Am 16. Februar 1689 vormittags 10 Uhr entstand in Cröbern durch eine Rakete eine Feuersbrunst, die bei der großen Kälte nicht gelöscht werden konnte und außer der Kirche, Pfarre und Mühle fast das ganze Dorf verzehrte.
— Frau Filleroy, eine Tochter des Banquiers Goldschmidt aus Frankfurt und eine Nichte des Barons Hirsch, hat sich in die Seine gestürzt. Die junge, schöne und reiche Frau war infolge einer schweren Entbindung seit einem Jahre sehr leidend, wurde immer schwermütiger und hatte bereits vor einiger Zeit einen Versuch gemacht, sich durch Ertränken das Leben zu nehmen.
Ein Sonderling. Im Alter von 103 Jahren starb zu Paris Graf Amorini Bolognini, einer der größten Sonderlinge, die je gelebt haben. Er war ganz kahlköpfig, besaß aber für jeden Tag im Monat eine Perrücke. Alle waren ganz gleich, nur die Länge der Haare nahm täglich zu, so daß sie das natürliche Wachstum täuschend nachahmten. Am 1. des Monats fing er an. Wenn er dann hustete und ihn Jemand fragte, ob er sich erkältet habe, sagte er: Wahrscheinlich, denn ich habe mir bei dem kalten Wetter „das Haar schneiden lassen." ___
(Eingesandt.)
Wie man von verschiedenen Seiten hört, soll für Herrn Geh. Kommerzienrat Staelin, welcher krankheitshalber nicht mehr als Kandidat für die Kammer der Abgeordneten auftreten will, Herr Stadtschultheiß Haffner
vorgeschlagen sein und sollen schon am nächsten Montag die bürgerlichen Collegien darüber gehört werden, ob sie mit dessen Kandidatur einverstanden sind oder nicht. Es sind jetzt 26 Jahre, daß Herr Stadtschultheiß Schuldt unter lebhaftem Protest der unabhängigen Bürgerschaft gewählt wurde; damals hatte er an seinem Schwiegersohn Hrn. Ratsschreiber Haffner einen willigen und energischen Stellvertreter; wer soll jetzt Hrn. Haffner'S Vertreter sein?
Warum muß denn gerade der am meisten beschäftigte und am wenigsten entbehrliche Mann vorgeschlagen werden, während doch auch noch andere Männer vorhanden sind wie z. B. Herr Gemeinderat W. Federhaff hier, oder Herr Eduard Zahn in Hirsau, Männer von bekannter, nationaler Gesinnung, welche keinerlei Beruf oder Mangel an Zeit an der Uebernahme dieser Ehrenstelle hindern würde.
Die hiesigen Collegien haben an der Stadt Hall den schönsten Vorgang, dort haben die Collegien in der gleichen Lage einstimmig beschlossen, ihren Ortsvorstand zu ersuchen, die ihm angebotene Kandidatur abzulehnen.
Wer es gut mit Herrn Stadtschultheiß Haffner und mit dem Wohl und dem Frieden der Stadt meint, der muß entschieden mit nein stimmen und wenn demselben aufrichtig daran liegt — und es muß ihm wohl daran liegen — die wahre, unverblümte Meinung der Collegien zu erfahren, so kann dies nur durch geheime Abstimmung geschehen.
Kekter'sekie Apiekwerke.
Musik erhöht jede Freude, mildert jedes Leid. Was des Menschen Herz bewegt, spricht sie in Tönen aus; eine Trösterin ist sie uns, eine Erweckerin der schönsten Erinnerungen! Doch nicht Jeder, der Sinn und Herz dafür hat, kann sie üben, sich und anderen zum Genuß. Da hat nun der so unermüdlich und segensreich thätige, menschliche Erfindungsgeist auch auf diesem Gebiete dafür gesorgt, daß selbst dem Unkundigen vollauf Gelegenheit geboten wird, sich an den Schöpfungen unserer Tonmeister zu erfreuen.
Mit der Erzeugung der Heller 's chen Spielwerke ist das Mittel gefunden worden, die Musik in die ganze Welt bis in die entlegensten Teile zu tragen, auf daß sie dort mit ihren zauberischen Wirkungen die Freude der Glücklichen steigert, dem Unglücklichen Trost und Linderung bringt. Diese Spielwerke werden von der genannten Firma in einer Mannigfaltigkeit fabricirt, die alle Vorstellung übertrifft. Sie bilden die schönste Zierde einer jeden, selbst der luxuriösest ausgestatteten Wohnung. In Hotels, Restaurationen und Konditoreien ersetzen sie ein ganzes Orchester und erweisen sich als ein starkes Anziehungsmittel für das Publikum. Für denjenigen, welchen sein Beruf an entlegenen Orten festhält, sind sie eine unerschöpfliche Quelle des Genusses, für Solche, welche in fremdem Lande wirken, sind die Melodien, welche diese Spielwerke überall hin mit sich tragen, herzbewegende Grüße ausderHeimat.
