78. Jahrgang.

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Nagold, Samstag, den 12. Marz

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Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwab. Landwirt.

1904.

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ist am Montag, Donnerstag, Freitag «. Samstag je von nachmittags 4 Uhr ab, am Mittwoch

vormittags von 8 Uhr ab.

Amtliches.

Die Herren Ortsvorsteher

wollen binnen 14 Tage« die Zahl der Kühe u. sprnng- fähigen Kalbinnen ihrer Gemeinden erheben und anher als portopflichtige Dienstsache ««zeige».

Nagold, den 4. März 1904.

K. Oberamt. Ritter.

UoMische HleSersicht.

Das in Argentinien kürzlich in Kraft getretene

Gesetz, detr. die Aushebung zum Militärdienst, hat ausge­zeichnete Erfolge geliefert. Es wurden 17,000 junge Leute, d. i. 62°/» der Gestellungspflichtigen, als diensttauglich be­funden und cingereiht. Die Stellungen vollzogen sich in der ganzen Republik ohne Schwierigkeiten. Einem Tele­gramm aus Montevideo zufolge meldete General Muniz über das letzte mit den Truppen Saraivas bei Paso del Pargue stottgehabte Gefecht: Die Aufständischen kämpften gegen 4500 Regierungstruppen. Dir elfteren hatten 100 Tote und 300 Verwundete und verloren ein Geschütz und 280,000 Patronen.

Marinefragen beschäftigen weiteste Kreise in

den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Der Schatz­sekretär Shaw beantwortete dieser Tage in Washington auf einem ihm von den Bankiers gegebenen Festmahl einen auf die Handelsmarine ausgebrachten Trinkspruch. Er sprach die Hoffnung aus, daß der gegenwärtige Kongreß einen Ausschuß zur Untersuchung der Lage dieser Marme einsetzen und der nächste Kongreß die sich daraus ergebenden Maß­nahmen beschließen werde. Natürlich wird es sich um eine erhebliche Vermehrung der Flotte handeln.

In der spanischen Stadt Valladolid ist es in der Montagsnacht zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ein Mönchskloster wurde mit Steinen beworfen, worauf die Gendarmerie verschiedentlich gegen die Menge vorging und sich selbst genötigt sah, zur Ausrechterhaltung der Ord­nung zu feuern. Vier Personen wurden verwundet, darunter zwei Polizisten. Ju der Mitternachtsstunde gelang es, die Ruhe in den Straßen wiederherzustellen.

Die Türkei scheint entschlossen zu sein, gegen die Beschlüsse, betr. die Organisation der Gendarmerie, im Widerstand zu verharren. Man nimmt an, daß die in Vorbereitung befindliche Antwort der Pforte in dieser Sache die gleichen Vorbehalte und Einwendungen wie bisher er­heben werde. Die Ententemächte werden jedoch auf An­nahme der Beschlüsse, welche die Hauptpunkte des Mürz- steger Reformprogramms bilden, mit Nachdruck bestehen. In diplomatischen Krisen in Konstavtinopel herrscht die Ansicht vor, daß die Pforte schließlich nachgeben werde.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 9. März. (Schluß.) Böckler (Rp.) wendet sich ge­gen die Zulassung von Juden zum Offiziersstand.

Bebel (Soz.) berührt nochmals das Vorkommnis in Bautzen und den Fall Vissing sowie den Fall des Prinzen Arenberg. Bei der Aufnahme des letzteren in das Regiment sei der gegenwärtige Kriegsministcr dessen Kommandenr gewesen. Durch oie Kritik an den bestehenden Zuständen wollen die Sozialdemokraten Dentschland zum ersten Lande der Welt machen (Rufe: Das glauben Sie doch selbst nicht!). Wie traurig die Zustände seien, dafür sei ein Beweis, daß die Sozialdemokratie jetzt schon in den höchsten Kreisen Anhän­ger habe. Es gebe keine Partei, welche die christlichen Ideale wär­mer vertrete als die Sozialdemokratie (schall. Heiterkeit.) Christus war ein Jude nach dem Vater und der Mutter und nach der heili­gen Schrift. Das Christentum und Judentum seien unzertrennlich. Um so verwerflicher und verächtlicher sei das Bestreben, diese Ver­bindung nicht anzuerkennen. Redner schließt: Machen Sie, was Sie wollen! Los werden Sie uns nimmer!

Stöcker (christl.-soz.) meint, mit der Sozialdemokratie gebe es kein Kompromiß, sondern nur den Kampf um Leben und Tod.

