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Mit dem Plauderstübchen und
Gchrväb. Landwirt.
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Amtliches.
Bekanntmachung, Wafferwerrksarrlage betreffend.
Marti« Gchlsttev i» Utttertalheim hat seine alte Säffmähle außer Betrieb gesetzt, und auf dm Parz. Nr. 185/2 »nd 186 ein neues Sägmühlegeböude mit TurbinerchauSanösu errichtet. DaS neue Sägewerk wird mittelst Mer FrarcisLmbiue betrieben.
Mit der Neuanlage sind die beftehe«de» Gta«- uud Gefällsverhältsiffe durch Anlage eines Klotz- Weiher- und Vertiefung des Luterwafferspiegel» geändert warben.
Jener soll das Wehr, das Licht mehr den Geuchmigungs- Vorschriften entspricht, tu seinem jetzigen Zustand belassen werden.
Dies wird mit dem Anfügen zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß etwaige Einwendungen gegen des Unternehmen binnen 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle «u:Zu ringen find und daß nach Ablauf der Frist Einwsndrmgeu in dem Verfahren nicht mehr angebracht werde« können.
Beschreibungen und Pläne find auf der Oberamtskauzlei zur Einsicht aufgelegt.
Nagold, den 7. November 1905.
K. Oberamt.
Amtmann Bahnend erg er.
Die K. Regierung des Schwarzwaldkreises hat am 4. Novbr. 1905 die Wahl des Bauern und Gemeindepflegers Georg Friedrich Dürr in Mindersbach zum Ortsvorsteher dieser Gemeinde bestätigt.
Potentia.
Herr Brailsford in London, ein englischer Pafiorssohn, wurde jüugk vom Zuchtpolizeigericht aus russisches Ersuchen bestraft, weil er einem Revolutionär, der nach Petersburg reiste, einen gefälschten Paß besorgt hatte. Derselbe Brailsford hatte im Jahr zuvor im Auftrag angeblicher englischer MissionSgescllschaften 100000 türkische Pfund an aufrührerische Komitatfchi in Mazedonien verteilt. Nach den jüngsten Erdbeben in Italien waren es wiederum Engländer, die mit großen Summen zur Verteilung hinreisteu; merkwürdigerweise schienen sich als am meisten notleidend die Redaktionen verschiedener einflußreicher Zeitungen erwiesen zu haben. Als es ferner den Aufrührern tu Arme« an Waffen und Munition mangelte, bekamen sie ste vou unbekannten Freunde« aus Bombay geschickt. Kurz, wo man Hinsicht: die rollende englische Guinee. Das System, jede Trübung zwischen zwei Mächte» oder innerhalb eines Laubes sofort zu einem Ftsch- zug anSzuuützen, ist in Eagland zur Virtuosität auSgebildet. Besonders das Bearbeiten der öffentlichen Meinung verstehen die staatsklngen Leute aus dem ff. Das Reuterbnreau, das fast für alle überseeischen Meldungen geradezu ein Monopol M errungen hat, löst seine Aufgabe der Beeinflussung der
Mir W'sonders.*)
Von A. Supper.
Mein alter Freund spielte sich mit Vorliebe aas den Phyfiognomeu hinaus. Er war ein bedeutender Mensch mit klangvollem Namen und hervorragenden Eigenschaften, die ihm einen Platz unter deuMollrrrenschen sicherten. Hoch- gewachsen, breitschultrig, mit geistvollem Gesicht und sprechenden Augen, einer klassischen Nase und prächtig gewölbter Stirn, die durch den schönen Ansatz des vollen, weißen Haares etwas besonders Edles erhielt, — so war er ein Manu, der schon um seines Aeußereu willen nicht zu übersehen war.
