V». Jahrgang.
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Jernsprechev Wv. 29.
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Mit dem Plauderstübchen und
Echwäb. Landwirt.
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Im Gemeindebezirk Kayh ist die Manl-n. Klanen- senche erl»fche». Sämtliche Schutzmaßregeln find auf« -ehobeu.
Herrenberg, 13. Mai 1905.
K. Oberamt. Amt«. Maurer.
De« Schrrltheitzeuämterrr
gehen mit heutiger Post die berichtigten Marschgeldertaöelleu behufs Aussolgung an die Herren Gemetndepfleger wieder zu.
Die Herr» Gemeindepfleger wollen angewiesen werden, die ergänzten rrsp. neuen Marschgeldertabellev genau zu beachten und sorgfältig aufzubewahre».
Zugleich wolle dafür gesorgt werden, daß bei einem Stellenwechsel die Tabellen den neuen Gemeindepfleger« übergeben werden.
Nagold, den 15. Mai 1905.
K. Oberamt. Ritter.
KoMische Mebersichl.
Zur Kretafrage hat der italienische Minister
des Aeußer«, Ttttont, in der Deputiertenkammer folgendes gesagt: Eine Bereinigung Kretas mit Griechenland ist unmöglich, besonders wegen der Rückwirkung, die sie aus den Balkan ausüben würde. Die Kreter vergessen zu leicht die Dankbarkeit, die sie de« Mächte» schulden, die ihnen Freiheit und Autonomie gegeben haben, und schaffen ihnen jetzt Ungelegenheiten. Das ist von Griechenland in loyaler Weise anerkannt worden. Seit langer Zeit glauben die Kreter, die Schutzmächte und Prinz Georg müßten ihnen eine ernsthafte Berwaltungs- und Finanzrefor» sichern.
Im englischen Unterhaus gab der Premierminister bei der Besprechung der Kostenanschläge für die Landesoerteidigungskommissto» ausführliche Erklärungen über die Arbeiten der Kommission und über die Frage der Landesverteidigung im allgemeiueu. Er betonte besonders die Wichtigkeit der Leistungen der Kommission und bemerkte, daß die Kommission und die Admiralität darüber einig seien, daß die Anwendung von Unterseeminen ein ganz ungeeignetes Mittel zur Verteidigung der englischen Handelshäfen sei, und daß andere bessere Mittel dafür eingesetzt werden müßten. Balsour bemerkte weiter, daß er hiermit nicht auf die Blo- kademinen Bezug nehmen wolle, die im ferne» Osten eine so bedeutende Rolle spielte«, und gab der Meinung Ausdruck, daß über Blokademinen ein besonderer Beschluß eines internationalen Schiedsgerichts gefaßt werden solle.
Das japanische auswärtige Amt veröffentlicht über das Verhalten Frankreichs eine Erklärung, die offenbar die aufgeregte Volksstimmung in Japan beruhigen soll, da sie feststellt, daß Frankreich alles Entgegenkommen gezeigt habe. — Der deutsche und der englische Konsul, die unwissentlich die befestigte Zone um den in Verteidigungs
Etwas über
Kioto, die alte Htestdenz des Mkado.-)
(I« unserer Zeit, wo Japan durch seine staunenswerten Erfolge im Ostastatischev Kriege die Aufmerksamkeit der ganzen gebildeten Welt auf sich zieht, dürften nachstehende an- Schilderungen eines Weltreisenden von besonderem Interesse für unsere Leser sein.)
