Wiesbaden, 13. Juli. Die serbische Königin ist heute abend 7 Uhr nach Wien abgereist. (Die Reisekosten wurden von der Königin mit etwa 1000 ^ selbst bezahlt, und sie fuhr in einem königlich preußischen Wagen besten früherer Eigentümer der Kurfürst Wilhelm von Hessen war. Die Königin trug Trauerkleider. Stolz blickend und einen Zug der Verachtung im Gesichte grüßte sie freundlich den erschienenen Damen und Herren der hiesigen Gesellschaft, etwa zwanzig an der Zahl, welche ein Hoch ausbrachten, zu. Das sonstige zahlreiche Publikum verhielt sich schweigend und anständig. Der Verlauf der ganzen Sache war sonst ruhig.)

Frankreich.

Pariser Meldungen berichten über den gestrigen Zweikampf zwischen Floquet und Boulanger:Floquet sandte noch abends Clemenceau und Georges Perin zu Boulanger, um ihn zu fordern. Letzterer wählte Herisse und Laisant zu Sekundanten. Der erste Gang in dem Zweikampf Floquet. Boulanger begann um 10 Uhr 20 Minuten. Es folgten ihm nur noch zwei, freilich sehr heftige Gänge. Im ersten erhielt Floquet am Schenkel eine ganz unbedeutende Streifung, Boulanger einen leichten Streisstich an der Hand; im zweiten, sehr heftigen Gang erhielt Floquet eine leichte Wunde in die rechte Brust, Boulanger eine schwere Abfuhr in den Hals. Es fand ein bedeutender Bluterguß statt. Boulanger blieb aufrecht; seine beiden Zeugen geleiteten ihn vom Garten in das Haus. Die Bandage und das Hemd sind voll Blut. Floquets Verletzung ist unbedeutend. Die Verletzung BoulangerS besteht nach einem heute veröffentlichten ärztlichen Bericht in einer tiefen Wunde der rechten Halsgegend, die dem Atmen erhebliche Schwierigkeiten bereitet. DiePresse" schlägt in ihrem Bureau folgendes Bulletin des Arztes an:Die Halswunde ist schwer, die Atmung behindert. Ueber den weiteren Verlauf läßt sich nichts Bestimmtes Voraussagen.

Serbien.

Belgrad, 15. Juli. König Milan ist mit dem Kronprinzen um 73/4 Uhr hier eingetroffen und wurde von sämtlichen Ministern, den Spitzen der Behörden, der Generalität, dem Episkopat, sowie den Vertretern Oesterreichs und Deutschlands empfangen. Auf den Straßen begrüßte eine zahlreiche Menschenmenge den König und den Kronprinz enthusiastisch. Die Stadt ist beflaggt und illuminiert. Um 8 Uhr fand ein Fackelzug statt und wurde eine Serenade gebracht.

Gages-Weuigkeiten.

* Holzbronn. 16. Juli. In verflossener Nacht kam auf bis jetzt unbekannte Weise in einer Scheuer hier Feuer aus, die trotz eifrigen Bemühens der hiesigen Feuerwehr total niederbrannte. Der Abgebrannte ist, wenn auch nicht hoch, so doch einigermaßen versichert.

Cannstatt, 13. Juli. Gestern abend halb 7 Uhr belustigten sich, wie dieCannst. Zeitung" berichtet, ein Herr und zwei Damen durch Nachen­fahren. Trotz der angebrachten Warnungstafel fuhren die Unvorsichtigen über das Straußsche Schwimmbad hinab bis zum Waschhaus, wurden aber hier von der starken Strömung des angeschwollenen Flusses erfaßt und über das Wehr hinabgerifsen; der Nachen schlug um und alle drei Insassen wurden von den Wellen fortgetrieben, unterhalb des Mühlgrün jedoch glücklicherweise gerettet.

Fellbach, 8. Juli. Der Monat Juni war für unfern Ort in besonderer Weise segensreich, indem das Standesamt nicht weniger als 21 mal mit Geburtsanzeigen in Anspruch genommen wurde. Das Regen­wetter übt auf unseren Wiesen im Oehmdnachwuchs eine sehr günstige Wirkung aus und unsere Bauern sind froh, Heuer mit der Heuernte zeitig begonnen zu haben, namentlich wenn sie hören, wie im Neckarthal wegen der fortgesetzten Regenshdas Heuqras entweder noch steht, oder, was noch schlimmer ist, das Heu schon 810 Tage gemäht auf der Wiese liegt. Auch den Obst­bäumen, die täglich mehr Früchte zeigen, ihm der Regen gut. In den Wein­

bergen sieht man hie und da ein abgefallenes Beerlein, was aber im Hinblick auf die massenhaften Trauben von keiner Bedeutung ist.