Dazu sprach er fünf lebende und etliche tote Sprachen, er las ägyptische Hieroglyphen und assyrische Keilschriften, wußte Bescheid in den Tiefen vou Erde und Himmel, spielte hinreißend Klavier, dichtete, schrieb und komponierte, aber man hätte ihm dies alles abstreiten, «an hätte ihn für den häßlichsten, unbegabtesten und unwissendsten Menschen erklären dürfen, wenn «an ihn nur in seiner Eigenschaft als unfehlbarer Phystognom unangetastet ließ. Er pflegte zu sagen, jrglicheS Wissen und können der Welt sei «ehr oder weniger Sache des Fleißes, der Hebung, der Neigung, aber der sichere Blick für die göttliche oder minder göttliche
*) Mit Erlaubnis des Verlegers entnommen aus „Da hinten bei uns" Echwarzwald - Erzählungen von A Supper. Verlag von Eugen Salzer in Heilbronn.
Nagold, Mittwoch den 8. November
Weil tu durchaus englische« Sinn. Die Nachrichten-Agen- > turen aller anderen Länder, von denen die Zeitungen ihre Depeschen beziehen, in Berlin, Parts, Wien, Kopenhagen «sw., sind beim Reuterbureau abonniert oder Lanscheu ihre heimischen gegen dessen überseeische Nachrichten aus. Der unglaublichste ostastatische Schwinde! über deutsche Gelüste gelaugte auf diesem Weg in Tausende von Zeitungen der ganzen Welt.
Ein neues Unternehmen, das sich den stolzen Namen Potentia Angelegt hat, und mit einem Grundkapital vou 20 Millionen Mark arbeiten soll, hat jetzt die antideutsche Verhetzung im großen organisiert. Angeblich will dis Potentia zur Versöhnung der Völker beitragen, indem ste nur die lautere Wahrheit aus den einzelnen Ländern berichtet. Sogar „nationale UeberwachrmgSkomitees" bittet fic in de» Hauptstädten einzurichten, damit man ihr ja ans die Finger sehe. Aber alles das ist natürlich englischer „cant". Ju Wirklichkeit sammelt die Psteutia allerlei Artikel und Urteile in englischem Juteresse und verhökert sie an die Zeitungen. Auf ihr tönendes Programm find Staatsmänner, Gelehrte von Weltruf, ja selbst Monarchen hereingefalleu. und unterstützen sie. Die Londoner Gründer der Potentia aber sind ausgesprochene Derrtschenfeinde. Von den Engländern haben selbst kleinere Staaten gelernt. Die haben vielleicht nicht das Geld dazu, aber wenigstens Orden. Japan verschenkt Rote Kreuz-Medaillen, Serbien hat mit Ta- kowo- und Sawaorden um sich geworfen, als noch Alexander regierte und Draga Maschirr um jeden Preis zu einer königlichen Figur hinaufgelebt werden sollte. Ruch in Deutschland lausen ein paar Redakteure herum, die für Draga- Artikel dekoriert wurden. So hat jedes Land irgend einen Fonds für dergleichen. Nur das Deutsche Reich hat nichts. Das einzige, was bei uns in dieser Richtung „gemacht* wird, ist, daß ausländische Journalisten, die sich für dankbar erweisen, Kaiser und Kanzleriuterviewtz — fertig ge- schrieben gelegentlich zur Verfügung gestellt erhalten. Darob erhebt sich daun meist Lärm in der deutschen Presse. Warum man die Ausländer vorzlehe? Ja, das sollte doch klar sein für jedermann, der über seine Nasenspitze hiuaus- zusehM vermag.
Für irgendwelche geheimen Zwecke stehe» nuferer Regierung alles tu allem überhaupt nur 200000 etatsmäßig zur Verfügung, eine Summe, über die jeder Engländer laut lacht. Von diesem Geld wird dazu «och meist die deutsche überseeische Presse in Schanghai «sw. unterstützt, so daß für Meinungmache» überhaupt nichts übrig bleibt. Aber neuerdings regt sich in parlamentarischen Kreisen auch immer mehr daS Gefühl, daß es so nicht mehr weiter gehe. Allerdings werden nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch andere Leute durchaus nicht dafür sein, der Regierung weiteres L Diskretion zu bewilligen, aber wenn, wovon ge- munkelt wird, demnächst ein deutsches Unternehmen in der Art des Reuterbureaus gegründet werden sollte, um uns von diesem unabhängiger z» machen und der Potentia ent- gegenzuwirke», da werden Regierung und Parlament gewiß einig darin sein, die eminente Bedeutung einer solchen Sache anzuerkenuen und sie zu fördern. Dfztg.
