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Nit dem Plauderstübche» und
SchmSb. Landmirt.
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Nagold, Mittwoch Len 20. Dezember
1905
Deutschland und England.
Die Anuaherungsbrstrebungeu.
Berlin, 19. Dez. Das B. T. schreibt: Wie in diplomatische» Kreisen verlautet, stvd bestimmte Anzeichen vorhanden, daß das ueucrriauste englische Kabinett die Initiative ergreifen wird, um eine diplomatische Anssprache zwischen England und Deutschland herbeizusühreu, am die Beziehungen zwischen beiden Staaten freundlicher zu gestalten. Man will wissen, daß Fürst Bülow sowohl dem Premierminister Campbell-Bauuermanu wie de« Minister des Aeußereo, Six Edward Grey, in besonders herzlichen Worten feine Glückwünsche übermittelt und von den Genannten überaus freundschaftliche Dauk- telegramme erhalten habe. König Eduard habe in letzter Zeit wiederholt bei passender Gelegenheit dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß alles geschehen möge, um die zwischen England und Deutschland bestehende Mißstimmung zu beseitigen. Dieselben Intentionen seien auch in nachdrücklichster Weise von Kaiser Wilhelm geäußert worden.
Berli«, 19. Dez. Der englische Premierminister Lampbell-Baunermann sagt in seiner Aulwortdepesche auf die Mitteilung der Nettesten der Berliner Kaufmannschaft von der Kundgebung für ein deutsch-englisches Einvernehmen: »Ich teile vollständig Ihren Wunsch für die Herstellung und Erhaltung freundschaftlicher Gefühle zwischen dem britische« und dem demschen Botte.-
UoMifchö MeSerstchl.
Der Statthalter v»» Elsaß-Lothringer» hat in
diesen Tagen eine für die gesamte evangelische Geistlichkeit Elsaß-Lothringens wichtige Entscheidung getroffen. 3« Sommer batte das Metzer evangelische Konsistorium die vakante Psarrstelle Saarburg in Lothringen mit eine« Geistliche» ans Homburg in der Pfalz besitzt. Die Minderheit, die für einen einheimischen Kandidaten eiugetrete« war, erhob Beschwerde gegen dir Wahl bei der Synode in Straßburg. Diese erkannte de« von der Minderheit ausgestellten Grundsatz an, daß nichteiuhetmische Kandidaten nur dann ernannt werden dürfen, wenn in Straßburg examinierte Bewerber nicht vorhanden find. Der Statthalter hat sich auf denselben Standpunkt gestellt und dem Gewählten die Bestätigung versagt. ES ist somit nunmehr in erster Instanz entschieden, daß evangelische Theologen, dis em Anstellungsrecht in Elsaß-Lothringen gewinnen wollen, in Straßburg die Prüfung bestehen müsse«.
Z« der Angabe de- französische« Gelbbnch- über vre Marokkoangelegenhetr, daß der französische Gesandte in Marokko sich bet seinen Forderungen nicht auf ein europäisches Mandat Frankreichs berufen habe, ist daraus hiu- zuweiseu, daß die marokkanische Regirrnag der deutschen das Gegenteil mitgeteilt hat. — Rouvter hat am Samstag in der Drputiertenkammer eine umfassende Erklärung zur Darlegung der französischen Politik in Marokko abgegeben. Er gab zuerst bekannt, daß die Konferenz in Algeoras gesichert
