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Mit dem Plauderstübchen und

Echwäb. Landwirt.

LZ

tlagolü, Freitag den 27. Januar

190S

AmMches.

Die Schultheißenäruter

werden auf den in Nr. 2 des MinisteriU-AmtSblatts S. 51 d. Js. erschienenen Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 31. Dezbr. v. Js. betr. das dem Eintritt i« den GemeLuderat entgegeusteheude Hindernis der Schwägerschaft, zur Beachtung vesonderS hingewiesen. Nagold, den 26. Januar 1905.

K. Oberamt. Ritter.

Zu Kaisers Geburtstag!

Nur noch die älteren Geschlechter kennen sie, die kaiser- lose Zeit, in welcher wir ein deutsches Vaterland eigent­lich nur in den Liedern der Dichter, in den Erinnerungen einer ruhmreichen Vergangen!)et!, in den Zukunftsbildern der Hoffnung fanden. Der das schreibt, gehört zu diesen Alten, und sein Herz hat oft rascher geklopft, wenn er als Knabe das Lied vomalten Barbarossa, dem Kaiser Fried­rich" sang, und die Ahimng einer kommenden großen Zeit durch seine Seele zog.

Die Zeit ist nun schon lange erfüllt, und wer sein Vaterland lieb hat, der freut sich auch seines Kaisers, der am 27. Januar im 16. Jahr seiner Regierung das 46. Lebensjahr vollendet.

N.cht alles, was Kaiser Wilhelm II. getan und geredet, mag uns gefallen, und doch ist es doch kein unwahrer Schein, kein knechtischer Sinn, wenn wir ihn an seinem Geburtstag jubelnd umgeben. Es gelüstet uns nicht nach den Erfahr­ungen der sogenannten Freistaaten, wir stad königs- und kaisertreu, weil die Geschichte uns lehrt, daß Freiheit und Wohlfahrt des deutschen Volkes unter der weisen Regierung wohlmeinender Fürsten am sichersten blühen.

Wir sind dem Kaiser zugetan, in herzlicher Dankbarkeit, weil wir in ihm einen Schirmherr« des Reichs erkennen, der rücktzaUsloZ dir Kraft eines ganzen Mannes in den Dienst seines hohen Berufs stellt und uns an das Wort erlMe-t:Wie ein groß Ding ist eS um einen treuen Haushälter!" Was heuchlerisch ein Franzosenkaiser der Welt einst verkündigte, tu deutschem Mund ist es zur Wahr­heit geworden:Das Kaserreich ist der Friede."

Endlich halten wir den deutschen StammeSsürsten und vor allem unserem Kaiser die Treue um des Gewiffenswillen, weil uns geboten ist:Fürchtet Gott, ehret den König!" Ein Geist der Auflehnung gegen menschliche und göttliche Ordnung rüttelt an ollen Gewalten; in solcher Zefft ist es dewsche Mannes- und Christenpflicht, die Fahne nicht zu verlassen.

Gott schenke' dem Kaiser langes Leben und fürstliche Gedanke!-! Nicht den Menschen zu Gefallen, sondern vo« Herzen rufen wir:

Hoch der Kaiser!

Aufruhr in Rußland.

London, 24. Jan. Lassans meldet aus Petersburg, der Zar habe eingewtlligt, eine Deputation von 12 Arbeier- Vertretern zu empfangen. Diese seien heute unter dem Schutze einer Militär-Eskorte nach Zarskoje Sselo obgereist.

Petersburg, 24. Januar. Die Regierung läßt die Meldung verbreiten, im jüngsten japanischen Budget seien 48 Millionen Rubel für die Lähmung Rußlands am Haupt­sitz seiner Regierung eingestellt. DaS Geld sei für die Fi­nanzierung der Streikbewegung ausgegeben worden und sei im Besitz der Ausständigen, was ja ganz klar sei, da sie andernfalls der Hunger schon zur Unterwerfung gezwungen haben würde.

Petersburg, 24. Jan. Am Hofe herrscht über die jüngsten Ereignisse große Aufregung. Der Zar weigert sich, einen Entschluß zu soffen.

Petersburg, 24. Jan. Die Hospitalverwaltungen, die Aufseher der Leichenhäuser und die Polizeidistriktskom- miffare Hierselbst bestätigen, daß die gestern angegebenen Ziffern der Tote» mit Svvv und der Verwundete» mit SVOO richtig sind.

