New-Hork, 24. Mai. Ein Honorar von 800000 Mark. Das höchste Honorar, das bisher einem Anwalt gezahlt wurde, erhielt Mr. William Cromwell, der als juri­stischer Beirat den französischen Aktionären bei der Panamä- Kanalaffäre zur Seite stand. Er bekam 5 Prozent vom strittigen Objekt, also eine Summe von 800000 Natür­lich hatte Mr. Cromwell lange Zeit mit der Sache zu tun. Auch war diese ungeheure Einnahme nicht sein Reingewinn, da er beträchtliche Summen ausgab, um die öffentliche Meinung für seine Klienten günstig zu stimmen. Er hatte jahrelang mit einer Anzahl Assistenten eine rege Agitation für die Sache zu führen.

Vermischtes.

Der Alkohol am kaiserl. Hofe. In den Mäßig­keitsblättern, Mitteilungen des deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, ist zu lesen: Der Emser Bade­kommissar und frühere Turnlehrer des Kaisers, Oberst v. DreSky, erzählte in einem Vortrag über die von ihm mit­gemachte Mittelmeerfahrt des Kaisers, daß der Kaiser wäh­rend der ganzen Fahrt keinen Alkohol, sondern nur Apfel­sinensaft, Fachinger und Aachener Kaiserbrunnen getrunken habe. Nur zweimal wurde mit je einemSchluck Sekt" eine Ausnahme gemacht; bekm Festmahl mit dem König von "Spanien in Vigo und beim Abschied von den Gästen in Nea­pel. Auch die deutsche Kaiserin trinke neuerdings ausschließ­lich alkoholfreie Weine und noch dazu Apfelwein (oder richtiger alkoholfreien Apfelsaft). Ein Teil der an der Marschalls­tafel speisenden Hofdamen und Herren folgen ihrem Beispiel.

Dunkle Punkte in der Gehirutätigkeit. Es ist Mer wahr, daß ein vollkommen gesunder Geist ebenso selten ist wie ein ganz gesunder Körper und daß Leute, deren Geistesleben sonst durchaus normal verläuft, gelegentlich von eigentümlichen krankhaften Anfällen heimgesucht werde», unter denen sie schwer zu leiden haben. Wie durch eine Ironie der Natur geschieht es zuweilen, daß gerade hoch- begabte Mensche^, mitunter von solchen unvernünftigen Im­pulsen gequält werden, gegen die sich ihr eigenes Ich auf­lehnt. Es ist Wie eine Art von zeitweiliger Besessenheit, und' auch die Wissenschaft hat kein bester bezeichnendes Wort dafür finden können. ° Dem Grade und derMitstehung nach können diese Zufälle sehr verschiedm 'ffein. ! AM bekannte­sten und Häufigsten wohl die Wortbesefienheit, die sich darin äußert, daß dft betreffenden Personen gewisse Worte und Einfälle stunden- und tagelang äar sticht loswerden können. Eigentümlich ist die Tatsache, daß eine solche Wortbesefienheit säst immer an häßliche Worte und Bilder geknüpft ist. Wo diese lautbar werden, offenbaren sie ihren obscönen oder blasphemischen Inhalt. Wenn nun auch die wilde Form der Wortbesefienheit den betreffenden Menschen bor seiner Umgebung nicht bloßstellt, weil er sich genügend zu beherrschen weiß, so kann sich für ihn doch ein recht un­angenehmer Einfluß auf seinen Gemütsstand daraus er­geben. Die Aerzte kennen eine Art von Melancholie, die mit einer solchen latenten Wortbesefienheit zusammenhängt, indem der davon Befallene während dieser unangenehmen Zwangsvorstellungen sich aus Vorsicht gegen die Außenwelt abschließt und in eine Art von Tieffinn versunken erscheint. Er wird dabei zuweilen von einer förmlichen Augst beherrscht, es könnte ihm eins der Worte entfahren, von denen sein

Gehirn dauernd gequält wird. Sehr viel schlimmer und auch für die Mitmenschen gefährlicher sind die Fälle von Besessenheit, die zu wirklichen Handlungen verleiten. Manche Leute geraten in eine ihnen selbst unbegreifliche Erregung, wenn sie irgendwelche waffenartige Werkzeuge vor sich sehen, und fühlen sich von dauernder Unruhe geängstet, sie könnten jemand etwas damit zu leide tun. Ein jetzt von Dr. Shaw im Journal of Mental Science beschriebener Fall zeigt, daß solche Erregungen auch von anderen Halluzinationen begleitet sein können. Der fragliche Patient sah in solchem Zustand Ltchtblttze vor seinen Augen und hörte eigentüm­liche Geräusche in den Ecken des Zimmers. Als er dem Arzt seine Erfahrungen beschrieb, war er von tiefster Er­regung ergriffen und brach schließlich in Tränen aus, weil er glaubte, man würde ihn in ein Irrenhaus sperren wollen. Bei der Behandlung solcher Leiden würde wahrscheinlich die hypnotische Suggestion gute Dienste leisten.