Die Repertoirs, auch der kleinsten Werke, sind mit feinstem Verständnis zusammengestellt und die neuesten beliebtesten Schöpfungen auf dem Gebiete der Opern-, Operetten- und Tanzmusik, der Lieder und des Choralgesanges sind dabei stets in erster Linie berücksichtigt. In diesen Vorzügen ist wohl die Thatsache begründet, daß der Fabrikant dieser tönenden Lustbringer und Sorgenverscheucher der Lieferant fast aller europäischen Höfe, daß seine Erzeugnisse auf allen bedeutenden Ausstellungen durch die Verleihung von ersten Preisen ausgezeichnet wurden, und daß er alljährlich Hunderte von Anerkennungsschreiben erhält. Die Heller'schen Spielwerke erscheinen als ein Gegenstand, der eines der edelsten Bedürfnisse der Menschen befriedigt , und sind daher auch das passendste Geschenk bei allen Gelegenheiten, namentlich aber zu Weihnachten, Geburts- und Namenstagen. Bei der großen Anzahl von Melodien, welche diese Spielwerke in sich bergen, und bei deren geschmackvoller Ausstattung, sind sie sowohl als Geschenke im Familienkreise, des Bräutigams an die Braut u. s. w. zu empfehlen, als auch dann, wenn Gesellschaften verdienten Männern durch Uebergabe eines Ehrengeschenkes ihre Liebe und Wertschätzung bezeugen wollen; jedem Seelsorger, jedem Lehrer und jedem Kranken wird eine solche Gabe ein Gegenstand nachhaltiger Freude sein.
Vertrauenswürdigen Personen werden auch Teilzahlungen zugestanden und es ist besonders hervorzuheben, daß sich selbst bei den kleinsten Aufträgen directer Bezug ab Bern empfiehlt, da Niederlagen der Fabrik nur in Nizza und Jnterlaken bestehen.
Illustrierte Preislisten werden Jedermann auf Verlangen gratis und franko zugestellt und ist die Fabrik in Folge des Sinkens der Rohmaterialpreise in der Lage bei jedem Aufträge auf die in den Preislisten verzeichneten Ansätze 20°/o Rabatt zu gewähren.
Ein Bedürfnis des Volkes befriedigt nur ein Mittel, das nicht allein durch seine Billigkeit auch dem minder Bemittelten zugänglich, sondern welches auch einfach und klar in seiner Zusammensetzung, sicher nnd zuverlässig in seinen Wirkungen ist. Ein solches echtes und rechtes Volksheilmittel sind die seit 10 Jahren bekannten, von den höchsten medicinischen Autoritäten geprüften und empfohlenen Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen, welche, wie ärztlich konstatiert ist, bei einer guten und gleichmäßigen Wirkung während längerer Zeit andauernd ohne alle und jede Beeinträchtigung gebraucht werden können. Die Schweizerpillen sind daher ein unentbehrliches Hausmittel für alle Diejenigen, welche an den oft so üblen Folgen von Verdauungsbeschwerden zu leiden haben. Viele Aerzte empfehlen auch dieses Mittel, das sich Jeder für ein Billiges im Hause halten kann, auf das Lebhafteste. Die Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen sind in den Apotheken ä Schachtel 1 vorrätig, doch achte man genau aus das weiße Kreuz in rotem Felde und den Vornamen.
Standesamt tzakw.
Geboren-
13. Nov. Pauline Marie, Tochter des Andreas Broß, Zimmermanns hier.
13. . Paul, Sohn des „ » „
16. „ Bertha, Tochter des Christian Rexer, Schmiedmeisters hier.
17. „ Dorothee Friedrike, Tochter des Johannes König, Taglöhners hier.
Getraut:
20. Nov. Ludwig FriedrichLinkenheil, Lakier hier und Marie Auguste Wochele hier
Gestorben:
16. Nov. Catharine geb. Din gl er, Witwe des Jak. Fried. Rühle gewes. Straßenwärters hier, 58 Jahre alt.
18. . Emil Robert Beißer, 4 Monate alt, Sohn des Heinrich Beißer, Metz
gers und Wirts hier.
18. „ Karl Bezler, 15 Tage alt, Sohn des Baptist Bezler, Werkmeisters hier.
21. » Christiane Catharine, geb. Eppinger, Witwe des Wilhelm Eble, Messer
schmieds hier, 67 Jahre alt.
22. „ Karoline Pauline Herion, 18 Jahre alt, Tochter des Daniel Nikolaus
_ Herion, Strickers hier. _
Gottesdienst am Sonntag, den 25. November 1888.
Vom Turme: Nr. 635. Vormittagspredigt: Hr. Dekan Brann. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 5 Uhr Bibelstunde im Vereinshaus: Herr Helfer Eytel.
-lottieäieast« in äer Metkoäisteakapekk« am Sonntag, den 25. November 1888, morgens '/zlO Uhr, abends 8 Uhr.