77. Jahrgang.

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Schwab. Landwirt.

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Amtliches.

Maul- und Klauenseuche betr.

Nach Mitteilung des K. Oberamts Horb ist in Horb und Bieringe» die Maul- und Klauenseuche ansge­brochen.

Nagold, den 11. Septbr. 1903.

K. Oberamt:

Stegmaier, I. V.

Dona« - Neckar - Rhein- Großschiffahrtskanal.

Ein früherer Einwohner von Wildberg sendet uns folgende« interessanten Artikel:

Seit einer langen Reihe von Jahren ist die Schiff­fahrt auf dem Neckar eingeschlafen; nur Heilbronn hat vor etwa 20 Jahren durch eigene Initiative und mit Beihilfe der Regierung die Kettenschleppschiffahrt ins Leben gerufen, welche zwar dem Handel und der Wohlfahrt Heilbronns zu statten gekommen ist und noch kommt, aber doch immer noch ein Notbehelf bleibt, so lange der Neckar nicht an das große im Norden sich fortwährend erweiternde deutsche Kanalnetz anschließen kann. Hiezu ist eine Kanalisation des Neckars von Heilbronn bis Mannheim durchaus nötig in den für die deutschen Wasserstraßen festgestellten Normal-Dimen­sionen, daß Schiffe von 600 Tonnen Ladefähigkeit durch alle Wasserstraßen zirkulieren können. Diese Dimensionen sind: eine Wasserliefe von 2.50m, Breite eines Kanals 18 m und Länge der Schleusen 70 m. Von Heilbronn bis Eß­lingen, wohin gegenwärtig ein Großschiffahrtskanal ange­strebt wird, kann jedoch.der Neckarfluß nicht soweit zur künstlichen Wasserstraße in den vorgezeichneten Dimensionen hergcstellt werden; es ist daher ein Seitenkanal erforderlich, wie solche in England, Belgien, Frankreich u. s. w. in großer Zahl seit Hunderten von Jahren bestehen. (Seitenkanäle haben die Chinesen schon vor 1000 Jahren gebaut.) Nach dem heutigen Stand der Hydrotechnik ist dies eine nicht schwierige Arbeit und es handelt sich nur um ernstlichen Willen der Interessenten.

Die Neckar-Anwohner und namentlich die Städte und Jndustrieorte haben ein großes Interesse an der Errichtung eines solchen Schiffahrtskanals, welcher eine unendlich große Wichtigkeit in volkswirtschaftlicher Hinsicht fürs ganze Land hat und segenbringend sein wird in allen Zeiten.

Heilbronn, Cannstatt, Stuttgart, Eßlingen haben diese hochwichtige Frage des öftern behandelt und es sind Zei­tungsartikel und Broschüren seit 5 Jahren in Menge er­schienen, auch hat speziell die Stuttgarter Handelskammer, unterstützt vom K. Ministerium des Innern, 1889 eine Denkschrift, die Frage der Wiederherstellung der Schiffahrt auf dem Neckar betr., herausgegeben, welche Pläne, Ueber- schläge und Karten enthaltend, die Einrichtung der Ketten­schleppschiffahrt auf dem Neckar von Heilbronn bis Cann-

*) (Bgl. auch den Artikel unter Mannheim.)

Die Kapitulation non Sedan.

Der Köln. Ztg. geht von einem Verwandten des da­maligen Ersten Ingenieur-Offiziers der III. Armee General v. Schulz die Abschrift eines Briefes zu, den dieser damals in die Heimat schrieb. General v. Schulz war zum Kom­mandanten von Sedan ernannt worden und berichtet wie folgt über seine Erlebnisse: .»

