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Interesse an denselben konzentriert sich auf den Pfullinger Raubmord, dessen Schreiner Mollenkopf von da angeklagt und geständig ist. Die Sache wurde bekanntlich letztmals vertagt, da der Verteidiger Rechtsanwalt Lammfromm auf gestörte Geistestäligkeit schließen zu sollen glaubte. Die mittlerweile angestellten Untersuchungen und Beobachtungen ergaben ein negatives Resultat, worauf die Verweisung des Angeklagten vor die kommenden Assisen erfolgte. Durch die bei und nach der That erfolgten Neben-Umstände dürfte der Kriminal-Prozeß zu einer Oauss oölöbrs werden und das um so mehr, als der Mörder einen allerdings fruchtlosen Selbstmord-Versuch gemacht hat. Der Angeklagte fühlt jetzt tiefe Reue und geht seinem schweren Geschick mit Ergebung entgegen.

Rommelshausen, S. Sept. DemN. T." wird berichtet: Ein von hier gebürtiger 35jähriger Mann, der im 17. Lebensjahr, also vor 18 Jahren nach Amerika auswanderte, machte kürzlich bei seinem hier lebenden Bruder einen Besuch. Eines Tages aber wurde der nichtsahnende Amerikaner wegen Entziehung von der Militärpflicht in Haft genommen. Da er wegen eines Beinbruchs als untauglich zur Einstellung ins Herr befunden wurde, ließ man ihn nach Bezahlung einer nicht unbedeutenden Strafe wieder frei.

Heidenheim, 7. Sept. In Mergelstetten fuhr ein Knecht mit einem Wagen aufs Feld, um Garben zu holen. An der Seite des Wagens war in üblicher Weise der sogenannte Wiesbaum (Spannbaum) aufgehängt. Unterwegs hängte dieser sich vorne aus, stieß auf den Boden und in Folge dessen machte sich der Baum nach hinten los und fiel dem Fuhrmann auf den Kopf, daß er besinnungslos wurde. Vorgestern wurde in der Brenz bei Gerschweiler (in der Nähe Giengens) ein 3 Pfund schwerer Silberaa! gefangen. Es ist dies seit einem Jahr das achte Stück Aal, das in der Brenz gefangen, ein Beweis, daß dieser edle Fisch auch in der Brenz heimisch wird.

Kaisersbach bei Welzheim, 5. Sept. Nachdem nun die amtliche Einschätzung beendigt ist und sich an Hand der Ergebnisse derselben ein Ueberschlag über den Schaden machen läßt, den wir durch das furchtbare Hagelwetter vom 15. August erlitten haben, stellt sich heraus, daß die ersten Schätzungen nicht zu hoch, sondern ziemlich zu nieder gegriffen waren. Die Gemeinde Kaisersbach hat einen Schaden von etwa 150,000 die Gemeinde Kirchenkirnberg von gegen 100,000 Was das bedeuten will, weiß, wer die Verhältnisse unserer Waldgegend kennt. Es sind da die Wirtschafts Verhält­nisse schon vorher, d. h. in guten Jahren schon so gestellt, daß bei genauer Einteilung der Vorräte für Menschen und Vieh der Besitzstand der meisten sich knapp erhalten, die Familie mit Mühe sich durchbringen läßt. Ein der­artiges Unglück aber, das uns alles, durch den nachfolgenden Regen selbst die Reste des zerschlagenen, zur Fütterung so nötigen Strohs genommen hat, droht viele in dauernde Not zu bringen, wenn nicht fortdauernde, aus­giebige Hilfe geschafft wird.

Ulm, 6. Aug. Heute mittag war der Fuhrknecht Johannes Maier von Ettlenschieß, OA. Ulm, damit beschäftigt, Langholzstämme von der Donau auf den Holzplatz einer hiesigen Holzhandlung zu führen. Beim Abladen der Stämme fiel ein solcher auf einen auf unebener Erde liegenden Prügel, dieser schnellte empor und traf den Maier so unglücklich an die rechte Schläfe, daß derselbe bewußtlos zusammensank und nach Verfluß von 10 Minuten eine Leiche war.

London, 6. Sept. Die Engländer Porter und Buck, welche seinerzeit den Iuwelenraub in München verübten, werden auf Grund gerichtlichen Entschlusses an Deutschland ausgeliefert.

WevmiscHtes.