Kriegsminister von Einem warnt vor übertriebener Klatsch­sucht, die gerade von den sozialdemokratischen Blättern großgezogen werde. Was die Anfrage Bebels betr. Bisstng angehe, hätte Bebel besser getan, sich brieflich an ihn zu wenden. Dies hätte jedenfalls beruhigender gewirkt. Der Minister geht dann auf den Fall Aren­berg ein. Ihm sei bei seinen Erkundigungen nichts über die Ereig­nisse aus dem Vorleben des Prinzen mitgeteilt worden. Zweifellos seien in diesem Fall Fehler gemacht worden. Was die Anstage Eick­hoffs hinsichtlich der Verwendung jüdischer Offiziere betreffe, habe er s. Z. dem betr. Generalkommando sein Mißfallen ausgesprochen; aber zur Wiedereinstellung des betr. Herrn durch Korpsbefehl hatte, nachdem der gegenteilige Bescheid gefallen war, das Korpskommando gar kein Recht. Betreffs des Heidelberger Falles sei nachgewiesen worden, daß der Meistschuldige mehrfach vorbestraft und Sozialdemo­krat gewesen sei. Der Kriegsminister fragt dann den Abg. Bebel, ob er den AusdruckVerleumdung", den er gegen diese Behauptung angewandt habe, zurücknehmen wolle.

Bebel lehnt ab.

Der Kriegsminister fährt fort, dann appelliere er an das Haus zur Entscheidung der Frage, ob Bebel wirklich der wahrheitslie­bende Mann sei, als den er immer gelten wolle. (Anhaltender Beifall.)

Der Gehalt des Kriegsministers wird bewilligt, ebenso die Re­solution Eickhoff betr. freie Eisenbahnfahrt für Urlauber und die Resolution Beumer über denselben Gegenstand. Die Resolution Heyl betr. Besserstellung der Unteroffiziere wird abgelehnt.

Berlin, 10 März. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min.

Zu dem Gesetzesentwurf betr. die Rechtsstellung des herzoglich holsteinschen Fürstenhauses liegt ein sozialdemokratischer Antrag vor, dem Gesetzesentwurf hinzuzufügen:Die vorstehende Vorschrift fin­det auf Rechtsverhältnisse keine Anwendung, die vor dem Inkraft­treten dieses Gesetzesentwurfes bestanden."

Stadthagen (Soz.) begründet den Antrag. Der Gesetzes­entwurf sei eine Durchbrechung der Bestimmungen des bürgert. Ge­setzbuches und nur auf einen Einzelfall zugeschnitten.

Staatssekretär Nieb erd in g erklärt die Behauptung des Vor­redners für unrichtig, daß der Gesetzesentwurf dazu bestimmt sei, in sckwebende Prozesse einzugreifen, weder in den Prozeß wegen des Nachlasses der Prinzessin Amalie, noch in den Prozeß gegen den Herzog von Schleswig-Holstein.

Stockmann (Rp.) und Hirsch (Z.) bitten, den sozialdemo­kratischen Antrag abzulehnen.

Nach längerer Erklärung wird der sozialdemokratische Antrag .abgelehnt und der Gesetzesentwurf endgültig angenommen.

Sodann wird die Beratung des Militäretats fortgesetzt.

r. Stuttgart, 10. März. Gemeinde- u. Bezirks- ordnungskommission. Die Beratung wurde bei Art. 106 wieder aufgeffommcn, welcher von der Wählbarkeit des Ortsöorstehers in den großen Städten handelt. Es soll gewählt werden können jeder Deutsche, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat. Hiezu beantragte der Bericht­erstatter Kraut, die Dispensationsmöglichkeit von dieser Altersgrenze bei den großen Städten auszuschließen, da bei den großen Städten das Verlangen nach einem Mindestalter von25Jahren wohlbegründetsei. Art. 107handelt von den Neu­wahlen, für welche dieselben Bestimmungen gelten sollen, wie bei den übrigen Gemeinden u. a. daß sie in den letzten 3 Mo­naten vor Ablauf der Wahlperiode vorgenommen werden sollen. Die Bestimmung des Wahltermins soll aber nicht der Kreisregierung zustehen, wie der Entwurf will, sondern den bürgerlichen Kollegien. Auf den Wahlakt selbst und die Anlegung der Wählerlisten finden die allgemeinen Be­stimmungen Anwendung. Als gewählt gilt auch für die großen Städte derjenige, welcher verhältnismäßig die mei­sten der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Bei Art. 108 wurden die Abs. 1 und 2 als selbstverständlich gestrichen. Der übrige Inhalt des Art. wurde mit einer kleinen Aen- derung angenommen. Art. 109 sagt: Hat der Gewählte mehr als ^ aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt, so wird die Bestätigung nur versagt werden, wenn der Dts- ziplinarhof für Körperschaftsbeamte die Untauglichkeit des Gewählten ausgesprochen hat. Art. 110 lautet Für den Fall, daß die Bestätigung der Wahl 2mal versagt wird, hat das Ministerium des Innern einen Amtsverweser zu bestellen. Art. 111 bestimmt: Bei Erledigung der Orts­vorsteherstelle wegen Ablauf der Wahlperiode kommt die Amtsverwesung dem bisherigen Inhaber der Stelle zu und nur aus besonderen Gründen kann ein anderer Amtsver­weser bestellt werden. Nach Art. 112 ist der Titel des Ortsvorstehers in großen StadtgemeindmOberbürger­meister". Diese Art. wurden angenommen, dagegen wurde Art. 113 gestrichen. Art. 114 handelt von der Stellenver­tretung für den Ortsvorsteder bei dessen vorübergehender Verhinderung, für welchen Fall die Grmeindekollegien einen oder mehrere Stellvertreter aufzustellen haben. Art. 115 befaßt sich mit dem Wirkungskreis des Oberbürgermeisters, Art. 116 und folgende mit der Bestellung der Gemeindebe­amten. Diese Art. wurden mit unwesentlichen Aenderungen nach dem Entwurf angenommen. Fortsetzung morgen.

