V8. Jahrgang.
Erscheint
Montag, Mttwoch, Donnerstag, Freitag und SamStag.
Preis vierteljährlich hier 1»«, mit Träger- lohn 1.10»«,im Bezirks« und 10 Lm-Nerkehr 1.20 »«, im üb. gen Württemberg 1.60 ^ Monatsabonnements
Kksellschllster.
Amts- »«- LijeipSIM flr dm Kdmmts-SeD ÄWld.
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Unzeigeu^debühr f. d. Ispalt. Zeile an» gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 H, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt
»ratiSbeilagen: DaS Plauderstübcheu
und
Schwäb. Landwirt.
Fernsprecher Nr. LS.
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83Ü
Nagold, Donnerstag de« 84. November
1904
Amtliches.
Bekanntmachung,
betreffend die Veranstaltung eines kunstgewerbliche» Meisterknrses für Dekorationsmaler.
Von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel wird in der kunstgewerblichen Lehr- und Versuchswerkstätte in Stuttgart, Senefelderstraße Nr. 45, iw Fall genügender Beteiligung iw laufenden Winter ein zehnwöchtger Ueb- «ngsknrs für Dekorationsmaler in der Farbengebung ab gehalten werden. Der Unterricht und die Hebungen erstrecken sich auf Farbenkenntnis, Farbenzusammen- stellung und Auswahl von Vorbildern; sie werden ergänzt durch Vorträge über die chemische Zusammensetzung der FarbmaLeriülieu und über ihre Untersuchung, auch ist den Teilnehmern des Kurses Gelegenheit gegeben, Aktzeichen- stnnden und kunstgeschichtliche Vorträge an der kunstgewerblichen Lehr- und Versuchswerkstätte zu besuchen.
Der Kurs wird am Montag den 12. Dezember d. I. beginnen und mit Unterbrechung durch eine Pause über Weihnachten und Neujahr bis Ende Februar k. I. dauern. Der Unterricht findet den Tag über statt.
dem Kurs werden Meister und Gesellen des Deko- ratior^malergewerbs, welche eine genügende kunstgewerbliche Vorbildung besitzen, zugelassen, Meister und ältere Gesellen vor jüngeren Gesellen berücksichtigt. Bemerkt wird, Teilnahme au dem Kurs nur solchen Angehörigen MDMwcrbs von Nutzen sein wird, welche eine Kunstgewerbeschule oder densTageszeichermnteiricht einer gewerblichen Fortbildungsschule mit gutem Erfolg besucht ober sonst eine gleichwertige Ausbildung genossen haben.
Anmeldungen zur Teilnahme an dem Kurs sind spätestens bis S. Dezember -. I. der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart einzuretchen. Den Anmeldungen sind einige Arbeiten, sowie Angaben über den Schulbesuch und über die seitherige praktische Tätigkeit der Gesuchsteller beizugebm. Das Unterrichtszeit» beträgt 10 ES wird Minderbemittelten Teilnehmern, welche den Kurs vollständig und mit gutem Erfolg besucht haben auf Ansuchen zurückerstattet, dagegen kann mit Rücksicht auf die höheren Ziele des Kurses den Teilnehmern eine weitere Unterstützung durch Gewährung von Beiträgen zu den Kosten der Reise und des Aufenthalts nicht in Aussicht gestellt werden.
Dir Teilnehmer haben Pinsel, Lineal, Reißzeug Farben usw. selbst zu beschaffen bezw. mitzubringev.
Stuttgart, den 14. November 1904.
K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel. _Mosthaf.
HNitifcho Meöerftcht.
