77. Jahrgang.
Erscheint
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Nagst-, Mittwoch öen 17. Juni
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Anreigen-Gebühr s. d. Ispalt. Zeile auS gewöhnl. Schrift oder deren Ran«! bei Imal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt,
Gratisbeilagen! Dar Plauderstübche» und
Schwab. Landwirt.
idor.
Amtliches.
Den Schultheißenämtern
gehen mit nächster Post die Nummer» 6 und 7 der Mitteilungen für württembergische Polizeiorgane zu.
Etwaige Anstände bzgl. der Ankunft der Zustellungen sind sofort anher anzuzeigen.
Nagold, den 14. Juni 1903.
K. Oberamt. Ritter.
An die Ortsarmenbehörden des Schwarzwaldkreises.
Es liegt im Interesse einer geordneten Etatswirtschaft und Rechnungsführung, daß der Armenaufwand womöglich in der Rechnung desjenigen Rechnungsjahres zur Verrechnung kommt, in welchem er entstanden ist.
Ich ersuche daher, nachdem das Rechnungsjahr 1902/03 abgelaufen ist, die Ortsarmenbehörden des Schwarzwatdkreises den etwa noch nicht zur Liquidation gebrachten Armenaufwand, zu dessen Tragung der Landarmenverband für den Schwarzwaldkreis nach 88 30, 33 und 60 des Reichsge
setzes über den Unterstützungswohnsitz vom ^', ' Mär/i 894
und Artikel 27 und 47 des württembergischen Ausführungsgesetzes vom 17. April 1873 verpflichtet ist, unverzüglich bei der Landarmenbehörde anzumelden.
Zugleich mache ich die Ortsarmcnbehörden zur Vermeidung von Nachteilen unter Hinweis auf die Verjährungs- bcstimmungen im §8 30a und 34 des Unterstützungswohn- sitzgesetzes darauf aufmerksam, daß verspätet eingereichte Liquidationen keine Aussicht auf Berücksichtigung haben.
Reutlingen, den 12. Juni 1903.
Vorsitzender der Landarmenbehörde für den Schwarzwaldkreis: Oberregierungsrat Kuhn.
Den Ortsarmenhördeu und Gemeindepflegern des
Bezirks
zur Kenntnisnahme und Nachachtung. Ueber die Eröffnung dieses Erlasses an die Gemeinde- resp. Armenpfleger ist im Protokoll der Ortsarmenbehörde Vorwerk zu machen. Nagold, den 15. Juni 1903.
K. Oberamt. Ritter.
Bekanntmachung der K. Landgestütskommission, betreffend die Prämierung ausgezeichneter Zuchtpferde und Fohlen im Jahr 1SOS.
Im Laufe dieses Jahres werden Prämierungen ausgezeichneter Zuchtpferde und Fohlen slatlfinden:
I. Für Pferde des Landschlags:
1) in Herrenberg am Samstag den 4. Juli 1903,
2) in Miinsingen am Freitag den 10. Juli 1903,
3) in Waldsee am Momag den 13. Juli 1903.
II. Für Pferde des kaltblütigen Schlags:
in Heidenheim am Samstag den 11. Juli 1903.
Für diese Prämierungen sind vorbehältlich einzelner, durch die tatsächlichen Verhältnisse gebotener Verfchiebungen, folgende Summen zu Preisen bestimmt:
in Herrenberg:
für Zuchtstuten und Stutfohlen im Alter
von 2—4 Jahren, sowie für Familien 3300 ^
ö. in Münsingen:
desgleichen. 3300
0. in Waldsee:
desgleichen. 7500
v. in Heidenheim:
für Zuchthengste.... 1200 „ Zuchtstuten u. Familien 1400 ^
„ Stutfohlen im Alter von 2—4 Jahren . . . 1200
- 3800 ^
Weiter wird folgendes bestimmt:
1) Für diese Prämierungen sind die Grundbestimmungen für die Prämierung von Zuchtpferden und Fohlen vom 6. März 1900 (Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 87 und Württ. Wochenblatt für Landwirtschaft S. 166) maßgebend.
2) Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben ihre Bewerbungen bei den Anmeldestellen, nämlich:
für Herrenberg bei Herrn Oberamtspfleger Vetter in
Herrenberg,
für Münsingen bei Herrn Oberamtspfleger Hohl in Münsingen,
für Waldsee bei Herrn Sekretär Biedermann irt Waldsee und
für Heidenheim bei Herrn Stadtschultheißenamtsassistent Schwaderer in Heidenheim einzureichen.
Die Anmeldungen müssen für Herrenberg spätestens bis 24. Juni 1903, für Münsingen, Heidenheim und Waldsee spätestens bis 27. Juni 1903 eingereicht werden.
Stuten und Fohlen, welche bis zu dem bezeichneten Termin nicht angemeldet worden sind, können bei der Zuerkennung der Preise nicht berücksichtigt werden.
Bei den Anmeldungen find die für die Preisbewerbung erforderlichen Urkunden darüber, daß und seit wann die Preisbewerber Eigentümer der angemeldeten Zuchtstuten und Fohlen sind und an welchen Orten die elfteren zur Zucht verwendet wurden, nebst den Beschälscheinen und sonstigen Nachweisungen über die Abstammung der Fohlen zu übergeben. Formulare zu diesen obrigkeitlichen Zeugnissen werden den Preisbcwerbern von den Anmeldestellen auf Verlangen abgegeben.
3) Besitzer solcher Zuchtstuten, mit welchen keine Saugfohlen vorgeführt werden können, weil letztere krank oder gefallen sind oder weil die Stuten versohlt haben, sind gehalten, durch Beibringung einer obrigkeitlichen Bescheinigung sich hierüber auszuweisen.
