V». Jnhrgnng.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1 ««, mit Träger- lohn 1.20««. imBezirkS- «nd 10 Km-Berkehr 1.26 ««. im übrigen Württemberg 1.86«« Monatsabonnements

nach Verhältnis.

Dkl GksrIIschistrl.

Ms° M WipM flr dm EdemvörD AWltz.

AerrrfprecHer Wv. 28.

Aevnfprecbev Flr. 28.

A»fl«ge »LS« .

Anzeigen-Bebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!, Echrift oder deren Raum bei Imal Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Mit dem Plauderstübchen und

Echwäb. Landwirt.

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Nagold, Samstag den l. Juli

*l905.

AmtticheS.

Landes ausstelluug von Lehrliugsarbeiten ISV5

DK diesjährige Ausstelluug von Lehrlingsarbeiten findet, t« den Borhallen des LaudeSgewerbemusenms statt. Die Ausstellung ist von Montag den 12. Juni ds. IS. ab iu den gewöhnlichen Besuchsstunden des Museums (Werktags von 10 bis 5 Uhr, Sonntags von 111 Uhr) jedermann unentgeltlich zugänglich. Sie wird voraussichtlich bis Sonn­tag den 2. Juli d. I. einschließlich dauern.

Die Lehrlings, welche Arbeiten zu der Ausstelluug ge­liefert haben, deren Lehrmeister sowie die Mitglieder der Gesellenprüfungsausschüsse (Meister und Gesellen) genießen auf den K. Württemb. Staatseiseubahnen eine Fahrpreis­ermäßigung, bezüglich deren folgende nähere Bestimmungen gelten:

1) An die genannten Lehrlinge, Lehrmeister und Mit­glieder der Geselleuprüsungsausschüsse werden zum Besuch der Ausstelluug im Binnenverkehr der K. Württ. Staatseiseubahnen aus Grund besonderer Ausweise während der Dauer der Ausstellung einfache Per- soneuzugsfahrkarteu 3. Klaffe nach Stuttgart ausge­geben. Diese berechtigen zur taxfreien Rückfahrt inner­halb drei Tagen, wenn dir Fahrkarten (auf der Rückseite) vor dem Antritt der Rückfahrt mit dem Nusstellungsstempel versehen worden find.

Die Ausweise find bei der Fahrkartenlösung dem Schalterbeamteu behufs der Abstempelung vorzuzeigeu.

2) Ausgeschlossen von der genannten Vergünstigung bleiben die Stationen, welche weniger als 20 Km vom Aus­stellungsort entfernt find, sonach alle einfachen Fahr­karten 3. Klaffe, deren Preis weniger als 70 iL beirägt.

3) Bei Benützung von Schnellzügen find Schnellzugszu- schlagkarteu je für die Hin- und Rückfahrt zu« »ollen Preis zu löse».

4) Die Ausweise können unmittelbar vom Sekretariat der Zentralstelle für Gewerbe und Handel bezogen werden. Außerdem find die Vorstände der gewerblichen Ver­einigungen befugt, solche Ausweis« für diejenigen Lehrlinge, deren Ausstellungsstücke durch ihre Vermitt­lung eiugesandt worden find, sowie für deren Lehr­meister abzugeben. Die Vorfitzenden der Gesellen- -rüfuugsausschüffe ferner find ermächtigt, die Aus­weise für die Mitglieder der betr. Prüfungsausschüsse, für die avsstellerdrn Prüflinge und für deren Lehr-

6) Der Tag des Besuchs drr Ausstellung ist in dem Ausweis vor Lösung der Fahrkarte eivzutragen.

0) Der Ausweis ist behufs Abstempelung der Fahrkarte in der Ausstellung einem der Aufseher vorzuzeigen und abzugeben.