Zum Erbfolgestreit in Lippe. I« dem Schieds
Vertrag, weicher durch die Bemühung des Reichskanzlers v. Büiow, zwischen den Linien Schaumburg und Biesterfeld zustande kam, heißt es: „Es ist die bestimmte und vorbehaltslose Absicht beider Teile, durch den neuen Schiedsspruch
eine endgültige richterliche Entscheidung nicht allein hinsichtlich des nächsten Thronanfalles im Fürstentum Lippe, sondern vielmehr eine rechtskräftige Entscheidung über die Tyronfolgefähigkeit aller zur Zeit des Vertragsschluffes und zur Zeit des Abschluffes der Verhandlungen vor dem Gerichtshöfe lebenden Nachkommen von der Linie Biesterseld und ungehörigen Seitenverwandten des Grafen Ernst mit der Wirkung herbeizuführen, daß der Schiedsspruch für alle Beteiligten auf ewige Zeiten verbindlich und weder gerichtlich noch außergerichtlich anfechtbar sei."
Der Regent von Lippe, Graf Leopold, hat zu der am Sonnabend morgen vorgenommenen Vereidigung des lippischen Truppenkontingents tm Sennelager auf den Regenten an die Truppen folgendes Telegramm gesandt: In dem Augenblick, wo ich in ein persönliches Verhältnis zu den Truppen des Kontingentes trete, ist es mir Bedürfnis, die Offiziere, Sanitätsoffiziere, Militärbeamten und Mannschaften herzlichst zu begrüßen. Aus treuem deutschen Soldatentzerzen rufe ich mit Ihnen: Es lebe der oberste Kriegsherr, Seine Majestät der Kaiser — Hurra! Leopold.
Der tschechische Landsmaunminister, von Rand«, hat in Prag bei der Eröffnung des vom Präsidenten der böhmischen Akademie der Wissenschaften, Hlavka, gegründeten Kollegiums für tschechische Hochschüler eine Rede gehalten, in der er ausführte, das tschechische Volk sei auf wissenschaftlichem Gebiet zwar ein strebsames, doch kein großes Volk. Daher sollten sich die Studenten nicht von den Vorurteilen Unreifer beeinflussen lassen, sondern sich die Sprache großer Kulturvölker aneignen, um ihren Horizont zu erweitern. Die Rede wurde mit Beifall ausgenommen.
Die Italiener nehme» bei ihre» Proteste«
gegen die Innsbrucker Vorgänge den Mund sehr voll. So hat eine in Rom im Quirinal-Theater tagende Versammlung eine Resolution angenommen, in welcher gegen die „Gewalttaten teutonischer Wildheit" Verwahrung eingelegt wird. Gegenüber dem Vorgehen der italienischen Revolverhelden versagte aber die nationale Entrüstung vollständig.
I« der französische« Depntiertenkammer hat Ministerpräsident Combes erklärt, er nehme für die Regierung das Recht in Anspruch, bei den Präfekten, Unter- präsckten und Bürgermeistern und in reaktionären Gemeinden bei angesehenen Einwohnern, die das Vertrauen der Republikaner genießen, Auskünfte Anzuholen. Die Unterprärekten, fügte Combes hinzu, haben solche von angesehenen Einwohnern erteilten Auskünfte zu kontrolieren. Die Beamten, welche den Freimaurerlogen Notizen lieferten, haben einen Verweis erhalten, sie sollen nur mit der Regierung korrespondieren. Den einzelnen Verwaltungszweigen sei anempfohlen worden, nur Republikaner als Anwärter für den Dienst bei ihnen anzunehmen. Das Kapital wurde hierauf nach der Regierungsvorlage mit 360 gegen 194 Stimmen angenommen. — Der neue Kriegsminister Berteaux erklärte einem Mitarbeiter des „Matin" gegenüber, das System, welches seit 30 Jahren bet der Beförderung von Offizieren angewandt werde, sei sehr mangelhaft. Die sogen. Plazier- irnaSausschüsse, sowie das System der Angebereien, wie es
unter Andrö und seinen Vorgängern üblich gewesen, sei zu verwerfen. Er werde sofort eine neue Methode zur Anwendung bringen, die darin bestehe, die Offiziere nur auf Grund von Zeugnissen, die jedem Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden müßten, zu befördern und auszuzeichneu. Diese Noten würden ausschließlich von Vorgesetzten der betreffenden Offiziere ausgestellt werden._
Der Ausstand iu Deutsch-Südwestasrika.
