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König Oskar fährt seinem hohen Gaste auf See entgegen. Unsere Hauptstadt schickt sich bereits an, eine Ehrenpforte am Landungsplatz« zu errichten, die 40 Fuß hoch über dem Rundbogen mit dem deutschen Reichswappen und mit deutschen Fahnen und an den Seiten mit den Wappen Schwedens und Norwegens geschmückt wird. Am ersten Tage wird der Kaiser die schönsten Punkte Stockholms besehen. Abends ist große Ehrentafel in der Gallerte Karls XI im königlichen Residenzschlosse, an der die schwedischen Minister und die hier residierenden Mitglieder des norwegischen Ministeriums, die höheren Hosbeamten, die Mitglieder des diplomatischen Corps, die Spitzen der hiesigen Militär- und Zivilbehörden u. s. w. teilnehmen. Am zweiten Tage ist eine Dampfbootfahrt auf dem Mälarsee nach Schloß Drottningholm in Aussicht genommen. Zum Dienste beim Kaiser sind Generalfeldzeugmeister, Generallieutenant Frhr. Gustafrson Leijonhufwud, sowie der Chef des 2. Letb-Grenadier-RegimentS Oberst Gadd ausersehen. Während seines Stockholmer Aufenthaltes wird Kaiser Wilhelm mit seinem Gefolge zwölf prachtvoll eingerichtete Zimmer im königlichen Schloß bewohnen.
— Zu dem bevorstehenden Besuch des Kaisers Wilhelm in Kopenhagen macht die dänische National-Tidende folgende Bemerkungen: „Dieser kaiserliche Besuch setzt sozusagen einer Reihe von mehr oder minder sympathischen Kundgebungen, die seit Kaiser Wilhelms I. Tod zwischen Dänemark und Deutschland ausgewechselt worden sind, die Krone auf. Die friedlichen Versicherungen, die Kaiser Wilhelm in seiner Thronrede aussprach, fanden um so größere Anerkennung in Dänemark, als man gerade hier von einer deutschen Reichspolitik, die das Hauptgewicht auf die Interessen des Friedens und der Kultur legt, ein stet» wachsende» Verständnis zwischen dem deutschen und dem dänischen Volke erwartet. Ist erst der Wille zu einem freundschaft- lichen Zusammenwirken ernstlich in Deutschland vorhanden, wie es bei uns in Dänemark der Fall ist, so liegen die Aussichten zur Aufklärung jeden Schattens in dem Verhältnisse zwischen beiden Nationen außerordentlich nahe. In der Erwartung, daß die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Deutschland und Dänemark sich in der angedeuteten Richtung bewegen möge, sieht das dänische Volk mit vertrauensvoller Hoffnung auf die Zukunft Kaiser Wilhelms H. Besuch."
Rußland.
Petersburg, 25. Juli. (Besuche des Königs von Schweden und des Königs von Griechenland.) Das Gerücht von der Hierherkunft des Königs von Schweden bestätigt sich. Die Ankunft desselben wird etwa für den 3. August erwartet. Dem König zu Ehren wird eine Truppenrevue im Lager von Krasnoje-Selo stattfinden.
Dänemark.
Kopenhagen. 26. Juli. Der König fährt dem deutschen Kaiser mit einem Geschwader entgegen. Derselbe trifft am Abend hier ein. Während des Aufenthalts des Kaisers siedelt der Hof von Schloß Bern- ftorff nach dem hiesigen Schloß Amalienberg über, wo auch der Kaiser wohnt.
Stockholm, 26. Juli. Kaiser Wilhelm wurde auf offener See von König Oskar herzlich empfangen und heute mittag 12^ Uhr von einer zahlreichen Menschenmenge enthusiastisch begrüßt. Dep. i>. Frkf. I.
Hages-Weuigkeiten.
Bopfingen, 24. Juli. Schuhmacher Brenner von Oberdorf wurde heute auf dem eine halbe Stunde von Oberdorf entfernten Galgenberg erhängt gefunden. Ohne Kopfbedeckung und Fußbekleidung war er alsbald nach der Thal von Hause fortgeeilt und hat beim Verlassen desselben seinem Gesellen in dessen Kammer hineingerufen: Caspar, ich kann nicht mehr leben, ich thue mir einen Tod an! Es war morgens 3 Uhr, als er mit diesen Worten den Gesellen weckte. Letzterer wollte ihm nach, er hat ihn aus den Augen verloren. Die Hände und das Gesicht der Leiche sind mit dem Blut der ermordeten Frau und Kinder dick bedeckt. Um sich den Strick recht hoch zu binden, war er an einer Tanne emporgeklettert und hatte ihn einen Meter über dem Kopfe befestigt. Die Füße schwebten gleichfalls einen Meter über dem Boden. In seiner Familie sind in neuerer Zeit bei drei Personen Geistesstörungen vorgekommen und obwohl niemand bei ihm etwas Krankhaftes wahrgenommen hat, so besteht doch kein Zweifel darüber, daß
„Du wirst mein Gatte sein, mein Geliebter!" unterbrach Bianka seinen düsteren Monolog, indem ihr Atem seine Wangen streifte.