fei, daun wies er Ms das erschienene Gelbbuch , hin, a«S de« manu ersehen könne, wie maßvoll und rechtmäßig die Politik Frankreichs gewesen fei. Frankreich müsse eine marokkanische Politik haben, denn die Zukunft Marokkos werde in entscheidender Wolfe die Geschicke seiner »ordafri- kavischeu Besitzungen beeinflusse». Die Mächte hätten die Berechtigung der Bemühungen Frankreichs' anerkannt, in Marokko, besonders an der algerischen Grenze Ordnung herzustellen. Nur Deutschland fei dagegen ausgetreten. Deutschland habe eS nicht für ausreichend gehalten, von dem Abkommen zwischen Frankreich, England und Spanien in Kenntnis gesetzt zu werden und meinte, seine Interessen forderten, daß eS in direkter Weise um Rat gefragt werde. Es ist heute klar, so fuhr Rouvter fort, daß die von uns dem Sultan gemachte« Vorschläge keineswegs darauf auS- gingeu, in Marokko ein Regime analog dem in Tunis eiu- zuführeu. Wir haben uns niemals auf ei» angebliches europäisches Mandat berufen. Wir werden des vorgezeichneteu Grenzen treu bleiben. Die der Konferenz gestellte Ausgabe iß einfach. Jede Macht hat Rechte in Marokko und diese Rechte find nicht bestritte«. Aber wir haben die Pflicht, der Konferenz die besondere Art unserer Rechte und die Wichtigkeit unserer eigenen Interessen zu zeigen. Das Protokoll vom 8. Juli stellt fest, daß das Regime au der algerischen Grenze der ausschließlichen Zuständigkeit Frankreichs und Marokkos verbleibt. Unser Recht auf Marokko besteht darin, daß Frankreich in Nordasrika «ine Nnsel- manische Macht ist und daß wir unsere Autorität gegenüber 6 Millionen Eingeborenen aufrecht erhalten müssen, die durch die Gemeinsamkeit der Raffe den im Nachbarstaat um sich greifenden Aufreizungen zugänglich find. Wir find daher berechtigt, zn verlangen, daß in Marokko eine Macht besteht, der «au gehorcht und welche ihr Ansehen nicht dazu gebrauchen wird, um unsere Kolonien zu bedrohe« und zu beunruhige». Unser Recht berührt kein Recht eines anderen vud bietet allen zivilifurie« Mächten Gewähr für ihr Recht. Wir werden auf der Marokko-Konferenz noch besonders unsere Handels- «ud FiMUMlrnffiU zvr Sprache bringen, die de» ersten Rang unter den mroväischm Interessen ein- nehmen. Indessen zeigen unsere Abkommen mit England, Spanten «ud Deutschland, daß wir eine gleiche Behandlung auf dem wirtschaftlichen Gebiet wünschen. Daher kann die von de« metstinteresfierten Mächten zugegebene Md in unsere« Abkommen mit Deutschland schriftlich uiedergelegte Auer- keunnng unserer besonderen Lage niemand schädigen. Die Erklärung schließt mit Versicherungen der friedlichen Abfichten Frankreichs. Nach der Erklärung beschloß die Kammer mit großer Mehrheit, die Debatte über die auswärtige Politik zu vertagen.
Der kürzlich zwischen Japan «ns Ehina ab geschloffene Vertrag bestimmt: Die Pachtung der
Kwangtung-Halbinsel erlischt iw Jahr 1923. Die Eisenbahn südlich von Schautusg wird Japs« Übergaben. China kauft die Bahn i« Jahr 1906 oder früher zurück, falls Rußland den nördlichen Teil fteigibt. Japan baut keine Zweigbahn. Japan darf Eismbahugarnisoneu halte». Die Mandschurei soll innerhalb 18 Monaten geräumt werden. Die Mrlitär-
telegrapherr sollen ebenso behandelt werden wie die Bah». Garnisonen und Konsulate sollen gehalten werden, Anfent- haltSreSte Md Bankbetriebe beschränkt bleiben. Die Zollhäuser in Niutschwang Md die bisher erhobenen Zölle sollen an China zurückgegebeu werde«. KohleuÜergwerkSbrtriebe sollen auf Majuu und Dental beschränkt werden. Dle japanische Militärverwaltung erlischt mit der Räumung.
Volkszählungs-Ergebnisse.
Die Bolkszahl Württemberg-. Die Zahl der ortSauwesevden Personen in Württemberg betrug, wie der StaatSanz. «itteitt, am 1. Dez. »ach den vorläufigen Durch- zählungm 2 300 330 oder gegen 1900 mit 2169 480 eine Zunahme von 130850 —6°/«.