Hamburg, 22. Nov. Mit dem Dampfer Professor Wörwanu ging heute nachmittag 3'/, Uhr ein neuer Truppentransport «ach Güdwest Afrika ab, bestehend aus 29 Offizieren, 858 Mau« und Kriegsmaterial. Die Verabschiedung der Truppen am Quai erfolgte in der üblichen feierlichen Weise. Von der Kaiserin ging dem kommandierenden General folgendes Telegramm aus Plön zu: Da ich erfahre, daß am 22. ds. Mts. wieder ein Truppentransport von Hamburg absährt, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie de« Herren Offizieren und den Truppen meine Segenswünsche Mitteilen würden. Gott schütze sie. Möge das Gebet dazu bettragen, daß sie glücklich in die Heimat zurückkehren Augusts Viktoria. — General v. Bock und Polach richtete herzliche Abschiedsworte au die Truppen und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Eine zahlreiche Zuschauermenge wohnte der Abfahrt bet unter lebhaften Kundgebungen für die Truppen. DaS Wetter ist regnerisch.
Berlin, 22. Nov. General v. Trotha meldet unter dem 21. Nov. aus Windhuk: Mühlenfels hat von ber bisherigen Abteilung Estorff die 5. und 7. Kompanie mit der 4. Batterie unter Major Heyde losgelöst und diesem die Besatzung von Ewara, Oparakone und Okatjekuri übertragen. Zahlreiche in dieser Gegend austretende Banden von Herero machten die Absperrung durch 2 hintereinander liegende Linien wünschenswert. — Hauptmann v. Hahnke meldet unter dem gleichen Datum aus Swakopmund: „Alle Mannschaften und Pferde aus dem Dampfer Gertrud Wörmauu geborgen. Alles wohl."
Berlin, 22. November. Am Typhus find gestorben: Unteroffizier Adolf Krause, früher Feldartillerte-Regt. Nr. 17; Reiter Wilhelm Natus, früher kgl. bayrisches 22. Jusantrie- Regt.; Reiter Ludwig Lukaszewicz, früher 3. Garde-Feld- artillerie-Regt. An Blindarmeutzündmig: Reiter Heinrich Drabandt, früher Kürasster-Regt. Nr. 5. Retter Karl Scha- kowski, früher Füfilier-Regt. Nr. 38, am 20. November plötzlich gestorben.
Der Krieg zwischen Rußland Md Japan.
Die Lage in der Mandschurei.
Petersburg, 22. Novbr. Zwei Telegramme von General Ssacharoff an den Generalstab von gestern und heute melden, daß in der Nacht zum 21. und 22. Novbr. keine Meldungen über Kämpfe eingelaufen seien.
Petersburg, 22. Novbr. Kuropatktn meldet dem Kaiser unter dem gestrigen Datum: Auf unserem linken
Der: Karrsierer.
Bon Otto Ruppius.
39) (Fortsetzung.)
Der Richter sah ihm einen Augenblick scharf in das Gesicht. „Sie wissen vielleicht die Folgen nicht, Herr, die diese Ablehnung der Antwort nach sich ziehen kann?"
„Ich erkenne sie vollkommen," erwiderte Helmstedt, ohne das Auge zu senken, „muß aber, selbst auf die Gefahr hin, persönlich des Mordes verdächtig zn erscheinen, jede Auskunft über meinen Aufenthalt während der bezeichnten Zeit verweigern. Ich meine, es sei nicht zu schwer, sich Verhältnisse denken zu können, die selbst den unschuldigsten Mann zum Schweigen zwingen können."
„Nun, Herr, und ich gestehe Ihnen offen," sagte der Richter, sich langsam zurücklehnend, „daß, wo es um de» Hals gehen kann, solche Verhältnisse außer meinen Vorstellungen liegen. Zusammen mit den vorliegenden Tatsachen muß die jetzige Zurückweisung meiner Frage Sie dem Schwurgericht überliefern, und ich habe die Pflicht, Sic vorläufig verhaften zu taffen, wenn Sie sich nicht anders besinnen und den bessern Weg einer Rechtfertigung eiuschlagen sollten."
