V» Jahrsa«g.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Tonn- und Festtags.

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nach Verhältnis.

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Anzetgen.»ebühr f. d. Ispalt. Zeile au» grrvöhnl, Schrift oder deren Raum bet Imal. Einrückung 10 A bet mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem

Plauderstübchen

und

Schwäb. Landwirt.

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Mgokd, IreiLag den 27. HKLoöer

1905

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UoMische MsösvfichL.

In der amtlichenBerliner Korrespondenz" wird daran erinnert, daß man einen der größten Fehler rm politischen und militärische» Leben macht, venu man seine eventuellen Rtvslm uuterschützt. Ein Teil unserer Presse verfällt immer wieder in diesen Fehler Sei der Beurteilung der englischen Marine. Bald ist es die angeblich mangel­hafte Disziplin an Bord, dann ist es das vermutete Fehlen einer gründlichen wissenschaftlichen uad praktischen Ausbildung der Oifiziere u. jetzt wieder ist cS die behauptete Schwierigkeit des Maunschaftserfatzes, welche Hertz«!Len muß, um die vor­aussichtliche Leistungsfähigkeit der englischen Marine herrmter- zusetzen. Bei dem Bestreben, den MannschaftsAangel zu be­weisen. Wirft man skrupel- oder aber ahnungslos die Handels­marine mit der Kriegsmarine durcheinander und malt so gänzlich falsche Bilder. Es läßt sich vielmehr zahlenmäßig Nachweisen, daß der wünschenswerte Stand der englischen Marmemann-

schasts-Rekrutierung für den Kriegsfall gesichert ist. Diese von amtlicher Stelle kommende Darlegung wird hoffentlich gebührend beachtet werden.

DaS bayrische Mi«isteri«m der Verkehrs«»-

statte» hat angeorduet, daß die Beamten der Staarsbahuen, um deu Ansprüchen des ausländischen reisenden Publikums auf großen Bahnhöfen und Badeorte» gerecht werden zu kSliueu, eine Fortbildung in der französischen und englischen Sprache aus Staatskosten ermöglicht erhalten sollen. Es werden Kurse in München und Nürnberg eingerichtet, auch wird besonders strebsamen Beamten Unterstützung zum Leru- aufeuthalt im Ausland selbst gewährt werden.

Der sr««zöfifche Gesandte i» Fez ist am 18. Oktober vom Sultan in Marokko empfangen worden; etüe Stunde später empfing der Sultan deu deutschen Ge­sandten, Gras Tatteubach. Nach diesen beiden Unterredungen hat der Sultan keinen Entschluß gefaßt, und es ist noch nicht bekannt, ob das Programm der Konferenz in Alge- ciras seine Billigung gefunden hat. Aus Tanger wird dem Petit Partstrn gemeldet, daß die französische Gesandt­schaft am 29. Oktober und die deutsche und die englische Gesandtschaft am 6. November Fez verlassen werden, selbst wenn der Sultan bis dahin seine amtliche Zustimmung zu dem Kouferenzprogramm nicht gegeben haben sollte. Der Angerahäuptttng Valierüe Hai die gefangenen englische» Offiziere gegen die Freilassung von fünf durch die marok­kanische Regierung gefangen gehaltenen Personen heraus­gegeben. Er stellte auch die Bedingung, daß noch 10 audsre Ge­fangene sreigelaffen werden. Der Verirrter drS Sultans «achte sich anheischig, daß daS Verlangen gewährt werde. Der englische Gesandte har amtlich das Verlangen gestellt, daß Battente be­straft werde. Valieute hat, als die Auswechslung seines Bruders gegen die englischen Offiziere erfolgte, noch 10 Gewehre und 10000 Patronen verlangt, die ihm auch sofort gegeben wurden.

Der Besuch LoubetS i» Spanien ist bisher völlig programmgemäß verlausen. Der König von Spanien hat zu Ehren des Gastes ein Galadiner veranstaltet. In deu bei dieser Gelegenheit ausgebrachten Trinksprüchen wurde in der herkömmlichen Weift aus dis guten Beziehungen zwischen Spanien und Frankreich hingewiesen. Gestern wohnten der König und Präsident Loubet einer Truppen­schau im Lager von Carabauchel bei. Das Wetter war regnerisch; auf dem Paradefeld waren nnr wenig Zuschauer. Nach der Truppenschau fand im Stadttheater ein Frühstück statt, bei dem der Alcalde und Präsident Loubet herzliche Trivksprüche ausbrachteu. Nach dem Frühstück besichtigte Loubet das SLadttheater und begab sich dann zum Stier- gefecht. Loubet verlieh dem Prinzen Ferdinand Maria von Bayern das Großkceuz der Ehrenlegion. Die spanischen Republikaner, denen von der Regierung verwehrt worden war, dem Präsidenten Loubet eine Adresse zu überreichen, ließen diese in Blättern veröffentlichen. In der Adresse, welche vo« republikanischen Senatoren und Deputierten unter­zeichnet ist, wird Loubet als der Vertreter Frankreichs, deS Vorkämpfers der demokratischen Freiheit in Europa gefeiert.

