78. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger­lohn 1.10^«,im Bezirks­und 10 Km-Verkehr 1.20 im übrigen Württemberg 1.30 ^ Monatsabonnements nach Verhältnis.

Ms- mi> AMge-ÄÄ str dm OderM-Seftk NWld.

MW!?

Fernsprecher Nr. 29.

Fernsprecher Nr. 29.

Auflage 2S<tv.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal.

Einrückung 10 -Z,

bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt.

30

Nagold, Freitag den 12. Februar

1904.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Allerhöchster Anordnung gemäß soll die Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät des Königs am Donnerstag den SS. Februar ds. Js.

in der herkömmlichen Weise begangen werden und insbeson­dere der übliche Kirchgang wie bisher statlfinden.

Die gemeinschaftlichen Aemter wollen hienach das Wei­tere veranlassen.

Nagold, den 11. Februar 1904.

K. Oberamt. Ritter.

Bekanntmachung.

Diejenigen Unterojfiziere und Mannschaften auch verheiratete der Reserve und Landwehr 1. Aufgebots aller Waffen, welche zum Eintritt in die Ostasiatische Be­satzungsbrigade bereit sind und tropendienstfähig zu sein glauben, wollen sich rimgehend spätestens bis zum 2b. dieses Monats im Dienstgebäude des Bezirkskommandos in Talw an Wochentagen von 9 bis 10'/- Uhr vormittags persönlich melden.

Sämrliche Unteroffiziere und Mannschaften müssen sich vor Einstellung in die Besatzungsbrigade für die Zeit bis zum 30. 9. 1906 zum Dienst in Ostasten vertraglich ver­pflichten.

Außer der Besoldung, welche für Sergeanten 49,60 für Unteroffiziere 36 für Sanitätsgesreite und Militär­krankenwärter 21 für Gefreite 16,50 ^ und für Ge­meine 13,50 ^ monatlich beträgt, erhalten die zur Ein­stellung gelangenden Leute eine monatliche Kapitulantenzu­lage van 18 ^ und ein jährliches Kapitulationshandgeld von 100 sowie für die Dauer des Aufenthalts auf chinesischem Boden eine Leurungszulage, welche gegenwärtig 1,75 ^ für Unteroffiziere und 1 ^ für Gefreite und Ge­meine beträgt, deren Höhe jedoch jederzeit geändert werden kann.

Bei der persönlichen Meldung beim Bezirkskommando werden Marschgebühren nicht gezahlt.

Die Militärpapiere find mitzubringen.

Calw, den 10. Febr. 1904.

Königl. Bezirkskommando.

Handwerkskammer Reutlingen.

Gesellenprüfungen im Frühjahr 1994.

1. Die Gesellenprüfungen werden im März oder April ds. Js. abgehalten.

2. Zugelafsen werden s.) Lehrlinge mit dreijähriger Lehrzeit, wenn diese spätestens am 30. Sept. abläuft k) Lehrlinge, deren Lehrzeit kürzer bemessen ist, wenn sie spätestens am 30. Juni endet e) Gesellen.

3. Die Prüfungsordnung kann bei den Vorständen der gewerblichen Vereinigungen und im Bureau der Kammer durchgesehen werden.

4. Als Prüfuugsorte für die Lehrlinge des OA. Na­gold find bestimmt:

Hltn GHr' und Gold.

Roman von E. von Linden.

-16) Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Na, wenn sie mir man vor die Fäuste kommen," murmelte er auf dem Heimwege ingrimmig vor sich hin. Schöne Landsleute, auf die man sich bannig was einbtlden taun."

Er spuckte verächtlich aus, sagte aber weder dem Chef noch den Damen eine Silbe von dem, was ihn erregte und unruhig machte.

John," sprach Mr. Lawrence, der in seinem Privat- Kontor mit unbeweglichen Gestchtszügen vor seinem Schreib­tisch saß,sieh' Dir diesen Brief an Mr. Weber an, ich glaube, er kommt von seinem Vater. Wie heißt doch nur gleich das deutsche Nest, wo er daheim ist?"

John nannte die Stadt.Sie is an der Weser un nich so klein, als wie Sie sich vorstellen, Mr. Lawrence!" setzte er erläuternd hinzu.

Richtig, er ist also von seinem Vater," fuhr der Ban­kier fort, den Brief unruhig hin und her drehend.Die armen Leute tun mir leid, sie sollen späterhin, wenn sie alles erfahren, nicht sagen, daß irgend etwas in der häß­lichen Geschichte versäumt worden ist. Ich überlege mir eben, wem ich die Sache übertragen soll, und finde keinen besseren als Dich, alter John! Mache Dich also bereit, morgen nach «Thicago abzureisen, um zu versuchen, etwas Klarheit,zu-erhalten. Na, bist Du nun zufrieden? Dein

a) Nagold für die Lehrlinge aus allen hier nicht be­sonders genannten Gewerben (V. d. Pr.-A.: Hr. Flaschnermstr. Th. Kehle);

d) Altensteig für Gerber (B.d. Pr.-A.: Hr. Professor Dr. Wagner);

e) Calw für Friseure, Uhrmacher (V. d. Pr.-A.: Hr. Kaufmann Gust. Schlatterer);

ä) Neuenbürg für Wagner u. Stellmacher (V. d. Pr.- A.: Hr. Seilermstr. Fr. Gollmer); s) Horb für Brauer, Buchbinder, Holzbildhauer (B. d.

