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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger«

loh» 1.^e, tmBezirtS« und 10 Lm-Berkehr 1.2S im übrigen

Württemberg 1.88 ^ RonatSabonnementS nach Verhältnis.

Dkl Gesellschistrr.

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2400

«nzeigen.LebLhr s. d. Ispalt. Zeile anS gewöhn!, Schrift ode« deren Raum bei imal. Einrückung 10 bet mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plaudrrftübcheu

und

«chwäb. Landwirt.

303

Uagokd» Ireitag den 29. Dezember

190<i

Mit Genehmigung des K Ministeriums der auswärtigen An­gelegenheiten, Berkehrsabteilung, sind u. a. in Altbulach, Holzbronn, Liebelsberg und Sommenhardt OA. Calw öffentliche Sprech­stellen, in Mühlen OA Horb eine Fernsprechanstalt er­richtet worden. Diese Anstalten werden am. Januar k. Js. in Betrieb genommen werden.

VoMische Meöerficht.

AuS de« Pmetetlebe«. Die LandeSversamm- l««g der württembergische« Volkspartei findet wie üb­lich am 6. Jan. im Konzertsaal der Liederhalle in Stuttgart statt. Den Partetbericht wird Dr. Elsas erstattet!. Vor­träge werden gehalten vom ReichSLagsadzeordscteu Storz Lber: die neuen Reichs steuern; von Hummel-Karlsruhe über: Süddeutsche Etsenbuhnpolttik; vom Laudtagsabgeordmteu Liesching -über: die VersaffuugSrevifiou und vom Retchs- tagsabgeordueten Kourad Haußmann über: Reichspolitik.

Deutschland uud Frankreich. DieFrkf. Ztg.* eutnimmr dem PariserLewps* die Nachricht von einer sehr versöhnlich klingenden Neuß er uug Kaiser Wil­helms II. Darnach habe der Kaiser tn einer kürzlich ßattgehadte» Unterhaltung, die nicht näher bezeichnet wird, sich wörtlich dahtu ausgesprochen:Mau hat Unrecht zu sagen, daß in meiner Umgebung eine Krtegspartet existiere. Diese Partei gibt es rncht, und wenn eS eine solche gäbe, so hätte das gar keine Bedeutung, denn es steht mir allein zu, eine Entscheidung zu treffen. Ich will den Krieg nicht, weil ich den Krieg als das Gegenteil meiner Pflicht vor Gott und gegenüber meine« Volk ausehe. Ich war durch gewisse kränkende Methoden des Herrn Deleaffee gereizt worden, aber ich weiß den Takt und die Festigkeit des Herrn Ron- Vier vollauf zu ivürvtgen. Ich werde nichts tun. um neue Schwierigkeiten zu schaffen und ich habe de« Grafm Tatten- bach die versöhnlichsten Instruktionen gegeben." DerLewps* läßt durchbückm, daß diese Worte des deutschen Kaisers auch der srauzö fischen Regierung zur Kenntnis gebracht worden seien.

Zuguufte» besserer Beziehuuge« Mische» Deutschland «ud Euglaud wird jetzt tu beiden Länder« mancherlei getan. So hat in Berlin eine große Versamm­lung stattgesunden, tu der sich bedeutende Vertreter der Industrie, des Handels und der Wissenschaft für ein gutes Etnverneymea ausspracheu, uud in den nächste« Tagen sollen ähnliche Veranstaltungen in mehreren westdeutschen Groß­städten stattfindeu. Das gleiche geschieht in England, wo die neue Regierung diese Bewegung unterstützt.

