Oehringen, 12. Nov. Die Lutherfeier wurde gestern im Saale des Gasthofcs zur Eisenbahn hier festlich begangen. Der große Saal nebst dem Nebensaal waren dicht besetzt. Die Begrüßungsrede hielt Herr Stadtpfarrer Dr. Bacmeister, Herr Stiftungsprediger Eidenbenz sprach über den Anfang der Reformation und Luther auf der Wartburg, in Kirche und Schule, Herr Oberlehrer Grundgeiger hielt einen Vortrag über die 95 Sätze. Dazwischen kamen Scenen aus Hans Herrigs Lutherfestspiel zur Darstellung und abwechselnd ließ der Kirchenchor seine schönen Weisen ertönen.
Vom Fränkischen, 13. Nov. In einem Gasthaus in Crailsheim wurde gestern abend ein reisender Hochstapler verhaftet. Nachdem derselbe seine Kollegen angepumpt, von denen er auch teilweise erhielt, öffnete er einen verschlossenen Schrank in seinem Zimmer und kam dadurch in Besitz einer goldenen Uhr und Kette. In seinem Handkoffer fand man einen Topf Honig. — Ein trauriges Vorkommnis ereignete sich dieser Tage in Würzburg. Der Dienstmann Mühlig, welcher sich bei einem Auszugs leicht am Ohre verletzte, verwendete zur Stillung des Blutes Abfall von Briefmarkenpopier. Nach kurzer Zeit schwoll das Ohr stark an und teilte sich dem Kopfe mit. Wenige Tage später starb der Mann an Folge von Blutvergiftung.
Heidenheim, 13. Nov. Heute nachmittag führte ein hiesiger Metzger sein Pferd in die Schmiede, um es beschlagen zu lassen. Dasselbe schlug, als man ihm den Fuß ausheben wollte, aus und schlug sich den Fuß in das Hufmesser, das mit der Schneide aus dem Hufbeschlagkasten herausragte. Dadurch wurde ihm die Schienbein-Arterie abgeschnitten.
Ebingen, 13. Nov. Die vorgestern in Lauffen a. E. stattgehabte Versammlung des Balinger Bezirksbaumwärtervereins war sehr zahlreich besucht und zwar sowohl vom oberen als unteren Bezirk. Es wurde nach reiflicher Erwägung für den Bezirk ein Normalsortiment von 30 Birn- und 40 Aepfelsorten festgestellt, ferner wurde beschlossen, dem Landes-Obstbauverein beizutreten. Bekanntlich erhielt dieser Verein bei der heurigen Landesobstausstellung das Ehrendiplom 2. Klasse, auch hatte die K. Zentralstelle demselben zu genannter Ausstellung 50 zu verwilligen die Güte gehabt.
Schwenningen, 10. Nov. Freitag morgen fand Witwe Decker zur Rose dahier ihre etwa 2jährige Kalbin verendet im Stalle. Die heutige bezirksärztliche Untersuchung ergab Milzbrand. Geschätzt wurde das Thier zu 200 das Fleisch als ungenießbar erklärt und in vorschriftsmäßiger Weise verlacht. — Seit Freitag ist hier eine Käserei errichtet und wird pr. Liter Milch 18 Pf. bezahlt.
Tuttlingen, 12. Nov. Wochenmarkt- und Schrannenbericht. Der heutige Wochenmarkt war wieder mit Obst sehr stark befahren, Gemüse und Kartoffeln wurden in kleineren Quantitäten zu Markt gebracht und der größte Teil der Produkten zu folgenden Preisen verkauft. 1 Ztr. Mostobst kostete 2—2,20 Tafelobst: 1 Pfd. Aepfel 4-5 H, Birnen 4-5 L, Nüsse 18 H, Gemüse: 1 Pfd. Zwiebeln 8 bis 12 L, 1 Kopf Köhl 5—12 1 Stengel Lauch 3 H, 25 Köpfe Kraut 1,20 -1,40 -M, 1 Sri. gelbe Rüben 60 1 Sri. Schwedenrüben 50 H, 1 Stock Endivie 2—4 H. Kartoffel
zufuhr ca. 60 Säcke, welche zu 4,80—5,10 verkauft wurden. Viktualien:
1 Pfd. Butter 85 H, 2 Eier 12 H. Die Zufuhr zur Schranne war sehr stark, namentlich aber in Haber, der Handel in sämmtlichen Fruchtgattungen sehr lebhaft. Die Preise stellten sich: Kernen 8,80—10,70 Weizen 8,15-8,60 Haber 4,90-6,40 Mischelsrucht 6,70—7,10
Saulgau, 13. Nov. Heute früh 6^ Uhr verbreitete sich über die hies. Stadt eine dichte Rauchwolke mit Brandgeruch, sofort wurden sämtliche Feuerzeichen gegeben. Es brannte das große, 3stock. Wohn- und Oekonomie- gebäude des Konrad Steinacher und Math. Geiger in dem Bogengäßchen, unweit der Bierbrauerei zum Storchen und dem K. Obsramteigebäude, welches wie das anstoßende Wohngebäude des Trompeters Eisele total abbrannte. Leider ist die 75 Jahre alte Ehefrau des Geiger in den Flammen umgekommen, auch Geiger selbst, der, von der Kirche kommend, zuerst seiner
Berliner Firma beurteilen konnte. Es war sogar in dem Artikel nicht der Hinweis I darauf vergessen, wie es sich der Hof und die mit ihm in Verbindung stehenden ! Kreise angelegen sein lassen, die heimische Industrie und Gewerbe zu unterstützen; auch an einem kleinen Seitenhiebe auf zudringliche Pariser Anpreisungen, die in B. kein Glück hätten, fehlte es in dem Artikel nicht.
