77. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag.

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Fernsprecher Nr. 29.

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Schwab. Landwirt.

Nagold, Montag den 30. November

1903.

Amtliches.

A» die Gemeindepflegen!

Bei Prüfung der vierteljährlich einzureichenden Nachweisungen über gezahlte Marschgebühren hat das K. Bezirkskommando die unvollständige und unrichtige Ausfüllung der einzelnen Spalten der Nachweisuug und zum Teil auch verspätete Einreichung derselben wieder­holt ausgestellt.

Den Gemeindepflegern wird daher unter Hinweisung auf die Minist.-Verf. vom 24. Januar 1900 (Reg.-Blatt S. 99) und das dort vorgedruckte Formular strenge auf­gegeben, die Spalten der betr. Nachweisungen recht genau ausznfüllen und die Trennung in:

H.. Auf Grund der MarschgelderTabellen und

L. Vermerke der Bezirkskommandos

in den Gestellungsbefehlen u. s. w." zu beachten.

Die nötigen Angaben zur Ausfüllung der Nachweisungen gehen jederzeit aus denGestellungsbefehlen bezw. Urlaubspässen", welche stets vorgezcigt werden müssen, genau hervor und es ist die sofort aufzustellende Nachweis­ung mit diesen Angaben in genaue Ucbereinstimmung zu bringen.

Bemerkt wird behufs richtiger Geschäftsbehandlung noch folgendes:

Ist der Gestellungsort in der Marschgeldertabelle der Gemeinde verzeichnet, so ist der in gen. Tabelle ange­gebene Betrag zu zahlen.

Bei allen anderen Gestellungen werden die zu zahlenden Marschgebührnisse durch das Bezirkskommando auf den Ge­stellungsbefehlen vermerkt s. auch Min.-Amtsbl. v. 1901 S. 218 Z. 4 (für Entfernungen unter 20 Km. wird nichts bezahlt.)

Die H.H. Gemeindepfleger wollen gegenw. Nummer des Gesellschafters zu den Handakteu nehmen.

Nagold, den 27. November 1903.

K. Oberamt. Ritter.

NoMilche Weberficht.

Die bayrische Abgeordnetenkammer beschäftigte sich gestern mit einem Antrag des Zentrums, die Regierung möge aus den Erübrigungen von 1902 der bayrischen Zentral-Handwerker-Genossenschaftskasse 250000 ^ gegen zwei Prozent überlassen. Während der Debatte darüber beantragte die Regierung, sie zu ermächtigen, aus dem Zentrainebenfonds für Industrie und Kultur der bayrischen Zentral-Handwerker-Genossevschaftskasse in München nach Bedarf gering verzinsliche Vorschüsse zu gewähren und die hierdurch etwa notwendig werdende Verstärkung des ge­nannten Fonds bei der Beratung des Finanzgesetzes zu verlangen. Dieser Antrag wurde schließlich angenommen.

Die bayerische Abgeordnetenkammer beschäftigte sich ge­stern mit allerlei Eisenbahnfragen, wobei vom Regierungstisch u. a. erklärt wuroe, daß ein Doppelgleis auf der Strecke -H^Murt-Ritschenhausen im Augenblick nicht dringlich sei. schließlich kamen noch Postfragen zur Erörterung; es wur­den bewilligt die Postgebäude für Augsburg mit 1,660,000 Mark, für Bamberg mit 1,200.000^, ferner für die Er­weiterung des Postgebäudes im Fürther Bahnhof 195,000 sowie die Reserven hierzu mit 193,300 ebenso 340.000 für neue Telegraphenanlagen.

Die sächsische zweite Kammer verhandelte gestern über den Entwurf eines Gesetzes über die Organisation des ärzt­lichen Standes. Der Entwurf fand bis auf wenige Einzel­heiten allseilige Zustimmung. Abgeordneter Dr. Brückner- Leipzig erklärte, durch dieses Gesetz werde die ideale und me materielle Existenz des Aerztestandes sicherer gestellt als ie zuvor. Der Entwurf wurde der Gesetzgebungsdeputation überwiesen.

