77. Jahrgang.

Erscheint

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Fernsprecher Nr. 29.

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Nagold, Freitag den 27. November

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Nnzeigm-Bebühr s. d. Ispalt. Zeile an; gewöhn!. Schrift oder deren Rau«: bei 1«. Sinrülkuvg 13 bei »ehrmaiigsr entsprechend RabaO.

«rati-d Silagen! Da? Plauderftüdchsn und

Schwöb. Landwirt.

1903.

Amtliches.

Maul- und Klauenseuche betr.

Nach Mitteilung des Kgl. Oberamts Calw ist in Ostelsheim die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.

Nagold, den 26. November 1903.

K. Oberamt.

I. V.: Stegmaier, Am.

Infolge der vom 3. bis 20. Nov. d. I. abgehaltenen Dienst­prüfung sind u. a. nachstehende Lehrer zur Versetzung von Schulstellen für befähigt erklärt worden: Christian B o h n e t, Schulamtsverweser in Deckenpsronn, und Gottlieb Grieb, Unterlehrer in Wildberg.

WWW i>rr ,HW" in im Ml Me.

Holtenau, 25. November.

Dem B. L.-A. wird telegraphiert: Wie ein großer weißer Schwan liegt dieGauß" in der Schleuse von Holtenau. Niemand würde diesem stolzen Schiff ansehen, daß es zwei­einhalb Jahr den Stürmen des südlichen Eismeeres getrotzt hat. Alles ist noch festgefügt und wohlerhalten, und die Mannschaft und die Offiziere wären bereit, sofort noch ein­mal eine gleiche Expedition zu unternehmen. Jedenfalls war es ein ergreifender Moment, als heute morgen mit dem Prinzen Heinrich die Vertreter der Reichsverwaltung, an ihrer Spitze Unterstaatssekretär Hopf, mit dem Geheimen Regierungsrat Kantz, dem Reichskommissar von St. Louis Geheimen Oberregierungsrat Lewald, dem Geheimen Rech­nungsrat Blumenrhal an Bord erschienen, um die Zurück­gekehrten in der Heimat zu begrüßen. Ünterstaatssekretär Dr. Hopf sprach sein Bedauern darüber aus, daß Graf Posadowsly wegen dringender amtlicher Geschäfte am Er­scheinen verhindert war. Er beglückwünschte die Expedition zur glücklichen Heimkehr, die Leiter zu den außerordentlichen Erfolgen, die Mannschaft zu ihrer braven Haltung. Dann widmete er dem verstorbenen Dr. Enzensberger warme, tief­empfundene Worte des Nachrufs und wies auf die außerordent­lichen wissenschaftlichen Erfolge der Expedition hin, deren ganze Erträgnisse erst später in die Erscheinung treten werden. Pro­fessor v. Drygalski dankte in kernigen Worten und dann wurde die Expedition vom Rektor der Kieler Universität, Prof. Dr. Baumgarten, begrüßt, der seine Freude über das Ge­lingen des großen Werkes im Namen der Universität und der Stadt Kiel aussprach. Er lud die Teilnehmer der Expedition zu heute abend zu einem Fest ein, welches die städtischen Kollegien, die Handelskammer, der nautische Ver­ein und die Universität gibt. Professor von Drygalski nahm die Einladung dankend an. Sehr eingehend unter­hielt sich Prinz Heinrich mit Professor v. Drygalski. Er fragte, ob die Expedition mit dem Schiff zufrieden gewesen wäre. Professor v. Drygalski konnte dies freudig bejahen. Der Prinz besichtigte dann mit großem Interesse die wissen­schaftlichen Arbettsräume, die Messen und die Kabinen der einzelnen Mitglieder. Man muß sagen, daß der Raum auf dem Schiff in geradezu raffinierter Weise ausgenutzt ist, denn man darf nicht vergessen, daß daß Schiff augcnblick- lich noch für ein Jahr Proviant an Bord hat, daß für alle

Dev Sieg des Schwachen.