Den Kaiser verfehlt. Eine schnurrige Unterredung konnte man neulich nach demKl. I." im Charlottenburger Schloßparke

mit anhören. Ein sächsisches Ehepaar, er der ausgeprägte Typus des Rendhier Bliemchen aus Drüsen", sie eine Sächsin, wie sie leibt und lebt, hatte eben das Mausoleum einer gründlichen Besichtigung unterzogen, als es sich Arm in Arm einem Herrn näherte, der ebenfalls die Grabstätte Kaiser Wilhelm's I. besuchte, und sich nun zum Heimgange anschickte. Nehm' Se's nich iebel, mein kutster Herr", wandte sich endlich der Sachse an den Fremden, mir sind Sie nämlich aus Drüsen, un es wär doch so scheene, wenn mir nu auch 'n Kaiser zu sehen krichten, sehn' Se, das Mächten mer gärn, weeß Knebbchen, ja!"Da sind Sie aber gerade zur Unrechten Zeit gekommen", erwiderte der Fremde lächelnd.Se. Majestät befindet sich gerade heute in Dresden, Sie hätten also zu Hause ihren Herzenswunsch sehr bequem er- füllt sehen können." Das Mienenspiel des biederen Partikuliers bei dieser überraschenden Mähr zu beobachten, war mehr als ein Vergnügen. Mit halb offenem Munde starrte er den Sprecher an und erst nach geraumer Zeit ent­rangen sich dem Verblüfften einige Interjektionen, die sich in der Schriftsprache unseres spröden Hochdeutsch gar nicht wiedergeben lassen.In Drüsen? Ei herrjemersch, des is Se aber greilich! Näh, so was merklich in Drüsen?! Heerste Aemikchen? Na, da Hammer uns scheene angeschmiertl Denn missen mer aber daheeme, komm fix, mei Deibchen!" Das Täubchen schien aber den Charakter jenes notorisch sanftmütigen Vogels nicht zu besitzen, denn man vernahm noch von fern her aus der zärtlichen Gattin Munde die grollenden Worte:Baldewin, du bist ä ferchderliches Gamehl!

Eine Soldatentragödie in Rußland. Aus Arda - Han wird Petersburger Blättern Folgendes berichtet:Ein Soldat des Pjetiporski'schen Regiments, Pole von Geburt, sollte auf Befehl des Komman­dierenden wegen eines Vergehens gegen das Militärgesetz mit Spießruten­laufen bestraft werden. Wiewohl diese Strafe in den russischen Gesetzen der Gegenwart nicht gestattet ist, wurden doch alle Vorbereitungen getroffen und der Verurteilte in die Reihe der ihn mit Stöcken erwartenden Kameraden gestellt. Plötzlich aber zog er ein Messer aus der Tasche, warf sich auf die Soldaten und stieß nach recht und links mit dem Messer auf sie los; drei wurden sogleich schwer verwundet, die anderen liefen, da sie unbewaffnet waren, davon. Der Pole eilte hierauf in ein Zelt und ergriff dort zwei Gewehre, aus dem einen gab er einen Schuß gegen seinen Kommandanten ab. Da aber das Gewehr blind geladen war, so geschah dem Offizier nichts zu leide. In vollster Wut suchte nun der Soldat, das Gewehr zu zerbrechen. Ein anderer Offizier näherte sich im nun, um ihm gütig zuzureden, allein der wütende Soldat legte nun das zweite Gewehr auf den Offizier an und schoß ihn nieder. Nunmehr ließ einer der Offiziere die in Folge des Lärms herbeigekommenen Soldaten vortreten und ben Verbrecher auf der Stelle erschießen."

LittevcrvifcHes.

Der Wahrer Ktnkende Note hat wieder seine Wanderung in die deutschen Heimstätten diesseits und jenseits des Ozeans angetreten und gewiß wird dem guten Volks- und Hausfreund überall ein herzliches Willkommen entgegengerufen werden. Zeigt sich doch der Alte, der bereits im 89. Jahrgang steht, in ewigjunger Frische und Lebenskraft. Stets bringt er einen wahren Schatz prächtiger, volkstümlicher und dabei litterarisch gediegener Erzählungen mit, die jung und alt in gleicher Weise unterhalten und ergötzen. Auch über die Weltbegebenheiten weiß der Hinkende wie immer hübsch und verständig zu plaudern und das deutsche Herz zu rühren, wenn er von den in diesem Jahre dahingegangenen beiden deutschen Kaisern redet, wie er anderseits die Weltlage in humoristischer Weise zu schildern versteht durch Wort und Bild. Erwähnt sei noch, daß der Bilderschmuck des Kalenders wieder ein ebenso reicher als geschmack­voller ist. Eine hübsche Zugabe erhält der Leser durch 2 neue Sektionen von Schauen- burgs malerischem Volksatlas, der in ungemein anschaulicher Weise in dem großem Maßstab von 1: 200,000 die deutsche Heimat vorführt und in anschaulichen Bildchen dasjenige einfügt, was an Naturschönheiten, an Städten, Bauten, Landes­trachten re. bemerkenswert ist. Neben der bekannten billigen Ausgabe erscheint seit mehreren Jahren noch eine umfangreiche und elegant ausgestattete unter dem Titel Großer Wokkskalender", welche um den Preis von 1 Mark eine weitere Fülle prächtigen Lesestoffs bietet.

