77. Jahrgang.

Erscheint

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Nagold, Samstag den 81. November

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Schwab. Landwirt.

1S03.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Von dem Gemeinderat Rohrdors wurde der Antrag auf eine Feldbereinignng der GewändeVorderer Berg, Hinterer Berg und Mindersbacher Weg" auf Markung Rohrdorf gestellt.

Nachdem das Unternehmen von der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinigung, auf Grund einer vorläufigen Prüfung als für die Landeskultur nützlich und im ganzen zweckmäßig für ausführbar erkannt und zur Abstimmung dem gestellten Antrag gemäß zuge- lafsen worden ist, wird hiemit

Tagfahrt zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag und zur Wahl der Mitglieder der Vollzugskommission auf Dienstag de« SS. Dezember d. Js. vormittags 11'/- Uhr anberaumt.

Hiebei werden die beteiligten Grundeigentümer, bezw. deren Vertreter, auf das Rathaus zu Rohrdorf unter Androhung des Rechtsnachteils eingeladen, daß diejenigen, welche bei der Abstimmungstagfahrt weder in Person noch durch einen seine Vertretungsbefugnis rechtsgültig nachwei­senden Vertreter erscheinen, als dem beantragten Unternehmen zustimmend angesehen und von der Teilnahme an der Wahl der Mitglieder der Bollzugskommission ausgeschlossen werden und daß ein Einspruch oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen diese gesetzliche Folge des Ausbleibens nicht stattfindet.

Für den Fall, daß die nach der Abstimmung eventuell vorzunehmende Wahl der Landwirte und ihrer Ersatzmänner für die Vollzugskommission aus irgend einem Grunde nicht zustande käme, so werden die Landwirte auf Antrag des Oberamts nach vorgängiger Vernehmung des Gemeinderats von der Zentralstelle berufen.

Von dem Plan der Beschreibung der Feldbereinigung, dem Verzeichnis der Grundeigentümer, dem allgemeinen Überschlag über die mutmaßlichen Kosten und dem Ergeb­nisse der vorläufigen Prüfung der Zentralstelle kann bis zum Abstimmungslag jedermann auf dem Rathaus in Rohr­dorf Einsicht nehmen.

Zugleich ergeht die öffentliche Aufforderung, etwaige noch nicht bekannte Ansprüche auf Freilassung von dem Unternehmen, oder auf Anteilnahme an demselben innerhalb der Ansschließungsfrist von 2 Wochen, von dem Tage des Erscheinens dieser Bekanntmachung an gerechnet, beim Schulthcißenawt Rohrdorf oder beim Oberamt hier geltend zu machen.

Nagold, den 20. November 1903. _K. Oberamt. Ritter.

Die Gemeindebehörde« und Obftbaumbesitzer

werden aufgesordert, die jungen Obstbäume, insbesondere auf den Allmanden und an den Straßen, zum Schutz gegen Wildfraß unverweilt so einbinden zu lassen, daß sie vom Wilde nicht benagt werden können, auch soweit es noch nicht geschehen ist, die Obstbäume mit einem lehmhaltigen K«lk-

Der Sieg des Schwachen.

Erzählung

von Melchior Meyr.

(Fortsetzung.)

Das ist ja ernsthafter, als ich gedacht Hab', rief die Frau. Aber, setzte sie nach einer Weile hinzu, was findest du denn nur so Besonderes an dem Menschen? Ein nettes Bürschchen ist er; aber, so lang' ich ihn kenne, der Spott des Dorfes, furchtsam wie ein Hase und doch wieder eitel und prahlerisch kurz, ein Schneider, wie's nur einen geben kann! Hast du denn das nicht auch gehört und gesehen?

Allerdings, Frau Pfarrerin, entgegnete die Bäbe mit Ernst; aber das macht mir nichts, seitdem ich ihn besser kennen gelernt Hab' und weiß, wie er's in seinem Herzen meint. Seine Fehler sind Kleinigkeiten, die er ablegen wird mit der Zeit. Und wenn ihm auch was davon bliebe meinen Sie, Frau Pfarrerin, daß ich nicht im stände wär', mich seiner anzunehmen? In meinem Beisein - würd' ihm niemand was tun dafür ständ' ich gut!

Die Wangen des Mädchens hatten sich höher gefärbt und ihre Augen einen so mutigen Schein bekommen, daß die Frau sich nicht enthalten konnte, sie beifällig anzusehen und zu nicken, als ob sie sagen wollte: Du wärst's im stände!

Die Bäbe fuhr fort: Der neue Streit zwischen Vater und Sohn ist zu bedauern, und ich kann ganz ehrlich sagen,

anstrich zu versehen und an zweckdienliche Baumstützen gut anzubindeu, sowie gehörig zu düngen.

Die Schultheißenämter wollen Vorstehendes in ihren Gemeinden aus ortsübliche Weise bekannt machen. Nagold, 20. November 1903.