Die Herren Vorstände der gewerblichen Bereinigungen »ud die Herren Borfitzende» der Gesellenprüfnngsausschüfse machen wrr auf die Ziff. 4 oben besonders aufmerksam, verwendet werden dürfen nur die von unserem Sekretariat erhältlichen Ausweise. Die Herren Vorstände usw. haben die Namen der Ausstellungsbesucher in die Ausweise selbst

eivzutragen Md diese zu unterzeichnen. Wir ersuchen die Herren Vorstände dringend, vor Abgabe eines Ausweises genau zu prüfen, ob der Nachsncheude zu den Personen ge­hört, welchen nach Abs. 2 oben ein Anspruch auf Fahrpreis­ermäßigung zusteht.

Stuttgart, den 31. Mai 1905.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. _Mosthaf_

Bekanntmachung der Sgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung von Prüfungen i« Hnfbefchlag an de« Lehrwerkstätte« für Hufschmiede.

Für Schmiede, welche die in Artikel 1 des Gesetzes vom 28. April 1885, betr. das Hufbeschlaggewerbe, vorge­schriebene Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Gewerbes erstehen wollen, finden an nachstehenden Lehrwerkstätten für Hufschmiede solche Prüf­ungen statt, und zwar:

in Hall am Montag, den 31. Juli d. I.,

tzeilbronn am Samstag, den 29. Juli d. I.,

Ravensburg am Mittwoch, den 2. Aug. d. I.,

Reutlingen am Donnerstag und Freitag, den 27.

und 28. Juli d. I.,

Ulm am Dienstag, den 1. Aug. d. I.

Diejenigen Kandidaten, welche diese Prüfung erstehen wolle« und sich nicht an den zur Zeit au den betreff. Lehr­werkstätten i« Gang befindlichen Lehrkursen beteiligen, haben ihr Gesuch um Zulassung zu einer der erwähnten Prüfungen bet dem Oberamt, tu dessen Bezirk sich die betr. Lehrwerkstätte befindet, spätestens drei Wochen vor de« fest­gesetzten betr. Prüfungstermtn vorschriftsmäßig einzurelcheu Bedingung für die Zulassung ist der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmidhandwerk und einer zweijährigen Tätigkeit als Schmiedgeselle, wobei die Zeit der Beschäftigung i« Hufbeschlag besonders angegeben sei« muß. Die urkundlichen Nachweise hierüber, d. h. die von den Ortsbehördcn beglaubigten Zruguiffe der betr. Meister find mit dem Znlaffungsgesuch vorznlegen.

Stuttgart, den 19. Juni 1905. _ v. Ow.

An die Herren Ortsvorsteher.

Die Gefan-enentran-portkostenverzeichniffe

auf 30. Juni d. I. find alsbald abzuschließen und anher vorznlegen, event. ist Fehlanzeige zu erstatten. Zu Fehl­anzeigen dürfen keine Formulare des Transportkostenver- zeichntffes verwendet werden.

Nagold, den 1. Juli 1905.

K. Oberamt. Ritter.

KoMische YsSerficht.

Znr Bewachnng der Preußischen Grenze«

werden von de« preußischen Behörden infolge der Unruhen iu den russisch-polnischen Greuzbczirkeu Maßnahmen vorge­sehen. Zur Besprechung über diese Vorkehrungen hat sich, der Schles. Ztg. zufolge, der Srenzkommiffar Polizeirat

Maedler nach Myslowttz begeben, wo eine Beratung der Laudräte und anderer behördlicher Personen stattfindet. Die Zahl der aus Rußland nach Oberschlefieu herüberkommeudeu Flüchtlinge nimmt täglich zu.

Das preußische Herrenhans hat am Mittwoch das Bergarbeiterschutzgesetz unverändert angenommen, ebenso das Mutungsgesetz. Das Stilleguugsgesetz wurde vom Minister Möller zurückgezogen. Das Herrenhaus faßte im übrigen noch folgende Resolution:die königliche StaatL- regierung zu ersuchen, sobald als möglich Md mit allem Nachdruck Maßregeln zu ergtktfen, welche geeignet find, 1. die rechtswidrige Auflösung des Arbeitsvertrags, insbeson­dere da, wo ein öffentliches Interesse obwaltet, unter Strafe zu stelle»; 2. der Aufforderung durch Wort oder Schrift zu rechtswidriger Auflösung des Nrbeitsvertrags entgegeu- zutreten; 3. den Arbeitswilligen denjenigen Schutz zuteil werden zu lassen, auf welchen sie einen berechtigten Anspruch haben".