Die guten B'er lasen den Artikel mit Entzücken; nur einer ärgerte sich im Geheimen und das war Herr Viktor Remmler, resp. dessen Personal, das mit ihm dachte und fühlte.
Wer aber zuletzt lacht, der lacht am besten und das war Herr Viktor Remmler, resp. dessen Personal, dessen Firma, und da sowohl Herr Remmler, wie Herr Wahner und alle übrigen Herren und Damen, die im Remmler'schen Geschäft waren, am Ende doch auch nur gewöhnliche Sterbliche waren, so muß man es ihnen schon verzeihen, daß sie auch ein wenig über die arg verblüfften Gesichter der guten B.'er lachten.
Die Verblüffung hatte ihren Grund in den zwei Artikeln, die am nächsten Tage im B.'er „Moniteur" mit gesperrtem Druck erschienen und die also lauteten:
Berichtigung!
Mit Bezug auf den im gestrigen „Moniteur" enthaltenen Bericht über unser Fest, erkläre ich hiermit (was dem Herrn Berichterstatter allerdings nicht bekannt sein konnte), daß das Aschenbrödel-Kostüm vollständig fix und fertig und ohne jede auswärtige Hilfe aus dem Geschäft unseres Hoflieferanten Herrn Viktor Remmler hervorgegangen. Die Leistung des Geschäftes ist um so anerkennenswerter, als das ganze Kostüm in allen seinen Tellen, ohne vorherige längere Ueberlegung, innerhalb 24 Stunden fertiggestellt worden und dasselbe dennoch die Zufriedenheit des Publikums, wie die meinige gefunden hat. Ich hoffe keinen Mißdeutungen ausgesetzt zu sein, wenn ich zugleich erkläre, daß ich — durch dies schlagende Beispiel für die Leistungsfähigkeit unserer heimischen Geschäfte mich von dem Glauben, als ob nur in der großen Stadt der Kaufmann auf der Höhe der Zell stehe, abwendend — fortan gewillt bin, für meinen Teil in allen Anschaffungen und Einkäufen in erster Linie die hiesigen Geschäfte zu berücksichtigen. Ich hoffe auch, daß der Appell, dm
Frau zu Hilfe eilen wollte, hat sich schwere Brandwunden zugezogen, denen er wahrscheinlich erliegen wird. Das Feuer verbreitete sich mit solch' rasender Schnelligkeit, daß an eine Rettung der Gebäude nicht zu denken war und alle Hilfe für die Nachbarschaft aufgewendet werden mußte. Entstehungsursache noch nicht bekannt.
Friedrichshafen, 14. Nov. Gestern morgen halb 5 Uhr sollte das nach Romanshorn abgehende Dampfboot im hiesigen Hafen einen mit Eisenbahnwagen beladenen Trajektkahn ins Schlepptau nehmen. Hiebei kamen die beiden Schiffe so nahe zu einander, daß das Steuerruder des Dampfbootes sich in die Seite des Trajektkahnes einbohrte. Durch das unter dem Wasserspiegel entstandene Loch stürzte das Wasser mächtig herein. Schnellstens wurde dar Schiff wieder entladen und unter fortwährendem Pumpen nach kurzer Zeit so weit auf die Werste gebracht, um dos Sinken zu verhüten Zurzeit des Unfalls herrschte große Dunkelheit und wehte starker Ostwind.
Gutenstein, 10. Nov. Dieser Tage mußte ein Eisenbahnarbeiter seinen Uebermut, — seine herkulische Kraft zu lobpreisen, — teuer bezahlen. Sich mit mehreren anderen in prahlerischer Weise messen wollend, schlug ihm einer den ca. halbpsündigen Zündholzbehälter, den er auf dem Tische zur „Germania" vorfand, dermaßen auf das Haupt, daß der Prahler eine ziemliche Verletzung davontrug. An Abwechslung, auf die wir zum Teil gerne verzichten, fehlt es uns hier nicht mehr.