Feine Leute scheinen im österreichischen Abgeordneten­haus zu sitzen. In der gestrigen Sitzung verlangte der Abgeordnete Fresl (tschechisch-radikal) die Einsetzung eines Mißbilligungsausschusses gegen den Abgeordneten Stein, der gegen ihn während der Rede des Ministerpräsidenten von Körber in einem Zuruf äußerte:Geben Sie die Uhr zu­rück, die Sie im Belgrader Konak gestohlen haben." Der Mißbilligungsausschuß trat nach Schluß der Sitzung zu­sammen.

In Dänemark will die Regierung für besonders rohe Verbrechen die Prügelstrafe wieder einführen und hat eine dahin gehende Vorlage im Abgeordnetenhaus eingebracht. Dieselbe wird aber nicht nur von den Sozialdemokraten, sondern auch von vielen Mitgliedern der Linken entschieden bekämpft, da sie der Ansicht sind, daß diese Strafe die Roheit nicht vermindern, sondern im Gegenteil gerade ver­wehren werde. Andererseits hat selbst auf diejenigen, die

die körperliche Züchtigung für gewisse Verbrecher wünschen, die Art und Weise, wie der Justizminister die Vorlage empfahl, einen schlechten Eindruck gemacht. Er behauptete, der Vorschlag bedeute einen großen Fortschritt in Kultur und Zivilisation, denn eine je höhere Kultur der Staat erreicht habe, desto wirksamer müsse er die Schwachen be­schützen. May kann es bedauern, daß die Unsicherheit aus den Straßen und die häufigen Ueberfälle es der Regierung notwendig haben erscheinen lassen, die Wiedereinführung der Prügelstrafe zu empfehlen, allein diese Art der Strafen als eineEhre der Zivilisation" zu bezeichnen, ist doch nicht zulässig. Es ist auch sehr zweifelhaft, ob die Vor­lage angenommen werden wird.

Die französische Kammer hat wieder einmal ihren großen Tag" gehabt und daß es dabei ohne einige Liebens­würdigkeiten für Deutschland nicht abging, ist selbstverständ­lich. Man ließ deutlich erkennen, daß man den Revanche­gedanken wegen Elsaß-Lothringens noch nicht aufgegeben hat und dieser Tatsache sollten auch die Agenten der französischen Allianz, die in Deutschland für ihre Sache zu wirken suchen, Rechnung tragen. Nicht ohne Humor ist, was in der Kammer über die Abrüstung geredet wurde. Man einigte sich schließlich auf eine friedliche Haltungmit der Hand am Degen" und sah mit Herrn Delcassö in der Herabsetzung des Heeresbudgets einen ersten Schritt auf dem Weg zur Abrüstung. Daß diese Herabsetzung aller­dings aus dem Grund nötig geworden war, weil man nicht genügend taugliches Rekrutenmaterial im Land hatte, das verschwieg man.

Auf San Domingo scheinen die Aufständischen sehr stegesgewiß zu sein, wenigstens wollen sich dieselben in keine Frtedensunterhandlungen einlafsen. Präsident Wos y Gil ersuchte die Gesandten der Vereinigten Staaten, Belgiens und Haitis, sowie den spanischen Konsul, mit den Belage­rern der Stadt in Beratung zu treten. Bei der Besprech­ung weigerten sich die Aufständischen, Frieden zu schließen und forderten die Uebergabe der Stadt. Es soll die Be­schießung wieder ausgenommen werden. Bei der letzten Beschießung wurde die Wohnung des amerikanischen Ge­schäftsträgers zerstört.

