78. Jahrgang.
Anflsqe 228 «
Erscheint
Montag, Mttwoch, Donnerstag, Freitag und SamZrag.
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889
Nagold, Mittwoch den 83. November
Anzetgm-Gckühr f. d. Ispalt. Zeile em» gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal. Einrückung 10 4, bet mehrmaliger entsprechend Rabatt
GrattSbeilagen: DaS Plauderstübchen und
Schwäb. Landwirt.
1904
Amtliches.
Bekanntmachung
betr. die Neuwahl zur Handelskammer.
Für die im Januar 1905 vorzunehmende Neuwahl der Mitglieder der Handelskammer sind die Wählerlisten vom Oberamt einer Durchsicht und Richtigstellung unterzogen worden.
Die Wählerliste» des Abstimmungsbezirks Nagold, bezw. Altsnsteig-Stadt bezw. Wtldberg werden vom SS. ds. Mts. bis S. Dezember ds. Js. je einschließlich auf dem Rathaus zu Nagold bezw. Altensteig-Stadt bezw. Wildberg zu jedermanns Einsicht aufgelegt.
Einsprachen gegen die Wählerlisten wegen Ausnahme unberechtigler oder wegen Uebergehung berechtigter Personen find binnen der Ansschlnßfrist von einer Woche nach Beginn der Auflegung unter Beifügung der erforderlichen Bescheinigung bei dem Oberamt anzubringe«.
Angefügt wird, daß nur diejenigen Zur Teilnahme an der Wahl berechtigt sind, welche in den Listen eingetragen sind.
Nagold, den 21. Nov. 1904.
K. Oberamt.
I. V. Bullinger. stell». Amtm.
In Lombach OA. Freudenstadt ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
Nagold, den 19. Nodbr. 1904.
K. Oberamt: Ritter.
Komische MeSerficht.
Der Kaiser hat am Sonnabend vormittag in
Kiel die Vereidigung der Rekruten der 1. Matrosendivtsion vorgenommen. Nachmittags erfolgte aus der Germaniawerst in Kiel der Stappellauf des Linienschiffes N, das Schiff erhielt den Namen „Deutschland". — Der deutsche Kronprinz ist, von Schloß Ludwigslust kommend, wieder in Potsdam eingetroffen. Seine Braut, die Herzogin Cecilie von Mecklenburg, ist zum Winteraufenihalt nach Cannes in Südfrankreich abgereist.
Der Bnndesrat hat dem Vergleich zwischen
den Häusern Schaumburg-Ltppe und Lrppe-Bicsteifcid, betreffend die Erbfolge in Lippe zngestimmt. Die „Nordd. Allg. Zig." meldet darüber: In der lippischen Thronfolgefrage fand am Freitag unter Vorsitz des Reichskanzlers eine Sitzung der vereinigten Bundesratsausschüfse für Justizwesen und Verfassung und eine Plenarsitzung des Äundesrats statt. Dem Aatrag Preußens gemäß beschloß der Bundesrat einstimmig, sich mit der Erledigung des zwischen Schaumburg- Llppe und Lippe schwebenden Thronstreites durch reichsgc- richtlicheu Schiedsspruch einverstanden zu erklären. Das Schiedsgericht soll nach dem Schiedsvertrag darüber entscheiden, ob und in welcher Reihenfolge nach dem Tod des jetzigen Fürsten die der Linie Lippe-Biesterfeld angehörigen Mitglieder des fürstlich-lippischen Gcsamthauses zur Regier- uugsnachsolge im Fürstentum Lippe berufe» sein werden. Auch mit der im Schiedsvertrag enthaltenen Vereinbarung,
daß, wenn vor Erlaß des Schiedsspruches der jetzige Fürst abscheiden sollte, die derzeitige Regentschaft fortbestehen solle unbeschadet der Bestimmungen des lippischen Verfassungsrechts, erklärte der Bundesrat sich einverstanden. Der Reichskanzler beauftragte den Präsidenten des Reichsgerichts, unver- weilt dahin Anordnungen zu treffen, daß das Schiedsgericht sich konstituiere und das schiedsgerichtliche Verfahren gemäß den Bestimmungen des Schiedsvertrags eingeleitet werde. Auf Grund dieses Verfahrens wird der Schiedsspruch des Reichsgerichts ergehen. — An Stelle des bisherigen bayrischen Finanzministers Freiherrn von Riedel wurde der nunmehrige Finanzmmister von Pfaff zum Bundesratsbevollmächtigten für Bayern ernannt.