Rommelsbach, 11. Juli. (Falscher Verdacht.) Eine recht un­angenehme Ueberraschung wurde, wie dieSchwarzw. KreiSztg." berichtet, letzten Sonntag nachmittag zwei gegenwärtig hier zu Besuch sich aufhaltenden Amerikanern zu teil. Dieselben wurden, als sie sich im vertraulichen Gespräch in der Wohnung von Verwandten befanden, durch den plötzlichen Eintritt zweier Landjäger nebst dem Polizeidiener des Orts überrascht, welche den­selben ihre Verhaftung wegen großartiger Wechselfälschung eröffneten. Was für eine Wirkung diese Botschaft auf die Betreffenden machte, kann sich jedermann selbst denken, wenn man sich von jeder Schuld an einem Ver­brechen frei weiß. Zum Glück besaßen die beiden Landjäger soviel Takt­gefühl, daß sie den betreffenden Herren gestatteten, eine Droschke aus Reut­lingen herbeiholen zu lassen, um ihre Ablieferung an das K. Amtsgericht Tübingen auf diese Weise zu ermöglichen. Zur Ehre des Untersuchungs­richters muß hier angeführt werden, daß derselbe trotz später Abendstunde und eines Sonntags sich herbeiließ, die Herren bei ihrer Ankunft in Tüb­ingen sofort zu verhören und nachdem sie ihr Alibi beweisen konnten, sofort wieder in Freiheit setzte. Daß die beiden Herren ihre Rückfahrt von Tüb­ingen froheren Mutes als ihre Hinfahrt machten, ist sehr begreiflich.

Heilbronn, 11. Juli. Das Dreirad findet lautNeckarztg." immer mehr praktische Verwendung. Gestern sah man hier auf der Durch­reise einen Herrn mit seiner jungen Frau und einem kaum 1 Jahr alten Kind auf einem doppelsitzigen Dreirad. Das Kind war in einer Art Hänge­wiege untergebracht. Die Familie ist aus Karlsbad und hat die Strecke Karlsbad-Nürnberg in zwei Tagen zurückgelegt. Von Nürnberg ging es durch das Tauber-, Jagst- und Neckarthal hierher und dann weiter nach Karls­ruhe und Straßburg. Die Reisenden sprachen die Absicht aus, ihre Tour bis in die Schweiz auszudehnen.

Heidenheim, 10. Juli. In Hermaringen ist, wie dieRems­zeitung" berichtet, unter dem Rindvieh der Milzbrand ausgebrochen und sind dieser gefürchteten Viehkrankheit bereits mehrere der schönsten Stücke zum Opfer gefallen. Sie wurden verscharrt. Vorigen Herbst schon trat die Krankheit auf, doch glaubte man dieses Frühjahr, sie sei gänzlich beseitigt, als sie zum Schrecken der Viehbesitzer wieder auftauchte. Herr Amtsrichter Sulzer, der als Oberamtsrichter in den nächsten Tagen nach Sulz ab­geht, erfreute sich hier durch unparteiische richterliche Thätigkeit wie auch durch seine Leutseligkeit allgemeiner Achtung, wie die gestern ihm zu Ehren veranstaltete Abschiedsfeier bezeugte. Die besten Wünsche von hier folgten ihm und seiner Familie in seine neue Heimat nach.

Preise auf dem Stuttgarter Wochenmarkt vom 14. Juli.

>/s Kilo süße Butter 1 10 bis

1 20

1 Gans

4

Kilo saure Butter 1 bis

1 10

1 Ente

2 4V

Kilo Rindschmalz

1 30

1 Huhn

1 30

Kilo Schweineschmalz

65

1 Taube

45

1 Liter Milch

16

50 Kilo Kartoffeln 5 50 brs

6

10 frische Eier

50-55

50 Kilo Welschkorn

8 50

Kilo Weißbrot

13

50 Kilo Wicken

10

Kilo Halbweißbrot

12

50 Kilo Haber 7 80 brs

8 20

Kilo Hausbrot

10

50 Kilo Gerste 9

bis

--

1 Paar Wecken wiesen 80120 Gramm.

50 Kilo altes Heu 5

bis

5 60

Kilo Mehl Nro. 0 21; Nro. 1

19 H

50 Kilo neues Heu 4

bis

4 50

Kilo Kartoffeln

8

50 Kilo Stroh 3 60 bis

4

Kilo Erbsen

18

1 Raummeter Buchenholz

11 50

'/- Kilo Linsen

26

1 Raummeter Birkenholz

10

'/- Kilo Bohnen

16

1 Raummeter Tannenholz

7 50

'/- Mo Ochsenfleisch

Kilo Rindfleisch

66

Preise m der Markthalle:

55

>/2 Kilo Rindfleisch

50

Kilo Schweinefleisch

60

t/r Kilo Schweinefleisch

58-60

»/- Kilo Kalbfleisch

55

Kilo Kalbfleisch

50

Kilo Hammelfleisch

60

'/-> Mo Hammelfleisch

60

Ja, ich treffe mit meinem Gemahl zusammen; es ist nicht nötig, anspannen zu lassen, lassen Sie Pierre einen Wagen besorgen. In einer Stunde kehre ich zurück, doch brauchen Sie mich nicht zu erwarten; ich werde mich allein auskleiden."