Die mittelamerikanische Isthmus-Republik ist, den ver­zweifelten Anstrengungen Columbiens zum Trotz, in ihrem Bestand unerschüttert. Die Regierung von Bogota hat im Gefühl ihrer eigenen Machtlosigkeit versucht, das Rassen­bewußtsein der Hispano-Amerikaner gegen das unaufhaltsam nach Süden vordringeude Angelsachsentum aufzureizen, sie hat Gesuche um Unterstützung an die anderen Republiken Südamerikas gerichtet, aber begreiflicherweise mit geringem Erfolg. Während also die zur endgültigen Konstituierung des neuen Staats nötigen Verhandlungen in Washington, Bogota und Panama noch eine Weile fortgehen werden, ist an dem Bestehen der Isthmus-Republik nicht mehr zu rütteln, denn das Ausland legt den Amerikanern keinen Stein in den Weg. Es interessiert sich an der ganzen Umwälzung unmittelbar nur, soweit es Ansprüche an Co­lumbien hat.

Parlamentarische Nachrichten.

r. Stuttgart, 26. Nov. Die Kommission für die Ge­meinde- und Bezirksordnung fuhr in der heutigen Sitzung, deren Leitung wegen Beurlaubung des Vorsitzen­den und Erkrankung des zweiten Vorsitzenden dem Abg. Nieder übertragen wurde, zunächst mit der Beratung des Art. 28 der Gemeindeordnung fort und lehnte den Antrag des Referenten Haußmann auf Streichung des Abs. 3 und 4, welche die Haupttätigkeitsgebiete des Gemeinderats aus­führen, mit 8 gegen 6 Stimmen ab; nur die Zitate wurden im Entwurf gestrichen. Der Abs. 5 wurde unter Zustim­mung der Regterungsvertreter auf Antrag des Referenten einstimmig so gefaßt:Der Gemeinderat hat gemäß der gesetzlichen Bestimmungen bei der Erfüllung der staatlichen Aufgaben mitzuwirken, auch Auskünfte und gutächtltche Aeußerungen über Fragen, die von Staatsbehörden an ihn gerichtet werden zu geben. Art. 29 Abs. 1 läßt in Ge­meinden I. und ll. Klasse durch Ortsstatut die Einrichtung von gemeinderätlichen Abteilungen zu, dies wurde gemäß der von der Kommission beschlossenen Einteilung der Ge­meinden auf diejenigen I. Klasse beschränkt. Die weitere Bestimmung, daß den Abteilungen die Befugnis zur An­stellung und Entlastung der für den betr. Geschästskreis bestellten Gemeindebeamten und niederen Diener übertragen werden kann, wurde im Einverständnis mit den Regierungs­vertretern auf Antrag des Referenten einstimmig gestrichen. Abs. 3 hält den Art. 10 des AuSf.-Ges. zum Unterstützungs­wohnsitzgesetz, welcher die Errichtung von Armendeputationen rc. vorsteht, aufrecht, dies ist, nachdem der Bürgerausschuß

beibehalten wird, nunmehr auch der Fall, soweit der Art.