In einem weiten, großen Talkessel, umgeben von hohen Bergen, durch einen Wafferlaus durchströmt, liegt Kioto im Mittelpunkt der Insel Nippon. Die VoikSsage sagt, Gott schuf vor etwa 2500 Jahren an einem Tage die japanischen Inseln, setzte seinen eigenen Sohn dorthin, sie zu bevölkern und zu beherrschen, und seit dieser Zeit regiert in der Person des Mikado das Göttergeschlechr in Kioto über Japan. Hier ist der Beginn der Residenz, und seine Gottheiligkeit hat aus der Stadt eine Art Rom geschaffen, eine Inkarnation des Glaubens in der Anbetung des Sohnes Gottes in der Person des Mikado. Er stand so hoch über dem gewöhnlichen Menschen, daß das profane Auge eS gar nicht verdiente ihn zu sehen. So lebte er, zu einem hierarchischen Begriff erstarrt, in seiner Hofburg, hier in Kioto. Der Shintuismus, d. h. der AhnenknltuS mit dem Spiegel der Wahrheit, belehrte das Volk, daß der Mikado nicht von GottrS Gnaden Beherrscher der Japaner sei, sondern daß Gott selbst seinen Sohn geschickt habe, der Vermittler zwischen
*) Ausführlichere Darstellungen finden sich in Baron Korfs's Weltreise, Band II, Japan, China (Deutsches Druck- und Verlags- Haus, Berlin, gebd, *« 3.—), welchem Werke das hier Gebotene mit Genehmigung des Berlages entnommen ist.
Nagold, Dienstag den 16. Mai
zustand gesetzten Hasen von Kelnug auf Formosa betraten, wurden sestgenommen und einen halben Tag in Hast gehalten. Nach Abgabe befriedigender Erklärungen wurden sie jedoch wieder ftetgelaffeu. Wenn der russischen Flotte infolge des Verbots der französischen Regierung der weitere Aufenthalt an der Küste von Cochinchina und im sädchine- stschen Meer unmöglich wird, so wird sie ihren Kurs direkt nach Wladiwostok wählen müssen. Dabet ist zu berücksichtigen, daß von dem jetzigen Aufenthaltsort der Flotte bis zum Eingang in die japanische See an der Tsushimastraße noch 2000 Seemeilen zurückzulegen sind und von da bis Wladiwostok weitere 500. Dieser Weg kann aber unmöglich ohne Kohleneinnahme zurückgelegt werden, besonders da aus der ganzen Strecke stets zu erwarten ist, daß sine Schlacht angenommen werden muß. Mit nahezu leeren Kohlenbunkern kan« aber kein Flottenchef seine Flotte in die Schlacht führen. Es ergibt sich hieraus, daß, je länger der japanische Flot- tenführer sich zurückhält, um so ungünstiger die Verhältnisse für die russische Flotte werden, wenn sie nicht weiter nördlich an der chinesischen Küste einen Stützpunkt sucht und findet. Dadurch würde allerdings eine neue NentralitätS- krise hervorgerufen werden.
Der Krieg zwischen Rußland und Japan.
Die Flottenbewegnugeu.
Saigon, 15. Mai. Mit Bezug auf die Meldung des Admirals Ion quiöreS, daß er kein russisches Kriegsschiff angetroffeu habe, tft noch zu berichten, daß die russische Flotte wieder auf der Höhe der Honkohebucht erschien und heute dort ganz früh vor Anker gegangen war, aber alsbald in nördlicher Richtung weiterdampste. Seitdem wurde kein russisches Schiff mehr gesehen.
Scharmützel in der Mandschurei.
Petersburg, 13. Mai. Die letzte» Nachrichten ander Mandschurei bestätigen das Vorrücken der Japaner. Sie sollen bereits die Wasserscheide erreicht haben. Marschall Oyama befindet sich in Tschentafu.
Parlamentarische Nachrichten.
Württembergischer Landtag.