„Ja, das mag mich aufrecht halten! Ich werde von nun an nur für Dich allein leben; Deine Liebe soll mir alles sein! Sie wird mir den Mut verleihen, jene Thoren zu mißachten, die mich tadeln werden, ja, aller Welt Trotz zu bieten!"
Georges ging mit einem Male ganz in denselben Ton über, welchen seine Frau anschlug. Er hob die kniende Gestalt zu sich empor, er zog sie mit solcher Heftigkeit in seine Arme, daß es ihr fast den Atem nahm und sie halb bewußtlos das schöne Haupt auf die Schulter ihres Gatten sinken ließ.
Seine Lippen sprachen freilich dabei die Worte: Ich bete Dich an!" — aber in seinen Augen stand vielmehr Nichts ausgeprägt, als der Triumph über den Sieg, den er durch kluges Komödienspiel davongetragen hatte, ein Triumph, der ihn ganz und voll beherrschte, während Diejenige, die er so schwer getäuscht, ihm blindlings aufs Neue vertraute und Alles vergaß in ihrer schrankenlosen Liebe zu ihm. Sie sah, während sie mit geschloffenen Augen an seinem Herzen ruhte, nur ein Zukunsts- bitt> im Geiste, welches gänzlich er, Georges, der Mann, den sie liebte, ausfüllte. Vor seinem Auge aber stand, während er das Weib, das seinen Namen trug, in seinen Armen hielt, einzig ein Frauenbild, jedoch dasselbe trug nicht die Züge seiner Gattin; es war ein Bild von bestrickender, fast dämonischer Schönheit und es gehörte jener Frau an, welche Bianka als ihre Rivalin fürchtete und haßte, wie dieselbe auch sie haßte und — ihr den Untergang geschworen hatte.
Die Baronin von Benserrade bewohnte das erste Stockwerk eines eleganten Hauses in der Rue Surenne, welches mit ausnehmendem Luxus eingerichtet war und in dem Alles eher zu herrschen pflegte, als die Melancholie. Hier empfing sie ihre Freunde, deren Zahl nicht gering war; die Baronin hatte es verstanden, einen ansehnlichen Kreis, der sich aus den verschiedensten Elementen zusammensetzte, um
der nicht unvermögliche, brave, nüchterne, sparsame und in zufriedener Ehe lebende Mann plötzlich in einen Zustand der Verrücktheit verfallen ist.
Ulm, 24. Juli. Heute vormittag fielen zwei Kinder eines hiesigen Bürgers, ein Mädchen von 9 Jahren und ein Knäblein von 3 Jahren, beim Gänzthor in die Donau, wurden eine Strecke weit von den Wellen fortge« rissen und konnten erst in der Nähe des türkischen Bades von einem Donauzoller, einem Badaufseher und einem Unteroffizier der Militärschwimmschule, welche zufällig in einem Kahn fuhren, herausgezogen werden. Der Knabe gab kein Lebeszeichen mehr von sich, wurde aber durch geeignete Behandlung seitens eines aus der Pionierkaserne herbeigeeilten Lazaretgehilfen wieder ins Leben zurückgerufen und steht nun in ärztlicher Behandlung, während das Mädchen keinen Schaden nahm.
Wevmrfchtes.
