77. Jahrgang.

Erscheint

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Schwäb. Landwirt.

Nagold, Montag den 7. September

ML.

Amtliches.

Bekanntmachung betreffend die Abhaltung eines Buchführungskurses in Hall.

Bei Gesellen- und Meisterprüfung gehört Buchführung zu den obligatorischen Prüfungsfächern. Es ist daher in erster Linie nötig, daß den Handwerkslehrlingen möglichst überall Gelegenheit zum Erlernen der Buchführung geboten wird. Ferner sollten die gewerblichen Vereinigungen des Landes auch für Erwachsene, speziell zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung, Buchführungskurse in weit ausgedehn­terer Zahl als bisher einrichten.

Um dem Mangel an tüchtigen Lehrkräften für diesen überaus wichtigen Unterrichtsgegenstand abzuhelsen, veran­staltet die Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel m den Herbstferien (28. Sept. bis 10. Okt.) einen 14tägigen Buchsührungskurs in Hall.

An demselben können Lehrer und sonstige geeignete Persönlichkeiten, von denen eine fruchtbringende Verwertung des Gelernten in späterer Unterrichtserteilung zu erwarten ist, teilnehmen.

Gesuche um Zulassung sind unter näherer Begründung in tunlichster Bälde bei uns einzureichen.

Bemerkt wird, Laß der Unterricht unentgeltlich ist.

Die Vorstände der gewerblichen Fortbildungsschulen, sowie die Leiter der gewerblichen Vereinigungen des Landes werden ersucht, Lehrer und sonstige geeignete Persönlich­keiten auf die hier gebotene Gelegenheit aufmerksam zu machen.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.

G a u p p.

Am 4. Sept. d. I. fit von der Evangelischen Oberschulbehörde die 1. Schulstelle in -Pfalzgrafenweiler dem Unterlehrer Julius Walker in Gönningen, Bez. Wankheim (Tübingen), die Schulstelle in Hermaringsn, Bez. Heidenheim, dem Schullehrer Hornberger in Unterjettingen, Bez. Herrenberg, die Schulstelle in Nebringen, Bez. Herrenberg, dem Schullehrer Dingler in Höfingen, Bez. Heimsheim (Leonberg) übertragen worden.

Staatliche Förderung des Schreinerhandwerks in Württemberg.

Wie das Schreinerhandwerk eines der bedeutendsten Gewerbe Württembergs ist, so war es auch von jeher der heimischen Regierung ganz besonders daran gelegen, das­selbe in jeder Richtung zu fördern. Diese Tatsache ist manchem nicht genügend bekannt, ja, die Zahl derer, welche von den staatlichen Maßnahmen zur Förderung des Sqreiner- berufes gar nichts oder nur wenig wissen, ist, wie ich aus täglicher Erfahrung sicher weiß, eine recht große. Es dürfte daher unsre Absicht, alle diese Mittel kurz zu beschreiben, in den hier ins Auge gefaßten Kreisen mit Interesse aus­genommen und das im nachstehenden Mitgeteilte vielen unsrer geehrten Leser zum Nutzen gereichen.

I. Fachliche Auskunft

wird auf der König!. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, wie auch im Landesgewerbemuseum jedermann unentgeltlich

und in der bereitwilligsten Weise erteilt. Es lausen daher

jahraus jahrein eine Menge von Anfragen speziell aus dem Kreise des Schreinergewerbes ein, in denen z. B. nach Adressen von Firmen, die Rohstoffe oder Halbfabrikate für Schreiner liefern, oder nach Fabriken, welche gute Holz­bearbeitungsmaschinen fertigen, gefragt wird. AnsChemi­sche Laboratorium der Zentralstelle" werden Proben von allerlei Stoffen zur Untersuchung eingeschickt: Leim (Unter­suchung auf Güte), Terpentinöl (auf Qualität und Bestand­teile), Polituren (auf Qualität; zu diesem Zweck läßt das Laboratorium praktische Proben machen) rc. Bemerkt sei, daß diese Untersuchungen vom Laboratorium zum billigsten Preise (80 bis 1 -4k pro Stunde) gemacht und die Ein­sender von Proben zuerst benachrichtigt werden, was die Untersuchung im Einzelfalle kostet, ehe an die Ausführung gegangen wird.