Ihr Entschluß war gefaßt; sie achtete nicht der Gefahren, denen sie sich aus­setzen konnte. Sie liebte, wie eben nur ein Weib, welches unter der Sonne Jtalien's geboren ist, zu lieben pflegt, mit aller Zärtlichkeit und Leidenschaft, welche sie zu jeder Unbesonnenheit hingerissen haben würde, wenn erst die Ueberzeugung in ihrer Seele wach geworden, daß ihr Gatte sie täusche. Es liegt dies schrankenlose Em­pfinden im Blute der Italienerinnen und das Theaterleben hatte ihre leidenschaftliche Natur nicht zu dämpfen vermocht. Zu Anfang ihrer Bühnenlaufbahn hatte sie sich für einen Mann interessiert, den sie hatte heiraten wollen, als er plötzlich eines tragischen und geheimnisvollen Todes gestorben war. Ihr Herz hatte dann für Keinen höher gepocht, bis sie Georges de Listrac kennen lernte. Zehn Jahre nach dem Drama, welches durch seinen tragischen Abschluß ihre Jugend umnachtete, war es gewesen, als sie ihn zum ersten Mal gesehen und drei Monate später geheiratet hatte, und von Bianka's Seite wenigstens, war es eine echte Liebesheirat, welche sie diesen Bund schließen ließ.

Jetzt nun, da Gefahr drohte, daß sie ihn verlieren könne, wollte sie den Moment beschleunigen, in welchem sich ihr Schicksal entscheiden mußte. Listrac befand sich im Club; so hatte wenigstens Herr von Mouliöres sie versichert; nach dem Club also wollte sie eilen.

Zehn Minuten, nachdem sie ihrer Kammerfrau ihre Befehle erteilt, fuhr Bianka in einem eilig herbeigeholten Fiaker bei dem herrschenden feuchten, nassen Wetter durch die dunklen Straßen von Paris.

Das Palais Listrac lag in der Rue Monseaux und gehörte Bianka Monti persönlich, da das Ehepaar mit gegenseitigem Einverständnis in ihrem Hochzeits­kontrakt das Gesetz der Trennung des Vermögens aufrecht gehalten hatte. Das Elublokal befand sich auf dem Place de l'Opera. Bianka hatte somit keine weste "ahrt zurückzulegen, doch jedenfalls genügte der Gräfin die Dauer derselben, um , ,'llständig über das Bittere und Peinliche der Situation ins Klare zu kommen.

Was würde die Folge ihrer seltsamen Fahrt sein? Sie gestand sich selbst, daß sie um ihr Glück spiele, daß, wenn Georges Le täusche, sie an dem bitteren Weh sterben werde, welches er ihr bereitete.

Da jetzt der Wagen hielt an, etwa zehn Schritte vor dem prächtigen Eingangsthor des Clubhotels entfernt, welches Bianka gar wohl kannte, da Georges es ihr zu wiederholten Malen gezeigt hatte. Fünf oder sechs andere Wagen standen vor dem ihrigen.

Nun erst begannen für die Gräfin die Schwierigkesten, an welche sie im ersten Augenblick nicht gedacht hatte. Sollte sie unter das hell erleuchtete Portal treten, mitten zwischen die Diener und Lakaien, die dort zweifelsohne umherstehen würden? Was mußten jene Leute von ihr denken, wenn sie nach dem Grafen von Listrac fragte? Wenn ein unglücklicher Zufall ihr einen der Freunde Georges' in den Weg führte, einer jener Männer, die ihr Haus besuchten, was würden sie denken, wenn sie die Gräfin zu nächtlicher Stunde in sichtlicher Auflegung hier an diesem Orte trafen? Würde nicht damit morgen ihr und ihres Gatten Name in Aller Munde sein?

Die Zeü drängte und es galt, einen Entschluß zu fassen; in Hast beschloß sie, den Kutscher, der eben vom Bocke stieg, um den Wagenschlag zu öffnen, als Boten zu entsenden. Sie befahl ihm, sich zu dem Portier zu begeben und diesem zu mel­den, daß eine Dame den Grafen von Listrac sofort zu sprechen wünsche.

Ganz gut," entgegnete der Mann mit pfiffigem Augenzwinkern,Ihr Auf­trag soll genau besorgt werden. Sie können ohne Angst im Wagen sitzen bleiben; mein Pferd wird sich nicht rühren, denn es ist seit Morgens sechs Uhr eingespannt."

Mit lebhafter Ungeduld folgte die Gräfin mit den Augen dem Manne, der langsam und schwerfällig in die hell erleuchtete Einfahrt des Hauses trat. ^

Er verschwand aus ihrem Gesichtskreis gerade in dem Moment, in welchem ein Herr, die Cigarre zwischen den Lippen, den leichten Spazierstock unter dem Arm, die Hände in den Taschen seines Paletots, auf die Schwelle des Hauses trat.

(Fortsetzung folgt.)