Petersburg, 26. Jan. In der gestrigen Sitzung des Stadtrats stellte der Stadtverordnete Nabokow namens 16 Stadtverordneten folgenden Antrag: Die Be- kanntgebung der Regierung bestätigt, was alle Bewohner der Stadt gesehen haben, daß nämlich am 22. Jan. die Truppen auf Arbeiter, die mit einer Bittschrift an den Kaiser zum Wivterpalais gingen, schaffen. Der Stadtrat ist hierüber aufs höchste empört und erklärt, daß solche Grausamkeit die Grundsätze der bürgerlichen Ordnung, näm­lich die Sicherheit des Lebens untergräbt und er erachtet eS für seine Pflicht, die Geschädigten zu unterstützen, indem ei SS SSO Rubel für die Verwundeten und die Familien der Getöteten bewilligt. Der Vorsitzende Durnowo weigerte sich, den Antrag zur Besprechung zuzulaffen. Daraus be­antragte der Stadtverordnete Baron Korff, die 25000 Rubel für die Geschädigten zu bewilligen, ohne zu erwäge», ob sie schuldig oder unschuldig find. Dieser Antrag wurde mit großer Stimmenmehrheit angenommen. Gleichzeitig wurden 2000 Nabel bewilligt zur Verbesserung der städti­schen Unfallstationen, zur Hilfeleistung für die Verwundeten im Falle der Wiederholung der Ereignisse vom 22. Jan. und zur Organisation einer schnellen ärztlichen Hilfe, denn am Sonntag hätten nach Aussage von Augenzeugen die Verwundeten auf den Knieen von der Marskajastraße bis zur Kasankirche kriechen müssen!

Petersburg, 26. Jan. Von den auf der baltischen Werft beschäftigten 3200 Arbeitern haben 300 die Arbeit wieder aufgeuvMmen. Die Tabaksabrik Laferme ist von Truppen umgeben. Die Frage der Wiederauf­nahme der Arbeit wird morgen zur Entscheidung

gelauge«. In zwei Fabriken ist die Arbeit bereits aus­

genommen.

Moskau, 25. Jan. Heute nachmittag um vier Uhr sammelten sich in der Pjadnitzkastraße 3000 Arbeiter an, die vom Führer des Militärs vergeblich anfgefordert wurden, auseinanderzugehen. Die Kosaken eröffneteu darauf daS Feuer. Mehrere Personen wurden verwundet. Abends war die Ruhe wiederhergestellt.

Moskau, 26. Jan. Die Unruhe« daueru svrt.

Der Gouverneur erklärt, daß er zur Unterdrückung der Un­ruhen die bewaffnete Macht verwenden werde.

Saratoff, 25. Jan. Der Gouverneur verbot jede Ansammlung in den Straße« und kündigt gegebenenfalls das Eingreifen der bewaffneten Macht au.

Saratoff, 26. Jan. Der Ausstand gewinnt an Ausdehnung. Alle Druckereien und Werkstäten stellen die Arbeit et«. Die Angestellten der Riesan-Ural-Bahn arbeite« ebenfalls nicht. Die Zeitungen werden morgen nicht er­scheinen. Die Ordnung ist nicht gestört.

Bon de« Opfer« der Stratzeukämpfe.

Erschütternd sind die Nachrichten, die fortgesetzt über die armen Opfer der Katastrophe einlaufen. Auch der gestern Verhafteten dürfte ein schweres Schicksal harren, obwohl es au Beschwichtigungsversuchen nicht fehlt. Ein Telegramm des B. L.-A. meldet:

Paris, 25. Jan. Auch in der bürgerlichen Gesell­schaft von Petersburg werden mehrere Opfer betrauert, s« Fräulein Bimlow, Tochter des Direktors vom Alexander­museum, Enkelin des berühmten Malers. Sie wurde aus dem Alexandergarten durch eine Kugel in die Brust getroffen, heimgebracht. Die Szenen in den Leichenhallen der Spitäler sind grauenerregend. Weinen Md Wehklagen der ihre An­gehörigen agnoszierenden Männer und Frauen ist nicht ge­stattet. Wer die unheimliche Stille durch einen Laut un­terbricht, wird hinausgeführt. Die meisten der Leuten zeigen mehrere Schußwunden, viele der erstarrten Hände weise» Kngelspureu auf, offenbar wurden die Hände getroffen, als die Opfer instinktiv damit das Gesicht zu schützen suchten. Diese Hände find nicht durchweg ungepflegt und Zeugen schwerer Arbeit, man steht vielmehr auch solche mit wohl- gepflegten Nägeln, aber ohne Ringe. Diese verschwanden während des Transportes. Die Polizei, welche Sonntag und Montag ein wenig in den Hintergrund trat, arbeitet jetzt wieder gemeinsam mit den Militärbehörden. In Wa- stli-Ostrow, wo zahlreicheIntellektuelle" wohnen, ist die Zahl der Verhaftungen bedeutend.' Redakteur Asien wurde um vier Uhr morgens aus dem Bette geholt, dessen Freund Professor Karejew gleichfalls in früher Morgenstunde, und nach der Peter-Paulsfestung gebracht, wohin der Historiker Semewsky, Gemeinderat Schedrin, Uutversttätsdozent Nia- kotin, Schriftsteller Piffarrew, Advokat Sifitnikow folgte«. Die meisten von ihnen stad verheiratet uad Väter mehrerer

Der KcrufieTev.

Bon Otto Ruppius.

82> (Fortsetzung.) ^

Ec batte sich ihr gegenüber niedergelassen.Nun, gnädige Frau." begann er,Sie find jung, schön und jetzt auch reich"

Die junge Frau schlug bet diesem Anfänge das Auge mit einem so v.r wunderten Blick zu ihm auf. daß er sich unwillkürlich uuterbrach.Warum sagen Sie mir das, Herr Helmstedt?"