Pr.-A.: Hr. Lehrer A. Ltpp); k) Frendenstadt für Werkz.- u. Messerschmiede (V. d.

Pr.-A.: Hr. Stadtschultheiß Hartranft); ss) Tübingen für Feinmechaniker, Kürschner, Photogra­phen, Stetnbildhauer (V. d. Pr.-A.: Hr. Lokomotiv­führer a. D. Fr. Reichenecker);

5) Reutlingen für Bürstenmacher, Goldarbeiter, Haf­ner, Kaminfeger, Korbmacher, Seifensieder (V. d. Pr.- A.: Hr. Malermstr. Chr. Fr. Fischle).

5. Anmeldeformulare sind bet den gewerblichen Vereini­gungen und vom Bureau der Kammer unentgeltlich zu beziehen.

6. Die Anmeldung ist spätestens bis 1. März d. I. etnzureichen an den Borsitzende» des zuständigen Prüfungsausschusses (s. oben Punkt 4), der alles Wet­tere anordnen wird.

7. Die Prüfungsgebühr beträgt 3 und ist vom Prüfling vor der Prüfung an den Vorsitzenden zu zahlen.

8. Es steht den Prüflingen frei, sich an der nächste» gewerblichen Fortbildungsschule auch in deutscher Sprache, Rechnen und Zeichnen, sowie in andern Schulfächern prüfen zu lassen, wenn dieftr Schule ein Gewerbeschulrat vorsteht.

Reutlingen, 10. Februar 1904.

Für die Handwerkskammer:

Der I. Vorsitzende: Der Sekretär:

Chr. Fr. Fischle. Rud. Dietrich.

Die Herren Ortsvorsteher

wollen Vorstehendes in ortsüblicher Weise bekannt machen. Nagold, 11. Februar 1904.

K. Oberamt. Ritter.

Zu Doktoren haben promoviert: die medizinische Fakultät der Universität Tübingen: Ludwig Bauer aus Pfalzgrafenweiler, die staatswissenschaftliche Fakultät: Julius Keck aus Nagold.

politische Webersicht.

Im englische« Unterhaus erklärte gestern der

Staatssekretär des Innern, Akers Douglas, die Regierung sei von dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwi­schen Rußland und Japan amtlich in Kenntnis gesetzt wor­den, er habe aber dem Haus keine weitere Mitteilung zu machen. Bowles fragte, ob die Regierung die Behörden in den britischen Häfen und Kohlenstationen instruiert habe, welche Haltung sie im Fall eines Krieges den Schiffen der Kriegführenden gegenüber zn beobachten hätten. Der Staats­sekretär des Innern erwiderte, die Frage sei der Aufmerk­samkeit der Regierung nicht entgangen.

eigensinniger Kopf will doch noch immer nicht an seine Schuld glauben."

Ja, Herr, damit bin ich ganz un gar zufrieden," versicherte John, freudig überrascht,un wenn tch's nicht heraus kriege, wird's auch kein Polizeimann tun, aber's"

Er schwieg und schaute verlegen vor sich hin.

Na, was gibt's denn nur noch für ein aber?" fragte Mr. Lawrence erstaunt.

Ihre Sicherheit, Herr!" versetzte der Riese, seine mächtige Gestalt emporreckend,un denn von wegen der Bank. Ich, John Brennecke, bin nu mal nich blos der Kontor- und Battkdiener der Firma W. Lawrence, ich bin auch der Wächter un war noch keine Nacht vom Posten weg."

Die kalten Züge des Bankiers wurden durch ein freund­liches Lächeln erhellt. Er nickte und legte seinem treuen Faktotum wohlwollend die Hand auf die Schulter.

Ja, mein alter John, sagte er,Du warst seit zwan­zig Jahren mein treuer Schatten, mein hilfreicher Bei­stand, als es galt, Not und Sorgen mit mir zu tragen u. die kleinen Anfänge meiner geschäftlichen Unternehmungen durch Deine Arbeit zu unterstützen. Du warst mir damals mehr «in Freund als Diener, und wenn ich Glück hatte, wenn es mir gelang, auf einen grünen Zweig zu kommen, so habe ich es doch nie vergessen, was Du mir damals ge­wesen bist."

Nee, Herr, so was wollt' ich nich sagen un mir ge­wißlich nicht einbilden." protestierte John verlegen und ver­wirrt, da der stolze Chef in dieser Weise noch nie mit ihm

Das Staatsdepartement in Washington hat

gestern ein Telegramm von der amerikanischen Gesandtschaft in Söul erhalten, wonach dort verlautet, daß japanische Kriegsschiffe auf der Höhe von Masampho angekommen seien; die telegraphische Verbindung sei jedoch unterbrochen und eine Bestätigung des Gerüchts daher unmöglich.