Man hatte mich mit der Entwaffnung der französischen Armee beauftragt und mir gesagt, Sedan sei von uns be­setzt. Ich fuhr am 3. September 11 Uhr mit 3 Offizieren und dem Kriegsrat Müller hierher und war unaufmerksam genug, nicht zu sehen, daß die Tore, aus denen große Massen französischer Soldaten mit Pferden u. Wagen strömten, nicht von uns besetzt waren. Französische Regimenter in bunten Massen drängten sich durch und legten ihre Waffen vor die Räder, damit sie überfahren und zu Grunde ge­richtet würden. Da das Fahren gegen den Strom bald unmöglich wurde, stieg ich mir meinen Herren aus, stellte mich an die Spitze meiner vielköpfigen Armee und fing an, zu Fuß nach der Präfektur zu gehen» obschon es mir bedenklich wurde, keinen einzigen Preußen zu sehen. Jedes Zeichen von Furcht oder Besorgnis indes war lebens­gefährlich, und ich ging mit der größten Höflichkeit und Ruhe durch die dichtgedrängten Reihen, grüßend und be­grüßt je nach Lage der Dinge. Als ich um eine Ecke bog, befand ich mich plötzlich einem großen Haufen Turkos gegen­über. Einer derselben nahm, wie es mir schien, sein Messer

Nagold, Samstag den 12. September

statt, ev. bis Eßlingen, beabsichtigt und deren Kosten auf ca. 5^2 Mill. berechnet waren. Der Plan gelangte glück­licherweise nicht zur Ausführung, denn er wäre nur ein un­rentabler Versuch geworden. Es ist überall und in anderen Ländern schon längst anerkannt, daß die Schiffahrt nur dann billige Frachten liefern kann, wenn die Schiffe von großen Abmessungen und großer Ladefähigkeit aus den Binnen- Schiffahrtsstraßen verkehren können. Der Ludwigskanal (Main-Donaukanal) mit seinen kleinen Schiffen ist ein ab­schreckendes Beispiel, und man geht in Bayern daran, einen neuen Kanal von Kehlheim bis Bamberg zur Verbindung der Donau mit dem Main bezw. dem Rhein zu erbauen, der Schiffe von den oben bezeichnten Dimensionen zu tragen geeignet ist. Seit 1883 haben sich Baumeister Klctt in Cannstatt, Baurat Hocheisen, D. v. Breitschwert, Hans Moser, E. Schmid vielfache Mühe gegeben, das Interesse für die Sache zu erwecken und zu erhalten, insbesondere hat der verstorbene Baurat Hocheisen mit Liebe und Eifer und persönlichen Geldopfern für die Kanalsache in Würt­temberg gewirkt. Leider sind diese Bemühungen bis dahin ohne Erfolg geblieben und auf dem Wiener Binnenschiff- fahrts-Verbandstag im Juli vorigen Jahres hat sich Bau­rat Gottheim in folgender Weise geäußert über die Donau­regulierung bis Ulm: In Oesterreich-Ungarn ist man sich der hohen volkswirtschaftlichen Tragweite der Binnenschiff­fahrt wohl bewußt; in Deutschland, insbesondere aber in Südwestdeutschland, bestehen noch so unklare Ansichten da­rüber, daß eine weitere Aufklärung am Platze sein dürste. Ganz ähnlich hat sich auch ein Herr A. in der Nation ge­äußert.

In Norddeutschland namentlich also in Preußen, sind alle Schiffahrtsinteressenten, voran die K. Regierung selbst, eifrigst daran, die Binnenschiffahrt zu heben durch den Bau neuer Kanäle und Verbesserung der alten. Auch in Bayern unter dem Protektorat des Prinzen Ludwig geht es lebhaft her. Nur wir mit unserem so lange angestrebten und ver­hältnismäßig kleinen und leichten Teile des deutschen Wasser­straßennetzes kommen nicht vorwärts. Vor allen Dingen ist es ein dringendes Bedürfnis für Industrie, Handel und Gewerbe, sowie für die Landwirtschaft des Landes, daß wir auch des: Segens der billigen Wasserfrachten teilhaftig werden. Millionen würden diese jährlich sparen können bei billigen Frachtsätzen für Kohlen, Roheisen, Salz, Zement, Petroleum, Dünger, Kulturmittel, Getreide und andere Feldfrüchte, Kolonialwaren, Baumaterialien u. s. w. Die Eisenbahn, welche heutzutage schon kaum imstande ist» den wachsenden Güterverkehr zu bewältigen, würde nicht nur nicht geschädigt werden, sondern sie würde noch mehr zu tun bekommen, wie das Beispiel von Frankfurt a. M. be­weist, wo nach Herstellung der Mainkanalisierung der Wasserverkehr sich verdreißigfacht und der Eisenbahngüter­verkehr zu gleicher Zeit sich sehr gesteigert hat.

