77. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag und Samstag.

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Fernsprecher Nr. 29.

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UagslL, Mittwoch -en 9. September

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«rattsbrilage«!

Dar Plauderstübchm und

Schwab. Landwirt.

1903.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Am Dienstag den SS. Septbr. d. Js. vormittags S Uhr findet eine außerordentliche

Amtsversammlung

auf dem Rathause in Nagold statt, bei welcher folgende Gegenstände zur Beratung kommen:

1. Wahl des Oberamtsbaumeisters für den II. Bezirk mit dem Sitz in Altensteig.

2. Aufnahme einer weiteren Schuld zur Bestreitung des Korporationbeitrags zu dem Straßenbau Oberschwan- dorf-Egenhausrn.

3. Anstellung der Katastergeometer des Bezirks als Körperschaftsbeamte mit Pensionrechten.

4. Genehmigung des mit den Bauunternehmern Beutler und Drescher bezüglich des Bezirkskrankenhausbaues abgeschlossenen Vergleichs.

5. Einige minderwichtige Gegenstände.

6. Publikation der Amtspflege. Rechnung pro 1902/03, sowie der Abhörergebnisse zur Rechnung der Ober- amtssparkasse pro 1900 und des Bezirkskrankentzaus- baues.

Für die Beschickung der Amtsversammlung ist Turnus XVIIj. maßgebend.

Hienach sind stimmberechtigt:

Die gewählten Deputierten von Nagold (6), Alten­steig-Stadt (3), Gültlingen und Haiterbach mit Alt- Nuisra (je 2), Bösingen, Ebershardt, Ebhausen, Effringen, Egenhausen, Emmingen, Garrweilcr, Ober­thalheim, Rohrdorf, Nothfelden, Schönbronn, Spielberg, Sulz, Unterthalheim, Warth, Wenden und Wildberg (je 1)!

Die Vertreter der nicht im Turnus befindlichen Ge­meinden sind befugt, an den Verhandlungen mit beratender Stimme teilzunehmen.

Die stimmberechtigten Deputierten wollen präzis er­scheinen.Die Verhandlungen der Amtsversammlung sind öffentlich.

Nagold, den 7. Septbr. 1903.

K. Oberamt. Ritter.

Staatliche Förderung des Schreinerhandwerks in Württemberg.

(Schluß.)

Zur Fortbildung der Meister und Gesellen dienen:

1) Meister- und Gesellenknrse. Es fanden in den letz­ten Jahren keine statt, die nur oder namentlich für Schreiner bestimmt gewesen wären. Dagegen waren Schreinermeister zu Kursen im Linoleumlegen und im Masericren zugelasien, im elfteren Falle, weil an vielen Orten, besonders wo kein Tapezier ist, die Schreiner das Linoleumlegen besorgen, im letzteren Fall, weil die betreffenden schon vorher das Mase- rieren von Möbeln ausübten. Man hatte also nichtdie Ab-

Der WclLbsteig.

Von Ad. Stifter.

(Fortsetzung.)

Herr Tiburius ging nun auch einmal auf den Mulden­hügel hinauf, wo das Häuschen ihres Vaters stand, u. nach diesem ersten Besuch kam er öfter, indem er die Pferde und die Leute auf dem gewöhnlichen Platze der Straße auf sich warten ließ. Er saß bei dem Vater und redete von ver­schiedenen Dingen mit ihm, wie sie dem Manne eben cin- fielen und er redete auch mit Maria, wie sie in dem Hause so herumarbeitete, oder, wenn sie in der Stube waren, zu ihnen an den Tisch trat und zuhorchte oder, wenn sie auf der Gartenbank saßen, daneben stand, die Hand an das Angesicht hielt und aus die fernen Berge oder auf die Wolken hinausschautc.

Der Vater verzärtelte das Mädchen, er ließ sie ar­beiten, was sie wollte, oder er ließ sie auch, wenn es ihr gefiel, fortwandern und müßig in dem Walde herumgehen. Zuweilen begleitete sie Herrn Tiburius ein Stückchen auf den Hügel und machte sich gar nichts daraus, ihm zu sagen, wann sie wieder in den Wald käme, damit sie dort zusammen- träsen.

Herr Tiburius versäumte diese Gelegenheit nicht, sie gingen miteinander herum, sie pflückte die Kräuter in ihr Körbchen, zeigte ihm manche von ihnen auf ihrem Stand­

sicht, Schreiner zu diesen Kursen heranzuziehen, um den anderen Berufen, die sich für gewöhnlich mit diesen Arbeiten befassen, weitere Konkurrenz auf den Hals zu laden.

Von seiten der Kgl. Zentralstelle sind Unterrichtskurse für Schreiner bereits geplant, und zwar erstens im Färben von Hölzern, zweitens in Maschinenkenntnis und im Arbeiten auf Maschinen, drittens (im Fachzeichnen mit Berücksichtigung der modernen Richtung.)