Stuttgart, 14. Mai. Bei dem Etat der Gymnasien entspann sich gestern eine nahezu die ganze Sitzung aus- süllende Debatte über die unter dem Sammelbegriff „Höhere Schulen" zusammeugefaßten Anstalten, die Gymnasien, Realgymnasien, Real- und Lateinschulen. Obwohl diese Kategorie von Lehranstalten, wie im allgemeinen anerkannt wurde, einen Vergleich mit den gleichartigen Einrichtungen der übrigen deutschen Bundesstaaten nicht zu scheuen braucht, fehlte eS doch nicht an Wünschen und Anregungen der verschiedensten Art, die sich allerdings zum Teil auf Fragen bezogen, die in pädagogischer und schultechuischer Beziehung noch nicht genügend geklärt find. Dazu gehört vor allem
ihm und dem Volke zu sein. Schogune (ursprünglich: Neben» verwandte des Mikado, die mit der Verwaltung der Geschäfte betraut wurden) regierten im weltlichen Sinne, und seit 1680, als das Land von den Mongolen, die China unterworfen hatten, bedrängt wurde, auch der Mikado noch ein Kind war, gelang es einem Schogvn, die Würde des Reichsverwesers in seiner Familie erblich anerkannt za sehen. So wurde die Allgewalt des Mikado eine heilige Ohnmacht und selbst fein kirchliches Ansehen durch die Befestigung des Buddhismus im ganzen Lande beeinträchtigt. Jede Sekte fand Begünstigung, und der Buddhismus überwucherte in allen Gestalten und Auffassungen den alten, knorrigen Stamm des Mikado- Shintuismus. In der Hauptstadt Kioto selbst entstand ein Wald von Tempeln und Klöstern, der ganze Grund und Boden gehört der Kirche, und was im Lande nur au Spenden, Stiftungen, milden Gaben herauszubringen war, würde in Kioto in kirchliche« Bauwerken verwendet. So entstand dieses japanische Rom. Hier herrscht jetzt der buddhistische Oberbonze ganz in dem Sinne wie der Papst in Rom. 1868 wurde, wie mau weiß, der Schoguu abgesetzt. Bald daraus verlegte der Mikado seine Residenz «ach Tokio, in die Trutzburg des Schogun. In der ganzen Zeit ^seither ist sein Recht nicht bestritten worden. Ich würde an seiner Stelle aber nun wieder nach Kioto zurückkehren, denn diese Stadt steht in jeder Beziehung so viel höher da als Tokio, daß mir dort der Aufenthalt wie eine Verbannung erschiene! Das herrliche Aaamt Hotel, wo ich abgestiegeu bin, liegt selbst in einem alten Kloster. Zwei- und dreistöckige Häuschen mit Galerien, Berauben, Pirgolas, auf Bogendrücken untereinander in Verbindung, durchsetzen einen Park am Bergesabhang überall mit dem Blick auf die heilige
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die Frage der Ueberbürdung der Schüler im allgemeinen und der Ueberlastnng derselben durch HauSanfgabeu im besonderen. Kultmintster Dr. v. Weizsäcker erklärte, daß dir UnterichtSvervaltung, die sich mit dieser Frage schon eingehend beschäftigt habe, zu einer abschließenden Entscheidung aber noch nicht gelaugt sei, au die Abschaffung der Hausaufgaben gar nicht denke, weil dieselbe mit dem wissenschaftlichen Charakter des Unterricht- an diesen Anstalten schlechterdings «uvereivbar wäre'; «m aber ein gewisses Gegengewicht gegen dte geistige Anstrengung der Schäler zu schaffen, sei geplant, obligatorische Turnspiele au einigen sonst schul- und hauShaufgabensreien Nachmittagen, zunächst probeweise, eiuznführeu. Eine andere wichtige Frage, die die Stellung der Unterricht-Verwaltung zur Förderung der realistisch-praktischen Bildung einerseits u«d der klassisch- formalen Bildung andererseits betrifft, wurde vom Prälaten v. Wittich angeschnitten, und zwar im wesentlichen zu Gunsten der letztere», dte bekanntlich bi- vor wenigen Jahren »och in unseren Gymnasien traditionell war und ihnen auch eine gewisse Vorzugsstellung gegenüber