Machen wir endlich Ernst und vereinigen sich alle Inte­ressenten mit Landtag und Regierung, mit Gemeinden und Korporationen, wie dies anderwärts überall geschieht, zur Inangriffnahme des großen Werkes.

' Der Neckarseitenkanal von Heilbronn bis Eßlingen kann

und sagte: ^.ssagsinons ess ebisns prassten«! Du weißt, ich bin ein leidlich ruhiger Mann, hatte meinen Säbel fest in der Faust und erwartete den weiteren Verlauf der Dinge, mir meinen Turko mit der äußersten Ruhe ansehend. Mit einem Male rief ein Artillerist: 8isn, il a oe cocMu

1L, äonnsiz-iooi 1a mal«. Aönöral. Da ich es immer ver­mieden habe, mir anständige Menschen zu Feinden zu machen, so schüttelten wir uns kräftig die Hände; ich ging weiter und gelangte endlich mit meinen Herren in die Präfektur, wo ich alle höheren französischen Offiziere und an deren Spitze den eben aus Afrika gekommenen Generalleutnant v. Wimpffen vorfand. Die Herren waren sehr ernst, aber auch sehr würdig und eomms ll kaut. Du kannst denken, daß ich ihnen mit dem vollen Gefühl für ihre traurige Lage entgegentrat, sie erklärten mir aber, sie hätten jeden Ein­fluß über ihre Leute verloren und könnten mich in nichts unterstützen. So war ich denn mit meiner Macht in Sedan und froh, nicht selbst entwaffnet zu werden. Von Entwaff­nen meinerseits war keine Rede und ich mußte ruhig Zu­sehen, wie alles verwüstet wurde, da außer uns und etwa 20 berittenen Artilleristen und Husaren mit einigen Offi­zieren, die nach und nach hercingekommen waren, keine preu­ßische Seele in Sedan war. Was ich an diesem Nachmit­tag an Artigkeit und schlechtem Französtschsprechen ausgetan, wird für mein Leben ausreichen. Es gelang uns aber noch, 193000 Franken Kriegskaffe wegzunehmen, bevor zwischen 89 Uhr das erste Bataillon preußischer Truppen einrückte. Die Nacht schlief ich mit dem Säbel in der Hand nach der großen physischen und moralischen Anstrengung wie eine

1903.

nur aut dem linken Neckarufer erstellt werden mit großem Hafen in Heilbronn, kleinem Hafen in Lausten, Besigheim und vielleicht wegen Ludwigsburg zwischen Marbach und Neckarweihingen, dann für Stuttgart ein größerer mit der Eisenbahn in Verbindung zu bringender Hafen und ein eben­solcher für Eßlingen. Die Weiterführung dieser Wasser­straße nach Plochingen, Göppingen, Geislingen und am Neckar hinauf bis Rottweil ist eine Frage der Zeit. Wenn das Eis gebrochen ist und der erste Schritt mit der Er­bauung eines Neckarkanals von Heilbronn erst getan ist, so werden es die Leute kaum erwarten können, bis weiter ge­baut wird, denn alsdann wird man zur Erkenntnis kommen, wie notwendig, wie die Wohlfahrt des Ganzen hebend, die Wasserstraßen für daS Erwerbsleben des ganzen Landes

(FortschWg

WoMifche Kebersicht.

