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Königin, wurde die Erbin all seiner agitatorischen Geschäfte, und es ist der Nachweis dafür vorhanden, das sie zu den panslavistischen Verbindungen in Fühlung stand, welche der verbannte Erzbischof in Serbien eingeleitet hatte. Nach den Niederlagen im bulgarischen Kriege sendete die Königin ein Tele­gramm in das Feldlager: Die Geschlagenen mögen nicht heimkehren, wenn sie nicht wollen, daß die Königin ihnen mit Schürzen entgegengehe, zum Zeichen, daß sie Weiber und nicht Männer empfange! Um ihren Gemahl zu reizen, ließ die Königin plötzlich ein Diner absagen, bei dem die Vertreter der ihm befreundeten Mächte Deutschlands und Oesterreichs erscheinen sollten, weigerte sie sich, Oesterreicher oder Deutsche zu empfangen, die Gemahlin des deutschen Bevollmächtigten bei ihrem Sonntagsempfange anzusprechen, und der gleiche Grund, nicht Eifersucht, hat die Königin veranlaßt, dem König bei dem vorjährigen Osterfeste jene Scene zu bereiten, deren Mittelpunkt eine bekannte Dame der diplomatischen Welt in Belgrad gewesen ist." Inwieweit König Milan seinerseits der Königin Grund zu berechtigten Klagen, zur Eifer­sucht gegeben hat, wird die Verhandlung zutage bringen.

Calw.

Lau-rvirth sch astlicher Bezirksrrereirr.

Die Aonäesobstaussteüung betr.

Vom württ. Obstbauverein ist an den landw. Bezirksverein die Auf­forderung ergangen, für Betheiligung des Bezirks an der Landesobst­ausstellung, welche in Verbindung mit dem heurigen Volksfest in den Tagen vom 26. bis 30. Sept. in Cannstatt veranstaltet werden will, besorgt zu sein. Die Ausstellungen der einzelnen Oberämter sollen enthalten:

1) Obst von Form- (Zwerg.)B äumen, -

2) Obst von Hochstämmen, mit der Unterscheidung ») Tafelobst,

d) Mostobst resp. Wirthschaftsobst,

e) beides zugleich.

3) Kollektionen der im Oberamt empfehlenswerthesteu

Obstsorten.

4) Kollektionen der empfehlenswerthesten Sorten für Straßenpflanz-

ungen.

Da für die Anmeldung in Stuttgart nur ein sehr kurzer Termin (31. Aug.) gegeben ist, werden die Obstzüchter des Bezirks, welche sich au dieser Ausstellung beteiligen wollen, freundlichst eingeladen, ihre Anmeldungen, nach obigen Unterscheidungen geordnet, schriftlich unter genauer An­gabe der auszu st eilenden Sorten spätestens bis Mittwoch den 5. Sept.

bei dem Vereinssicr. Horlacher einzmeichen. Spätere Anmeldungen können unter keinen Umständen berücksichtigt werden. Den 28. August 1888. Der Vereinsvorstand:

Supper.

_ E. Horlacher, Secr.

Standesamt ßakw.

Geboren: ^

23. August. Emma Friederike, Tochter des Gottlieb Leopold, Fabrikarbeiters.

26. Julie, Tochter des Georg Mayer, Gärtners.

Getraut:

26. August. Johann Friedrich Lindner, Steinhauer hier und Marie Barbara geb.

Hotz, Witwe des Jeremias Depretto, Steinhauers aus Jtalreu. Gestorben:

26. August. Karoline geb. Rühle, Ehefrau des Heinrich Beißer, Metzgers, 33 Jahre alt.

30. Luise Katharine Tritschler, ledig, 59 Jahre alt. _

Gottesdienste am Sonntag, den 2. September 1888. (8eckan»feier.) Vom Turme: Nro. 29. Vormittagspredigt: Hr. Helfer Eytel. Das Opfer ist zum Besten des württembergischen Landesvereins der Kaiser-Wilhelmsstiftung für deutsche Invaliden bestimmt.

Freitag, den 7. September.

_ Vorbereitung und Beichte, vormittags 10 Uhr im Vereinshaus. _

Guttesäienfte in ä«r Metboäisteakapekke am Sonntag, den 2. September 1888. morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.

Hölzer beladen war, in Brand und war bald bis auf die Eisenteile ein Raub der Flammen. Die in der Nähe stehenden Wagen konnten noch rechtzeitig entfernt werden.