eben von denbürgerl. Kollegien" spricht. Im übrigen wurde die Genehmigung des Beschlusses über die Errichtung einer Armendeputation, welche nach dem Entwurf vom Ministerium jetzt an die Kreisregierung übergehen sollte, in Konsequenz der bisherigen Beschlüsse dem Bczirksrat über­tragen. Abs. 4, der von den Abteilungen für die Schätzung von Grundstücken handelt, wurde der am nächsten Diens­tag zusammentretenden Subkommission zur Vorberatung zu­gewiesen, zumal das Justizministerium hier beteiligt ist. Nach Art. 30 kann sich der Gemeinderat nur auf Berufen der Ortsvorsteher versammeln. Ferner: Die Berufung muß erfolgen, wenn mindestens der dritte Teil seiner Mitglieder darauf antrggt. Hier wurde nochMitglieder" eingeschal­tet:unter Angabe des Zwecks der Verhandlung." Abs. 2 bezieht sich auf die Frage der persönlichen Beteiligung von Gemeinderäten. Der Antrag der Referenten, die Be­schlußfassung hierüber auszusetzen, wurde von der Mehrheit abgelehnt und die Formulierung gemäß Anträgen deS Referenten und des Abg. Nieder, welche mit 12 gegen 4, bezw. mit 10 gegen 6 Stimmen Aufnahme fanden, unter teilweiser Heranziehung der Motive so getroffen: Wenn der Gegenstand der Beratung besondere persönliche Rechte oder Interessen eines Mitglieds des GemeinderatS oder seiner Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis zum 2. Grad einschließlich unmittelbar berührt, und wenn ein solches Privatinteresse zu den vom Gemeinderat wahrzunehmenden Interessen der Gemeinde oder der Allgemeinheit in Gegensatz treten kann, so ist das Mitglied von der Beratung und Beschlußfassung über diesen Gegenstand auszuschließen. In Abs. 4 wurde zur Ver­minderung von Mißverständnissen der 1. Satz so gefaßt: Die Vorschriften des Abs. 2 finden auch auf den OrtS- vorsteher Anwendung. Endlich wurde ein vom Referenten zunächst als Abs. 5 gestellter Antrag unter Vorbehalt der Stelle des letzteren einstimmig in der Fassung an­genommen: Der formelle Geschäftsgang insbesondere die Berufung des Gemeinderats, die Aufstellung einer Tages­ordnung und deren Zustellung an die Gemeinderatsmit­glieder wird in Gemeinden erster Klaffe durch eine Ge­schäftsordnung geregelt. Eine solche kann auch in den Ge­meinden zweiter Klaffe erlaffen werden.

Gages-Meuigtzeiten.

All« Stadt Md Laad

Nagold, 30. November.

Gewerbrvereiu. Am gestrigen Sonntag wurde der Lese- und Unterhaltungsabend für die Lehrlinge in dem oberen Zeichensaal eröffnet. Der Vorstand wies die zahl­reich erschienenen jungen Leute darauf hin, daß sie Gäste des Gewerbevereins und der Stadt seien und sich für die erwiesene Gastfreundschaft durch anständiges Betragen, Unterordnung unter die Aufsichtführenden, Schonung der Schriften und Spiele dankbar erweisen sollen.

Tübingen, 26. Nov. Das vielerörterte Pferdesterben in der Brauerei Bachner hier scheint nunmehr aufgeklärt zu sein. Wie nämlich das Tüb. Tagbl. mitteilt, ist, ein weiteres Pferd, welches nach dem Verenden der anderen Pferde aufgekauft und mit dem gleichen Futter gefüttert wurde, eingegangen. Ebenso ist ein Geißbock, der auch probeweise mit solchem Futter gefüttert wurde, verendet. Man wird nun als feststehend annehmen dürfen, daß einzig und allein an den bedauerlichen Vorkommnissen das Futter schuld ist.

Stuttgart, 27. Nov. Die Vergeßlichkeit des Publikums stiftet auch Gutes. In den letzten vier Tagen wurden die in den Eisenbahnwägen, Wartcsälen:c. vergessenen Gegen­stände versteigert. Wie gewöhnlich, fand sich fast alles, was der Mensch braucht, meist jedoch Stöcke und Schirme, vertreten. Die Versteigerung brachte 1180 die nun in die Unterstützungskasse der Unterbeamten fließen.

Spraibach, 27. Nov. Ein guter Magen. An­läßlich eines Roßhandels verzehrte dieser Tage ein Mann aus der Schultheißerei G. OA. Gaildorf als Vesperbrot 2 Leberwürste, 2 Portionen Keffelfleisch (und die sind nicht klein auf dem Wald) und 7 Brote auf eigene Rechnung. Des weiteren nahm er noch zu sich auf Kosten seiner Zech- genoffen 11 Leberwürste, 18 Brote und 30 Schoppen Bier. Macht zusammen: 13 Leberwürste, 2 Portionen Keffelfleisch, 25 Brote und 30 Schoppen Bier.

r. Gechiugen, 27. Nov. Der 76jährige Bauer Georg Rüffle von hier feierte jüngst mit seiner Ehefrau dar Fest der goldenen Hochzeit. Beide Ehegatten sind noch ziemlich rüstig.