Die Untersuchung über den Hnller Zwischenfall durch die englische Unrersuchungskommission ist jetzt abgeschlossen worden. Die Kommission zollte dem heldenmütigen Verhallen der Besatzungen der Fischerdawpfer „Gull" und „Grane" besondere Anerkennung. Der Vertreter Rußlands schloß sich dieser Anerkennung an und sprach im Namen Rußlands sein tiefes Bedauern über den Vorfall «ns. Die Kommission beschloß, über die Frage der Entschädigungen in London zu beschließen, nahm aber bereits Feststellungen vor über die finanzielle Lage der verletzten Fischer und der Hinterbliebenen der Getöteten.
Die türkische Regierung hat aus die Einladung des Präsidenten Roofevett zur Haager Konferenz geantwortet, daß sie sich nach den Entschließungen der übrigen Mächte richten werde. — Drei der neu ernannten österreichischen Gendarmerieosfiztere sind am 16. dieses Monats in Ueskub eingetroffen, die übrigen drei werden dort in den nächsten Tagen erwartet. Inzwischen werde« sich auch sechs russische Offiziere in Saloniki versammeln.
In Brasilien ist jetzt die Ruhe vollkommen wiederhergestellr. Der Oberst Lauro Sodre, der Hauptanstifter der Unruhen in Rio de Janeiro, der bei dem Kampf in der Militärschule verwundet worden war, hat sich der Behörde gestellt und ist an Bord des Panzerschiffes „Maechal Teodore" gefangen gesetzt worden.
Der Ausstand in Deutsch-Südwestafrika.
Der Dampfer „Gertrud Woermaun" mit dem Truppentransport „I " gestrandet!
Berlin, 21. Nov. Hauptmann v. Haynke, Führer des Transportes „I-", meldet in der Nacht vom 20. zum 21. d. Mts. aus Swakopmund: Gertrud Wörmann, 15 Kilometer nördlich von Swakopmund, bei Nebel gestrandet. Wetter ruhig. Mannschaft größtenteils in Sicherheit. Hoffe Pferde und Ladung zu bergen.
Rn Bord der Gertrud Wörmann befinden sich Feld- vermesinngstruppen, die 4. Ersatzkompanie und die 2. Ersatzbatterie, zusammen 24 Offiziere und 382 Mann und 300 Pferde.
Der Kommandant S. M. Schiff Vineta meldet über die Hilfeleistung bei dem 7 Seemeilen nördlich von Swakopmund im Nebel gestrandeten Transportdampfer Gertrud Wörmann: Die Fähnriche und Mannschaften find durch
S. M. Schiff Vineta an Bord genommen worden, desgleichen das Expeditionskorps. Sie find nach Swakopmund gebracht. Ich werde versuchen, zunächst die Pferde, daun die Ladung an Land zu bringen. Leichter und Dampffahrzeuge find in genügender Anzahl vorhanden. Wenn das Wetter gut bleibt, kann voraussichtlich der größte Teil der Ladung geborgen werden, während der Dampfer selbst verloren sein dürfte.
Berlin, 21. Nov. Wie aus Swakopmund gemeldet wird, ist die Gertrud Wörmann völlig verloren. DaS Expeditionskorps wurde vom Kriegsschiff Biueta an Bord genommen und nach Swakopmund gebracht. Wenn das Wetter gut bleibt, wird voraussichtlich der größte Teil der Ladung geborgen werden.