Schrift ans den Menscheugestchteru, das allein sei in Wahrheit Begabung, daS sei Inspiration, da? sei das wahrhaftige Hellsehen, das uns zu Herren und zu Wissenden mache. Dieses Lesen in Menschengcfichtern nannte er die einzige Wissenschaft, die nimmermehr durch Täuschung und Lüge gehemmt werden könne, sobald mau ihre unveränderliche« Regeln kenne oud festhalte.
Wenn daun aus de» kleinen Kreis, dem er sein Steckenpferd vorzuretten liebte, einer den Eifrigen bat, auch MS Unerfahrene eivzufähren in die seltene Wissenschaft, dann winkte mein Freund ab und schüttelte den Kopf mit stille» Lächeln: „Hören und sehen kann mau diejenigen nicht lehren, die nicht Augen noch Ohren haben, wer aber Angen und Ohren hat, der steht und hört von selbst; aber ihr alle habt nicht Augen noch Ohren."
Damit mußten wir uns zufrieden geben, und wir ließen gern dem Allverehrteu sein Idol unangetastet, wenn eS auch manchem von uns seltsam schien, daß solch ein universeller Geist in dergleichen Einseitigkeiten sich festrenneu konnte, wie wir im stillen des alten Herrn Feuereifer beurteilten.
An eine« linde« Abend im Mai wandelten mein Freund und ich den Wiesenpfad im breiten Tal entlang, der von der kleinen Stadt zum nächsten Dorte führte.
Maikäfer schwirrten unS um die Köpfe, Grillen zirpten am WegeSrand, und tu einer fernen Hecke schlugen Amsel Md Schwarzkopf.
Wir schritten still und langsam ans, eS war ein Abend zu« köstlichen Md schweigenden Genießen.
Ich sah von Zeit zu Zeit vou der Seite auf «einen
1965
Das Nutver trocken—das Schwert geschliffen.
Wir leben tu ernsten Zeiten. Das Wort „Deutschland in der Welt voran", das nicht ein leeres Wort, sonders das bereits in die Tat ««gesetzt iS, und das immer mehr Berechtigung erhält, hat nuS viele Neider und Feinde zu- gezogeu, die mit scheelen Augen unsere Fortschritte auf allen Gebieten betrachten und die jede Gelegenheit mit Freuden ergreifen würden, um über de« verhaßten Nebenbuhler, der sie mehr«. mehr überflügelt,herzufallen. Eist kürzlich wurde der staunenden Welt von etne« sich in seiner Ehre verletzt fühlenden französischen Minister ein Plan unserer liebe» Vettern jenseits der Kanals enthüllt, mit 100000 Man« in daS meernmschluugene SchleSwig-Holsteiu ernzudriugeu. Mag dieser Plan auch zu abenteuerlich klingen, als daß man an sei» Bestehen ernsthaft glauben könnte: die Enthüllungen Delcasses find jedenfalls ein Zeichen dafür, daß unsere Neider auf einen günstigen Augenblick lauern, um unsre Macht zn brechen.