Ellwangen, 29. August. Militärisches Leben ist in unsere Stadt eingekehrt. Mehrere kleine Abteilungen verschiedener Waffengattungen rückten bereits ein und die Quartiermacher find vollauf beschäftigt, alles in Ordnung zu bringen. Gestern abend wurden die Feldöfen geheizt und heute früh wurde mit dem Backen begonnen, bis Abend müssen 2500 Laibe parat sein und so Tag für Tag. Die Feldschlächterei wird ihre Thätigkeit erst nächste Woche beginnen, wo die eigentlichen Feldmanöver beginnen. Die Truppen kommen heute aus dem oberen Kocherthal. Mittags ist das Grenadier-Re- giment Nr. 123 mit klingendem Spiel zugleich mit Abteilungen von Ar­tillerie, Ulanen und Pionieren in die Stadt eingezogen.

Kiel, 28 Aug. Die großen Flottenmanöver vor Kiel haben begonnen. Ein interessantes maritimes Schauspiel war es, welches sich heute nachmittag zunächst in der Wieker Bucht abspielte. Das ausrangierte KanonenbootDrache" sollte durch einen scharfen Torpedoschuß zerstört werden. Das Schiff liegt mitten in der Bucht; leere Petroleumfässer sind an demselben angebracht, um das Sinken des Fahrzeuges zn verhindern. Mit seinen schlanken Masten schaut das Schiff recht stattlich aus. Hölzerne Figuren an Bord markieren die Besatzung. An den Masten sind zwölf Hammel angebunden. Man will den Schußeffekt an diesen Treren feststellen. Um 4 Uhr nähert sich das Schulgeschwader von See kommend und stoppt vor dem Manöverterrain. Jenseits der Feste Friedrichsort ist das Panzer- geschwader sichtbar. In der Bucht angekommen, besteigt Prinz Heinrich eine dort liegende Schaluppe. Gegen 4>/z Uhr nähert sich der AvffoBlitz" von der Hafeneinfahrt. An Bord befindet sich der kommandierende Admiral, Gras v. Monts. Etwa 400 Meter vonDrache" stopptBlitz". Am Bord derselben geht das Signal zum Vorgehen der Torpedobootflotille in die Höhe. Das Divisionsboot v l an der Tste, sausen dieschwarzen Teufel" in Kiellinie heran. In der Angriffsrichtung angelangt, feuert das Torpedoboot V scharf gegenDrache". Vom Ziel erschallt ein dumpfer Krach, eine Staubfäule steigt und sinkt: der Schuß sitzt! Auf demBtttz" geht ein Signal hoch: Das Manöverterrain ist frei. Der kommandierende Admiral, begleitet von seinem Stabe rc., begiebt sich an Bord vonDrache" zur Besichtigung des Schußefflkts. Das Fahrzeug ist mittschiffs getroffen. Elf Hämmel sind noch am Leben, einer ist getötet. Das Manöver ist beendet. Die Torpedobootsflotille dampft wieder nach dem Binnenhafen, das Schulgeschwader geht in See.

WerrnifcHles.

Ehescheidungsprozeß des Königs Milan von Serbien gegen Königin Natalie. In den ersten Tagen des September steht derselbe zur Verhandlung und wird ca. 14 Tage in Anspruch nehmen. Als Grund gibt der antragstellende König gegenseitige Abneigung an und beweist dieselbe damit:Seit vier Jahren beobachtet der Hof von Belgrad die kleinen Nadelstiche und großen Heftigkeitsausbrüche der Königin, die den König peinig­ten und für welche die Königin es leider liebte, einen großen Kreis von Zeugen zu suchen. Wollte der König ausreiten, so hatte sie das Verlangen, auszugehen; wollte er gehen, wünschte sie zu fahren. Zeigte er Geschmack für eine Toilette, die sie trug, war dies der sichere Anlaß, sie zu entfernen; hatte er Lieblinge, so war es der Königin das größte Vergnügen, sie zu be­leidigen. Diese Abneigung hat schließlich die Politik beeinflußt. Die Königin hat allerdings nie aufgehört, sich als Russin zu fühlen.Es giebt einen Punkt in meinem Herzen", sagte sie schon vor Jahren,in dem ich trotz aller Neigung für die Serben Russin bleiben werde." Aber ihre politischen Velleitäten sind erst später lebendig geworden, und zwar aus Abneigung gegen ihren Gemahl. Ein Beweis für viele. Sie war es, die zum Sturze des Belgrader Erzbischofs Michael beigetragen hatte. Triumphierend bezeichnet« sie sich als die Urheberin der Berufung des Erzbischofs Theodosius, der dem verbannten Michael folgte. Plötzlich kam sie auf den Gedanken, Partei- gängerm des nach Rußland entfernten Kirchenfürsten zu werden. Sie, die