Hages-Hleuigkeitsn.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 20. Dezember.
Postsache. Wegen des gesteigerten Weihnacht?-und NmjahrSverkehrS ist der Postschalter beim hiesigen Postamt geöffnet:
Am Sonntag den 24. Dez. von 10'/, bis 12'/» Uhr «kttag- uud „ 3 .4 „uachmttt.
Am Sonntag den 31. Dez. , 10'/» ,12 „ mittags
und„ 2 ,4 , nachmitt.
Mit der Dezemberuummer schließen die Blätter „Anse« Schwarzwalde" ihren 13. Jahrgang. Der Schriftleiter bemerkt tu einer Zuschrift au die Leser, daß die Zahl der Mitarbeiter i« Verhältnis zu der großen Mitgliederzahl nicht gerade besonders groß sei, daß aber die Anhänglichkeit der längjShrigen Förderer unserer Arbeit um so dankbarer anzuerkenveu sei. DaS Kartenwerk sei zwar «och nicht zu« Abschluß, aber doch bei eine« Ruhepunkt augelaugt. Sobald die Beamten des Kgl. Statistischen LaudesamtS mit wetteren topographischen Ausnahmen im Schwarzwald fertig seien, kösue man an die Fortsetzung des Kartenwerkes gehen. Die Vorarbeiten für die Herausgabe eines Ler- zeichuisseS unserer Sommersrtscheu seien im Gang. Die Dezemberuummer enthält mehrere Berichte Md Bilder, die aus unsere Gegend Bezug nehmen. Eia lesenswertes Gedicht „Zur Ertuueruug an das Aushängen der Glocke tu Speßdardt am 4. Fcbr. 1903" von Anwalt Pfrommer in Speßhardt ist eine köstliche Probe eines unverfälschte» schwäbischen Dialekts, wie auch ein Zeugnis für die kindlich fromme Denkweise unserer Waldbauerv. Frau A. Supper bringt ein stimmungsvolles Gedicht „Der Hansel und da» Christkind", „Bilder aus dem Nagoldtal- von Anna Bechler führen den Leser nach Uoterreicheubach, Liebeuzell, Hirsau, Calw und Neubulach und in die schönsten Settentäler der Nagold. Ein Kurgast von Zavrlßei» beschreibt ftiseu dortige« Aufenthalt von 99 Tage« und rühmt daS Städtchen Md feine Umgebung mit begeisterten Worten, lieber „Ber- witternugsformen der Gesteine t« Schwarzwald- berichtet der hervorragende Kenner deS SchwarzwaldeS C. Regel-
kiri Rbrnteurr im errprrssLug.
Roman von P. L. Ford.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Sie müssen ihn mißverstanden haben," antwortete Fräulein Cnlleu ruhig; „oder er hat vielleicht nicht gewußt, daß die Anordnungen mittlerweile geändert worden find!"
Ihre Standhaftigkeit brachte meine Ueberzrugnug wirklich etwas i«8 Schwanken; trotzdem aber sagte ich: „Sie müssen mir die Briefe geben, oder ich muß Sie durchsuchen!"
„DaS würde» Sie niemals tun!" ries sie, indem sie aufstaud und mir voll ins Gesicht sah.
Eine plötzliche Eingebung veranlaßte «ich, mit scheinbarer Entschlossenheit — innerlich hatte ich eine furchtbare Augst — meine rechte Hand nach ihr auSzukreckru, als ob ich ihre Kleidertasche« durchsuchen wollte. Allein ehe ich noch ihr Kleid berührt hatte, sank sie auf den großen Stein zurück und rief unter Schluchzen und Weine»: „O, o! Ich bat Papa so sehr! Aber er bestand darauf, sie wären bei mir am stcherstev. Ich will fie Ihnen geben, aber Sie müssen auf die Sette gehen Md nicht . .
Die Tränen erstickten ihre Stimme; ich drehte mich um Md rsnuie spornstreichs in die Hütte. Trotz meiner SSuldlossakeit kam ich mir wie ein Mörder vor.