Auf diese finsteren Absichten hat unser Kaiser in der letzten Zeit wiederholt kn Reden Hkr-ievichn, von denen besonders der Triukspruch bei der GalaLafel nach der Enthüllung des MoltkedenkmalS überall großes Aussehen erregt und die verschiedenste Auslegung gefunden hat. Das Pulver trocken, das Schwert geschliffen, so hat Se. Majestät aus- gerufen in der kurzen kernigen Rede, die dem Volk in Waffen galt. Man hat, besonders tu der auswärtigen Presse, Fanfarentöne aus den kaiserlichen Worten heraushöre« wolle«, Kriegsdrohungen, gerichtet gegen England Md Frankreich. Die das behaupten, die legen dem Schirmherr« deS Deutschen Reiches eine Politik unter, die ihm völlig ferulirgt. Unser Kaiser ist, daS hat er in schwierigen Zeiten oft genug bewiese», ein FriedeuSkaiser, der feinen Rnh« nicht steht in leichtfertig hinanfbeschworeuen Kriegen, sondern de» nur die Wohlfahrt seines Volkes unter dem Schutze und den Segnungen eines fortdauernden Friedens allei« am Herzen liegt. 8L vis xnesm, xara iwllnw sagt ein altes lateinisches Wort: willst du tm Frieden leben, so halte dich für den Krieg gerüstet. Das hat der Kaiser mit seine« Worten sagen wollen. Unablässig sollen wir daraus bedacht sein, unsere gewaltige Kriegsmaschine in gute« Zustande zu halten, vud, wo es nottut, Verbesserungen und Ergänzungen anznbriNges.
Diese find ganz besonders für unsere Flotte vonnöten. Dank unserem Kaiser ist dem deutsche« Volke allmählich daS Verständnis ausgegangen, daß unS eine starke Flotte bitter not ist. Etne solche zu schassen, ist für Ms eine Lebens- frage ersten Ranges. Erst wenn wir eine starke Flotte haben, werden wir gegen Anschläge gerüstet sein, wie sie unS im letzte« Sommer bedroht haben.
Biel besser steht eS glücklicherweise «it unserer Wehrkraft zu Lande. Unsere Armee ist mustergültig für die ganze Welt. So aber muß eS auch in Zukunft sein. Der gute Geist, der unser Heer von jeher ausgezeichnet hat, der unser Vaterland immer wieder ans trüben Tagen der Erniedrigung zu« Licht und zur Freiheit geführt, der auf den blutigen Schlachtfeldern Frankreichs die deutsche Kaiser-
Begleiter. Ausricht, die breiten Schultern stramm zurück* de» schneeweißen Kopf, den er auch im Freie« zu entblößen liebte, stolz getragen, ein Leuchten in den Augen wie von quellende« inneren Leben, einen lächelnden Zug um de« bartlosen Mund, so schritt er neben mir her, und die Schönheit der blühenden Welt, der Zauber d«S herrlichen Abends schien ihm daS Herz zu schwellen.
Ein Manu im Arbeiterktttel kam u»8 entgegen. Er trug die Schaufel auf dem Rücken; aber vou der Arbeit schien er nicht zu kommen, devu er harte ein GlaS über den Durst und schimpfte laut über die Pfeife, die ihm erloschen war.
Mein Freund nah« sein Feuerzeug aus der Tasche und reichte eS dem Fremden; aber er sah ihn dabei nicht an und ging hastig weiter.
Ich folgte ihm und sah, wie er sich mit der Rechten über die Augen fuhr.
„Häßlich, häßlich," murmelte er, „heute, wo die Welt von Schönheit äberflteßt, sollte mau solche Gesichter gar nicht sehen, noch viel weniger darin lesen."
„Aber Sir haben den Manu ja kaum augeblickt," sagte ich und mußte lachen über «eines Freundes Schrollen.
Er sah mich erstaunt au. „Schon von weitem hat «ich dies Gesicht augeekelt; mit Lapidarschrift standen Laster und Gemeinheit darauf geschrieben. Dieser Manu ist roh, aber nicht mutig genug zum Morden, gemein, aber nicht regsam genug zum Stehlen, gierig, aber nicht entschlossen genug, um alle unerlaubte Lust der Welt zu genießen. Dieser Mann wird jederzeit Schwache mißhandeln, Ver-