2) Auch seitens der Kgl. Lehr- und Versuchswerkstätten sind solche Kurse in Aussicht genommen, und wollen wir bei Erwähnung dieser Anstalt gleich aus deren Bedeutung für den Schreiner Hinweisen. Sie soll eine Fortbildungs­gelegenheit für den strebsamen, tüchtigen Handwerker, der es zum Kunstgewerbetreibenden bringen will, sein. Es sind seit Bestehen dieser Schule immer auch eine Anzahl Schrei­ner in derselben gewesen, welche sich im Fachzeichnen, selb­ständigen Entwerfen, in Buchführung und Kalkulation, sowie im Praktischen weiterbtlden wollten. Die vorhandene Schrei- nerwerkstatt ist aufs beste mit Werkzeug und Maschinen ausgestattet. Natürlich ist dieses Institut nicht für Leute von geringen Kenntnissen, die sind dort am falschen Platz, sondern für tüchtige Fachgenosten, wie ich schon erwähnte.

Wir bemerken nebenbei, daß der Staat nicht nur keine Mittel scheute, dsi Lehr- und Versuchswerkstätten mit den besten Einrichtungen auszustatten und tüchtige Lehrkräfte anzustellen, sondern daß auch auf Ansuchen Minderbemittel­ten Beiträge zu ihren Studienkosten gegeben werden.

3) Solche Beiträge zu Studienzwecken, sei es zum Be­such der Kunstgewerbeschule resp. der oben genannten Lehr- und Versuchswerkstätten, der Baugewerk- oder gar der eigentlichen Schreinerfachschulen Deutschlands, werden all­jährlich an eine hübsche Zahl von jüngeren Schreinern ver­geben.

Aeltere Berufsgenosien werden mit Beiträgen bedacht, wenn sie zu Studienzwecken Reisen ins Ausland, auf Aus­stellungen rc. machen. Im Jahr 1900 erhielten verschiedene Schreinermeister des Landes Beiträge von je 200 zum Besuche der Pariser Weltausstellung.

4) Veranstaltungen von Fachvereinigungen z. B. Zeichen­kurse für Schreiner, Buchführungskursc, unterstützt die Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel regelmäßig, sei es durch Geldmittel oder durch geschenkweise Ueberlassung von Zeichenvorlagen, Fachschriften u. s. w.

5) Die Bibliothek der Kgl. Zentralstelle ist eine wahre Goldgrube für den, der auf seine Fortbildung bedacht ist. Möchten alle, nicht bloß die Jungen, sondern auch die Al­ten (man lernt nie aus!) sich diese Gelegenheit noch viel mehr zu Nutzen machen. Leider lesen manche Handwerker nicht gern, oft nicht einmal eine Fachschrift, trotzdem dies unbedingt nötig ist, wenn man nicht Zurückbleiben will, noch weniger aber Bücher. Und doch sind in dieser Bibliothek eine Menge von Werken, welche den Schreiner ganz speziell und noch mehr andere, die ihn auch interessieren müssen, wenn er seinen Horizont über den alltäglichen Standpunkt hinaus erweitern will. Ich nenne hier einzelne Abteilungen des großen Katalogs der Bibliothek, die für den Schreiner Wissenswertes in Hülle und Fülle enthalten.

orte und nannte ihm die Namen derselben, wie sie nämlich in ihrer ländlichen Sprache gebräuchlich waren.

Endlich zeigte ihr Tiburius seine Zeichenbücher. Er hatte erst spät vermocht dieses zu tun. Er schlug die Blätter auf und wies ihr, wie er manche Gegenstände des Waldes und der Wand mit seinen spitzigen Stiften nach- bilde.

Sie nahm den lebhaftesten Anteil an der Sache und geriet in ein sehr großes Entzücken, das man mit nichts als ledigen, schwarzen Strichen so getreu und lieblich und wahrhaftig, als ob sie daständen, die Gegenstände des Waldes nachbilden könne. Sie saß von nun an, wenn er zeichnete, bei ihm, schäme sehr gern zu und ließ die Blicke auf die Gegenstände und auf die Linien des Buches hin und her gehen.

Nach einer Zeit redete sie sogar schon darein und sagte oft plötzlich:Das ist zu kurz das steht draußen nicht so."

Er erkannte es jedesmal als recht, was sie sagte, nahm Federharz, löschte die Striche aus und machte sie, wie sie sein sollten.

Zuweilen begleitete er sie nach solchen Stunden zu ihrem Vater, zuweilen ging sie mit ihm bis an die Steinwand. Von seinem Wagen, und daß seine Diener auf ihn draußen warteten, sagte er ihr nichts.

So verging ein geraumer Teil des Sommers.