— Wir entnehmen der K. Z. No. 202 I über die deutsche Abteilung der Brüsseler internat. Ausstellung nachstehenden Bericht, die bekannte Firma Gebr. Stollwerck betreffenv: Schon beim Betreten der deutschen Abteilung vom Seitenportal her wird der Besucher durch den Wohlgeruch der Cho- colade zum Genuß eingeladen; denn der Säulenpavillon, der sich stilgerecht im Winkel der ersten und zweiten Halle der deutschen Abteilung erhebt, hat eine Bekleidung von 7800 Chocolade und Cacaobutter erhalten. Der Pavillon bildet ein Viereck und ist nach allen Seiten offen. Auf den Giebeln sind gute gelungene Formstücke aus Chokolade, darunter namentlich auf den Ecken vier preußische Adler, wie sie in solcher Größe noch kein anderer zu bilden vermochte. Im Innern erhebt sich eine Pyramide von Eingemachtem, meist Obst mit einem neuen Glasverschluß; dann reihten sich die verschiedenen Leistungen der Firma in gewöhnlicher und verzuckerter Chocolade sowie die bekannten Gebilde aus Marcipan von der kleinsten Rüben an bis zum Teller mit dem Katerhäring. Die Chocolade der Firma hat, infolge der sorgfältigen Auswahl und Vermischung der Cacaosorten, bei den Feinschmeckern, soweit ich in Belgien wahrnehmen konnte, den Sieg über einheimische und französische Erzeugnisse davongetragen. Der Umstand, daß die deutschen Chocoladefabriken. im Gegensätze zu dem englischen, Steuer auf den Cacao und außerdem auf den Zucker tragen müssen, hat die Wettbewerbsthätigkeit des Kölner Hauses nicht beeinträchtigt. Die Maschinenbauanstalt desselben ist nicht weniger berühmt als dessen Chocolade. Die Gebrüder Stollwerk haben ein neues Röstverfahren erfunden, welches das Anbrennen des Cacaos und die Verflüchtigung des Theobromins verhindert. Nach Boston hat das Haus verschiedene Röster geliefert, deren einer nicht weniger als 20 Ztr. auf einmal verarbeitet. Sogar die französischen Fabriken, die früher die tauglichsten Maschinen im eigenen Lande fanden, sind auf den Bezug bei Stollwerk eingegangen. In Köln wird jede neu erfundene Maschine für Chocoladenbereitung geprüft und eintretendenfalls in den Betrieb eingeführt; jede in der Fabrik selbst für andere verfertigte Maschine wird gleichfalls versucht, denn die Firma wahrt ihren Weltruf in der strebsamsten Weise. Sie beschäftigt etwa 1000 Arbeiter ; 780 Maschinen ersparen ihr die Handarbeit, welche überhaupt bei der Chocoladenbereitung auf ein Geringstes zurückgeführt wurde. In den Schreibstuben arbeiten 62 Beamte; daneben hält die Firma 25 Reisende für Europa und noch eine Anzahl für überseeische Länder. Ihre Anstalt ist eine der Merkwürdigkeiten Kölns geworden.
Standesamt ßakw.
Geboren:
19. Juli. Emil Hugo, Sohn des Hubert Gerstel, Wagenwärters.
23. „ Christian Friedrich, Sohn des Christian Schechinger, Maschinenstrickers.
24. „ Louise Pauline, Tochter des Emil Wid maier, Sattlermeisters.
24. „ Ernst August, Sohn des August Kleindienst, Appreturmeisters.
G e st o r b e n:
22. Juli. Johanne geb. Schüler, Witwe des Johann Christof Bott, gew. Schlosser- _ Meisters.
Gottesdienste am Sonntag, den 29. Juli 1888.
Vom Turme: Nro. 285. Vormittagspredigt: Hr. Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr nachm. Predigt in der Kirche: Herr Helfer Eytel.
Hotteräieaste ia ä«r Metkioäistenkapekke am Sonntag, den 29. Juli 1888, morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.
sich zu bilden. Vollständige Makellosigkeit des Charakters gehörte nicht zu den absolut notwendigen Eigenschaften, um in dem Salon der Baronin zugelassen zu werden; dafür aber hatten diese Cirkel den Vorzug, daß man sich in denselben niemals langwellte.
Die Dame des Hauses selbst hatte sich in der vornehmen Gesellschaft schon längst unmöglich gemacht; den Namen ihres Mannes aber und dessen vornehme Abstammung konnte ihr Niemand rauben und auf diesen Namen pochte sie. Sie verstand es, einen gewissen äußeren Schein zu wahren und dabei doch sich ihre vollständige Unabhängigkeit zu sichern. Die Baronin von Benserrade stammte von armen, aber ehrgeizigen Ettern ab, welche ihr anstatt einer Aussteuer vortreffliche Ratschläge und eine praktische Erziehung mitgegeben hatten; von der frühesten Kindheit an hcttte man sie die Kunst, zu gefallen gelehrt; sah man darin doch das sicherste Mittel, eine glänzende Partie für sie zu erlangen. Sie aber war eine kluge Schülerin gewesen; intelligent, schlau und vorurteilslos, besaß Juliette Plantin mit zwanzig Jahren bereits nur eine Leidenschaft und zwar jene für das Geld. Als sich ihr folglich in Gestatt eines reichen Landedelmannes eine glänzende Verbindung bot, griff sie gierig zu, ohne sich selbst auch nur einen Moment die Frage zu stehen, ob ihr Herz ihm angehöre oder nicht.
Nach mehrjähriger Ehe, welche sie benützt hatte, um den Charakter ihres ihres Gatten auf das Genaueste zu studieren, fand sie es angezeigt, die Monotonie ihrer Ehe durch einen längeren Aufenthalt in Paris zu unterbrechen. Sie hatte bis nun unausgesetzt mit ihrem Gatten auf dessem Schloß auf der Normandie gelebt. In der Residenz jedoch fand ihr Gemahl bald Anlaß zu einem Duell, welches, well die Gegner gleichzeitig schossen, dm Ausgang nahm, daß Beide sich gegenseitig töteten. Mit fünfundzwanzig Jahren war die Baronin eine junge, reiche, schöne Witwe, der die Welt offen stand.
(Fortsetzung folgt.)