Dieser drückte einen Augenblick die Hand vor seine Augen.Vielleicht," erwidene er,um Ihnen zu zeigen, daß ich Jur e jetzige Stellung vollkommen zu würdigen weiß, Fian Morton; aber," fuhr er fort und sah ihr voll in daS erwartendchGeficht,ich wollte eigentlich nur bemerken, daß Sie sitzt auch allein stehen, und daß Ihre Stellung,, viel­leicht gerade Ihrer Vorzüge wegen, einen Schützer mehr als je für Sie notwendig macht. Ich habe Morton ver­sprechen müssen, Ihnen ein treuer Freund und jeden Augen­blick zu Ihren Diensten zu sein ich habe daS mit ganzem Herzen versprochen und sitzt bin ich hier, um Sie zu bitten, in trgind einer Werse über mich zu verfügen."

Das Auge der jungen Frau schien während Helmstedts Rede dunkler zu werden und an Tiefe zu gewinnen; ein leises Rot stieg in ihre Wangen, und ein weicher Zug, halb Schmerz, halb Innigkeit, legte sich um ihren Mund. Es war derselbe Ausdruck, an welchen Helmstedt während der letzten Tag, so oft hatte denken muffen, dasselbe Gesicht, mit welchem sie am Tage ihres ersten Zusammentreffens in Newyork mit ihm an seiner Seite gekaiet und zu ihm auf- gesehsn hatte und eine stille Wärme, die alle seine Vor­sätze vo« stolzer Zurückhaltung zu zerschmelzen drohte, be­

gann in ihm auszusteigen. Eine wortlose Sekunde lang hingen die Blicke beider in einander; dann aber preßte sie mit einem tiefen Atemzuge die Hand auf die Herzgegend, wurde bleich und senkte langsam den Kopf. Als sie wieder aufsah, begegnete Helmstedts Auge einem Blicke, so still und ka!t, wie er ihn in der letzten Zeit nur simals an ihr hatte kennen lernen."

Sie mögen recht haben, daß ich fast ganz allein stehe," begann sie leise,aber Sie wissen wohl selbst, Herr, wie lange ich daran gewöhnt worden bin. Habe ich als armes Mädchen es schutzlos mit der Welt aufnehmen müssen, so möchte ich das auch einmal als reiche Frau versuchen; ich habe mich so lange auf meine eigene Tatkraft angewiesen aesehen, selbst während der letzten Monate vor Herrn Mortons Tode, daß ich in meiner jetzigen Stellung kaum etwas Ungewohntes finde. Ich danke Ihnen bei alledem herzlich für Ihr Anerbieten und verspreche Ihnen gern, in ungewöhnliche Fällen Sie um Ihren freundlichen Rat zu bitten."

Helmstedt verneigte sich, ohne ein Wort zu sprechen. Eine Empfindung hatte ihn überkommen, als habe ein Nacht­frost einen ganzen Garten voll Frühlingsblüten in ihm getötet und zugleich fühlte er, daß diesem kalten Auge gegen­über auch sein Stolz ihm keine Genugtuung mehr bieten konnte traf doch jedes ihrer Worte so folgerecht und bestimmt seine frühere Haltung gegen ste, daß sie kaum anders hätte reden dürfen, daß er nur sich selbst die schiefe Stellung zuschretben mußte, in die er sich nur durch sein jetziges Dtenstanerbieten gebracht sah.

Lasten Sie uns von Ihren Verhältnissen reden, da ich Ihnen vielleicht einige Einzelheiten der Vorfälle während Ihrer Abwesenheit geben kann!" fuhr ste fort. Sie scheinen jedenfalls zu wissen, daß Ellen nicht mehr hier im Hause ist."

Ich weiß, gnädige Frau, daß ste ihrem Vater nach Eichplatz gefolgt ist, und offen gestanden, ist mir die Tat­sache so genügend, daß ich mich über das Wie oder Warum Nichtleiter kümmern möchte!" (Forts, folgt.)

Schwarzwälders Gruß an das Elsaß (1841).

O Elsaß, o Elsaß,

Du schönes grünes Land,

Nimm überm blauen Strome Die warme Bruderhand!

Jahrhundert, Jahrhundert Stehst du in welscher Pflicht;

Und wärens tausend Jahre,

Bist doch ein Welscher nicht!

O Straßburg, o Straßburg,

Du alte, edle Stadt,

Drin freie deutsche Lehre Mau einst gelehret hat.

O Münster, o Münster.

Du herrlich Wunderwal,

Der frommen deutschen Väter Erhabner Gottessaal!

O Turm du, o Turm du,

Der zu den Wolken steigt,

Ein Bild vom deutschen Kaiser,

Dem sich die Welt geneigt.

O WaSgau, o WaSgau,

Ragst fern am Himmelsrand,

Bis dorthin deutsche Zange,

Bis dorthin dkutsches Land!

Max Echneckenburger.