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Mit dem Plauderstübchen und
Gchwäb. Landwirt.
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Die Ueichssinanzreform.
«erliu, 33. Novdr. Die Nordd. Allg. Ztg. beendet ihre Mitteilungen über die neue» Reich 8 steuern. DaS Prinzip der Stempelsteuer soll folgendermaßen ans» gedehnt werden:
1)aufdenFrachturkundevstempel für den Binnenschiffahrt s-und Laudfrachtverkehr. Bet der verschiedenen Bemessung des Stempels für Stückgut und für Schiffs- und Eisenbahn-Wagenladungen wird auf die größere steuerliche Tragfähigkeit der letzteren Rücksicht genommen; ferner soll der Nahverkehr durch Festsetzung einer Frachtgreuze (3b *6), bis zu der eine geringere Besteuerung bestimmt wird, geschont werden. Der finanzielle Ertrag dieser Steuer wird aus etwa 41 Millionen Mark veranschlagt.
3) Besteuerung der Personenfahrkarten im Eisenbahn- und Dampfschissverkehr. Hierzu bemerkt das Blatt «. a.: Bet Bemessung der Steuersätze soll eine wesentlich stärkere Heranziehung der wohlhabenderen Bevölkerung durchgeführt werden. Dies würde neben einer Abstufung der Steuerklassen von 40 H bis herab zu 5 --Z für jede Fahrkarte je nach der Wageuklaffe, sowie «eben der Befreiung der ermäßigten Militär- und Arbeiterkarteu in der Weise geschehen, daß die Steuerpflicht erst bei einem Fahrpreis von mehr als 3 ^ zn beginnen hätte. Hieruach würde die Steuerpflicht für die 3. Klaffe erst bei 67 Kilometer eintreteu.
3) Die LuxuSkraftwagen sollen einer Besteuerung unterliegen in Form einer Grundgebühr von 100—150 Mark jährlich. Bon dieser Steuer wird ein JahreSertrag von annähernd 3'/» Millionen Mark erwartet.
4) Die Quittuugsfteuer steht 10 --Z für jede Quittung vor. Beträge bts zu 30 find von der Steuer befreit. Der Gesamtertrag dieser Steuer wird auf jährlich 16 Millionen Mark anzunehmen sein.
5) Für die RetchSerbschaftssteurr ist geplant, ein Drittelt deS Erbschastssteuerrrtrags unter allen Umständen de« Eiuzelstaateu vorzubehalten. Erbschaften, die auf Abkömmlinge oder Ehegatten übergehen, bleiben von der Steuer befreit. Die Steuersätze für die steuerpflichtigen Erbschaften schwanken zwischen 4 und 30'/«, je nach de« Grade der Verwandtschaft und dem Werr der Hinterlassenschaft. Erbschaften gleich sollen Schenkungen zwischen Lebenden erachtet werden, n« die Umgehung der Steuer zu verhindern. Hier wird der Gesamtertrag aus etwa 73 Millionen geschätzt, von denen erforderlichenfalls 48 Millionen — zwei Drittel — für das Reich verweudungLbereit wären.
* *
Ei«« Fahrkartevabgade.
Es kann keinem Zweifel mehr unterliegen, daß unter den neuen Steuer plänev, die die ReichLfiuavzreform bringen wird, sich auch daS Projekt einer Fahrkarreuabgabe bt fiadet(vgl. oben), dessen Ertrag auf etwa 15 Mill. Mk. geschätzt wird. Die Köln. Ztg. weift darauf hin, daß tu verschiedenen Ländern eine Fahrkartevabgabe bereits besteht. In
Die Wikdöader Denkmünze.
Erzählung von Fritz Reutter.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung)
„Ellen! Felix! Kommt sofort herauf!* rief Dr.Dulk. Sie eilten so schnell als möglich die Treppe hinauf; denn sie fürchteten, es möchte ihm eiu Unfall zugetzoßeu sein. Als sie iu8 Zimmer traten, schien sich ihre Furcht verwirklicht zu haben. Der Doktor saß bleich, zitternd und nach Ate« ringend in einem Lehnstuhl. Mit zitterndem Finger wies er auf eines der Kabinette.