Der Ausstand m Deutsch-Südwestasrika.

Berlin, 11. März. Dem Lokalanzeiger zufolge hat der Gouverneur Lcutwetn hierher gemeldet, daß er zur Be-

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wältigung des Aufstandes noch 800 Mann und zwei be­spannte Batterien nötig habe.

Berlin, 11. März. Nach einem Telegramm auS Swakopmund ist dort gestern ein Transport von 100 Pferden, 280 Maultieren und 200 Ochsen aus Buenos Aires eingetroffen.

Der Krieg zwischen Rußland Md Japan.

Gönl, 10. März. Die japanischen Pioniere find über­all an der Arbeit, die schlechte Straße nach dem Norden auszubessern. Sie ist jetzt schon für alle Waffengattungen gangbar. Ebenso wird an der Straße von Söul nach Fusan gearbeitet. Südlich desJalu stehen nur etwa3600Marm russischer Kavallerie mit zwei Batterien, die zusammen acht Geschütze zählen. Diese Kavallerie besteht aus zwei Briga­den, jede zu drei Regimentern. Ihre Hauptquartiere waren am Montag in Jöng-tschöng und Sön-tschöng. Sie haben offenbar nur die Aufgabe, zu rekognoszieren. Auf der schlech­ten Straße rückten sie nur sehr langsam vor. Gezwungen, teilweise von den geringen Vorräten der außerordentlich armen Landschaft zu leben, haben sie FuragierkommandoS gebildet, die auf vierhundert Reiter geschätzt werden und hinter den Vorposten umherschwärmen.

Tomsk, 10. März. Auf der Station Jurta der sibi­rischen Bah« ist ein Militärzug entgleist, von dem 4 Wagen völlig zertrümmert wurden. 1 Kosake wurde getötet, 7 schwer und 5 leicht verletzt.

Port Arthur, 10. März. Bei dem Nachtangriff der japanischen Flotte auf Port Arthur am 4. März wur­den angeblich 5 Brander und 2 Torpedoboote in den Grund gebohrt.

London, 10. März. Aus Wei-hai-wei wird depe­schiert, zuverlässigen Berichten zufolge habe bei Haiju in Korea ein Zusammenstoß zwischen den feindlichen Truppen stattgefunden, der mit dem Rückzug der Russen endete. Der russische Vormarsch südlich der Posfietbai dauert nach einer Tokioter Meldung fort. Aus Söul wird die Besetzung der Telegraphenstation Aangwon durch die Raffen gemeldet.

London, 11. März. Dem Reuterschen Bureau wird auS Petersburg gemeldet, daß nach einer Depesche aus Port Arthur von gestern die japanische Flotte ver­gangene Nacht 12 Uhr vor dem Hafen erschienen sei und mit Unterbrechungen bis 8 Uhr morgens die Festung be­schossen habe.

Tokio, 11. März. Russische und japanische Jäger z« Pferd hatten gestern vor Phöngjang ein Gefecht. Die Russen zogen sich nach kurzem Kampfe zurück. Verluke hatte keine der Parteien. Nach Meldungen aus Sensan haben die Japaner seit dem 6. ds. Mts. dreimal Wladi­wostok beschossen. Die japanischen Granaten sollen einen Teil der Stadt in Brand gesteckt haben.

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Nagasaki, 10. März. Die Mannschaften der von den Japanern aufgebrachten Handelsschiffe ungefähr 400, wurden freigelaffen und ihren respektioen Konsuln übergeben.

Söul, 10. März. Die Polizei von Tschemulpo soll einen Schwager des koreanischen Kronprinzen in dem Augen­blicke verhaftet haben, als er sich an Bord eines nach Shanghai bestimmten Dampfers einschiffen wollte. In sei­nem Besitz seien wichtige Papiere gefunden worden. Es be­stehe die Vermutung, daß die koreanische Regierung eine Jntrigue mit Rußland aussptnnen wollte.

Gages-Weuigkeiten.

Aus Stadt Md Land.

Nagold, 12. März.

Eisenbahnsache. Mit Wirkung vom 15. März ein­schließlich an treten im Fahrplan der Enz- u. Nagold­bahn folgende Aenderungen ein:

1) Der Personenzug 656

Wildbad ab 5?« Vm.

Pforzheim an 6.'°

nimmt in Neuenbürg und Engelsbrand Personen mit Ar- Veiterfahrkarten nicht auf.

2) Der Personenzug 1178

Neuenbürg ab 6?° Vm.

Pforzheim an 6."

hält in Birkenfeld nicht an.