Schon mehrere Schreinervereinigungen haben sich in Genossenschaftsangelegenheiten (Statuten, Beschaffung von Maschinen und dergleichen) an die Zentralstelle gewandt.

Häufig erholen sich Schreiner in der vollständigen Sammlung von Patent- und Gcbrauchsmusterschutzschriften, von Warenzeichen, Preiskuranten, Adreßbüchern, Rat. Es kam schon hie und da vor, daß ein Meister sich einen Ar­tikel durch Gebrauchsmusterschutz oder gar patentamtlich sch ützen lassen wollte und sich zunächst bei der Königl. Zentralstelle Auskunft suchte. In der erwähnten Sammlung konnte er sich Umsehen und herausfinden, ob es sich austrägt, den Gegenstand zum Schutz gegen Nachahmung anzumelden oder ob dies zwecklos wäre, da ähnliches bereits existiert.

Gedenkt ein Meister Maschinen zu kaufen, so kann er sich die im Landesgewerbemuseum ausgestellten ansehen, ja, dieselben werden auf Wunsch in Betrieb gesetzt, damit sich jeder sein eigenes Urteil darüber bilden kann, was für seine Verhältnisse am geeignetsten ist und wo er am besten einkauft.

II. Die Ausstellungen im LiM'esgewerbemuseum sind den Schreinermeistern des Landes zu eingehenderem Studium sehr warm zu empfehlen. Wer nach Stuttgart kommt und etwas Zeit dazu erübrigen kann, versäume dies nicht; er wird seinen Gewinn davon haben. Wir haben im Museum zwischen vorübergehenden und bleibenden Ausstel­lungen zu unterscheiden.

Die vorübergehenden oder temporären Ausstellungen werden zum Teil in den zwei Vorhallen in den Räumen desWürtt. Kunstgewerbevereins" und vor allem in der König Karl-Halle" abgehalten. Jedes Jahr sind einzelne derselben gerade für unsren hier in Betracht kommenden Beruf von besonderem Interesse.

Aber auch die dauernde Ausstellung von Museums­gegenständen birgt sehr viel Wichtiges für den Schreiner­beruf.

Der Motorensaal enthält Dampfmaschinen, Gaskraft- maschineu, Petrol-, Benzin-, Heißluft- und Wafsermotoren.

Im Maschinensaal treffen wir alle Arten von Holz­bearbeitungsmaschinen (Kreis-, Band-, Dekupiersägen, Hobel­maschinen rc.), Schutzvorrichtungen für Sägen und sämtliche Holzbearbeitungsmaschinen, einen Lötapparat für Bandsägen, vollständige Schreinerwerkzeuge aus Deutschland, Frankreich

und Amerika. In den Seitenhallen der König Karl-Halle sind vollständige Zimmereinrichtungen in den verschiedenen Stilarten: romanisch, gotisch, Renaissance (italienische, fran­zösische und deutsche), Louis XIV, XV, Stil Regence, Louis XVI, Dircctoire, Empire, Chipendale und moderner Stil untergebracht. Allein diese reiche Sammlung ist schon einen oftmaligen Besuch wert. Aber außer in dieser kunst­geschichtlich wichtigen Abteilung finden sich im Museum noch da und dort beachtenswerte Stücke: amerikanische (insbe­sondere sehr praktische Bureau-) Möbel, Bauernmöbel (auch eine ganze Bauernstube in Miniatur), russische, orientalische, indische, schwedische, norwegische Möbel und dergl. Von neuesten Erwerbungen dürfte ein Reformschrank, in der sogen. Holzabteilung des Museums stehend, viele interessieren. Ebendort sind zu nennen: gebogene Möbel, Bureau? und Gartenmöbel, eine Sammlung von Kehlleisten, von Türen aus Pitsch-ptne, alle Arten von Holzverbindungen, Holzge­täfer, dekorative Hölzer (durch Brennwalzen, Preßwalzen, Gutllochiermaschinen), geschnitzte Zierleisten, prächtige Drechs­lerarbeiten (gewundene Stäbe, gefräßte Stücke, gedrehte Füße, Kunstdrechslerstücke w.).