Ein Bekenntnis. Ein merkwürdiges Bekenntnis legte der 1772 wegen Majestätsverbrechen Hingerichtete dänische Minister Struensee in seinen letzten Aufzeichnungen ab: Es heißt dort:Mein Unglaube und meine Abneigung gegen die Religion fino ebenso wenig auf eine genaue Untersuchung der Wahrheit derselben als auf eine regelmäßige Prüfung der Zweifel, so man gegen dieselbe macht, gegründet gewesen. Sie find entstanden, wie es wohl in den meisten Fällen geschieht: allgemeine und seichte Kenntnisse von der Religion auf der einen Seite, und auf der andern viele Neigung, die Vorschriften derselben nicht befolgen zu dürfen, verbunden mit einer großen Bereitwilligkeit, alle Zweifel anzunehmen, welche ich gegen dieselbe fand. Mein Wille war, wo nicht fest entschlossen, doch heimlich sehr geneigt, meinen Glauben so zu bestimmen, daß ich nicht genötigt sein möchte, meine Lieblingsneigungen dabei aufzuopfern."

Das find Worte, welche füe alle Zeiten ihre Geltung behalten werden und zeigen, wie in vielen Fällen die soge­nannten religiösen Zweifel nicht aus dem Verstand, sondern aus dem Willen hervorgehen.

Warum Papst Pius nicht mehr allein speist. Die Tatsache, daß Pius X. Die Etikette durchbrochen hat und zu seiner Tafel Gäste htnzuzteht, hat bereits zu vielfachen Erörterungen Anlaß gegeben. Wie nun der römische Korre­spondent derDaily News" zu berichten weiß, hat dieser Etikettrbruch zweierlei Gründe. Einmal war es der Druck der Einsamkeit, in dem der Papst sich plötzlich befand. Es ist keine Kleinigkeit, dasLand" zu verlassen, wie die Vene- tianer sagen, wenn sie nach Rom gehen, Freunde, Arbeit sind Vergnügen aufzugeben um sich ganz von aller Welt abzufchließen. Der zweite Grund ist hygienischer Natur. Der Papst hat die vom hygienischen Standpunkt aus sehr schlechte Angewohnheit, aus der er übrigens selbst kein Hehl macht, schnell zu essen, daS Essen förmlich herunterzu­schlingen. Wenn er allein ist. verfällt er in diesen Fehler natürlich sehr leicht, ohne es zu wissen, und die Folgen sind dann häufig Akute Verdauungsbeschwerden, an denen der Papst leidet. Wenn er aber von Freunder, umgeben ist, lacht und spricht er und nimmt sich Zeit zum Essen. Pius X. ist durch Erfahrung vorsichtig geworden. Zuerst wurde er Sei Tisch von seinen ersten Dienern bedient. Als ihm aber manche seiner Aussprüche ganz verdreht und entstellt wtedererzählt wurden, sah er ein, daß er voreilig gewesen war. Jetzt

müssen sich die Diener gleich nach Erledigung ihrer notwen­digen Pflichten zurückziehen.

Die romantische Ehe desNaturmenschen^' Gustav Nagel hat viel von sich reden gewacht. Er hatte sich seine Braut von Italien mitgebracht. Neuerdings hat aber die Ehe einen Riß bekommen, da die Italienerin ihren Kastuk« verlassen hat. lieber die Gründe hierzu machte sie einem Ausfrager die folgenden Mitteilungen: In erster Reihe habe sie es nicht vergessen können, daß Nagel ihr neugcbo:enes Kind fortwährend mit kaltem Wasserabgehärtet" habe, und sie fürchte, daß er es, wenn sie zu ihm zurückkehre, mit einem zweiten Kinde ebenso machen würde. Sie beklagte sich auch bitter über seine Spielereien und Verschwendungen. Er habe sich ein Billard angeschafft, eine Patentkasse, ein Klavier gekauft und in ähnlicher Weise das reichlich erworbene Geld im Monat 1500 M. und mehr vergeudet. Frau Meta hält ihren Mann für nicht ganz zurechnungsfähig. Auch daS Naturmenschenleben gefiel ihr nicht länger. Sie behau­ptete, daß ihr Mann sie etngeschlossen, sie ihn aber mit der Ofenschaufel geschlagen habe. Aus all diesen Gründen ist die Naturwenschen-Gattin nach Italien zurückgekehrt.

Lebend im Sarg. Eine merkwürdige Szene hat sich bei der Beerdigung eines fünfjährigen Mädchens in Curtts, Süd-Dakota, abgespielt. Die Kleine ist das einzige Kind eines angesehenen Bürgers der Stadt namens Fearing. Einem anwesenden Arzt Dr. Norton, einem Verwandten, fielen die rosigen Wangen und das auch sonst unveränderte Aussehen des Kindes auf. Er gab die Schließung des Sarges nicht zu und nahm mit zwei noch hinzugerufenen Aerzten die nötigen Prüfungen vor. Das Ergebnis war derart, daß sofort Wiederbelebungsversuche angestellt wurden. Mittels künstlicher Atmung, elektrischer Reize, Einflößung von Salz und starker Reizmittel, zeigten sich nach mehreren Stunden die Anzeichen wiederkehrenden Lebens. Die At­mung stellte sich wieder ein und nach einer Stunde lag das Kind in den Armen seiner glücklichen Mutter. Die Kleine litt an Typhus, wird aber nach dem Ausspruch der Aerzte bald hergestellt sein.