„WaS gibt's denn lieber Onkel?* fragte Ellen, sich über ihn neigend. — „Meine Wildbader Münze — verschwunden — gestohlen!* DaS war alles, waS er keuchende« Atems und immer nach dem Kabinett zeigend hervorbrachte.
Felix trat einige Schritte vorwärts und blickte forschend n« sich In dem Kabinett lag das Etui aus Marokkoleder offen da, aber die Münze war nicht darin. — „Wer mag eS nur genommen haben?* fragte er. — „Baron von Haldenegg war die letzte Person, die sich in diesem Zimmer aufhielt*, versetzte Ellen mit bebenden Lippen.
„Der Baron hat sie gestohlen!* flüsterte Dr. Dulk. Die beiden jungen Leute blickten sich voll Bestürzung an. „Vielleicht der Diener oder eine der Mägde —* bemerkte Fr«!-
„Sie haben heute alle AuSgaug außer Urschel*, sagte
Nagold, Ireitag den 24. Kovemöer
Oesterreich brachte sie i. 1.1904 einen Ertrag von rund
17 Mill. Kronen. In England besteht eine Paffagiersteuer für die erste und zweite Klaffe mit eine« Jahresertrag von etwas über 7 Mill. Mark. In Frankreich bringen die gesamten Verkehrssteuera eiu GesamterträgniS von 65 Mill. Fr., in Italien 3'/« Mill. Lire. I« Ungarn war das Ertragnis aus Stempel- und Transportsteuer (der Stempel beträgt für Persouenfahrkarten 2°/») i. I. 1904 etwa 27 Mill. Kronen. Ueber die für Deutschland geplante Trausportsteuer spricht sich die Köln. Ztg. folgender- maßen aus:
Der Umstand, daß in den meisten unserer Nachbarstaaten Trausportsteuern mit gutem Erfolge erhoben werden, und daß der zur Heilung des chronischen Fehlbetrags der Reichkfinanzeu erforderliche hohe Betrag aus allen möglichst leicht fließenden und die notwendigen Bedürfnisse möglichst wenig bedrückenden Quellen hervorsprndeln muß, mag das Reichsschatzamt veranlaßt haben, wieder einen Rückgriff auf die TranSportstcueru zu versuchen. Nach dem, was man darüber vernimmt, scheint mau auch durch die Art der Veranlagung den ernstlichen Versuch gemacht zu haben, dem Fahrkartenstempel möglichst das Odium der Verteuerung der notwendigen Reisen zu rauben und ihn ans die stärkeren Schultern und auf die durchreisenden Fremden zu legen. Es sollen nämlich betPersouenzügeu alleZFahr- karten bis 2 ^ Überhaupt stempelsrei bleiben. Damit fällt der Stadt- und Vorortverkehr überhaupt von vornherein ans. Ebenso bliebe» Arbetterfahrkarteu frei, weil wegen des Minimums von zwei Mark 100 km der vierten, 50 km der dritten und 33'/» Km der zweiten Klaffe nicht getroffen werden. Bei Schnellzügen beschränkt sich die Freiheit auf 43 Km für die dritte und 30 km für die zweite Klaffe. Der Stempel soll als Fixstempel erhoben werden, der für die erste Klaffe 40 Ä, für die zweite Klaffe 20 für die dritte 10 --Z und für die vierte 5 iZ beträgt. Hoch ist allerdings diese Abgabe nicht, und ein großer Teil von ihr wird zweifellos von durchreisenden Fremden und VergnSgungsretseudkn getragen werden. Ihre Erhebung wird Schwierigkeiten nicht machen und Kosten kaum verursachen, und so mag sie für die nach ReichSein- nahmen Suchenden, weil man die Einnahmen aus diese« Stempel auf 15 Millionen beziffern zu können glaubt, etwas Verlockendes haben. Dieser Stempel kommt aber — abgesehen davon, daß er das Odium, das Reisen zu verteuern, aus stch trägt — im Augenblick, wo wir über die Persoueutarts- «form in recht schwierigen Verhandlungen stehen, sehr vn- gelegen. Dieser ^Umstand und die allgemein vorhandene Abneigung gegen eine Trausportbesteuerung wird auch den eifrigsten Verfechter der ReichSfinauzrefor« nur sehr ungern an diesen Stempel Herangehen lasse» und in ihm den Wunsch rege machen, den als Ertrag dieses Stempels gewollten Betrag auf andere Weise, vielleicht durch Verstärkung der ReichSerbschafts stcuer, aufgebracht zu sehen.
