>m fünften VerhandlungStag in der Anklagesache gegen dev Nachtwächter Reichert von Höfingen wegen Totschlags wurde die Vernehmung der Sachverständigen fortgesetzt. Oderamtswundarzt Dr. Widder vo» Leonberg berichtete über das Ergebnis der Sektion. Der Täter habe der Frau im ganzen 13 Wunden in den Nacken und Hals, sowie in die Brust und den Rücken beigebracht, und zwar 9 mit einem fichelartigen Werkzeug und 4 mit eine« Kumpf. Nach seiner Ansicht seien der Frau im Bett mit einem fichelartigen Werkzeug mehrere Verletzungen beigebracht worden, die Frau sei dann wahrscheinlich zum Bett herausgefallen, worauf ihr der Täter — dar sei zweifellos — mit dem Kumpf einen mit großer Wucht geführten Stich in den Rückenmarkkaual beigebracht habe, was des augenblicklichen Tod zur Folge hatte. Zwei Stiche hätten die Lunge verletzt. Hierauf wurden noch weitere Zeugen vernommen, die aber nur unwesentliche Angaben machten. Nach einer kurzen Pause begannen die Plädoyers. Der Vertreter der Anklage, Staatsanwalt Yelin. faßte das Ergebnis der Beweisaufnahme wie folgt zusammen: Der Angekklagte sei von einer Reihe von Zeugen als jähzornig, roh und habgierig geschildert worden. Seine Frau, die beliebt gewesen fei, habe unter der rohen Behandlung viel leide« wüsten. Sie sei eine Dulderin gewesen, wie rS wenige gebe. Aus der Ehegeschichte könne «au den Schluß ziehen, daß der Angeklagte und kein anderer die Frau auf so schreckliche Weise getötet habe. Schwer belastend für de« An- geklagten feien die Aussage» feiner eigenen Kiuder. Er bitte, die Schuldfrage zu bejahen, dem Angeklagten aber die Zubilligung mildernder Umstände zu versagen, da die Tat nahe an Mord grenze. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Roth-Leonberg, bat um Freisprechung, da der Schuldbeweis nicht erbracht sei. Der Angeklagte erklärte, er wüste zn- geben, daß er seine Fra« öfters grob mißhandelt habe, getötet habe er sie nicht. Die Geschworenen bejahten nach kurzer Beratung die Schuldfrage auf Totschlag ohne Zubilligung mildernder Umstände» Ehe der Gerichtshof zur Fällung des Urteils sich zurückzog, erklärte der Angeklagte nochmals, er sei unschuldig. Das Urteil lautete auf L4 Jahr- Zuchthaus «uv 1« Jahre Ehrverlust.
Deutsches Reich.
Berli», 7. April. Der König von Württemberg ist in Berlin eingetroffen und wurde auf dem Bahnhof von den erbprinzltch Wied'schen Herrschaften, sowie von dem zum MMärkabiuett der Kaisers kommandierten Flügeladjutanten Major v. Schröder und dem Gesandtschaftsattache Freiherrn v. Späth-Schülzburg empfangen. Die Rückkehr des Königs nach Stuttgart wird in einigen Tagen erfolgen.
V-rli«, 4. April. Die v. Bodelschwtnghscheu Pläne auf Bekämpfung der Wanderbettelei gehen ihrer Verwirklichung entgegen. Nach eine« Vortrage des StadtratS Marggraf stimmte am Montag die städtische Deputation für die Rieselfelder dem Anträge der Pastors v. Bodel- sch Win gh zu. Hiernach überläßt die Verwaltung der Rieselfelder dem Komitee, welchem auch der General-Oberst Graf von Häseler augehört, 700 Morgen Land bei Rüdnitz nebst dem Kerkowschen Hof in Rüdnitz zu einem Pachtpreise, der einer 3'/,°/°igen Verzinsung des ursprünglichen Kaufpreises glcichkommt. Ferner soll dem Komitee das Gut-Haus in RuhlSdorf mit de» Park u. s. w. und 33 Morgen Acker für 2800 Pacht überlasten werde», sobald das jetzt noch bewohnte GutShauS frei wird. Das Komitee beabsichtigt, in Rüdnitz obdachlose Personen, die den Willen haben, sich aus dem Sumpf herauszuarbeiten, unterzubriugen und sie mit gärtnerischen Arbeiten u. s. w. zu beschäftigen. Sie sollen Unterweisungen im Obst- und Gemüsebau empfange», damit sie sich daun selbst weiterhelfeu können. Gelingt der Versuch, daun wird die Kolonie voraussichtlich anderen zum Muster dienen; die Wanderbettelei und die damit verbundene Obdachlosigkeit würde dadurch in der wirksamsten und beste« Weise bekämpft werde».
