V». Jahrgang.
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Mit dem Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
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Februar unck Marx
ans den
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Im Planderstübchen hat vor kurzem der schöne, in heimischen Gefilden sich zutragcnde Roman „Die Spottdrossel" von E. Vely begonnen, welcher sich schon jetzt großer Beliebtheit erfreut. Neueinlretende Abonnenten erhalten den Anfang des Romans gratis nachgeliefert.
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Amtliches.
Bekanntmachung
der Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines Rundkäsereikurses in Dürren und eines Backsteinkäsereikurses in Waltershofen, OA. Leutkirch. Mit Genehmigung des Kgl. Ministeriums des Innern wird an der Lehrsenncrei in Dürren ein zweimonatiger Unterrichtskurs über Rundkäserei und an der Lehrkäserei in Waltershofen ein zweimonatiger Unterrichtskurs über Back- steinkäscret abgchalten werden.
In diesen Kursen werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Rundkäiecci bezw. der Back- steinkäserei ringeteitet, sondern sie erhalten auch einem dem Zweck und der Dauer der Kurse entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht.
Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen find die Teilnehmer an den Kursen verpflichtet, die vorkommevden Arbeiten nach Anweisung des Leiters der Kurse zu verrichten
Auf Kaisers Geburtstag wurde uns vom Verfasser folgendes Libensbild des Dichters der Wacht am Rhei« überlassen. Wir bringen es um so lieber zum Abdruck, als dasselbe auf Quellenstudien beruht, die am Geburtsort des Dichters gemacht wurden und die Erinnerung an diesen deutschen Mann geeignet ist das EmigkeitSgefüh! zu heben.
M«x Schneckenburger,
aus Grund orts- nnd familiengeschichtlicher Studien von Th. Dieterle.
ES war um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Ueber grünende Saaten stiegen jubelnd die Lerchen empor in den blauen Himwelsdom. Der Wald hat<e sich mit frischem Laube geschmückt, und das feurige Gestirn des Tages sandte wärmende Strahlen über die Flur. Emsig ging das Landvolk seiner Arbeit nach. Da kam des Wegs von der benachbarten Stadt her ein rüstiger Geselle, den Ranzen auf dem Rücken, den knorrigen Weißdornstab in der Hand. Auf dem fremdländischen Hute hatte er ein frisches Reis stecken, ein Lindcnpflänzlein, das er gefunden. Fragend schauten die auf dem Felde beschäftigten Leute dem schmucken Burschen nach. Wer hätte aber auch den Fremden, dessen sonnenverbranntes, von dmikclm Barte beschattetes Gesicht eine weite Wanderschaft verriet, erkannt.
Ja, weit war sie gewesen. Johann Konrad Hang, so hieß er, kam aus Ocsterreicher Landen, woselbst er die Kunst
Nagold, Mittwoch Len 25. Januar
und an dem Unterricht regelmäßig tetlzunehmeu. Auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmaterialien selbst anzuschaffen. Unbemittelte» Teilnehmern kann ein Staatsbeitraa in Aussicht gestellt werden.
Bedingung der Zulassung zu den Kursen sind: ein guter Leumund und genügende Schulbildung. Außerdem müssen die Teilnehmer an dem Rundkäsereikurs das zwanzigste Lebensjahr, die Teilnehmer an dem Backsteinkäserei- knrs das sechzehnte Lebensjahr zurückgelegt haben. Auch haben die elfteren den Nachweis einer mindestens zweijährigen, die letzteren den einer mindestens einjährigen Tätigkeit in einem entsprechenden Käsereibetrieb zu erbringen.
Der Beginn der Kurse ist auf Montag den 6. März d. I. festgesetzt.
Gesuche um Zulassung zu den Kursen sind bis längstens 15. Februar d. I. au den Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Lentkirch, Oekonomierat Farvy tu Dürren, eiuzusenden.
Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:
1) ein Geburtsschein;
2) ein Schulzeugnis, sowie der Nachweis einer mindestens zweijährigen Tätigkeit in einem Riindkäferetbetrieb; bezw. einer mindestens einjährigen Tätigkeit i« einem Backstetnkäsereibetricb;
3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwilltg- ungserklärung deS Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch deS Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, übernommen wird;
4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes deS Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen bat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzu- kommen,
6) wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffendenfalls immer gleichzeitig mit Vorlage des Aufnahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhältnisse des Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirtschaftliche Bezirksverein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befürwortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Ausficht gestellt haben.
Stuttgart, den 2. Januar 1905.
v. Ow.
Ausruhr in Petersburg.
Einer zusammenhängenden Darstellung des Berl. Tageblatt über die Ereignisse in Petersburg find noch einige
deS Bierbrauens erlernt hatte, um sie in seinem Heimatorte Thalheim, dem er sich soeben näherte, zu Nutz und Frommen seiner Mitbürger auSzuübcn. — Hie und da blieb der Wanderer stehen; nicht satt genug konnte er sich an der Gegend sehen, wo jedes Plätzlein süße Erinnerungen der Jugendzeit in ihm wachrief. Klar ward sein Auge, fish der Sinn, und der lustgeschwellten Brust entströmten heitere Weisen. Jetzt bog sich ein Weg von der Heerstraße, der Mühle im friedlichen Tale zu, ab. Hier machte er noch einmal kurze Rast, um desto frischer dem elterlichen Hanse zuschreiten zu können. Wie er die Stirne vom Schweiße getrocknet hatte, nahm er das zarte Pflänzchen vom Hute und setzte es in die Erde. „Gedeihst Du," sprach er, „so will ich ein eigen Haus mir bauen; verdirbst du, so kann auch ich nicht bleiben, und ich ziehe in die wette Welt." Als er aus geruht, sputete er sich, um endlich nach jahrelanger Trennung in die Arme der geliebten Eltern zu eilen. Freudig war der Empfang; mit Stolz sah Matthias, sein 1716 von Trosstngen nach Thalheim übergestedelter Later auf den Sohn, der in der Fremde etwas geworden war. Nicht lauge ging es, so fand der wackere Brauer, der Urgroßvater unseres Dichter, ein eigen Heim. Ein stattliches Haus, zu dessen Schild er eine grünende Linde malen ließ, erhob sich, und in dem traulichen Neste ging bald, von einer liebenden Gattin geschenkt, ein zahlreiches Völklcin ein und aus. Die Linde, heute ein stattlicher Baum, blieb das Wahrzeichen der Familie und reckt schirmend ihre mächtigen Neste über sie.
1905
Ergänzungen der bisherigen Nachrichten zu entnehmen: Schon bald nach Mitternacht hatte eine Arbeitermenge vo« an 1000 Mann das städtische Wasserwerk anzugreisen versucht, um es zu zerstören. Sie wurde von Militär durch scharfe Schüsse zurückgetriebeu, au 30 Tote und Verwundete zurücklaffend. Schon beim Morgengrauen wurden sämtliche aus den Vororten nach der Stadt führenden Straßen von einem fünffachen Militärkordon gesperrt, um keine Aibeiter- mrngen ins Zentrum gelangen zu lassen. Der Platz vor dem Winterpalais wurde von Militär okkupiert. Im Hofe deS Palais war eine Artilleriebrigade aufgestellt. Die Straßen durchzogen starke Reiterdetachements. Fettgedruckte Anschläge mit der Warnung von Seiten der Polizei an die Bewohner, ihre Häuser zu verlassen und sich an Aufläufen zu beteiligen, wurden angeschlagen. Die Straßen waren im Laufe