Die franzöfifche Deputiertenkammer hat die

Artikel 23, 24 und 25 der Separatiousvorlage angenom­men, welche die Oeffentlichkeit des Gottesdienstes sichern, die Abhaltung von politischen Versammlungen in den KnltuS- gebäuden verbieten md die Oeffentlichkeit von Prozesstonen von den Entscheidungen der Gemeiuderäte abhängig machen. Die Kommission wollte die öffentlichen Prozessionen überhaupt untersagen, doch wurde diese Fassung mit 294 gegen 255 Stimmen abgelehnt. Die Kammer hat auch einen Antrag abgelehut, wonach Priestern außerhalb der Kirche das Tragen des Ornats untersagt werden sollte. Die Kammer nahm ferner die vom Senat bereits genehmigte Vorlage au wo­nach die Arbeitsdauer in den Bergwerken nach und nach herabgesetzt werden soll.

König OSkar von Schwede« hat dnrch de»

ReichSmarschall den Blättern ein Schreiben znstellru lassen, in de« er für alle Beweise von Treue und Liebe, die er von Tausenden empfangen habe, seinen Dank auSspricht. Er habe tu den letzten Tagen anläßlich der Vermählung seines ältesten Enkels viele Beweise der Teilnahme erhalten, die ihm zur aufrichtigsten Freude gereichten und für die er Herz- lichst danke. An die schwedischen Gesandten im Ausland hat der Minister des Auswärtigen ei» Rundschreiben gerichtet, in welchem u. a. erklärt wird, daß der König, bis Schweden seine Einwilligung zur Aufhebung der Reichsatte gegeben hat, an seinem Beschluß festhält, die durch den StorthiugS- beschlnß vom 7. Juni in Norwegen eingesetzte ungesetzliche Regierung nicht anzuerkenuen. Gegenüber kriegerischen Reden, die iu der schwedischen ersten Kammer am Dienstag gehalten worden find, führte der StaatSmtnister u. a. fol­gendes aus: Der rechtmäßigste Zorn darf uns nicht zum Krieg veranlaffen. Was würden wir dabet gewinnen? Eine Bereinigung in der einen oder anderen Form mit eine« besiegten Norwegen kann keinen Lorteil für Schweden mit sich bringen, sondern im Gegenteil die größte Gefahr. Unsere Ehre fordert z« allererst, daß wir die Angelegenheit mit Ruhe prüfen und kluge Selbstbeherrschung beobachten. Und wenn nicht zum Krieg geschritten wird, gibt es nichts Würdigeres für Schweden, als freiwillig zur Auflösung der

Aas Wutterrnat.

Roman von Ponson du Lerrail.

(Fortsetzung-.)

,,Guten Morgen, Heimchen. Was fährt dich so zeitig herein?" fragte der Schmied.

Ich habe einen Brief für den Postillon."

So nannte das Landvolk der Gegend naiverweise den Briefträger.Er kommt doch heute?"

Gewiß, «ein Kind, dort oben ist er schon."

Ach, vielleicht bat er auch für uns einen Brief," rief daS Heimchen.Ich will ihm entgegen gehen."

Nicht wahr, du bringst ihm einen Brief an Lorenz?"

Ja Md hoffentlich den letzten; wenn er den lese» wird, kauft er gewiß einen Ersatzmann und kommt nach Hause."

Aha, du kleiner Schelm, dann wirst du wohl bald Frau Tiercelin heißen!"

Naemi errötete und schlug die Augen nieder.

Ihr habt ganz recht," fügte der Schmied hinzu.Wer ei« Tütchen, eine Mühle und solch einen Schatz zu Hanse findet, der tut klüger, nicht in den Krieg zu ziehen."