Vetra (Hohenzollern), 3. April. Im Walde gegen Neckarhausen lag der schon bis zur völligen Unkenntlichkeit in Verwesung übergegaugene Leichnam eines etwa 30jährige«
unbekannten Mannes. Den Umständen nach zu schließen, hat derselbe selbst den Tod gesucht; ein mit mehreren Kugel« geladener Revolver lag daneben. Ueber die Persönlichkeit macht der „Haig. Bot." folgende Angaben: Größe 1,75 Mtr., Kleidung gut, bestehend in neuen Schnürschuhen, schwarzer Tuchhose, brauner Juppe und Weste und weiche« schwarzem Filzhut. Die vergoldeten Manschettenknöpfe tragen Waffenabzeichen. Weiter fand man eine leere Brieftasche, ein Messer und einen Geldbeutel, die Barschaft betrug nur noch 17 «Z.
Würzburg, 7. April. Der Kassier Schmitt eine» hiesige« EtabliflemeutS ist nach Verübung großer Unterschlagungen flüchtig geworden.
Elberfeld, 4. April. Ein Streik der Presse ereignete sich heute im Stadtverordnetensaal. Schon vor etwa zwei Jahren verließen die Vertreter der Presse den GtadtratSsaal, als das Erscheinen der Stadtverordnete» zur Sitzung sich wiederholt so verzögerte, daß die Vertreter der Presse eine Stunde zwecklos warte» mußten. Heute taten sie das Gleiche, als sie wiederStunden warten mußte», und die Sitzung wegen Beschlußm.fähigkeit noch nicht eröffnet werde» konnte. Auch in den letzten Sitzungen hatte sich die Eröffnung sehr verzögert.
Hamburg, 7. April. Nach der Statistik des BureauS Beritas find im Februar 111 Schiffe vollständig verloren gegangen, darunter befand sich indessen kein deutsches. Der Fall ist bisher noch nicht vorgekommen. 487 Schiffe wurden beschädigt, darunter 62 deutsche.
Hamburg, 7. April. Der stark überfällige Hamburger Dampfer Marseille wurde am 26. März von dem Bremer Argodawpfer Australia bei Kap Fiuisterre gesehen. Jusölge des Sturmes mußte die Australia beidrehen. Als der Sturm nachgelassen hatte, war die Marseille verschwunden, im Meere fanden sich aber viele Korkteile.
Die Mittelmeerfahrt des Kaiserpaares.
Kaiser Wilhelm in Neapel.
Neapel, 6. April. Heute Abend fand im Palazzo Reale Galatafe! statt, bei der der König von Italien folgende» Trinkspruch hielt:
Die Anwesenheit Eurer Majestät, die bet mir teuere Erinnerungen weckt, bereitet memem Herze» stets große Freude. Noch willkommener ist mir dieselbe heute, wo sich gleichzeitig auf italienischem Boden Eurer Majestät hohe Gemahlin und zwei Söhne als sehr liebe Gäste befinde«. ES war für mich und die Königin eine große Freude, die Kaiserin und die Königlichen Hoheiten sofort bet ihrem Eintreffen willkommen zu heißen. Auf diese Weise befestigt sich noch « ehr das gegenseitige Band der innigen Freundschaft, das für die beiden verbündeten Völker ein Pfand des Friedens und einer gedeihlichen Zukunft darstellt. Mit diesen Gefühlen im Herzen und mit der» wätwsten Wünschen erhebe ich mein Glas und trinke auf das Wohl und die Gesundheit Eurer Majestät erhabener Familie, die in Hinsicht auf das bevorstehende glückliche Ereignis von Freude erfüllt ist, sowie der edlen deutsche« Nation, des treuen Verbündeten Italiens.