Eine Maus, eine Maus!" Wne heitere Panik entstand ,wie die Berliner Blätter berichte^ in einem vollbe­setzten Straßenbahnwagen der Linie Hqnsaplütz-Greifswalder- straße durch eine Maus.. Am Dönhofplytz bemerkte eine Dame das kleine, listig um sich schauende Tierchen unter einem Sitzbrett. Entsetzt sprang die Dame auf und stellte sich mit jusammengeschlagenen Kleidern auf den Sitz. Unter Ausrufen des höchsten Erschreckens und Entsetzens folgten diesem Beispiel alle übrigen Damen, während die Herren sich ob dieses Zwischenfalls nicht wenig belustigten und da­durch die Pein der Damen nur noch vermehrten. Unser Mäuschen fand weniger Freude an der allgemeinen Aufreg­ung, ängstlich flüchtete eS von einem Sitz zum anderen. Alle Bemühungen, es zu erwischen, waren vergeblich; der Schaffner wußte sich keinen Rat und die Angstrufe der Damen wurden immer lauter, die Sprünge der Maus immer toll­kühner. Da, als die Not am größten und der Wagen um die Reichsbank fuhr, nahte der Retter in Gestalt eines Feuer­wehrmannes. Flink krempelte er sich die Aermel in die Höhe und nun begann die Jagd, die damit endete, daß er die Maus packte und auf das Trittbrett hinauswarf. Erleich­tert atmeten die erschreckten Damen wieder auf. . . .

Landwirtschaft, Handel und Verkehr.

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wo im Hause

untitzsri Heifo

And ein froh' Gemüte schaltet, '

Dort find'st Du Glück und Sonnenschein;

Vas, liebe Hausfrau, präg' vir ein!

Expreßgut« Pom 1. Juni 1904 an wird das Expreß­gut im ganzen deutsche» Verkehr, soweit direkte Sätze bestehen, und im württembergischcn Binnenverkehr mit der in 8 39 Znsatzbeftinimnng I der Eisenbahuvcrkehrsor-nung vorge­schriebenen Ersenbahn-Paketadresse abgefertigt. Formu­lare zu Paketadressen «nd zn Paketaufschriften sind an alle« Gepäckschaltern erhältlich. Die Beförderungsgebühren für Expreßgut sind vom genannten Tage an durch Verwendung von Eisenbahnmarken zu verrechnen. Die Marken werden zur Frankierung der Sendungen durch das Publikum gegen Baarzahlnng verkauft.

r. Stuttgart, 27. Mai. Auf der Möbelmeffe ge­staltete sich das Geschäft in den letzten 2 Tagen ziemlich lebhaft. Es wurde viel verkauft, besonders rege war die Kauflust bei den Händlern. Auch auf dem Korb- u. Küb- lermarkt, sowie ans dem Porzellarimarkt war rege Kauflust ;u bemerken.

Wisse« ist Macht, daran zweifelt heute niemand mehr; aber wo sind die Hilfsmittel, nm dieses Wissen erringen zu könne»? Haben sie wenigstens zu erschwinglichem Preise - bis heute noch gefehlt, so wird es jetzt durchHillgcrs illustrierte Volksbücher" jedermann ermöglicht, für den außergewöhnlich billigen Preis von nur 30 /, im Abonnement nur SS Pfg., sich in den Besitz einer allgemein verständlichen, von Fachantoritäten auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebauten, durchaus populär gehaltenen Bibliothek zu

setzen, welche nach und nach alle Wissensgebiete umfassen wird. Der erste soeben zur Ausgabe gelangte Band betitelt sich: Die Gesetze der Bewegungen am Himmel und ihre Erforschung von Dr. M. Wilhelm Mayer. (Herman Hillger Verlag, Berlin IV. 9.) Der Verfasser ist unter dem NamenUranis-Meyer" weit und breit dafür bekannt, daß derselbe es wie kaum ein Anderer versteht, die so überaus interessante astronomische Materie leicht verständlich zu behandeln und anzieheno zu gestalten. Der Band ist mit 13 Illustrationen geschmückt. Nach 14tägiger Pause wird sich anschließen:Volksbildung" von Dr. Paul Bergemann. Jeder Band ist in der «. V. »»Iser'schen Buchhandlung einzeln zum Preise von 30 Pfg. käuflich, auch werden Abonnements für die vierteljährlich erscheinenden 6 Bände für Mk. 1,SO angenommen. Auf jeden Fall verdient die rührige Verlagshandlung durch dieses neue überaus zeitgemäße Unternehmen den Dank und die tatkräftigste Unterstützung der weitesten Kreise.

Bestellungen aus den Gesellschafter für den Monat Juni können bei allen Postämtern u. Landpostboten und bei der Expedition ds. Bl. gemacht werden.

Druck und Verlag der G. W. Zaiser' scheu Buchdruckerei (Emil Zaiser) Nagold. Für die Redaktion verantwortlich: k. Paur.