deS Vormittags ungewöhnlich still. Nur beim Narwaschen Tor bei den Putilow-Werken ging eS lebhaft zu. Dort demonstrierte gegen 11 Uhr eine gewaltige Arbeitermenge gegen das aufgestellte Militär. Den Demonstrierenden voran zog der Priester Gapon, der in einer Hand da» Kreuz, in der anderen eine Rolle mit der Bittschrift für den Zaren und den Forderungen der streikenden Arbeiter trug. Ihm folgten 15 000 bis 18 000 Mann, die eine Hymne fangen. Etwa 30 Schritte vor dem Militärkordon tönte dem Haufen der Befehl zurückzugehen entgegen, da sonst geschossen werden würde. Ein Moment des Zögerns kam in die Menschenmasse, dann trat Gapon vor, um mit dem Offizier zu unterhandeln, wobei er versuchte, ihm die Bittschrift zu überreichen. Er wurde aber zurückzewiesen. Nun kehrte Gapon um und stellte sich an die Spitze seiner Schar, die jetzt vormarschierte. 'Ein Kommandoruf ertönte, dann fiele» um 11.40 Min. die ersten Salven blinder Schüsse. Die Arbeiter marschierten weiter vor. Ein neuer Kommandoruf und drei Salven wurden in die Menge hineingeschoffeu. Ein furchtbarer Schrei deS Entsetzens ertönte. SchmerzeuS- rufe, Stöhnen der Verwundeten, welche eine wilde Flucht der Arbeiter hervorriefen, waren das Resultat diese« Gewaltaktes. Als einer der ersten war der Priester Gapon verwundet umgesunken. Um ihn lagen Tote und Verwundete zu vielen Hunderten. Furchtbar war die Wirkung deS Feuers auf so nahe Distanz aeweseu. Wohl fielen vereinzelte Revolverschüsse aus den Reihen der fliehenden Arbeiter, welche, wie von einer Panik ergriffen, dahinjagten und ihre Wut an vereinzelten Polizeiposten auSließen, indem fit mehrere von ihnen töteten. Hier war die Tragödie zu Ende. An 300 Tote und ebensoviele Verwundete bedeckten die Straßen. DaS rote Kreuz trat in seine Rechte. An diesem Punkt war den Arbeitern jede Lust zu weiterer Zusammenrottung vergangen. Nach zwei Stunden konnte ich unbehelligt bis zu den Putilowerken gelangen, wo ein großer Anschlag am Tor verkündete, daß alle Arbeiter den rückständigen Lohn erhalten können. Ueberall standen streikende Gruppen von Arbeitern und weinenden Frauen zusammen, die heftig gestikulierten. Ich fragte einige und erhieit die Antwort, sie begriffen nicht, warn« MUitär auf sie schieße, wollten sie doch dem Zaren ihre Bittschrift überreichen. Als ich auf ihren politischen Inhalt hinwieS, wußten die meisten nichts davon.
Unter den 11 Kindern Johann Konrad HaugS ragten später besonders die drei Söhne Matthias, .Bartlin und Johann Konrad als Volksdichter hervor. Ihre Handschrift- liche Gedichtsammlung, heute noch als Heiligtum in der Familie verehrt, war einmal dem Epigrammatiker und ehemaligen Miteleven Schillers, Christoph Friedrich Hang (dem Sohn deS bekannten Balthasar), durch Hofrat Flattich in die Hände gekommen. Nachdem er sie gelesen, schickte er sie mit folgenden Worten zurück:
„Dankbar send ich wieder Stück für Stück die Lieder Meiner Namensbrüder;
Sie beschämten mich. —
Denn, auf Ehre! nie Gelt in Stuttgart ich,
Was in Thalheim sie."
Die älteste Tochter von Matthias, Regina Margaretha, heiratete 1802 den ans Thoningen gebürtigen Tobias Schneckenburger. Tobias, ein eifriger Landwirt, übernahm das Handelsgeschäft deS Schwiegervaters. Vier Söhne hatte er schon in seiner Ehe erhalten; da, eS war der 17. Febr. 1819, als die alte Schwarzwälder Uhr, die noch jetzt die Wohnstube ziert, die achte Stunde des Morgens geschlagen hatte, kündigte in der Schlafkammer daneben ein neuer Weltbürger den Antritt seiner irdischen Laufbahn mit Geschrei an. „Wieder so ein häßlicher Bube," seufzte die Mutter, als die Hebamme Bericht gab; den« schon lange hatte