Der Kaiser antwortete tu deutscher Sprache mit einem Trinkspruch, der folgendermaßen lautete:
Die Möglichkeit, einige Wochen in Eurer Majestät schönem Vaterlande zuzubringev, gewährt mir stets große Freude, welche erhöht wird durch die Liebenswürdigkeit, die Eure Majestät hierher führte und die mir die frohe Gelegenheit gegenseitiger Begrüßung und gegenseitigen Meinungsaustausches gewährt hat. Ich sehe Eure Majestät freudig bewegt, da es Gott gefallen hat, der Königin einen Thronerben zu beschere», der die Hoffnung und der Segen für dieses schöne Land sein möge, und dessen Pate zu sein mir eine besondere Ehre ist. Sehr gerührt durch die freundliche Begrüßung der Kaiserin und meiner Kinder, danke ich Eurer Majestät dafür und hoffe, daß die Sonne Italiens und das herrliche stzilianische Klima Stärkung und Gesundheit den Meinen bereiten werden. Ein festes und sicheres Pfand des Friedens ist der Dreibund und unsere verbün
deten Völker erfreuen sich der schönsten Entsaftung der Kräfte unter seinem Schatte«. Auf die treue BundeSge- noffenschaft und die innige Freundschaft Italiens und seines erhabenen Monarchen fest bauend, leere ich mein GlaS auf Eurer Majestät Wohl, auf das Ihrer Majestät, des Thronerbe» und der gesamten Königlichen Familie, mit meinem Gruß an das mir so sympathische italienische Volk.
Ausland.
Pari-, 7. April. Die Militärverschwörung in Frankreich. Ueber die Militärverschwörung erzählte der Deputierte Rsbter vorgestern in den Wandelgängen der Kammer: Er habe am 23. Febr. von einem Hauptmann der Garnison Rochefsrt eine» Brief erhalten, worin dieser mitteilte, in gewissen Regimentern würdcn Versuche gemacht, die Offiziere für ein Komplott gegen die Republik zu gewinnen. Einen Monat später erhielt er einen Brief von demselben Offizier, worin dieser auf den Ernst der Tatsache hinwieS mit dem Hinzufügen, ein höherer Offizier der Meinungsverschiedenheiten mit dem General Andre gehabt habe, sei in die Angelegenheit verwickelt. Der Briet habe auf ihn keinen Eindruck gemacht, doch habe er im Hinblick auf die jüngsten Vorgänge diesen Brief dem Kabinettschef Rou- vier und Etienne übergeben. Rouvier erklärte, er habe von einem anderen Offizier die gleiche Nachricht erhalten. Der Zweck der Verschwörung sei der Sturz der Rcpublick zugunsten des Prinzen Viktor gewesen. Der Gewaltstreich richtete stch gegen das Eiysee, die Minister und die Präsidenten des Senats und gegen die Kammer.
Pari-, 7. April. General Negrier soll in der Ber- schwörrmgsangelegenheit stark kompromittiert sein. Der Verschwörung wird hier ernster Eharskter beigemessen.
Pari-, 7. April. In den Wandelgängen der Kammer wurde erzählt, daß neben anderen Persönlichkeiten auch ein nationalistischer Akademiker, mehrere nationalistische Journalisten in die VerschwörnugSangelegeuheit verwickelt seien. Die radikale Lanterne will erfahren haben, daß der erwähnte Korpskommandeur General Noutrier sei.
Pari-, 7. April. An der algerisch-marokkanischen Grenze kam es zu einem langen erbitterten Kampfe zwischen den Aufständische» und den Truppen deS Sultans. Die Aufständischer» wurden schließlich geschlagen und mußten ihre Zelt; auf d.A Kampfplatz zurücklaffen.