Ueber die Vorgänge in Oftasie« verlautet vorerst nur wenig. Japan behauptet, die Antwort der russischen Regierung auch jetzt noch nicht erhalten zu haben; durch diese Verzögerung sei es zum Abbruch der Beziehungen gezwungen gewesen. Wenn Japan den Krieg so leichtfertig vom Zaun bricht, so können die Sympathien nur auf rus­sischer Seite sein. Versteift sich das mongolische Juselvolk darauf, das Harakiri an sich selber zu vollziehen, gut, so mag es das tun, niemand wird Mitleid mit einer solchen verblendeten Nation haben. Ohne jedes Mitleid mit diesem größenwahnsinnigen Volk werden die Völker Europas diesem militärischen Schauspiel zusehen und eine derbe Züchtigung wird den Herren Mongolen von Herzen gegönnt werden. Die Bündnisfrage tritt weder für Rußland, noch für Ja­pan in Kraft. Da Japan der Angreifer ist, wird England voraussichtlich Zuschauer bleiben, durch seinen Bündnisver­trag ist es nicht an Japan gebunden, ebensowenig wie Frankreich an Rußland. So werden beide Staaten den Waffengang voraussichtlich und man muß hinzufügen, hoffentlich, allein ausfechten. Denn das fehlte gerade noch, daß weitere europäische Mächte in diesen frivol heraufbe­schworenen Streit hineingezogen würden.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 10. Febr. Am Bundesratstisch: Staatssekretär Graf PosadowSky.

Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärt Frohme (Soz.), daß die von ihm am Stenogramm seiner Rede über die Entschädi­gung unschuldig Verhafteter vorgenommenen Korrekturen sich auf die Verbesserung eines etwas ungenauen Ausdrucks beschränken.

In der fortgesetzten Etatsberatung des Reichsamts des Innern (bei Kapitel Reichsgesundheitsamt) führt Sartorius (fr. Bp.) aus, trotz der nicht zu verkennenden Vorteile, die das Weingesetz dem Weinhandel brachte, haben bei der Kontrolle sich Mißstände heraus­gebildet, die schon jetzt leicht beseitigt werden könnten.

Direktor Köhler dankt dem Vorredner für die Anerkennung der Wohltaten, die das Weingesetz den Winzern und dem Wein­handel gebracht habe. Alljährlich finden jetzt Konferenzen von Ver­tretern der Wissenschaft statt, von deren Arbeiten das Beste erhofft werden könne.

Bärwinkel (ntl) tritt für nachdrücklicheren Schutz der deut­schen Bienenwirlschaft ein.

Frhr. v. Pfetten (Ztr.) wendet sich gegen die gestrigen Dar­legungen Scheidemanns über die Fleischbeschau und obligatorische Beschau der Hausschlachtungen.

Scheidemann (Soz.) erklärt, alle Erwiderungen von gegne­rischer Seite auf seine neulichen Ausführungen haben deren Richtig­keit bestätigt, daß nämlich eine rein hygienische Vorlage (das Fleisch­beschaugesetz) von den Agrariern dazu benützt worden sei, fich tue auswärtige Konkurrenz vom Halse zu schaffen. Redner hält seine früheren Behauptungen aufrecht.

Gothein (fr. Vg.) erklärt, seine Freunde waren stets und werden ferner bereit sein, im Interesse der heimischen Viehzucht die Grenzen gegen die Einfuhr ausländischen Viehs zu sperren, wenn dasselbe verseucht sei. Man dürfe aber nicht die Einfuhr für alle

gesprochen hatte.Es war man blos, dieweil ich Angst un Unruh um den Herrn un um die Bank Hab'!"

Und weshalb denn nur um Gottes Willen, Freund John?" fragte Mr. Lawrence ungeduldig,wenn ich Dich nicht für einen ernsthaften Mann hielte, so würde ich Dich für einen Hasenfuß erklären. Hast Du vergessen, was die Zeit für mich bedeutet?"

Nee, Gott soll mich bewahren, Herr," antwortete John, tief aufatmend;aberS gegen heimtückische Banditen, die fich nix nich um ein Menschenleben kümmern, kann nur ein guter Wächter, der gewöhnt is, mit einem Aug' zu schlafen, aufpaffen."

Du weißt also von solchen Banditen!"

Ich Hab' so'ne Art, was die Jäger Witterung heißen, Herr!" sprach John jetzt entschlossen.Der Herr weiß, daß ich so mal wegelängs bei Hein Möller, vorspreche, waS mein Landsman un guter Freund iS un die Hamburger Bierstube hat."

Ja, ich weiß, John!"

Da verkehrten nämlich früher der verdächtige Reise­gefährte und Hr. Günther un sein Freund, die auch nach­her mit ihm verkehrten, un was Herrn Weber nich einge­fallen is. Hein Möller hat die Strolche endlich weggeekelt, denn er is ein rechtlicher Wirt un hält sein Lokal rein un anständig, denn was wahr iS"

John, bleib' bei der Sache," mahnte der Bankier wieder ungeduldig.

(Fortsetzung folgt.)