In den Krieg?" rief Naemi erbleichend,in den Krieg? ES wird wirklich Krieg?"

Der Schmied konnte die Antwort sparen; denn in­zwischen war der Briefträger herangekommen. Schon von weitem rief er:

Mamsell Naemi, da ist ein Brief für Sie."

Für mich oder für meine Taute?"

Für Sie, da spare ich einen tüchtigen Umweg."

ES war ein Brief von Lorenz. DaS Heimchen riß ihn ungeduldig auf; aber schon bei den ersten Zeilen fällten sich ihre Augen mit Tränen, und halb ohnmächtig sank fie dem alten Schmied iu die Arme.

Ehe wir in den offenen Brief blicken, der daS Heim­chen in so große Aufregung versetzte, wollen wir zuerst ein­mal in den verschlossenen hineinschauen, den Mutter Susanne au Lorenz geschrieben hatte. Derselbe lautete:

Mein lieber Sohn!

Seit zwei Jahren bist du fort von mir. Ich bin in dieser Zeit um zehn Jahre älter geworden. Komme nach Hause. In der Mühle ist so viel zu tun, daß wir's nicht schaffen können. Außerdem habeich vom Nachbar Genetier dreißig Morgen zugekauft, die wollen bewirtschaftet sei«. Der Bach kann zwei Mühlen drehen; ich will dir eine weiter oben bauen, da kannst du dich mit deiner Müllerin hiveinsetzen. DaS Heimchen ist ein schönes kräftiges Mäd­chen geworden.

Komm, mein Sohn, du weißt nicht, wie ich mich nach dir sehne. Gestern war ich iu Orleans und habe bei der Intendantur 2000 Franc- für den Ersatzmann uiedergelegt. Hundert Franken Reisegeld liegen dem Briefe bei. Wenn du «ehr brauchst, um etwa kleine Schulden zu bezahlen, so schreibe umgehend.

ES lassen sich hier KriegSgerüchte hören. Ich bin deS Todes erschrocken. Ach, du böser Junge! Wozu brauchtest du unter die Soldaten zu gehen Md noch dazu für den

Taugenichts, den Michel! Wäre ich nur damals nicht so krank gewesen, ich hätte dich nie zu den Leuten gegeben. ES ist ein Wunder, daß du bei dem bösen Weibe nicht auch Schlechtigkeiten mit eingesogen hast. Der Alte lebt nur von Wilddieberei md anderen Spitzbubenstreichen, und der Sohn ist um kein Haar besser. Gegen mich haben fie so viel augestiftet, daß ich ihnen zuletzt die Tür verbieten mußte. Deine Amme, die Matter Brülart ich habe dirS noch nicht geschrieben, veil ich weiß, eS wird dir wehe tu» bei deinem guten Herzen ist vergangenen Winter gestorben. Sie hat zu jedermanns Verwunderung den Pfarrer kommen lassen, um zu beichten; Zeit ihres Leben- war sie nicht zur Kirche gegangen. Wer weiß, was fie gebeichtet hat! Der Pfarrer war ganz außer sich, als er von ihr kam. Eie soll ihm auch einen Brief diktiert haben, der beim Notar in Jargean uiedergelegt ist. Nach dem Tode der Mntter Brülart haben Michel und der Alte ihr Vagabundeulebe» fortgesetzt; wenn fie eines schönen TageS beide eingesperrt werden, wtrd's niemand Wunder nehmen. Hättest du Michel nur lieber diene« lassen! Der Dienst hätte ihn vielleicht ans bessere Wege gebracht.

Nun komm, mein Sohn, sobald als möglich. DaS Heimchen spricht nicht von dir, aber wenn fie von dir reden hört vergeht ihr daS Singen, und fie seufzt, daß einem daS Herz brechen möchte. Sie läßt dich herzlich grüßen. ES umarmt und küßt dich tausendmal

deine getreue Mutter Susanne Tiercelin."

(Forts, folgt.)