De» Patriotismus der Sozialdemokratie be­leuchtend, legt die Nordd. Allg. Zkg. var, daß der Reichs­kanzler Fürst Bülow in seiner Reichstagsrede vom 14. Dez. treffend die Vaterlandslosigkeit der von der sozialdemokra­tischen Fraktion vertretene» Doktrinen charakterisiert habe, wie sie Kautsky in derNeuen Zeit" und imVorwärts*

kaudgegeben habe. Der Artikel kennzeichnet die Uustanigkeit der sozialdemokratischen Theorie, welche die Menschheit nur nach den beiden KategorienAusbeuter* uudAusgebeutete* betrachtet. Das Blatt führt daun aus, daß es, trotz Marx uud KautSky, keine einheitliche Arbeiterklaffe uud deswegen keine internationale Solidarität des Proletariats gebe. Das einzig internationale in der Arbeiterbewegung seien die kosmopolitischen Führer der deutschen Sozialdemokratie, die sich die Arbeiterschaft keines anderen Landes von gleicher Kulturhöhe gefallen lassen würde.

Die Stell«»g des Ostr»»rke»-Verei»s zur ko«sesfi»«elle» Frage wird in folgender Resolution dargelegt.Der deutsche Ostmarkeuverein hält unverrück­bar daran fest, daß es fich bei dem Kampf u« die Ostmark lediglich um nationale Jutereffen handelt, daß er fich von allen Partei- uud wirtschaftspolittschen uud allen konfessionellen Fragen fernhält und in jedem Deutschen, gleichviel welcher politischen Partei und welcher Religion er augehört, einen willkommene« Buudesgeuoffeu fleht. Der deutsche Ostmarkeuvereiu begrüßt mit freudiger Ge­nugtuung diejenigen Bestrebungen der katholischen Deutschen in der Ostmark, die auf eine Festigung deutsch-nationaler Gesinnung gerichtet find." Die Resolution war notwendig, weil gelegentlich Stimmen zugunsten einer einseitigen, kon­fessionellen Stellungnahme laut wurden und andererseits vom Zentrum gegen alle Matznahmru der Ostmarkeupolttik mit der Begründung gekämpft zu werden pflegt, sie dienten in letzter Linie nur der Protrstautifierung des Ostens.

Die französische Geistlichkeit ist bezüglich der Stellungnahme zu ver Trennung von Kirche und Staat uneinig. 4 Kardtuäle uud 50 Bischöfe sprachen fich für die Bekämpfung des Gesetzes mit allen Mitteln, sowie für die Ablehnung der Kircheugebäude und Abhaltung des Gottesdienstes in Scheunen aus. Die übrigen 30 Bischöfe befürworteten die Anerkennung des Gesetzes.

Die Unruhen in Deutsch-Ostasrika.

Berit«, 37. Dezbr. Der Kommandant des Kreuzers Thetis meldet: Leutnant Dollmauu hatte am 8. Dezbr. nach 12 ständigem Nachtmarsch bei Noende ei« Gefecht; der Gegner verlor 14 Tote. Am 15. Dezbr. hatte er bet Ktduduri ein Gefecht, wobei der Gegner 51 Tote hatte. Thetis geht am 29. nach Tanga Md Sadaaut. Der Ge« suudheitszustaud an Bord ist befriedigend.

Gages-Weuigkeiten.

Aus Stadt Md Land.

Nagold, 29. Dezember.

* Die Weih«achtSfeiertage sind vorübergegangen mit ihrer wohltuenden Ruhe nach so viel Geschäftigkeit.

Der heilige Abend brachte mit seinen Bescherungen unter dem lieblichen Schein der Christbäume viele Freude innerer Md äußerer Art. Doppelt schön war das Zusammensein, wo fich liebe Angehörige aus der Fremde zu« FHe ein- gefundeu hatten. Der Christfesttag leuchtete im wärmen- deu Souneuscheiu den lichthungrig gewordene« Erdbewohnern uud wer einen Spaziergang machte, fühlte fich sehr er­quickt; wer volleudS auf die Höhe stieg wurde auch durch herrliche Fernsicht belohnt. Auch der Stephanusfeiertag war eia herrlicher Sonnentag und wurde vielfach zu Aus­flügen benützt. Schon aber mutzte mancher liebe Besucher wieder an das Scheiden denke», den« die Pflichten des Geschäftsmannes rufeu gar ernst und dringend. Der Johanuestog führte wieder iu das Gleis der gleichförmigen Arbeit, welche nach schönen Tagen wie ein wohltuender Ausgleich wirkt. Wenn die Weihnachtstage schön verliefen, so blieb nur noch der Wunsch nach einer Betätigung des Wintersports übrig. Leider steht eS nach der über Nacht etngetreteneu Witterung nicht darnach aus, als sollte dieser Wunsch bald tn Erfüllung gehen.