K. Oberamt. Ritter.

Die Nr. 33 des Regierungsblatts für das Königreich Württem­berg, ausgegeben den 12. Novbr., hat folgenden Inhalt: Königliche Verordnung, betr. die Ermächtigung der Staatseisenbahnverwaltung zur Erwerbung des für den Bau eines zweiten Gleises auf der Bahnstrecke LorchGmünd erforderlichen Grundeigentums im Wege der Zwangsenteignung. Vom 3V. Okt. 1903. Bekanntmachung des Justizministeriums, betr. den Abonnementspreis für das Regie­rungsblatt und für das Reichsgesetzblatt auf das Kalenderjahr 1904. Vom 2. Nov. 1903. - Bekanntmachung des Ministeriums des In­nern, betr. die Unbrauchbarmachung von ausländischen getrockneten Schafdärmen für den menschlichen Genuß. Vom 22. Okt. 1903. Bekanntmachung des Ministeriums des Innern, betr. die Benennung der Staatsirrenanstalten. Vom 23. Okt. 1903. Verfügung des Ministeriums des Innern, betr. den Verkehr mit Geheimmitteln und ähnlichen Arzneimitteln. Vom 4. Nov. 1903. Verfügung des Ministeriums des Innern, betr. das Verbot der öffentlichen Ankün­digung des Audiphon Bernards und der Voltamittel. Vom 4. No­vember 1903.

WoMische Kebersicht.

Der Wortlaut des zwischen dem Staatssekretär Hay und dem Gesandten der Republik Panama, Bunau-Varilla, vereinbarten Kanalvertrages ist zwar noch nicht veröffentlicht, doch ist folgendes von dem Inhalte desselben bisher bekannt. Panama tritt auf ewig an die Vereinigten Staaten alles Landgebiet überall in der Republik ab, das in der Verbin­dung mit dem Bau, dem Betriebe und der Unterhaltung des Kanals für wünschenswert befunden werden kann. Der Vertrag gewährt den Vereinigten Staaten auch das volle Souveränitätsrecht über den Landstreifen von 10 bis 12 englischen Meilen Breite zu beiden Seiten des Kanals. Ferner erhalten die Vereinigten Staaten die Erlaubnis, die Linie an den Endpunkten mit Befestigungen zu versehen und polizeilich zu überwachen. Die Städte Panama und Colon behalten Selbstverwaltung unter der Oberhoheit der Republik so lange, wie sie die Ordnung und Regelung der Gesuudheitsverhältnifse zur Zufriedenheit der Vereinigten Staaten aufrechterhalten. Die Nichterfüllung dieser Be­dingungen gibt den Bereinigten Staaten das Recht, die ge­naue Erfüllung ihrer Wünsche durchzusetzen und sogar Ge­walt anzuwenden, um sich Gehorsam zu erzwingen. Panama erhält 10 Millionen Dollars. Der Vertrag sieht ferner vor, daß der Kanal neutral und allen Völkern zu gleichen Bedingungen geöffnet bleibt. Präsident Roosevelt bestimmte noch nicht, wann der Vertrag dem Senat zur Ratifikation unterbreitet werden soll. Es verlautet, Präsident Roosevelt beabsichtige die Einbringung des Vertrages so lange zurück­zuhalten, bis durch seine Beratung die gesetzgeberischen Ar­beiten während der laufenden außerordentlichen Tagung nicht mehr aufgehalten werden.

DaS italienische Königspaar kam auf der Heimreise von Windsor nach London und wurde von der Hauptstadt

daß er mir so unlieb ist wie Ihnen. Aber was wird dran schuld sein?

Daß der Vater ihn wieder hat zwingen wollen, die andere zu nehmen, und daß er sich nicht dazu hat bringen lasten.

Und das muß mir doch auch wieder gefallen an ihm, und ich muß denken, wenn ihm auch manches fehlt zu einem rechten Mann die Hauptfach' hat er doch! Wenn er so furchtsam gewesen ist von jeher und sich nichts getraut hat und nun einem so starken und gewalttätigen Mann, wie sein Vater ist, doch nicht nachgibt, sondern sich gegen ihn stellt und lieber alles auShält, als von mir läßt muß ich ihm nicht auch lieber sein, als alles? Und so einen Men­schen sollt' ich lasten? Lieder sterben, Frau Pfarrcrin gleich auf der Stell'!

In die Augen des Mädchens waren Tränen gekommen, die sie nicht zu verbergen bemüht war.

Die Pfarrerin schwieg, denn hierauf war nichts mehr zu sagen.

Zur rechten Zeit ließ sich aus der Küche ein Ge­prassel hören, wie von einem überlaufenden Hafen. Die Bäbe wischte sich die Augen mit ihrer Schürze und eilte hinweg.

Das Mittagessen verlief ruhig; für den Geistlichen, der auf den Ruf der Bäbe schon sehr vergnügt vom Garten ge­kommen war, ungemein heiter.

Der würdige Herr befand sich dermalen ganz und gar wohl und damit fähig, sich an allem aufs innigste zu freuen.