München, 15. Nov. Der Herzog Maximilian in Bayern ist heute morgen um 3'/? Uhr gestorben. (Herzog Maximilian Josef in Bayern wurde am 4. Dezember 1808 zu Bamberg geboren und vermählte sich am 9. Sept. 1828 zu Tegernsee mit der Herzogin Ludowika, Tochter des Königs Maximilian I. von Bayern. Aus dieser Ehe gingen 3 Söhne und 5 Töchter hervor, darunter der als Augenarzt bekannte Herzog Karl Theodor, die jetzige Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, die vormalige Königin von Neapel, die Gräfin von Trani und die Mutter des jetzt regierenden Fürsten von Thurn und Taxis. Der Verstorbene erfreute sich besonders im bayrischen Hochlande wegen seines zwanglosen Verkehrs mit dem Volke einer außerordentlichen Popularität. Auch als Schriftsteller hat er sich hervor gethan, unter dem Namen Phantasus sind verschiedene dramatische und novellistische Arbeiten von ihm erschienen.)
Berlin, 15. Nov. Der Kaiser ist um 12 Uhr 20 Min. von Potsdam auf dem hiesigen Zentralbahnhof eingetroffen und nach kurzem Aufenthalt, während dessen das Gefolge und die übrigen Geladenen den Extrazug bestiegen, nach Breslau weitergereist.
Obst- und Weinpreiszettel.
Stuttgart, 13. Nov. Wilhelmsplatz: 800 Ztr. württ. Mostobst 3 30 H bis 3 50 L pr. Ztr.
Marbach. Lichtenberg, 14. Nov. Bei der gestr. Versteigerung wurden folgende Preise erziehlt: Weiß Auslese 25 gemischt Weiß 33 <^L, Weiß Riesling 40—55 Gem. Rot 25 <M, Trollinger 40—55 Clevner 60—68 Ruländer 72 ^ je p. 1 Hektoliter.
Standesamt Kakm.
Gestorben:
12. Nov. Johannes Beißer, Tuchmacher, 75 Jahre alt.
14. „ Fidel Wolter, Maurer, 63 Jahre alt.
15. „ Gustav Staudenmeyer, Maler, 45 Jahre alt.
Gottesdienst am Sonntag, den 18. November 1888.
Ernte- und Herbstdankfest.
Vom Turme: Nr. 30. Vormittagspredigt: Hr. Helfer Eytel. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr Nachmittagspredigt m der Kirche:. Herr Missionar Hesse. _,
Gotteräieaste ia äer Metkoäisteakaxelle am Sonntag, den 18. November 1888, morgens >/stO Uhr, abends 8 Uhr.
ich hiermit an alle Frauen und Töchter dieser Stadt richte, chunlichst unseren heimischen Handel, Gewerbe und Industrie bei ihren Einkäufen zu berücksichtigen, nicht ungestört verhallen werde; ich hoffe, daß mehr und mehr auch bei uns alle Schichten der Bevölkerung die Ueberzeugung von der Richtigkeit des Spruches durchdringen werde:
Kauft am Wohnorte!
Prinzeß Melanie.
Dicht unter diesen Zeilen fanden sich die folgenden vor:
Meinen lieben B.n
kann auch Ich die Worte Meiner Tochter nur ans Herz legen und zwar nicht nur der Damenwelt, sondern auch den Männern dieser Stadt. Etwas Lokalpatriotismus solange derselbe nicht in Kleinlichkeiten ausartet, ist gerade in unserer Zeit, in der der Erwerb schwerer und mühevoller geworden, denn früher, sehr wohl am Platze. Es kann selbstverständlich niemals der freie Wille irgendjemandes beschränk werden; aber die bezüglichen Wünsche Meiner Tochter möchte auch Ich an dieser Stelle unterstützen. i Fürst H. von B.
Ob diese beiden Erklärungen wirklich geholfen haben? Es muß doch wohl der Fall gewesen sein; denn Herr Remmler hatte in der Weihnachtszeit mehr denn je zu t hun und in den übrigen Läden der Residenz blühte das Weihnachtsgeschäft nicht minder. Herr Remmler konnte auch bequem seine Wechsel einlösen und denkt nicht mehr an den gefürchteten Bankerott, und als er am Abend vor Weihnacht Herrn Wahner das übliche Weihnachtspräsent im Kouvert auf das Pult legte, da sagte er: „Ich wünschte, es gebe in jeder kleineren Stadt eine Prinzeß Melanie und einen Fürsten H., die den Leuten die Augen zu öffnen vermochten, damit sie erkennen lernen, wieviel an Wohlstand und Gedeihen einer Stadt abhängt von der Befolgung des Grundsatzes: Kauft am Wohnorte!
Der Herr Wahner nickte seinem Chef bestätigend zu.