Der Krieg zwischen Rußland und Japan.
Die Lage in der Mandschurei.
Petersburg, 21. Nov. Wie Kuropatktn dem Kaiser von gestern meldet, sprengten die Freiwilligen in der Nacht zum 17. November ein einzeln dem linken russischen Flügel gegenüberliegendes Haus in die Luft, in dem sich eine 25 Mann starke japanische Feldwache befand.
Petersburg, 21. Novbr. Wie General Kuropatktn dem Kaiser unter dem gestrigen Datum meldet, sind in der Nacht zum 20. November keine Meldungen über Kämpfe eingegangen.
Berlin, 21. Nov. Wie dem Lok.-Auz. aus Mukde» telegraphiert wird, haben die Erknndnngsgesechte in den letzten Tagen einen heftigeren Charakter' angenommen. Besonders scharf war der Kampf am Butilohügel, wo die Japaner unter Verlust von mehr als 100 Toten zurückge- schlagen wurden. Alle diese Nachrichten deuten auf bevorstehende größere Ereignisse hin.
Petersburg, 21. Nov. Der Birshewija Wjedomosti wird aus Mukdcn von gestern abend gemeldet: Ans den Stellungen ist alles ruhig. Der Artilleriekampf dauert seit vorgestern, wird aber nachts eingestellt. Das Wetter hat sich verschlechtert. Die Truppen erwarten einen neuen ernsten Angriff. Ein Offizier der äußersten linken Flanke der Russen, der hier eintras, berichtet, daß die Japaner kleine Abteilungen an die Aalu-Q nellen entsenden, um sich zu verproviantieren; daS Land sei noch verschont geblieben und reich an Vorräten, die billig verkauft werden, während in Mukden unerhörte Preise gefordert werden.
Der Ka«ps «m Port Arthur.
Berlin, 19. Nov. Aus St. Petersburg wird de« Lokalanz. telegraphiert: Hier lebende nahe Verwandte des Generals Stöffel erhielten dieser Tage einen Brief von dem General. Er schreibt u. a.: Die Garnison von Port Arthur ist noch 28 000 Mann stark, die sämtlich von wahrem Heldenmut beseelt find. Munition und Proviant ist auf Monate hinaus vorhanden. Freilich junges Gemüse fehlt, fügt der General scherzend Hinz«; doch ist dieser Luxus wohl zu entbehren. Stöffel ist überzeugt, daß sich die Festung bis zur Ankunft der Ostseeslotte halten kann, aber
Der: Kcrusierer:.
Bon Otto Ruppius.
38) (Fortsetzung)
„Von diesem Streite ist bereits durch einen Zeugen, der ihn von kurzer Entfernung ans mit angesehen, berichtet worden. Nach dessen Aussage sollen Sie indessen der av- greifende Teil gewesen sein und dem Ermordeten den Weg versperrt haben. Wollen 'Sie uns die Ursache dieses Angriffs Ihrerseits Mitteilen?"
„Recht gern," erwiderte Helmstedt, dem jetzt plötzlich eine Ahnung kam, daß irgend ein Verdacht auf ihm ruhe — welcher Art, war ihm freilich noch nicht klar. „Der ermordete Mann war ein gewöhnlicher New-Aorker Spieler und Schwindler, der sich in mehrere Familien hier einge- schltchen hatte und eben im Begriff stand, sich durch seine Vorspiegelungen aus das engste mit der Familie meines Brotherrn zu verbinden. Ich hatte schon versucht. Herrn Elltot vor dem Menschen zu warnen, fand indessen kein Gehör und konnte auch ans diesem Wege nichts Wetter tu«, da mir augenblicklich die Beweise gegen den Schwindler fehlten. Ich benutzte aber deshalb das Zusammentreffen auf der Straße mit Baker, um ihm zu sagen, daß er und seine Vergangenheit gekannt feien, und daß ich, wenn er nicht die hiesige Gegend verlasse, veröffentlichen werde, was ich wisse."