' Erzählung

von Melchior Meyr.

(Fortsetzung.)

Das sind wir auch, versetzte Tobias mit Selbstgefühl. Wir sind eben beim Pfarrer gewesen und haben um die Bäbe angehalten, die jetzt meine Hochzeiterin ist.

Ah! Wahrhaftig? riefen die beiden Burschen wie aus einem Munde.

Allerdings, erwiderte der Alte mit Ernst, so ist's.

Das breite Gesicht des Uhzers, der nur zum Spaß ein böser, sonst aber ein guter Kerl war, erhellte sich in wahrer Teilnahme, die aber natürlich durch einen Schein von Satire belebt blieb.

Das freut mich, rief er, und ich wünsche von Herzen Glück! Dann des jungen Schneiders Hand schüttelnd, setzte er lächelnd hinzu: Nun, was Hab' ich gesagt? Gelt, ich Hab' dich besser gekannt, als du selber? Ich Hab' dir angesehen, was du für ein Teufelskerl bist, wenn du ein­mal anfängst!

Zum Alten gewendet, sagte er schon mehr in seiner bekannten Art: Schneider, Ihr seht, man muß nur warten können! Mit der Zeit kommt alles. Aus Kindern werden Leute, und aus einem jungen Schneider kann immer noch ein Mordkerl werden wenn er einen Vater hat, wie Ihr seid!

größeren Schiffteile, wie Steuerruder u. s. w., Reserveteile an Bord verstaut waren, die natürlich entsprechenden Raum in Anspruch nehmen. Die Laboratorien sehen heute noch so aus wie in der Antarktik. Hier liegen «och die präpa­rierten Robbenfelle, Schädel von allem möglichen Getier, mikroskopische Präparate aus der Fauna und Flora, Plank- tounetze und geologische Sammlungen. Natürlich ist darauf geachtet worden, daß gerade hier immer genügendes Tages­licht wenn nämlich die Sonne überhaupt scheint in die Bulleys einfallen konnte. Allen Heimgekehrten ist die Expedition ganz ausgezeichnet bekommen, was schon daraus hervorgeht, daß sie alle an Körpergewicht zuge­nommen haben. Rührend ist das Verhältnis der Besatzung zu dem halben Schock dtckmolliger Polarhunde, die sich mit ihren Kindern und Kindeskindern an Bord befinden. Die Babies befinden sich in Kisten, wo natürlich unaufhörliches Gebeiße und Gespiele herrscht. Herr Professor von Drygalski fand, trotzdem er erklärlicherweise von allen Seiten in Anspruch genommen war, doch noch Zcit, mir in großen Zügen die wissenschaftlichen Ergebnisse der Expe­dition klarzulegen. Es ist der Expedition gelungen, den ostwestlichen Verlauf der Küste seftzustellen. Außerdem ist die Frage über die Lage des antarktischen Kontinents ihrer Lösung nahe gebracht worden. Ganz besonderen Wert legt Professor von Drygalski auf die klimatographischen Studien, die angestellt worden sind. Hierbei ist dar Vor­herrschen von östlichen Winden festgestcllt worden. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Untersuchungen müssen natürlich noch Wetter verfolgt werden. Während des Winters wurde gefischt, es wurden hervorragende Ausschlüsse über das Verleben in zeitlicher und örtlicher Ausdehnung gefunden. Tiefseeforschungen wurden hauptsächlich während der Reise vorgenommen, in der Antarktis seihst gibt es nur Flachsee. Dann stellte man Oberflächestudien, magne­tische Forschungen, die wegen der permanenten Schiffsbe­wegung besonders schwierig waren, an. Auch diese Er­gebnisse muffen später noch ausgearbettet werden. Wie weit das Interesse des Prinzen Heinrich für dieGauß" ging, erhellt am besten aus dem Umstand, daß er persön­lich den Liegeplatz an einer für Kriegsschiffe reservierten Boje bestimmte.