Nörgler verbannt!
L. Neben dem von Seiner Majestät dem Kaiser und König in seiner denkwürdigen Rede nach der Enthüllung
Ellen. „Gestern war OakelS Geburtstag, deshalb gab ich ihnen heute nachmittag frei, damit sie den ZirkuS, der ebrn in der Stadt ist, besuchen könnten. Urschel aber ist schon seit mehr als 20 Jahren bet Onkel und über jeden Verdacht erhaben.*
„Der Baron hat sie gestohlen", wiederholte der Dollar bestimmter als zuvor. „AlS Freifrau von Wittenbach hier vorsprach, ließ ich ihn allein mit der Münze. Er ist der Versuchung erlegen.* — „Das ist ganz unglaublich,* versetzte Felix. „Eiu Manu mit eine« jährlichen Einkommen von vielleicht 100000 ^it!*
„Weder all seine Tausende «och seine Millionen könnten ihm aber diese Wildbader Münze verschaffen*, seufzte der Doktor. „Alles andere hätte er meinetwegen nehmen können, nur nicht gerade daS!"
„Wie abscheulich!" rief Ellen empört. „Wenn er die Münze , gestohlen hat, so mußt d» ihn verklagen."
„Ader niemand sah, ob er sie nahm", flüsterte Dr. Dulk mit fast weinerlicher Stimme. „Er war hier ganz allein. Und wer würde mir denn glauben, wenn ich den Baron öffentlich als einen Dieb brandmarke« wollte? Man Wirde mich für verrückt halten. Wie ich bereits gesagt, ist er der großen Versuchung unterlegen. Ja, und ich wundere «ich nicht einmal darüber."
„Du wunderst dich nicht einmal darüber, Onkel! Wie kannst du nur so reden?' sprach Ellen empört auffahrend. „Etwas so Gemeines, so Verächtliches, wie dieser Diebstahl, ist mir in meinem ganzen Leben nicht vorge- kommen."
1905
deS Roon-DeukmalS getadelte« Schwarzsehern gibt eS eine andere Art von Leuten, die, meist ohne eS zu wollen, unendlich großen Schaden anrtchteu; eS find dies die „Nörgler*.
Eine unglaubliche Menge von Staatsbürgern gefallen stch darin, über alles, was in unser« lieben Vaterland« von oben herab kommt, abfällig z« urteilen. In ihre» Herzen wohlgesinnte Staatsbürger, denke« sie nicht im entfernteste« daran, wie unrecht sie tu«; sie würden eS mit Entrüstung zurückweiseu, wen« «au sie zu de« zersetzenden Elementen unsere» Vaterlandes zählen wollte, und dock ver- sündigen sie sich schwer durch ihr ewiges Nörgeln. Ohne der Tragweite ihrer unüberlegten Handlungsweise stch recht bewußt zu sein, legen fie den Keim der Unzufriedenheit in die Herzen von vielen ihrer Mitbürger, besonders aber anch ihrer Kinder. Die ausgehende Saat entwickelt stch daun allzu leicht zu einer zersetzenden, dem Umsturz geweihten abfällige« Beurteilung unserer gesamten StaatSeturichtungeu.
Wollten stch doch solche Leute klar«achen, wie vortrefflich geordnet unsere StaatSeturichtungeu find, vor alle« aber, wie stolz und glücklich wir fein können, au der Spitze unseres Reiches einen Kaiser zu haben, der seinesgleichen sucht, und um den «uS daS Ausland beneidet. Hieraus hiuzuweisen und den leidigen Nörglern mit Bestimmtheit entgegenzutretev, ist besonders für die Mitglieder der Krieger- vereiue, in denen ja di« beste«, dem Umsturz eutgegenarbei- teuden Telle unseres Volkes verkörpert find, eine heilige Pflicht.