Drl«üru in der Hütte «achte Lord RallrS einen Spektakel wie eine Lokomotive, die eine schwere Last bergauf zu
schleppen hat. Er fluchte wegen seiner Hose Md bot de« Cowboy und Hauer Gr!» uü, wruu sie skr ihm wird» hvlr« wollten, woraus fie ihm klar machten, daß dies Mmöglich wäre. Dann versuchte er, eine« von ihnen ein Paar Beinkleider adzukanfen oder zu entlehnen, aber fie hatten eben- sowenig wie er Lust, ohne dieses wesentliche Kleidungsstück «ach dem Lager zu reiten. Während ich in der Hätte wartete, wurden fie der Schwierigkeit Herr, indem fie seinen Unterkörper in eine Pferdedecke hüllten und diese mit Aufwendung von sehr viel Bindfaden befestigten. Ich glaube aber, hätte er sich selber sehen können, so würde er mit de« Rüaritt ins Lager lieber bis zum Dunkelwerden gewartet baben.
Nach einer kleinen Weile wurde ich von Fräulein Cnlleu gerufen; ich ging zu ihr Md fie reichte mir, ohne ein Wort zu sagen, drei Briefe; dabei wurde sie dunkelrot und sah beschämt zm Erde. Sie tat mir so leid, daß ich allen Unwillen vergaß, de» ich «och im Augenblick vorher gegen sie empfunden hatte, und zu ihr sagte: „Wir find in so heikler Lage gewesen, Fräulein Lullen, daß ich glaube, mau kann uu» alle beide nicht für das verantwortlich machen, was wir getan haben."
Sie sagte nicht», Md nach einer Pause fuhr ich fort: „Ich hoffe, Sie werden mein Verhaltes so milde beurteilen, wie «8 Ihnen nur möglich ist, denn ich kann Ihnen gar nicht sagen, wir leid eS mir ist, daß ich Ihnen habe weh tun müssen!"
In diese« «ugevbUS trat Frederik Lulle« zu «ns; ich fühlte, daß jede Minute längeren Verweilen» sei»er
Schwester peinlich sein mußte, und sagte daher zu ihm, wir Wollten sofort die Schlucht Wieder h'uansreiteu. Ich fand nicht den Mut, ihr bei« Aufsitzen zu helfe», und überließ die» daher Frederik. Dann ritten wir, einer hinter de» ander«, den Weg entlang; Lord RalleS bildete den Schluß.
Sobald wir in Bewegung waren, warf ich einen Blick auf die Briefe. Sie waren alle drei an Theodore E. Camp, ESquire, Nsh Forl», Arizona adressiert — einen von den Direktoren der K. und L. und zugleich der Große» Süd- bah». Jetzt begann mir alle- klar zu werden! Sobald die Breite de» Wege» eS erlaubte, trieb ich «ein Maultier au Frederik CullenS Sette Md fragte ihn: „Die Briefe enthalten LertretungSvollmachteu für die am nächsten Freitag stattsiadeude Neuwahl des AusstchtSratS der K. Md «.?"
Er nickte bejahend und erklärte mir daun dm Sachverhalt. indem er auSführtr:
„Die Missouri West- Md die Große Südbahn liegm t« Kampf um die Kontrolle über die K. Md X. Wir hält« gewonnen, wenn nicht drei Gruppen von Aktienbesitzern t« Osten ihre Vollmachten der groß« Südbahn versprochen hätte». Wir wollten den Kampf nicht verloren gebe», trafen daher Fürsorge, daß wir e» sofort erführen, wenn die Vollmachten ans die Post gegeben würden — deshalb blieb ich zsrück — »ud beschlossen, dm Zug, worin die Briefe warm, zu Überfalle«." _ (Fortsetzung folgt.)
Immer Soldat. „Hat Ihnen gestern der Klaviervirtuose im Konzert gefallen, Herr Hauptmann?" — „kewiß die Triste klappten ganz famoS!"