WoMische Keöerficht.

Die bayrische Kammer der Abgeordneten beriet eine größere Zahl von Petitionen, welche sich gegen die etwaige Gründung eines Beamtenwarenhauses richteten. Der Pe- titionsausschuß beantragte diese Petitionen der Staatsregte- rung zur Würdigung hinüberzugeben. Minister Freiherr v. Feftitzsch erklärte, bei einer einseitigen Gründung eines Beamtenwarenhauses werde die Staaisregierung prüfen, inwieweit die Vorschriften, nach welchen Staatsangestellten der Betrieb eines Gewerbes u. s. w. gestattet werden kann, Anwendung finden. Vorerst sei aber über die Organisation eines etwaigen Beamtenwarenhauses nichts bekannt, die Staatsregierung sei daher nicht in. der Lage, jetzt schon eine Entscheidung zu treffen. Die Staatsregierung würde

Während der Alte hierauf mit einem Grinsen antwor­tete, begann der Feine: Nun gibt's gleich zwei Paare. Soeben hat der Schuster das Jawort von der Sibylle da­vongetragen, und die beiden Leute sehen aus, als ob jedes das Fürnehmste gekriegt hätte im ganze Dorfe!

So! versetzte Tobias erheitert. Und indem er aus seinen Vater einen bedeutsamen Blick warf, setzte er hinzu: Lassen wir ihnen ihr Vergnügen!

Als sie wieder allein waren, begann der Sohn, um einem allenfallsigen Gedanken des Alten zu begegnen: Nun, Vater, hast du dir heut' die Bäbe recht betrachtet? Wie meinst du? Ist das Mädchen nicht wert, daß man ihret­wegen einige hundert Gutden mehr oder weniger nicht an­sieht ?

Der Alte, von der Schönheit der Erwählten, die heute freilich im höchsten Glanze geleuchtet hatte, selber einge­nommen denn er war ein Kenner und seinerzeit ein Ver­ehrer des Geschlechts! durch die guten Aussichten in Amerika nicht nur beruhigt, sondern gehoben, versetzte lä­chelnd: Mensch du hast mehr Glück gehabt, als du verdienst! Meiner Lebtag hätt' ich nie geglaubt, daß du so ein Weib zu kriegen verständest.

Nicht nachgeben, lieber Vater, erwiderte Tobias heiter, nicht nachgeben! Das ist's!

Wenn der Erzähler ein Liebespaar im Ries zur Hoch­zeit befördert und auf einem Bauerngut oder einem Söld-

die Gründung eines Beamtenwarenhauses als eine uner­freuliche wirtschaftliche Erscheinung betrachten müssen, die einerseits geeignet sei, das wünschenswerte gute Einver­nehmen zwischen der Beamtenschaft und dem Gewerbestand zu trüben und andererseits für die Beamtenschaft selbst wegen des mit einem derartigen Unternehmen verbundenen finanziellen Risikos erhebliche Gefahren berge. Die Re­gierung werde keinensalls einem solchen Unternehmen, irgend welche Unterstützung zu teil werden lassen. Auch die Red­ner aller Parteien sprachen sich gegen eine solche Gründung aus, weil dadurch der Gewerbestand geschädigt würde. Schließlich wurden alle Petitionen der Kgl. Staatsregie­rung zur Würdigung hinübergegeben.

Die französische Regierung ist den geistlichen Orden gegenüber unerbittlich. Jetzt hat der Ministerpräsident Combes dem Generalprior der Kongregation vom heftigen Geist mitgeteilt, daß er das Ansuchen um Genehmigung der Errichtung von 12 Tochteranstalten dem Staatsrat nicht vorgelegt habe. Gleichzeitig sind auch die Anstalten des Ordens der Lazaristen geschloffen worden. Die konser­vativen Blätter erklären, daß diese Maßnahme für die französischen Missionsanstalten im Orient und in den franzö­sischen Kolonien einen schweren Schlag bedeute. Die geist­lichen Schwestern des Marinespitals find abgereist, um sich nach ihrem Mutterkloster zu begeben. Bei ihrer Abreise brachte eine zahlreiche Volksmenge Hochrufe auf die Schwestern aus.