I« Nicderläudisch-Jn-ierr ist -S bei Pakatt, (Landschaft Gowa) auf der Insel Celebes zwischen deu

Regieruugstruppen und deu Eingeborenen zn einem Kamps

gekommen, in dem 23 Eingeborene fielen. Auf seiten der Regieruugstruppen wurden zwei Offiziere und drei Manu verwundet. Der Stamm der HouttetoS auf der Insel Ceram hat sich infolge des Vorgehens der Regierungs­truppen ergeben.

Die Zukunft des Handwerks.

Es hat dem gesamte« Handwerk ohne Zweifel sehr ge­schadet. daß bis vor einigen Jahren noch viele Meister fast ausschließlich von der Hilfe des Staates eine Besserstellung ihrer Lage erwarteten. Gewiß sind mit dem Erlaß des Haudwerkerschutzgesetzes von Jahre 1897 die Aufgaben deS Staates auf dem Gebiete der Handwerkerfrage noch lange nicht erschöpft. In der Regelung des SnbmisfionSweseuS, der Sicherung der Forderungen der Bauhaudwerker, einem weitgehenderen Schutze des Meistertitels, dem Ausbau deS Gesetzes betreffend unlautere» Wettbewerb, der Unterstützung aller derjenigen Maßnahmen, die man unter dem Sammel­namen derGewerbeförderung" zusammensaßt, liegen noch eine Reihe von Wünschen des Handwerks vor, die die staat­liche Gesetzgebung aus lange Zeit noch beschäftigen werden. Was der Handwerkerfrage in der letzten Zeit ein vielfach anderes Gesicht verleiht, das ist unseres Erachtens vor allem der Umstand, daß die Handwerker im Gegensatz zu früher die Maßnahmen praktischer Selbsthilfe viel mehr zu schätzen wissen, so schreibt dieGewerbezeitnug" für Elsaß-Lothringen."

Und in der Tat war dies auch sehr notwendig! Der Staat kann unmöglich selbst Genossenschaften, Kredit-,Ein­kaufs,-BerkanfS-Gevoffeuschasten gründen, überall selbst für Einrichtungen sorgen, die eine bessere Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehrlinge verbürgen. Derartige Einrichtungen müssen aus der Selbsthilfe geboren werden, und die Auf­gabe des Staates kann nur darin bestehen, einmal die Hin­dernisse zu beseitigen, welche einer kräftigen Entwicklung der freiwilligen Einrichtungen des Handwerks eutgegeusteheu, andererseits dieselben soweit wie möglich tu ihren Anfängen oder auch dauernd zu unterstützen. Der Staat kann eben­falls nicht eiufachhiu die industriellen Großbetriebe, die das Handwerk schädigen, verbieten oder durch eine übermäßige Besteuerung unmöglich machen; er kann nur ihren Auswüchsen eutgegentreten und auf der anderen Sette wieder die Mittel unterstützen, die durch eine Hebung der Leistungsfähigkeit des Handwerks die Vorteile des Großbetriebe? aufzuwiegeu suchen. Es ist durchaus ein Irrtum, den Großbetrieb für allmächtig halten zu wollen. An Gefährlichkeit büßt er immer mehr ein, je mehr er mit wirklich gebildeten leist­ungsfähigen Handwerkern in Konkurrenz tritt.

Diese höhere Bewertung der Selbsthilfe seitens der Handwerker, die aus derselben entspringenden Erfolge sowie das dadurch in das Handwerk wiederkehreude Selbstver­trauen möchten wir vor allem der Tätigkeit der Handwerks­kammern zuschretben. Je mehr eS diesen gelingt, durch praktische Maßnahmen auf dem Gebiete der Fortbildung und Fachbildung, durch Verbreitung des Gedankens des GeuofseuschaftSveseuS, durch Agitation und Aufklärung über die Handwerkerorganisation, die in derselben zn treffenden

Dev Kochwatd.

Von Adalbert Stifter.

(Fortsetzung.)