JüugliugSvereiu. Am Thomasfeiertag fand abends 8 Uhr im Saal des BereiushauseS die Weihnachtsfeier des Vereins statt, zu der fich zahlreiche Freunde des Vereins etugesuvdeu hatten. Auf die Bedeutung des WeihnachtSfestS für den JüugltsgSvereiu wurde iu einer begrüßenden An­sprache des Vorstands hingewiefeu. Zugleich wurde von de« regen BereiuSleben berichtet, das fich i« letzten Jahr entfaltete dank der schöne» Räume im neuen ZellertzauS und dank der tätigen Anteilnahme älterer Mitglieder am Bereius- lebeu. Mit freudigem Beifall wurden sodann die mannig­fachen deklamatorische« uud musikalischen Darbietungen ent- gegeugeuommeu, die dem guten Willen und Können der jüngeren und älteren Mitglieder alle Ehre machten. Im Namen der anwesenden Gäste dankte Herr Oberförster Weinlaud zu« Schluß für die Darbietungen und wünschte de« Verein ferneres Wachstum und Gedeihen.

ReujahrSbriefverkehr. Anläßlich des zu erwar­tenden stärkeren Anfalls von Briefseuduugen über Neujahr wird darauf aufmerksam gemacht, daß eine genaue Md deutliche Aufschrift wesentlich zur Beschteuutguug der Ab­fertigung, Beförderung Md Bestellung der Briefseuduugen uud zur Feruhaltung von Verzögerungen Md Fehlleituugeu beiträgt. Bet Postsendungen nach Orten ohne Postanstalt sollte tu der Aufschrift außer de« Bestimmungsort auch die Poftanstalt angegeben sein, von welcher die Sendung zu bestellen ist. Wenn der Ort der Bestimmungspostanstalt nicht zu den bekannten Orten zählt, so sollte seine Lage iu der Aufschrift näher bezeichnet werden. Bei Briefen nach größeren Orten sollte de« Namen des Empfängers die An­gabe der Wohnung (Straße, Hausnummer, Stockwerk) bei- gefügt werden; bei dem Fehlen solcher Angaben wird für das nicht ganz eiugeübte Hilfspersonal der Postanstaltev, welches über Neujahr herangezogeu werden muß, ein zeit-

Um die Weihnachtszeit.

Bon Charlotte Niese.

(Schluß.)

Die Alte zuckte die Achseln.

Wir find ein böschen heftig in unsre Familje da denken wir uns nix bet. Nbers sie erhob ihre Stimme und sah fich mit blitzenden Augen um was is das hier für'« Wirtschaft? Köksch, wo bleibt mein Teller? Willst mir narren? Meinst, daß ich hier fitz für nix und wieder nix, Md daß ich tothnugerv will, bet labendtgem Leibe? Köksch, wenn d« mich »ich flink was gibst, daun slaa ich dich die Knochens in Leih twei!

Sie gebrauchte noch einige sehr kräftige Redewendungen «ehr uud beruhigte fich erst, als wieder ein gefüllter Teller vor ihr stand, Franz aber sah «ich mit strahlenden Augen au.

Kanu sie ntch fein schelten? Ich sag, da kommt kein Manu gegen!

AIS unsre empörte Köchin mit lauter Stimme sagte, er solle nur nicht auch soeklig* werden, lachte er ver- ächtlich.

Als wenn Wetbers da was von verstehen!

Wir hörten der weiteren Unterhaltung nicht mehr zu. Es hatte vom Kirchturm 5 geschlagen nun mußte es bald klingeln! Schon waren wir, um die fieberhafte Er­regung auszuloben, treppauf und treppnuter gelaufen, dann hatten wir nufere Weihnachtslieder aufgesagt, wobei ich zu «einer Bestürzung bemerkte, daß ich das von Jürgen bester konnte als mein eignes ein kleiner Streit war auch ent­standen, weil jeder voraustehen wollte beim Hineiugeheu t»S Zimmer, uud daun ja dm« klingelte cs wirklich.