Schon wieder wird über Unruhen der Juden aus Rußland berichtet. Ein Tagesbefehl des Kommandanten der Truppen des Wilnaschen Militärbezirks teilt folgenden Vorfall mit: In der Stadt Orscha wurden am 19. d. M. elf Arrestanten unter Bedeckung von sechs Untermilitärs und einem Gefreiten aus dem Gefängnis abgefertigt. Unterwegs wurde die Bedeckung von einer großen Schar Juden umringt, welche die Arrestanten zu befreien versuch­ten und mit Knütteln und Steinen warfen. Die Menge mit dem Gewehrkolben abwehrend, setzte das Kommando seinen Weg fort und erreichte seinen Bestimmungsort. Der Tagesbefehl lobt das Verhalten der Soldaten.

Aus Johannesburg, der ehemaligen Transvaalhaupt­stadt, kommen schlimme Nachrichten über die dortigen Ar- beiterverhältniffe. Nach dem Bericht der Kommission für die Beschaffung von Arbeitern beträgt der nicht gedeckte Bedarf an Arbeitern noch 241000 Mann, darunter 130000 Mann für die Mienen. Zentral- oder Südafrika, sagt der Bericht, bieten keine, den Bedürfnissen Transvaals ent­sprechende Hilfsquelle für den Bezug von Arbeitern. Mittel zur Abhilfe werden in dem Bericht angegeben.

Parlamentarische Nachrichten.

r. Stuttgart, 25. Nov. In ihrer heutigen Sitzung brachte die Kommission für die Gemeinde-u. Bezirks­ordnung zunächst die Beratung über Art. 27 der Ge- meindeordnung zum Abschluß, wozu nun mehrere Anträge vorliegen. Hinsichtlich der Entschädigung für Zeitversänm- nis wurde schließlich mit 9 gegen 6 Stimmen ein Antrag der Abgg. Liesching, Kraut und Röder angenommen, die 3

gut untergebracht hat, dann kann er mit gutem Gewissen schließen.

Für das Wohlsein der Geprüften ist gesorgt und ihr Leben, sofern nicht außergewöhnliche Zufälle eintreten, nimmt den gewöhnlichen dorfmäßigen Verlauf, den sich Teilnehmende beliebig ausmalen können.

Ist aber ein Paar in dem Fall, sein äußeres Glück das unter Umständen zu dem inner« so wesentlich ge­hört in fernem Lande erst suchen zu müssen, dann hat die Erzählung kein Ende, wenn nicht gezeigt wird, daß sie es auch gefunden, wenigstens den Grund dazu gelegt haben.

Schreiber dieses ist glücklicherweise in de« Fall, seiner Geschichte, nachdem seit der letzten Scene im Pfarrhause Jahre verflossen sind, durch den Hinweis auf Tatsachen daS erforderliche Ende gebe« zu können.

Tobias und die Bäbe machten so bald als möglich Hochzeit, verlebten die Honigwochen unter Zurüstungen auf die große Wanderung und traten diese, versehen mit Geld nnd Segenswünschen, noch im Laufe des Sommers an.

Ohne besondere Erlebnisse in der neuen Heimat an­gekommen, suchten sie die Verwandten der Bäbe in Wis­consin auf, trafen glücklich dort ein und nahmen Dienst bei einer englischen Familie. Dies meldete Tobias dem Vater, indem er allerlei Tröstliches und Hoffnungsreiches beifügte, ohne indes, ähnlich dem Andres, in Lobeserhebungen über das neue Land auSzubrechen.

Nach dem ersten Schreiben kam lange kein zweites, und der Vater mußte den Freunden und Dorsgenoffen, die