Helmstedt erbleichte einen Augenblick, verbeugte sich dann aber und sagte ruhig: „Tun Sie, wie Sie müssen, Herr; die gänzliche Grundlosigkeit einer Anklage gegen mich wird sich hoffentlich bald von selbst Herausstellen."
„Bryan, führen Sie den Herrn einstweilen ins Ober
zimmer, neben den Raum, wo der Tote liegt," ries der Richter einem der Beamten zu — „heute abend kommt er mit nach der Stadt ins Kretsgefängnts."
Helmstedt folgte ohne ein Wort dem Winke des herbeitretenden Beamten und schritt ihm voran durch eine der Seitentürcn, — hinter ihm aber machten sich die bis jetzt unterdrückten Gefühle der Zuhörerschaft durch ein wirres Durcheinander von Sprechen und Ausrufungen Luft.
Der Verhaftete trat in ein kahles, weißes Zimmer, in welchem sich nur ein einziger Stuhl mit drei Beinen befand. Einzelne auf dem Boden liegende Welschkornähren zeigten den Zweck an, zu welchem es gewöhnlich benutzt werden mochte. Die Tür sie! hinter ihm zu, und der Schlüssel knirschte von außen tm Schlöffe. Von der Straße herauf drang das Geräusch der durcheinander sprechenden Menge, Helmstedt hatte aber, auf und abschreitend, über seinen Gedanken Aug' und Ohr über seine Umgebung verloren. Anfänglich lag, trotz der stillen Begeisterung, welche ihn den jetzigen Weg hatte Anschlägen lasten, das unheimliche Gefühl, zum erstenmale Gefangener zu sein, über ihm; bald aber hatte er dies von sich geschüttelt u. fiag an, sich Vorstellungen zu machen, welche Wirkung die Kunde von seiner Gefangenschaft in Eichplatz hervorbringen werde — jedenfalls erzählte Elliot den Grund seiner Verhaftung, die verweigerte Auskunft über seinen Aufenthalt während der Nacht des Mordes —, ob sich wohl Ellen verraten und so der Verwicklung mit einem Streiche ein Ende machen würde? ES war eine ganze Btlderreihe, die von dem einen Gedanken geführt au Helmstedts Seele vorüberzog. —
Die Geschworenen hatten ihre Sitzung bis zum nächsten Morgen vertagt, die Menge war auseinander gelaufen, und der Richter saß in dem leergewordenen Raume, den Kopf auf die Hand gestützt und Papiere durchblätternd, während sein Gehilfe das Protokoll zu vervollständigen schien. Nach einer Weile trat Elliot, der bereits die Handschuhe zum Wegreiten angezogen hatte, ein. „Noch etwas Besonderes, Herr?"
„Setzen Sie sich einen Augenblick hierher," erwiderte der Richter. „Ich hatte durch zwei Beamte eine genaue Durchsuchung drS Zimmers, das der Verhaftete in Ihre« Hause bewohnt, sowie der sämtlichen Möbel darin angeordnet. Die Beamten sind soeben zurück, und obgleich nicht das Geringste entdeckt worden, was zur direkten Verstärkung des Verdachtes dienen könnte, so hat sich doch iu einem der Koffer dieser kleine Zettel vorgefunden, der wahrscheinlich den Beweggrund der Tat wirr» erklären helfen. Die Sache scheint mir zu tief in Ihr Privatleben einzu- greifrn, als daß ich Sie nicht erst davon hätte benachrichtigen sollen, um wenigstens jede unnötige Veröffentlichung zu verhüten."
Elliot las und wurde blaß. ES waren die Zeilen, welche Ellen vor einiger Zeit an Helmstedt geschrieben hatte.
„Sehen Sie diese Stelle an," fuhr der Richter fort, „hier heißt's: Wenn etwas gegen den Mann avfgefunden werden kann — womit augenscheinlich Baker gemeint ist — so muß es bald geschehen; mir ist, als hätten sich heute die Fäden so fest um mich gezogen, daß ich nicht mehr heraus
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