Im kaiserlichen statistischen Amt zu Berlin wird gegen­wärtig auf Grund des neuen Zolltarifs ein neues statisti­sches Warenverzeichnis ausgearbeitet, das sich in den einzelnen Nummern künftig genau den Ziffern der Zolltarifstellen anschließt. Hierbei müssen natürlich, wo dies für die Zwecke der Handelsstatistik erforderlich erscheint, Unterabteilungen der einzelnen Tarifstellen geschaffen werden. Die äußerliche Angliederung an den Zolltarif schließt selbstverständlich nicht aus, daß auch solche Waren, welche im neuen Zolltarif nicht eigens unter einer besonderen Tarifstelle ausgeführt sind (z. B. die Pflanzenspinnstoffe der Tarifstelle 28), im neuen statistischen Warenverzeichnis selbständig berücksichtigt werde« und daß anderseits einzelne minder wichtige, bisher eigens aufgeführte Waren künftig mit andern Waren der nämlichen Tarifstelle zusammen nachgewiesen werden. Endlich werden auch die Tarasätze bei Aufstellung des neuen statistischen Warenverzeichnisses einer Durchsicht dahin, ob sie den jetzigen Verhältnissen noch entsprechen, unterzogen.

Kaiser Franz Joseph ist von Budapest abgereist. Sämt­liche ungarische Blätter besprechen aus diesem Anlaß die Erfolglosigkeit der bisherigen Bemühungen zur Lösung der Krise. Der Zeitpunkt der Entwirrung sei jetzt gar nicht abzusehen. Die regierungsfreundlichen Blätter konstatieren, der Kaiser sei bis an die äußerste Grenze der Nachgiebigkeit gegangen, während die Organe der Opposition die Miß­stimmung des Kaisers bedauern und betonen, die Nation stehe höher als der Kaiser. Dir Nation könne und werde nicht nachgeben. Den Forderungen der Opposition nach nationalen Konzessionen haben sich in den letzten Tagen auch einige liberale Wahlkreise angeschlosscn.

In Konstantinopel find aus Beirut Depeschen eiuge- troffen, wonach am letztgenannten Ort am 6. d. M. im Stadviertel Mezraa ein Zusammenstoß zwischen Christen und Muhammedanern stattgefunden hat, wobei Polizei und Militär intervenierte; 30 Personen wurden, diesen Meldungen zufolge, getötet nnd zahlreiche verwundet, zum großen Teil durch Gewehrseuer. Der Wali Reschidh Bei, welcher zum Sommeraufenthalt im Libanon weilt, ist nach Beirut zu-

Ratte, um am Morgen ein unglaubliches Bild von Ver­wüstungen und Verkommenheit vor mir zu haben, zerbrochene Waffen jeder Art, Menschen, so betrunken, daß man sie für rot hielt, Pferde die ohne Sattel und Zaum in den Straßen umherliefen. Kurz, ich stehe vor einer kaum zu überwindenden Sauerei und werde all mein kaltes Blut und mein bißchen Verstand nötig haben, um eine Aufgabe zu lösen, die kaum zu lösen ist, venn, was das Schlimmste ist, es fehlt an Aufsicht und Leitung wegen Mangels an Offizieren. Vier bis fünf Tage »habe ich wenigstens noch hier zu tun, dann geht es weiter der Armee nach. Trotz der vom Gestank toter Pferde, 8000 verwundeter Menschen erfüllten Stadt befinde ich mich wohl, trinke nur guten Bordeaux, habe ein Bett, aber keine Bettwäsche, und bitte Dich, ohne Sorge zu sein.

Wir fügen hier noch einen Auszug aus einem Brief an, den der bekannte Schlachtenmaler Bleibtreu an seine Frau schrieb:Mit dem General v. Schulz, welcher Kom­mandant von Sedan werden sollte, und noch vier Offizieren ging ich zwei Tage nach der Schlacht in die Festung. Wir waren ganz allein unter 80000 Franzosen, nur vor den Toren hielten einige Kompanien Bayern und Preußen. Da ich tags zuvor mich in die Stadt hineingewagt und Zeuge war, wie die französischen Soldaten ihre Offiziere verhöhnten, war ich gespannt, wie dieselben das Erscheinen deS preußi­schen Generals auffassen würden. Zu meiner Ueberrasch- ung wichen die Soldaten ehrerbietig salutierend, überall vor uns zur Seite. Nur ein Trupp Turkos, total be­trunken, versperrte uns den Weg, brüllte und fauchte: