Ar». 135.

83. Jahrgang

Amts- uml Intefligenzbkatt für äea Aezirü.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zelle im Bezirk, sonst 12 H.

Donnerstag, äen 1Z». November 1888.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 24L 70 H.

ArntttcHe WekcrnnLmcrchungerr.

Amtsversammllmg.

Am Donnerstag, den 22. d. M., Vormittags 9 Uhr, findet im Rathaus zu Calw eine Sitzung der

Amtsverscrinrnl'ung

statt, bei welcher die Gemeinde Calw, Agenbach, Altbulach, Altburg, Alt- hengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Hirsau, Liebelsberg, Liebenzell, Möttlingen, Neuhengstett, Oberhaugstett, Oberkollwangen, Simmozheim, Speß- Hardt, Stammheim, Teinach, Unterhaugstett, Würzbach, Zwerenberg, und zwar Calw mit 7 Stimmen, Deckenpfronn und Stammheim mit 2 Stimmen, die übrigen Gemeinden mit je 1 Stimme stimmberechtigt sind.

Dis Octsvorsteher der nicht stimmberechtigten Gemeinden sind eingeladen, der Amtsversammlung mit berathender Stimme anzuwohnen.

Gegenstände der Berathung sind neben Anderem:

1) Durchführung der Krankenversicherung der in land- und forstwirth-- schaftlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter.

2) Ersatz der durch Unfälle von nicht in der Krankenversicherung befindlichen Arbeitern, welche sich bei Bauarbeiten im Sinn des 8 4 Ziffer 4 Abs. 1 des Bauunfallversicherungsgesetzes vom 11. Juli 1887 ereignen, den Gemeinden entstehenden Kosten durch die Amtspflege.

3) Wahl der Oberamtswahlkommission pro 1889.

4) Mitteilung des Ergebnisses der Abhör der Amtspflegrechnung pro 4887/88.

5) Mittheilung der Uebersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Amtspflege auf 1. Oktober 1888.

6) Verkauf des Platzes, auf welchem früher die Wasenhütte stand.

7) Gesuch der Gemeinde Teinach um einen weiteren Beitrag zu ihren Feuerwehreinrichtungskosten.

8) Feststellung einer neuen Dienstinstruktion für den Oberamts-Bau- meister.

9) Feststellung der Belohnung des prov. Oberamtswegmeisters Kleinbub für die Vornahme der Oberfeuerschau pro 1888.

Calw, 12. November 1888. K. Oberamt.

Supper.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung von Brennereikurfen in Hohenheim.

Fortgesetzt wird die Wahrnehmung gemacht, daß die Brennerei in Württemberg, namentlich bei der Verarbeitung mehliger Stoffs, besonders von

den kleineren Brennern in mangelhafter Weise betrieben wird, infolge dessen nicht diejenige Ausbeute erzielt wird und auch eine verhältnißmäßig höhere Steuer zu entrichten ist, als es bei einem besseren Betrieb der Fall wäre. Um nun vorzugsweise die landwirtschaftlichen Brenner über die technische Seite des Betriebs zu unterrichten und auf eine zweckmäßigere, für sie selbst erheblich vorteilhaftere Brtriebsweise hinzuleiten, ist beabsichtigt für württem« belgische Brenner am K. landwirtschaftlichen Institut Hohenheim Brennerei« kurse einzurichten, wobei die Teilnehmer namentlich im Maisch- und Gärungs­verfahren eine praktische Unterweisung und einen entsprechenden gedrängten theoretischen Unterricht erhalten sollen.

Unter der Voraussetzung genügender Teilnahme findet ein solcher Kursus in der Woche vom 14. bis 19. Januar nächsten Jahres und ein weiterer in der Woche vom 21. bis 26. desselben Monats statt. Der Unterricht ist un­entgeltlich ; für Kost und Wohnung aber haben die Teilnehmer selbst zu sorgen. Unbemittelten kann auf Ansuchen ein Staatsbeitrag zu den dem einzelnen Teilnehmer erwachsenden Reise- und Unterhaltskosten verwilligt werden.

Voraussetzungen der Zulassung sind: Zurückgelegtes 21. Lebensjahr und praktische Kenntnisse im Brennereiwesen durch vorgängige Beschäftigung in einer Brennerei.

Diejenigen, welche sich an diesem Kursus beteiligen wollen, haben ihre Meldungen mit einer schultheißenamtlichen Beurkundung über das Vorhanden­sein der obengenannten Voraussetzungen spätestens bis 15. Dezember ds. I. andas Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzureichen.

Ein etwaiges Gesuch um einen Staatsbeitrag wäre gleichzeitig mit der Meldung anzubringen unter Anschluß eines gemeinderätlichen Vermögens« zeugniffes.

Stuttgart, den 5. November 1888. Werner.

Hages-Weuigkeiten.

Eine in letzter Zeit vielgenannte Persönlichkeit, der Freiherr v.