Eines Nachmittags, als schon längst wieder Erdbeeren waren, als er an der Steinwand saß und zeichnete, als sie das volle Erdbeerkörbchen neben sich gestellt, hinter ihm in

Fachschriften. Von den einschlägigen Fachzeitungen (Der süddeutsche Möbel- und Bauschreiner" rc. und noch vielen anderen Zeischriften) liegen die laufenden Jahrgänge im Lesezimmer der Bibliothek (im sogen. Journalistikum) auf und können dort von 812 und 26 Uhr täglich ge­lesen werden. Mit Jahresschluß werden sie gebunden und können dann auch ausgeliehen werden.

Bücher sind vorhanden

Ueber Tischlerei .... rund 80 verschiedene Werke,

Möbel.140

Zimmer-Einrichtungen

und Wohnungen . 140

Technisches Zeichnen f.

Schreiner. . . . 50

Stilarten . . . . 300

Ornamente . . . . 200

Holz u. Holzbearbeitg. 100

Werkzeug u. Werkzeug­

maschinen für Holz­bearbeitung . . . 20

Noch sei hingewiesen auf die Abschnitte: Bauformen­lehre, Baukonstruklionen, Baukunst und Bauhandwerker, Bau­materialien, Bildhauerei, Dekoration, Drechslerei, Intarsien, Kirchenmöbel rc.

Ohne Uebertreibung kann gesagt werden, daß mehr als 2000 Werke in dieser Bibliothek für den Schreiner von Interesse sind.

Vielleicht ist manchem gedient, wenn beigefügt wird, daß sämtliche Werke von jedem Handwerker unentgeltlich entlehnt werden können und die Bibliothekverwaltung die Kosten der Absendung bestreitet. Fast jede gewerbliche Ver­einigung des Landes, auch jede gewerbliche Fortbildungs­schule ist im Besitze des Bibliothekkatalogs, sodaß demnach fast überall Gelegenheit geboten ist, sich von der Reichhaltig­keit dieser Bücherei zu überzeugen und sich geeignete Werke herauszusuchen, um sie nachher zu entlehnen. Die Bücher können drei Wochen behalten werden. Will jemand ein Buch länger haben, so muß er nach Verfluß dieser Zeit um Verlängerung nachsuchen. Noch möchte ich bemerken, daß bei solchen Bestellungen keine umständliche Schreiben nötig sind, sondern ein einfaches Gesuch per Postkarte genügt.

Zu der Bibliothek der Kgl. Zentralstelle gehört ferner eine große Vorbildersammlung, aus der schon mancher Schreinermeister sich Rat erholt hat. Es sind Vorlagen da über Möbel aller Arten und Zeiten, Möbelbeschläge, Rah­men, Türen, Zimmereinrichtungen u. a. m.

6) Da wir gerade an der Lektüre sind, erinnere ich daran, daß das Gewerbeblatt den Mitgliedern gewerblicher Vereinigungen bei Bestellung von mindestens 3 Exemplaren seitens des Vereins für eine Mark portofrei ins Haus ge- lieferi wird. Dasselbe enthält alle Bekanntmachungen, wel­che sich auf Gewerbeförderung, gewerbliche Gesetzgebung, die Tätigkeit der Handwerksammernrc. beziehen und bietet auch mancherlei für die einzelnen Berufszweige Wissenswertes (gewerbliche Rezepte: Holzimitation, Polituren, Lacke, Leim­konservierung, Verwendung der Holzabfälle, Instandhaltung von Fußböden, Bronzieren, Imprägnie ren von Holz rc.),

den Steinen saß und zuschaute, als eine langstielige, hohe

Feucrlilie neben ihnen prangte, sagte er:Wie kommt es denn, Maria, daß du dich in dem Walde gar nicht fürchtest, und daß du von dem Augenblicke an, da wir zum erstenmale zusammengetroffen sind, auch mich gar nicht ge­fürchtet hast?"

Den Wald habe ich nicht gefürchtet," antwortete sie, weil ich gar nicht weiß, was ich -fürchten sollte ich bin von Kindheit auf da gewesen und kenne alle Wege und Gegenden und weiß nicht was zu fürchten wäre. Und Euch habe ich nicht gefürchtet, weil Ihr gut seid, und weil Ihr anders seid als die andern."

Ja, wie sind denn die andern?" fragte Herr Ti­burius.

Sie sind anders/' antwortete Maria.Ich bin früher zuweilen in das Bad hineingegangen, wie eS hier schier alle tun um mancherlei Gegenstände zu verkaufen aber dann ging ich gar nicht mehr hin, als wenn die fremden Leute schon alle weg waren; denn die haben mich immer

und darunter waren Männer denen es gar nicht ziemte,

an den Wangen genommen und gesagt: ,Schönes Mädchen'."

Herr Tiburius legte nach diesen Worten seinen Stift in das Zeichenbuch, tat das Buch zu, kehrte sich auf seinem Steine um und schaute sie an. Er erschrak ungemein; denn sie war wirklich außerordentlich schön, wie er in dem Augen­blicke bemerkte.

Unter dem Tüchlein, das sie immer auf dem Haupte trug, quollen sanft gescheitelt die dunkelbraunen Haare