den anderer höheren Lehranstalten sicherte. Minister Dr. v. Weizsäcker stellte sich diesen Ausführungen gegenüber auf den Standpunkt, daß die Unterrichtsverwaltung, bei voller Würdigung der Vorzüge der humanistisch-formale« Bildung, sich den be- rechtsten Forderungen der Gegenwart gegenüber nicht ablehnend verhalten könne und daß man mit den nach dieser Richtung hin vorgenowmeneu Neuerungen im ganzen gute Erfahrungen gemacht habe. In entschiedener Weise wandte sich gegen dte von Prälat v. Wittich vertretene Auffassung der Abg. Dr. Hieber, der sich außerdem gegen die in gewissen Kreisen mehr und mehr sich breitmachende« Bestrebungen auf Ausdehnung de- Einjährig-Freiwilltgen-Privi- legS aussprach, und in treffender Weist/ nachvieS, daß dadnrch dar Bildungsniveau dieser Kreise keineswegs gehoben, wohl aber wetteren Volksschichten der Zugang zu verschiedenen Berufen verschlossen würde. Lieschtng trat diese» Ausführungen bei. Die Haltung, welche die Unterricht-Verwaltung zu dem Ghmuafialstudtum der Mädchen einuimmt, fand im allgemeinen Zustimmung und Billigung. Im übrigen wäre aus den Verhandlungen noch hervorzuheben, daß nach einer Erklärung vom Regiernngstkfch aus -er Schulbeginn während de- ganzen Winterhalbjahr-, d. h. für die Zeit vom 1. November bis 1. März, auf morgens >9 Uhr verlegt werden wird. Der Etat der Realschulen, bei welchem sich nach den zum Gymuastaletat gemachten allgemeinen Bemerkungen keine erheblichen Meinungsverschiedenheiten mehr ergaben, wurde nach kurzer Beratung genehmigt. — In der nächsten, auf Dienstag nachmittag auberaumten Sitzung dürfte der Kultetat, zum größten Teil wenigsten-, sich erledigen lassen, worauf zunächst einige kleinere Sachen, der Staatsvertrag mit Oesterreich zur Beseitigung der Doppelbesteuerung und der Gesetzentwurf über dte Gewährung eines staatlichen DahrlehenS au die Gemeinde Biusdors zur Verhandlung kommen werden.
Riesenstadt; rot lackierte Tore, große Glocken, Heiligenbilder, Steinlaternen, Tempel, wohin daS Auge trifft.
Heute ist Frisiertag. Auf den Bäumen sitzen Gärtner und zupfen und schneiden in den Zweigen und im Grünen, daß dte Bäume wie Drachen Md Nippenträger, aber nicht mehr wie Bäume aussehen. Um so recht unnatürliche Sachen zu machen, versteigere sie sich in Baumkronen, wo jeder andere vernünftige Mensch schon zehnmal herunter verunglückt wäre. Hier aber machen sich die Gärtner ein Vergnügen daraus. Sehr häßlich'steht es aus, daß fast alle und noch so starke Bäume mit Bambusstangen verdreht find, was wohl den traurigsten Beweis gibt für dte häufige Wiederkehr der vernichtenden Taifune.
Heute besuchten wir eine Fabrik von Kunstbronzen, staunten über dte primitive Einrichtung, dte Fülle des Materials und die hohe Vollendung im Kunsthandwerk. ES wurde modelliert, geformt, gegossen, zugertchtet, ziseliert, eingelegt, geschliffen und lackiert. Alles von nackten jungen Leuten mit einer Geschicklichkeit und Sicherheit Md Ruhe, daß man so recht deutlich sah, daß diese Kunst hier eine Heimstätte von vielen Jahrhunderten der Tradition hat. Es wurden Weihgefäße, Opferstöcke, große, zwei Meter hohe Vasen, gefertigt. Vögel, Schmetterlinge, Drachen, Schlangen, Blumen in der Hand modelliert, nicht eine Linie in derselben Wiederholung, Kraniche von einer Kunstfertigkeit, wie ich sie noch nie in Europa gesehen habe. Der nackte Chef des Hauses meinte auch, seine Fabrik wäre für japanische Kunstfreunde, hätte mit dem SnSlandScrport gar nichts zu tun. — Eine buddhistische Sekte der Bettelmöuche baut sich ein neues Tewpelgebiel, das in dem begonnenen Bau so recht den Reichtum und dte Opferfreudigkeit im Lande de-