Der zarte, schwerfällige Sohn des Spätjahres hatte sich bereits eingestellt, der Nebel, und oft, wenn die Schwestern an der noch immer sonnen warmen Wand ihrer Felsen saßen, die einzelnen Glanzblicke des Tages genießend, so wogte und webte er draußen, entweder Sptnneuwebeu über den See und durch die Täler ziehend, oder Werne Inseln und Waldes­stücke durcheinander wälzend, ein wunderbar Farbengewühl von Weiß und Grau und der roten Herbstglut der Wälder; dazu mischte sich die Sonne und wob heiße, welßgeschmolzene Blitze und kalte, feuchte, blaue Schatten hinein, daß ein Schmelz quoll, schöner und inniger, als alle Farben des Frühlings und Sommers. Und wenn die Mädchen dann so schweigend hinauSsahen, so rieselte es neben ihnen leise, und ein oder zwei blutrote Blätter des Waldkirschbaumes fielen zu ihren Füßen. Sie saßen da und sahen selber herbst­lich trauernd dem Schauspiele zu, ahnend, wie majestätisch der Winter hier sein müsse, da sich ihm ihre Wildnis mit solcher Feierlichkeit und Stille entgegenrüstr. Im Hanse wurden Hauen, Schaufeln, Schneeretfe, Schlitten und andere Geräte augehäuft, um nicht eiugefchnttt zu werden, oder durch Schueemaffen von der Welt abgeschnitteu.

Seltsam ist der Mensch und seltsamer sein Herz. Wie einförmig waren vor Ronalds Ankunft dis Tage einer »m

deu andern im Walde hiugegangen! Täglich dieselben Farben, dieselbe« Stimmen, dieselbe Feierlichkeit, und auf dem See dieselbe Windstille, daß es öfters war, als hätten sie Lange­weile; nun war eine Fülle, ja ein Schauer von Wonne über ClarissaS Herz gegangen, ausströmend von jenem un­begreiflichen Gefühle, wodurch der Schöpfer die zwei Ge­schlechter biadet, daß sie selig seinem Zwecke dienen aber dennoch war ihr nicht, als sei sie selig, ja ihr war, als seien jene einförmigen Tage vorher glücklicher gewesen, als die jetzigen, und als habe sie sich damals mehr geachtet und gelieor. Sie blickte säst mit Wehmut darnach zurück, wie ste so gegangen war durch die Stellen des WaldeS mit Gregor, mit Johanna, unschuldig plaudernd, selbst so un­schuldig wie die Schwester und der Greis, die so schön au sie geglaubt hatten, den Abend kosend und lehrend und etn- schlafend mit Johanna, deren einfältigem Herzen sie Schatz und Reichtum dieser Erde gewesenund jetzt: ein schweres, süßes Gefühl trug ste im Herzen, hinweggehend von dm zwei Gestalten an ihrer Seite, den sonst geliebten, und suchend einen Fremden und suchend die Steigerung der eignen Seligkeit. O du heiliges Gold des Gewissens, wie schnell und schön strafst du das Herz, das beginnet, selbstsüchtig z» werden.

Johanna, wie überschüttend auch die Liebesbeweise ihrer Schwester waren, und vielleicht eben darum, fühlte recht gut, daß ste etwas verloren nicht die Liebe der Schwester, diese war ja noch größer und zarter, nicht ihr früher gegen­seitig Tun and Wandeln, das war wie ehedem was denn nun? Sie wußte eS nicht; aber es war da, jenes Fremde

und Unzuständige, daS sich wie ein Totes in ihrem Herzen sortschleppte; sie liebte Clariffa noch heißer, als früher, weil sie ihr erbarmte, aber oft überkam ihr Herz, wie ein Kind, ein Heimwehgefühl nach der Vergangenheit, und dies trat dann zuweilen bei den geringfügigsten Dingen hervor, die sich mit ein paar Fäden znrückspannm in die Zeit, die einzig schön und einfach war. So kamen sic eines Tages ob dem See über deu Verhau herüber und traten auf ein Birkenplätzchm hinaus, das sie i« Sommer seiner Hitze wegen geflohen hatten; denn eS lag in eine Felseubucht hinein, von der die Sonnenstrahlen glühend widerprallten. Jetzt floß, wie süße Milch, der laue Nachsommer um die weißen Stämme und um ihre einzelnen goldgelben Blätter; er floß hier wärmer und schmeichelnder, als an jeder andern Stelle, und wie sie vorwärts schritte«, gewahrten sie, ordent­lich sonderbar in so späte« Herbste, eine ganze Versamm­lung jener schönen, großen TageSfalter«, die von den vier dunklen, beinahe schwarzen Flügel mit den gelben Rand- bäuderu den Namen Trauermantel erhalten haben, teilsauf de« weißen Stamme fitzend, die dürftige Sonne suchend und nach Art dieser Tiere in derselben spielend, indem sie die Flügel sachte auf- und zulegten oder indem sie mit des uuhörbareu Flügelschlägrn n« denselben Stamm herum­flatterten, auf dem die andern saßen. Die Mädchen blieben überrascht stehen und betrachteten das seltsame Schauspiel. Die zarten Mäntel waren von so weichem, unverletztem Samte, die Bänder von so frischem, dunklem Gelb, daß Johanna augenblicklich auSrief:O ihr armen, betrogenen Dinger, ihr seid noch in eurer Kinderstube versammelt; die