I« Moskau wird in nächster Zeit der Prozeß gegen den Mörder des Großfürsten Sergius beginnen. Dazu begibt stch eine Abordnung des Senats, bestehend aus dem Präsidenten und 6 Mitgliedern, von Petersburg nach Moskau. Es iß bis jetzt nicht gelungen, die wahre Persönlichkeit deS Mörders festzustelleu. Er wird wahrscheinlich als namenlos verurteilt werden. In Moskau erhält sich das Gerücht, daß der Attentäter der hohen Aristokratie angehört. — Maxim Gorki erhielt die Erlaubnis, von Riga nach Jalta adzureifeu, da sein Zustand Besorgnis erregt. Der Dichter ist lungenkrank. _
Verzeichnis der Märkte iu der Umgegend.
Asm 9. bis 15. April.
Nltevsteig, 11. Avril. Krämer- und Viehmarkt.
Calw, 12. April. Vieh-, Roß- und Schweinemarkt.
GMenME
in unvergleichlich reicher Äin-wahl.
Immer die neuesten und schönsten. — Solide und sehr billig. 4 Ausstellungs-Medaillcn, S Hvslieferanten-Diplome. vsutreklsncls gvilssteL Spsrisl-Ssiclongesdiäkt
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Wich km »kommt mi>ri!
Druck und Verlag der G. W. Zaise r'schen Buchdruckerei (Emil Zaiser) Nagold. — Für die Redaktion verantwortlich: K Paur.
Bewerberaufruf.
Sie jtrilk krs ttm im GemWrkO WIK,
mit welcher bisher im Nebenamt ein Gehalt von 1600 Mark verbunden war, ist erledigt.
I« Verwaltung-- bezw. Notariat-fach geprüfte und «vv besonder- i« Pfand- und Grnudbnchwese» bewanderte Bewerber wollen stch unter Anschluß ihrer Zeugnisse binnen L« Tage» bci der Unterzeichneten Stelle melden.
„Bei Verwaltung der Stelle im Hauptamt ist eine entsprechende Erhöhung deS bisherigen Gehalts in Aussicht zu nehmen.
Nagolb, de« 7. April 1905.
K. Oberamt:
__ Nitter.
Nagold.
Empfehle zur Saat
ewigen und dreiblättrigen
Kleefarne»
iu guter keimfähiger Ware billigst.
K ForftamtPfalzgrafeuweiler.
WeWmMrrkiiis.
Mittwoch, 2«. April LSVS
V>12 Uhr tm Rathaus zu Pfalzgrafenweiler aus sämtlichen Hüten 6152 Stück Laugholz mit Fm.: 13981., 425 II.. 584 Hl., 1337IV., 312 V. Kl.; 189 Stück «ägholz mit Fm.: 86 I.. 21II., 32 III. KI.
Nagold.
Zwangs-Verkauf.
Am Montag d. w. April d. I.
uachm. 1 Uhr
verkauft der Gerichtsvollzieher im Wege der Zwangsvollstreckung gegen bare Bezahlung im Gasth. z. Pflug
12 25« Stck.
Zigarren
verfchiedeuer Borte«, wozu Kaus- lirbtzabrr eingeladen werden.
8erii'ir8!ti'sn>tsnl<s888 ^sgolli. An nufere Kaffeumitgtieder!
Es iffwiederholt zu unserer Kenntnis gekommen, daß die Herren Kaffen- ärzte dann und wann wegen unbedeutender Krankheiten in die Wohnung von Kaffenmitgliedern. namentlich auch nach auswärts, gerufen werden, obgleich dies nach 8 24 Abs. 7 des Statuts nur dann erlaubt ist, wenn der Zustand des Kranken demselben nichtgestattet, stch selbst zum Arzt zu be- geben. Da Gxtrabesnche der Aerzte Mehrkosten verursachen, so werden wir von jetzt an gegebenenfalls wegen derartiger unnötiger Inanspruchnahme des Kaflemrzts die uns daraus erwachsenden Kosten von den betreff. Kafferrmitglieder» ersetzt verlange»;
Nagold, den 2. April 1905.
Im Auftrag des Kafsenvorstands:
L-nz. _
AruLeier
ans meiner Spezialzucht
schwccr-ze Minorkcl
von Ljähriger und vorjähriger Zucht » Dutzend S Mark.
Johannes Welk, Mldöerg.