Wie soll Ehrfurcht und Begeisterung für unseren die höchsten Ziele unausgesetzt und unentwegt erstrebenden Kaiser, wie Vertrauen za der Staatsverwaltung bei de« Heranwachsende« Geschlecht genährt werden, wenn die Kinder von de« Väter« die bestehenden Verhältnisse bet jeder Gelegenheit «-sprechend beurteilen hören?
Wir verlausen keineswegs einen »rtetlSloseu Sklavrn- finu, aber eS kommt daraus an, wie und wo mau stch über daS, was diese« und jenem nicht paßt, äußert. Die Kanne- gteßereieu am Biertisch über Dinge, die «an ohne genauste Kenntnis der wirkliches Sachlage unmöglich klar beurteile« kann, find schon gefährlich; noch schlimmer aber ist'S, wenn der Familienvater nachher die strengen Urteile, die ihm am Stammtisch über hochstehende Staatsmänner, ja über de» Kaiser selbst zu Ohren gekommen find, in de« Krei» seiner Familie trägt. Die Kinder schwatze« daun nicht nur dem Vater nach, sondern setzen auch wohl noch eiu gute» Teil eigene Weisheit Hinz« Md werden so zur Mißachtung besten, wovor fie die höchste Ehrerbietung hegen sollten, großgezogeu. Ist'S daun zu verwundern, wenn aus de» Söhnen solcher Nörgler Männer werden, die im Umstürze alles Bestehenden das Heil der Welt erblicken?
Also „Nörgler verbannt!* wo noch Treue znm Lande»- Herrn und Vaterlandsliebe i« Herzen fitzt. Rr.
Die Unruhen in Deutsch-Ostasrika.
Berli«, 33. Nsv. AuS Dar-eS-Salaam wird ge- meldet: Am 31. Nov. «»terwttrfe« fich LE« Aufständische ans de« Bezirke Dar-eS-Salaam Md lieferte«
„Mein liebes Kind, du bist auch kein Numismatiker", versetzte der Doktor selbst etwa» gereizt. „Die Gefühle eines solchen MauneS kennst du eben nicht. Dich läßt e» kalt, wenn dir jemand die seltenste Münze in die Hand gibt. Du kennst das brennende Verlangen nicht, das den Münz- sammler äberkommt, wenn er ein Stück in der Hand Hill, daS seltener und wertvoller ist, al» alles, was seine eigene« Kabinette enthüllen. O Ellen, die Versuchung war groß. Ich tat unrecht, ihn derselben auSzusetzev."
„Aber trotzdem Onkel ist eS doch daS widerlichste Beispiel von Unredlichkeit und Falschheit, von de« ich je gehört. Und zudem i« Hause seines Fremdes!" — „Mein liebe» Kind, du bist kein Numismatiker", das war alle», was der Doktor wiederholen konnte.
„Ist eS wirklich auch verschwunden? Vielleicht liegt es irgendwo auf de» Loden", bemerkte Felix. Dr. Dulk schüttelte den Kops. „AlS ich herauf!«« und tuS Zimmer Kat, fand ich das Kabinett geschloffen, der Schlüffe! steckte, war aber ««gedreht, und das Etui befand fich ebenfalls geschloffen au seine« gewöhnlichen Platz. Viele Tage möchten vergangen sein, ehe ich «eine« Verlust entdeckt hätte, wen» ich nicht «eine« Wunsch, eiuru letzten Blick anf die Münze zu werfen, folgend, das Etui geöffnet hätte. Ich werde de« Schilling nimmer sehen — nie mehr!"
Felix kniete nieder und suchte dm ganzen Fußbodm deS Zimmers ab, aber ohne etwas zu finden. AlS er Abschied nahm, war Ellen ganz traurig und in Tränen gebadet Sie ahnte viel mehr als Felix, waS dieser Verlust für ihren Onkel zu bedeuten hatte. Der Doktor saß still