Eine reichhaltige Sammlung von Hölzern, meist an­poliert, um deren Verwendbarkeit für die Möbelindustrie zu zeigen, nebenbei auch die in der Nähe befindliche Klavier­sammlung wären noch zu erwähnen, ehe wir uns in den ersten Stock des Museums begeben. Dort nenne ich zunächst in derMetallabteilung" die Möbelbeschläge in allen Stil­arten; in einem entfernteren Raum sind wunderbare Mar- keferiearbeiten (z. B. Wölfels Musikzimmer), Nippmöbel, eine ganz bedeutende Kafsettensammlung, Kerbschnitt und Holzbrand, Möbelschnitzereie» (z. B. geschnitzte Stuhllehnen, von Berchtesgaden), mit russischem Lack gestrichene kostbare Möbelstücke, Tiroler Truhen, Leisten für Bilderrahmen, Holzmosaiken, Fourniere auf Metall geleimt und daraus dann schöne ornamentale Füllungen ausgesägt.

Auf eines sei noch besonders hingewiesen. Die Mu­seumsgegenstände, soweit sie Eigentum des Museums sind, können entlehnt und nachgemacht werden. Ich erinnere z. B. an einen drehbaren Bücherständer, der früher öfters von Schreinermeistern entlehnt und daun nachgemacht wurde. Jetzt findet man ihn auf Kanzleien und bei Privaten als äußerst praktisches, handliches Möbel eingebürgert.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß verschiedene Gewerbe­hallen des Landes (die ja namentlich Möbelausstellungen sind), sowie veranstaltete Bezirksgewerbeausstellungen von der K. Zentralstelle schon unterstützt wurden und zum Teil noch unterstützt werden.

III. Die Ssrge für die Ausbildung des Nachwuchses im Gewerbe liegt der Kgl. Regierung vor allem am Herzen. Sie betätigt ihre Fürsorge: a. durch Förderung des Lehrlingswesens; b. durch Schaffung resp. Unterstützung von Fortbildungsgelegenheiten für Gesellen und Meister.

Zu Punkt a. gehören: 1) Einrichtung und Unterstütz­ung von gewerblichen Zeichen- und Fortbildungsschulen; 2) Errichtung von staatlichen Lehrlingswerkstätten. Deren sind es zurzeit für Schreiner 26 mit etwa 50 Lehrlingen.

Dev WcrLbsteig.

Von Ad. Stifter.

(Fortsetzung.)

Dieser freundliche, warme Tag war wirklich der letzte schöne gewesen, wie es im Gebirge sehr oft, man könnte fast sagen, immer vorkommt, daß, wenn im Spätherbste eine gar laue und warme Zeit ist. sie gewöhnlich als Vorbote erscheint, daß nun die Stürme und die Regen eintreten werden.

Von der schönen, duftigen Wand, die Tiburius immer von seinem Fenster aus gesehen hatte, und von der er sich anfangs gleich nach seiner Ankunft gewundert hatte, daß die Steine gar so hoch oben auf ihr hervorstehen, kam jetzt nicht mehr der schöne, blaue Duft zu ihm herüber, sondern sie war gar nicht mehr sichtbar, und nur graue, wühlende Nebel drehten sich unaufhörlich von jener Gegend her, als würden sie aus einem unermeßlichen Sacke ausgeleert, der aber nie leer werden wolle; aus den Nebeln fuhr ein unablässiger Wind gegen die Häuser des Badeortes, und der Wind brachte einen feinen, prickelnden Regen, der entsetzlich kalt war. Tiburius wartete einen Tag, er wartete zwei, er wartete mehrere allein da der Badearzt selber sagte, daß jetzt wenig Hoffnung vorhanden sei, daß noch milde, und der Heilung zuträgliche Tage kämen, ja, daß diese Zeit eher den Fremden schädlich als nützlich werden könnte: ließ er seinen Reisewagen packen und fuhr nach Hause.