„Hatten Sie nicht irgend einen eigenen Grund, den Mann von hier entfernt zu sehen?" In der Regel bricht
man fremder Sorgen halber nicht einen gefährlichen Streit vom Zaune!"
In Helmstedts Gesicht schoß ein Helles Rot, das aber eben so schnell wieder verschwand. „Ich hatte in dem angeführten Streite mit dem Ermordeten keine andere Absicht," sagte er langsam und bestimmt, „als ein Unglück von Herrn Elliots Familie abzuwenden. Hätte ich selbst auch etwas gegen den Man» und seine Eigenart gehabt, so dachte ich doch damals nicht daran."
„Ich werde Ihre Aussagen mit den bereits abgegebenen Zeugnissen zusammenstcllen," erwiderte kalt der Richter, „vielleicht finden Sie dann noch etwas an den Ihrigen zu berichtigen. Was den Reitpeitschenknopf anbetrifft, so besagt die Totenschau, daß derselbe gegen zwei Meter von dem Körper entfernt und seitwärts gefunden wurde — eS scheint also mehr als unwahrscheinlich, daß er aus der Tasche des Toten dahin gelangt; die Erklärung aber, daß er bei einem Schlage mit der Reitpeitsche abgesprungen u. dorthin geflogen sei, war die erste, welche sich fast gleichzeitig allen Anwesenden aufdrängte — ich möchte Ihnen dabei auch die Bemerkung nicht vorenthalten, daß die Geschichte, wie Herr Baker, während Ihres Streites mit ihm, den Knopf aufgefangen, und sich in Besitz desselben gesetzt haben soll, wenigstens ziemlich sonderbar klingt. Und was die Stellung des Ermordeten anbelangt, so ist hier das Zeugnis mehrerer seiner hiesigen Freunde, welche ihn schon längere Zeit in Verbindung mit den besten Familien New- Jorks gekannt haben und somit ihrer Aussage geradezu
widersprechen. Haben Sie nun etwas zur Eklärung Ihrer Angaben zu sagen, so tun Sie es."
Helmstedts Auge war während der Worte des Richters immer gespannter geworden. „Ich möchte erst meine Stellung hier kennen, ehe ich ein Wort weiter rede," sagte er; „bin ich irgend einer Schuld angeklagt, so möchte ich das wissen; meine Aussagen werden beurteilt und verdächtigt, und der öffentliche Ankläger scheint mit dem Richter hier eine Person zu bilden."
„Sie find weder angeklagt, noch bin ich Richter, Herr. Mir, als dem Untersuchungsrichter, liegt nur ob, auf Grund Vorgefundener Tatsachen oder abgegebener Zeugnisse jede Spur zu verfolgen, durch welche Licht in das Geheimnis des stattgehabten Mordes gebracht werden kann, und daS ist es auch nur, was ich jetzt in bezug auf Sie tue.
„Ich kann nur versichern," sagte Helmstedt nach einer kurzen Pause, „daß jedes meiner Wvrte die strengste Wahrheit enthalten hat, u. wenn Isaak, der alte Hausierer, hier wäre, so könnte dieser wenigstens den Teil meiner Aussagen, der Bakers Geschäft und Wesen betrifft, bestätigen. Die Geschichte des Sklavenraubcs, bei welchem nach der Aussage des Hausierers der Ermordete die Hauptrolle spielte, dürfte ebenfalls ein neues Licht über dessen Persönlichkeit und die ganze Sache werfen."
„Möglich, Herr, vielleicht auch nicht. Sie werden mir einräumen müssen, daß, wenn man nur Sklaven stehlen will, eS dazu nicht notwendig ist, sich den Eintritt in den innersten Schoß einer Familie zu verschaffen; daß es aber, wenn man, wie Herr Baker, auf dem Punkte steht, selbst