Englands durch ein Festmahl geehrt. Der Lordmayor

(Oberbürgermeister) brachte dabei einen Trinkspruch auf den italienischen Besuch aus, in dem er sagte:

Als Dolmetscher der übereinstimmenden Gefühle der Londoner Bürgerschaft und der ganzen englischen Nation spreche er seinen Dank für den Besuch der Hauptstadt aus und gedenke des Besuches, den vor 48 Jahren der Groß­vater des Königs, Viktor Emanuel I, in London abge­stattet habe. Denselben freudigen Willkomm, den die Stadt damals dem Ahnen geboten, bringe sie aus vollem Herzen heute dem König nnd der Königin dar. Er wünsche, daß dem König noch eine recht lange, ersprießliche Regierungs­zeit beschicken sei und Italien, die Heimat der Musik, Poesie und Kunst, inmitten der Wohltaten des Friedens eine ebenso ruhmreiche Zukunft vor sich sehe, wie die Ver­gangenheit ruhmvoll gewesen sei. Der Redner gedachte sodann mit Worten warmen Dankes der begeisterten Aufnahme, welche König Eduard bei dem Besuche der ewi­gen Stadt Rom fand, eine Aufnahme, die im brittischen Reich lebhaften Wiederhall erweckt habe. Von diesen Ge­fühlen beseelt, entbiete er den Majestäten den Willkomm­gruß der Stadt London."

König Viktor Emanuel erwiderte mit einem Trink­spruche auf den Lordmayor und die Stadt London:

Er dankte zunächst dem Prinzen von Wales und den anderen Festteilnehmern für ihr Erscheinen und gab sodann der tiefen Dankbarkeit für den herzlichen Empfang Aus­druck, den ihm die Einwohnerschaft Londons bereitete. Diese verstehe die Botschaft aufrichtiger Zuneigung, welche er, der König, dem Volke Englands und seinem vielgeliebten Herrscher bringe.Diese Gefühle," fuhr der König fort, bestehen seit alter Zeit zwischen England und Italien. Es sind unruhige Zeiten gewesen, als mein erlauchter Groß­vater hier einst redete vor 50 Jahren, als die italienische Nation ihren Kampf für ihre Einheit und Unabhängigkeit einleitete. Die teilnehmende Unterstützung, welche sie in jenen Tagen der Prüfung bei der freien englischen Nation fand, hat die Ueberlieferung eines gegenseitigen Vertrauens geschaffen, welches seither nicht aufgehört hat, gute Be­ziehungen zwischen beiden Ländern zu knüpfen. Wir leben jetzt unter der glücklichsten Herrschaft des internationalen Friedens. Italien und England sind beide ein tätiger und ein entschiedener Faktor dieses Friedens geworden. Ich habe die Gewißheit, daß beide Nationen immer vereint auf dem Wege des Fortschritts und der Zivilisation marschieren werden. In dieser Gesinnung erhebe ich das Glas und trinke auf den Lordmayor, den ausgezeichneten Vertreter der City London."

Ueber den Londoner Aufenthalt der Majestäten wird berichtet:

Auf der italienischen Botschaft nahmen der König und die Königin von Italien Adressen der italienischen Kolonie entgegen. Aus der Fahrt zum Festmahl in der Snildhall wurden die Majestäten von der Volksmenge mit begeisterten Zurufe», darunter vielen Ziviorufen, begrüßt. An der Ver­einigung der Oxford- und Regent-Street überreichten die Mayors von Holborn, Paddtngton und M arylebone Adressen,

Die Blumen im Garten hatten ihn niemals so glück­lich gemacht wie heute, und an dem Schatten in der Laube hatte er sich noch nie so wundersam gelabt wie bis zu dem Augenblick, wo man ihn zum Esten rief.

Ein frisch gedeckter Tisch am Sonntag, mit blankem Tischtuch, blanken Servietten, Reinheit und Reinlichkeit strahlend und duftend, und dazu die sichere Aussicht auf ungewöhnlich gute Speisen, können die Laune eines ManneS nicht Niederschlagen, der sich bei höherem Wohlsein auch eines stärkeren Appetits erfreut.

Unfer Geistlicher, liebevoll wie er war, unterhielt das Gespräch wieder mit Loben; nach den Blumen und der Laube pries er die Suppe, das Rindfleisch und den Braten und schwer war es zu sagen, welche Anerkennung ge­fühlter klang. Er nickte dankbar der Gattin zu. und rin paar freundliche Blicke fielen auch auf das Werkzeug, das die Gebote der Anordnerin vollstreckend den zweiten Preis errungen auf die ab- und zugehende Bäbe.

Nach Tisch zog er ein Zigarrentäschchen, das er für seltene Gelegenheiten bei sich führte, aus der Tasche deS Ausgehrocks er wollte heute sogar rauchen!

Die Frage der Psarrerin: Wird es dir nicht schaden, liebes Männchen? mit einer Hinweisung auf seine völlig hustenfrete Kehle beantwortend, zündete er an und war mitten im behaglichsten Dampfen, als die Bäbe den Kaffee brachte.

(Fortsetzung folgt.)