Es war keine Täuschung es klingelte, wir aber konnten es doch nicht so recht glauben. Wir standen ganz still und sahen vnS an war es denn wirklich möglich durften wir das herzliche, einzige Weihuachtsfeft wirk­lich erleben?

Da wurden wir gerufen es kam etwas feierliches über uuS; scheu uud langsam kamen wir näher, und dann sahen wir die strahlenden Weihuachtsbäume.

Dies ist die Nacht, da uuS erschiene« des großen Gottes Herrlichkeit.

Ja, das war die Nacht, und wir, die wir diese irdische Herrlichkeit sahen, dachten immer, sie könne nur übertroffen werden von dem Tage, wo wir au die dunkeln Pforten der Ewigkeit klopfen würden, uud die Tür des Himmels fich -ffaen würde.

Als wir nun unter den Weihuachtsbäumeu standen, kehrte unsre Fassung wieder zurück, wen» wir auch wie auf Rosenwolkeu gingen. Wir hörten das Weihuachtsevaugeliu«, wir besahen unsre Geschenke, und ich hatte den grünes Papa­gei so total vergesse», daß seine Abwesenheit gar nicht von mir bemerkt wurde.

Mein WeihuachtSlted ging sehr gut. Zweimal nur wußte ich nicht weiter, uud dev dritten BerS Überschlag ich aus Versehen aber ich war doch außerordentlich mit mir zufrieden, denn eS hätte viel schlimmer auSfalleu können.

Plötzlich befand fich Franz Horn auch t« Weihnacht»- zimmer. Wir hatten ihn gerade holen wollen, er war aber schon ohne Aufforderung gekommen und auch ein Zeuge unserer Deklamationen gewesen.

Du kamst dein Gesang «au slecht, sagte er zu mir. Hast dich ja voll gar kein Mühe bei gegeben!

Ich war tief gekränkt er aber steckte die Hände ln

die Taschen, uud mit seinen strahlenden Augen unverwandt iu die Lichter der Bäume blickend, sagte er mein WeihuachtS- lied ohne jeden Anstoß auf, und Jürgens Lied gleichfalls. Ihn störte gar nichts weder die ungewohnte, für sein Auge doch glänzende Umgebung, noch die fremden großen Leute, die um ihn herumstaudeu uud ihn betrachteten. Als er geendet hatte, wandte er fich wieder zu Jürgen md z» mir.

Das Hab ich in Schule gelernt Md denn bei die Ohlsch aufgesagt. Sie rann die DingerS auch!

Unsere Geschenke erregten kau« seine Neugier, nur Kuchen ließ er fich gern schenken, uud als sich plötzlich ein großer Rummeltops für ihn fand, da jubelte er vor Ver­gnügen. Daun ginge» die Ohlsch und er sehr einträchtig nach Hause, und die Prophezeiung der Köchin, daß Tante «ud Neffe iu kurzer Zeit an den Folgen des Genusses einer schier unglaubliche« Qaautttät von Milchreis und Pförtchev sterben würden, erfüllte fich nicht. I« Gegenteil, die Alte sah i« Winter sehr frisch aus. Sie bewies unser« Hause ein dauerndes Wohlwollen dadurch, daß fie seit jenem Weihnachtsabend jede Woche einmal kam uud fich Essen holte. Wenn sie nach ihrer Ansicht nicht genug bekam, schalt fie die Köchin so energisch aus, daß diese förmlich Augst vor ihr hatte.

Franz begleitete fie häufig, uud wenn er fich auch manchmal noch dringend wünschte, seine Ohlsch dnrchprügeln zu können, so merkten wir doch, daß Neffe und Taute fich auf ihre Art sehr liebten. Der Junge wurde groß und stark auch seine Wildheit nahm nicht ab. In der Weih. uachtSzeit bekam er immer einen Rummeltopf von uuS, über den er fich »ehr freute, als über den dabei geschenkten Anzug.