.Woodcock«Savage,aso erfährt der Staatsanzeiger, hat aus eigener Entschließ­ung mit seinem Begleiter aus der Umgebung Seiner Majestät des Königs sich zurückgezogen. Der König, Höchstwelcher Sich ihm insbeson­dere aus der Zeit Seiner Erkrankung im Herbst 1884 zum Dank verpflichtet fühlt, wird ihm ein gnädiges Andenken bewahren. Zugleich wollen Seine Majestät ausgesprochen wissen, daß der genannte Herr an spiritistischen Ex­perimenten niemals sich beteiligt habe. Die Minister haben, da sie über schädliche Einflußnahme Dritter auf den Gang der Regierungsgeschäfte sich nicht zu beklagen hatten, ihre Entlassung zu dem Zweck, die Entfernung

Feuilleton. «Nachdruck °-rb°t-n

Gerettet.

Eine ganz alltägliche, aber sehr beherzigenswerte Weihnachtsgeschichte, dem lieben Pub- NWLLNZ likum erzählt von Einem für Viele.

(Fortsetzung.)

Unter dem Aufführungskomitee herrschte große Aufregung. Solche pflegt ja stets mehr oder minder bei Dilettanten-Aufführungen vorhanden zu sein, allein dies - mal hatte die Aufregung noch einen besonderen iGrund. Noch zwei Tage fehlten bis zu dem für die Aufführung festgesetzten Termine und nun waren plötzlich Zweifel betreffs rechtzeitiger Liefemng des die Mes rSsmtsnos des Abends bildenden Aschenbrödel-Kostüms der Prinzeß Melanie aufgetaucht. Es war ein Versehen in Berlin passiert, das nun keine Telegramme, die hin- und hergesandt wurden, mehr gut machen konnten.

' -"^Fertigstellung binnen 24 Stunden zweifellos, rechtzeitige Ankunft jedoch zweifelhaft. Aufführung einen Tag verschieben."

So lautete das große Schlußtelegramm der großen Berliner Firma. Das Verschieben" war nun leicht gesagt, aber schwer gethan, und die verschiedenen Comitäter" schüttelten ob dieses anscheinend letzten Auskunftsmittels verzweifenld die Köpfe.

Der Fürst selbst pflegte sich um derartige Geschichten nur so obenhin zu kümmern, obschon er, der Wohlthätigkeit, der auch in B. keine Schranken gesetzt wurde, mit gutem Beispiel vorangehend, am Abend gewiß nicht in seiner Loge fehlte. Die Sache fing ihn aber doch zu interessieren an, als er sein holdes Töchterchen, Prinzeß Melanie, in Thränen gebadet fand. Zuerst lachte der Fürst allerdings üb er dasgroße Unglück", daß das Aschenbrödel-Kostüm unmöglich noch zur rechten

Zeit emtreffen könne, dann aber, als er sah, wie seinem schönen Töchterlein die Sache zu Herzen ging, fragte er dies und das und orientierte sich so über die ganze Geschichte, so gut es eben ging.

Ja du lieber Gott," rief er zuletzt aus,wozu haben wir denn unsere Hof­lieferanten, insbesondere unseren alten Remmler?"

Eine Stunde später rollte des Fürsten Equipage vor Remmlers Geschäft vor und der Fürst mit Prinzeß Melanie erschienen in dem Laden, mit tiefen Bücklingen von dem völlig verblüfften Personal empfangen, das an solchen Besuch schon lange nicht mehr gewöhnt war. Auch Herr Remmler war in der nächsten Minute zux Stelle und übernahm es selbst, die Herrschaften zu bedienen. In leutseligem und scherzhaftem Tone machte der Fürst Herrn Remmler klar, um was es sich handle und wie er nun dasgroße Unglück", an dem die Berliner schuld seien, wieder gut machen müsse. Zaghaft stand Prinzeß Melanie dabei; denn in ihr nagte ein eigenes Gefühl, über das sie anfangs selbst nicht klar zu werden vermochte, das sich aber allmählich zu dem Satze verdichtete:

Der Verdienst den Berlinern, unsere eigenen Kaufleute nur Notnagel; ist das recht und billig?"

Inzwischen hatte das Personal bereits auf Herrn Remmlers Geheiß allerlei Stoffe herbeigeschleppt, viele schöne Sachen, aber noch immer nicht das rechte.

Ja, ja, die Berliner, die verstehen es doch noch besser!"

Prinzeß Melanie hatte sich zu der halblauten Aeußerung Hinreißen lassen, so gleichsam bei sich selbst die großen Bestellungen bei dem Berliner Hause entschuldigend.

Nun hatte aber Herr Remmler in seinem Geschäfte ein enLot tsrribls, wie solches sich biswellen gerade da vorfindet, wo es am wenigsten hingehört. Das war eine junge hübsche Dame, die es eigentlich nicht nötig hatte, Ladenmädchen zu sein, die aber eben deshalb vielleicht sich mehr herausnahm, als andere Mädchen.

Oho," rief Fräulein Clotilde,was die Berliner können, können wir schon lange, wenn wir nur wollen!" (Schluß folgt.)