aber würde er damit gewonnen haben? Er interessierte sich für Listrac in so weit, als es in seiner Aufgabe lag, den Grafen in Händen zu behalten. So lange er im Harzardspiel der Gewinnende war, verlor er durch Abwarten Nichts. War er doch gewappnet gegen die Gräfin, gegen deren Gemahl, gegen die Baronin, denn er besaß Geheimnisse, welche alle Drei von ihm abhängig machten und die er ge­brauchen konnte, sobald es ihm beliebte. Er war also klug genug, den Dingen an­scheinend ihren Lauf zu lassen bis zu dem Augenblick, in welchem er sie zu seinem Vorteil ausnützen konnte.

Moulisres beschloß daher, in den Club zu gehen und entweder zu Gunsten Bianka's oder zu Gunsten Juliette's zu sprechen, je nachdem der Graf Glück oder Unglück im Spiel haben würde.

Er erreichte das Clublokal, noch bevor die gewöhnliche Baccarat-Partie ihren Anfang genommen hatte, leistete aber der Aufforderung, sich am Whist zu beteiligen, keine Folge, da ihm daran gelegen war, sich die Freiheit der Bewegung zu wahren.

Bei einem Rundgang durch den Lesesaal fand er denselben stark besucht; man debattierte lebhaft über irgend eine Notiz in einem der größeren Blätter. Moulisres glaubte Anfangs, es handle sich um irgend eine wichtige politische Nachricht. Ein Name aber, welchen er plötzlich nennen hörte, rief seine ganze Aufmerksamkeit wach.

Es ist eine Ente; die Journalisten lieben es, derlei zu erfinden, um damit entsprechenden Erfolg zu erzielen.

Nein," entgegnet? ein Anderer,es sind alle Namen ganz deutlich genannt und wenn es sich um Personen handelt, die ganz Paris kennt, so erlaubt man sich keinen derartigen Witz. O, da kommt ja Moulisres! Er mag ein Urteil fällen? Muß er ja doch am besten wissen, in wie weit die Sache auf Wahrheft beruht oder vickit! Lesen Sie!"

Moulisres griff nach dem Blatte, welches man ihm bot, und las nachfolgende Zellen:

Wir schätzen uns glücklich, die Ersten zu sein, eine Neuigkeit veröffentlichen zu können, welche für die Theaterwelt von wesentlicher Bedeutung ist. Seit drei Wochen fanden die Proben zu Gounod'sRomeo und Jutta" im TkMtre Lyrique statt, ohne daß man im Stande gewesen wäre, den Namen der illustren Künstlerin zu erfahren, welche die Rolle der Julia übernommen habe. Jetzt erst sind wir in der Lage, den Schleier zu lüften, hinter dem sich eine schöne vornehme Frau birgt, die, nachdem sie lange als ein Stern ersten Ranges am Theaterhimmel geglänzt, sich von der Bühne zurückgezogen hat und nun aus Gründen, die uns unbekannt sind, sich entschließt, zu derselben zurückzukehren. Die große, unerreichte Bianka Monti die in allen Hauptstädten Europa's Triumphe gefeiert, soll zum ersten Male in Paris singen. Es wird dies die Krönung ihres künstlerischen Ruhmes sein, denn mehrere Jahre der Zurückgezogenheft haben ihr unerreichtes Talent zu nur noch höherer Entfaltung gebracht. Diejenigen, welche sie in der Fremde gehört, schätzen sich jedenfalls glücklich, sie hier wieder hören zu können, und wer sie zu ver­nehmen noch niemals Gelegenheit hatte, wird es als eine Pflicht betrachten, sich diesen Genuß zu sichern. Wir werden nicht ermangeln, den Lesern unseres Blattes genauen Bericht über das erste Auftreten der großen Künstlerin zu verschaffen."

Was sagen Sie dazu?" fragten die Herren Moulisres; als derselbe die Lektüre des Artikels beendet hatte.

Was soll ich dazu sagen?" antwortete Moulisres.Eine Sängerin war des Theaters müde geworden und hatte sich zurückgezogen, nachträglich bereut sie ihren Entschluß und kehrt wieder auf die Bretter zurück. Ich sehe darin nichts Ueber- raschendes, sondern nur die bei abgegangenen Künstlerinnen gewöhnliche Sehnsucht nach den Tagen ihres künstlerischen Ruhmes."

(Fortsetzung folgt.)