Ein paar Tage vorher, da er gerade im Aufräumen begriffen war, war der Holzknecht bet ihm gewesen, der ihm damals in der Nacht den Weg von dem Schwarzholze nach Hause gezeigt hatte, und hatte ihm den anvertrauten Stock gebracht. Er sagte, daß er eher.gekommen wäre, wenn er gewußt hätte, daß der Knopf von Gold sei, er habe es erst gestern erfahren. Tiburius antwortete ihm, bas mache nichts, u. er wolle ihm für seinen Dienst mehr geben, als der Knopf samt dem Stocke wert wäre. Er hatte ihm die Belohnung eingchändigt, und der Knecht war unter sehr vielen Dank­sagungen fortgegangen.

In der Gegend, in welcher Tiburius' Landhaus stand, waren noch recht schöne, wenn auch meistens sanft umwölkte Tage.

Herr Tiburius fuhr zu dem kleinen Doktor hinaus, der in seinem Garten die klappernden Vorrichtungen hatte und seine Pflanzenanlagen immer erweiterte. Der Doktor empfing Herrn Tiburius wie gewöhnlich, er redete mit ihm, sagte ihm aber nichts, ob er ihn besser oder übler aussehend finde. Herr Tiburius erzählte ihm, daß er in dem Bade gewesen sei, u. daß es ihm bedeutend gut getan habe. Von dem Leben und Treiben des Bades und was sich sonst in demselben ereignet haben könnte, erzählte er ihm nichts. Er stand an den Pflanzenbehältnissen, u. der Doktor wirtschaftete trotz der vorgerückten Jahreszeit noch immer ohne Rock herum. Ehe der Schnee kam, war Tiburius noch wiederholt bei dem Doktor gewesen.

Im Winter nahm er einmal hohe Stiefeln und einen warmen, rauhen Rock und versuchte im Schnee spa­

zieren zu gehen. Es gelang und er tat es dann noch

mehreremale.

Als aber die Sonne ihre Strahlen im Frühlinge wieder warm und freundlich herabfallen ließ, und als sich Tiburius aus seinen Büchern, welche von dem Bade han­delten, überzeugt hatte, daß jetzt dort auch schon die wär­mere Jahreszeit angebrochen sei, rüstete er wieder seinen Reisewagen und fuhr nach dem Bade ab. Da er zu den Leuten gehörte, welche immer gern bei dem Alten und ein­mal Gewohnten bleiben, hatte er schon in dem vorigen Herbste, ehe er nach Hause fuhr, die bisher besessene kleine Wohnung für den ganzen künftigen Sommer von seinem alten Wirte gemietet.

Als er dort angekommen war, als man alles auSge- packt hatte, als die seidenen Chinesen vor seinem wohlge­ordneten Bette prangten, ging er daran, sich für den heurigen Sommer einzurichten. Er legte sich die schönen Zeichen­bücher, die er für diesesmal mitgebracht hatte, auf das Tischlein, auf das die blaue Wand jetzt recht freundlich hereinschaute, er legte das Päckchen Bleistifte dazu, die er vorgerichtet hatte, und er fügte noch die niedlichen Kästchen bei, in denen die feinen Feilen befestigt waren, an welchen er die Zeichenstifte spitzte. Zuletzt, da alles geschehen war, ließ er auch den Arzt rufen, um mit ihm über sein bevor­stehendes Verhalten etwas zu sprechen.

Als alles in Ordnung war, fuhr er zu der AndreaS- wand hinaus. Sie prangte in vollem Frühlingsschmucke. Die Gestrüppe, die Blätter und die Pflanzen aller Art hatten jetzt das herrliche, lachende Grün statt de« Braun