Eine Karriere, welcher ich gern entsagen würde; ich besitze keinen Ehrgeiz und würde leichten Herzens selbst einen Gesandtenposten aufgeben, könnte ich eine Frau finden, wie ich sie mir erträumte.

Würden Sie Frau von Listrac heiraten, wenn sie Witwe wäre?" fragte die junge Italienerin und brachte dadurch dÄrtige vollständig aus der Fassung.

Ich würde sie einst geheiratet haben," erklärte er nach einer kurzen Pause, .ja, ich will Ihnen nicht verhehlen, daß es ausschließlich an ihr gelegen hat, wenn ich unvermählt blieb; sie hat den Grafen von Listrac mir vorgezogen."

Und ich glaube, daß sie Gelegenheit fand, dies gründlich zu bereuen."

Vielleicht! Aber ihre Gefühle vermochten doch nicht eine Wandlung zu er­fahren, während die meinen nicht die gleichen geblieben sind. Sie sehen daraus, mein Fräulein, daß das Herz ein wenig zuverlässiges Ding ist."

Ja, sie liebt ihren Gatten noch immer, trotzdem sie weiß, daß er ein Elender ist!" sprach Andrea.Denn sicher waren es triftige Gründe, welche diese Frau ver- anlaßten, den Mann, dessen Namen sie trägt, zu verlassen."

Es steht mir nicht zu. ein Urteil zu fällen über die Thatsachen, welche den Grafen von seiner Gemahlin trennten," versetzte d'Artige ausweichend.Immerhin die Ereignisse sprechen für sich selbst. Bianka Monti war, als sie sich vermählte, reich. Ihr konnte es leicht geschehen, daß man sie nicht um ihrer selbst willen freite. Reichtum und Ruhm pflegen stets Bewunderer heranzuziehen."

Diese Gefahr ist für mich ausgeschlossen. Ich bin arm und unbekannt und werde deshalb niemanden an mich ziehen."

So werden Sie wenigstens leichter davon überzeugt sein, daß der Mann, welcher um Ihre Hand wirbt, eine aufrichtige, uneigennützige Liebe für Sie empfindet. Sie werden ihm vertrauensvoll Ihre Hand reichen können, sobald Ihr Herz Ihre Wahl billigt," sprach d'Artige in sichtlicher Bewegung.

Ich hoffe, daß Jener, für den früher oder später mein Herz spricht, so sein wird, wie Sie ihn mir schildern, aber noch kenne ich ihn nicht und ich werde ihn ver­mutlich auch nie kennen lernen!"

«Ist Ihnen denn daran gelegen, ihn kennen zu lernen?" fragte dÄrtige mit einem vielsagenden Blick.

Das Gespräch war nach und nach so lebhaft geworden, daß zu einer entschei­denden Erklärung eigentlich nur mehr ein Schritt fehlte, und Andrea bemerke dies plötzlich erst jetzt. Damit hatte aber auch ihre Verwirrung den Höhepunkt erreicht und so stammelte sie:Ich möchte vor Allem, daß der Mann, welcher glaubt, mich lieben zu können, meiner gütigen Beschützerin gegenüber seine Empfindungen aus­spreche."

Wenn es nur davon abhängt," rief dÄrtige triumphierend,so ist alles ge­wonnen! Denn, nicht wahr, Andrea, Sie gestatten mir, mit der edlen Frau, die Ihnen eine zweite Mutter geworden ist, zu reden, darum, weil ich Ihnen längst kein Fremder mehr bin, weil Sie Vertrauen in mich setzen und weil Sie die Gefühle er­widern, welche mein ganzes Herz für Sie ausfüllen? Nur das Eine sagen Sie mir, teures Mädchen, ist es Liebe, was-"

Er vollendete den Satz nicht, welcher auf seinen Livpen schwebte, und Andrea, der Richtung seiner Augen folgend, nahm wahr, wie seine geradezu starren Blicke wie gebannt einer Mannesgestalt folgten, die eben hart an ihnen vorüber und auf das Theater zuschritt.

Was ist Ihnen?" fragte das junge Mädchen befremdet.

Diese Frage brachte ihn zu sich selbst zurück.

Sie sehen jenen Herrn dort, der direkt auf das Theater zugeht?" stieß er hervor.

Ja, natürlich sehe ich ihn," antwortete Andrea,und was weiter?"

DÄrtige wandte den Blick nicht von Jenem ab, während er düster erwiderte: Nichts mehr und nichts weniger, als daß wir vor irgend einer Katastrophe stehen, welche die Gräfin bedroht, denn jener Mann, der unzweifelhaft nicht grundlos hier­hergekommen, ist kein Anderer, als ihr Gemahl, der Graf von Listrac!"

(Fortsetzung folgt.)