4) Für jede zur Pretsbewerbung gehörig angemeldete Zuchtstute und für jedes zur Preisbewerbung gehörig angemeldete Fohlen wird dem Besitzer eine Zulassungskarte zugestellt, welche bet der Vorführung der Tiere abzugeben ist.
5) Vorführung, Musterung und Prämierung der an
gemeldeten Pferde findet an Einem Tag statt.
6) Bei den Prämierungen sind die um Preise konkurrierenden Tiere je morgens 7 Uhr auf dem Festplatze aufzustellen.
Die Verteilung der Preise erfolgt nachmittags, sofern nicht bei der Vorführung der Tiere etwas anderes bekannt gegeben wird.
7) Auf die Beförderung von Pferden mittelst der Eisenbahn gerichtete Wunsche sind innerhalb der oben bemerkten Fristen unter Angabe von Zahl und Gattung der mit der Bahn zu befördernden Pferde den bezeichneten Anmeldestellen besonders kund zu geben.
Bezüglich der Eisenbahnbeförderung der Pferde gelten nunmehr die neuen Tarifvorschriften für Zuchttiere, welche in dem Deutschen Eisenbahntarif für die Beförderung von lebenden Tieren, Teil I, gültig vom 1. April 1903 unter 8 ZZ 16—21 enthalten sind.
Hienach werden bei den Pferden, welche zu den Prämierungen kommen, sowohl für die Hinbeförderung zum Ort der Prämierung, als auch für die Rückbeförderung nach dem Abgangsort je nur 70°/° der gewöhnlichen Fracht berechnet.
Behufs Erlangung der Frachtermäßigung hat der Absender einen von ihm zu unterschreibenden Antrag auf Gewährung der Ermäßigung nebst einer Bescheinigung über die Eigenschaft der zu versendenden Tiere als Zuchttiere vorzulegen. Für den Antrag ist ein besonderes Formular vorgeschrieben, welches zugleich für die Bescheinigung benützt werden kann; Antragsformulare werden von den Anmeldestellen unentgeltlich abgegeben, können aber auch bei den Güterstellen um 1 Pfennig für das einzelne Stück bezogen werden. Ermächtigt zur Ausstellung der erforderlichen Bescheinigungen sind außer dem Württembergischen Pferdezuchtverein, dem Verband der Pferdezuchtvereiue mit dem Zuchtziel des kaltblütigen Schlags und dem Pferdezuchtverein der mittleren Alb sämtliche landwirtschaftlichen Gauverbände «nd landwirtschaftlichen Bezirksvereine.
Wenn der Versandstation die erforderlichen Ausweise (Antrag und Bescheinigung) nicht vollständig vorgelegt werden können, so wird die volle Fracht berechnet. Dem Empfänger wird jedoch der Frachtunterschied erstattet, wenn er binnen 2 Monaten nach Ablauf des Monats, in dem die Bahnbeförderung beendigt ist,bei der Verwaltung der Empfangsbahn einen Erstattungsantrag unter Anschluß der vorgeschriebenen Bescheinigungen einbringt.
Stuttgart, den 4. Juni 1903.
K. Landgestütskommisston.
Mosthaf.
-UoLitische KeSersicht.
Die kritische Lage Frankreichs hat den ehemaligen radikalen Minister Goblet bestimmt, in der Revue politique et parlamentaire einen „Wohin steuern wird" überschriebenen Artikel zu veröffentlichen, in Welchem er ausführt, Frankreich habe sich seit Begründung der Republik noch nie in einer so
Der: reisende Selbstmörder.
Eine heitere Geschichte auf dunklem Grund von Paul Lang, Urach.
(Fortsetzung.)
Hopp! Hopp! Der Wagen beinahe um! Das war eine „Falle," ein Quergraben, wie ihn die Bauern am Rand ihrer Aecker graben, damit die Fuhrwerke nicht unbefugt den Weg breiter machen. Halt einmal! Der Graben scheint breit, lang und tief zu sein. Wenn ich die Kiste in den Graben stellen und den Graben zuwerfen würde? Und der Rattennikel käme so — ohne hohe obrigkeitliche Bewilligung und ohne die Gutherzigkeit des Pfarrers von Wendlingen noch zu einem „christlichen Begräbnis", um mit Rauhagel zu reden. Nicht wahr, Nauhagel, dann hätt' ich dich überlistet? Eine Rede würde ich nicht halten, aber ein stilles Vaterunser könnt' ich ja auch sprechen. Die Kiste scheint so wie so nicht mehr ganz fest auf dem Wagen zu sein. — Schäme dich, Doktor von Framersbach! Deinen Berufs- genossm etwas entziehen zu wollen, was der Wissenschaft gehört! —
Da macht der Weg offenbar wieder eine Schwenkung nach links. Und der Regen will immer noch nicht aufhören. Kein lebendes Wesen weit und breit. Die Decke und die Kiste werden hoffentlich wasserdicht sein!" Endlich ein Licht! Kein Stern, ein Licht von Menschenhand angezündet.-
Nach wenigen Minuten hielt der Doktor vor einem einsamen Bauernhaus, dessen Fenster hell erleuchtet waren.
Das ermüdete Pferd stand gerne füll. Der Doktor klopfte heftig an die Fenster; ein Weib mit verweinten Augen erschien. „Wie komm' ich hier auf die Landstraße?" fragte Ottmar hastig.
„Immer nur gradaus fahren," entgegnete das Weib, mit der Hand die Richtung andeutend. „Sie haben höchstens eine Viertelstunde und können nicht fehlen."
„Und dann?"
„Dann links, eine Strecke auf der Ebene fort und die Steige hinunter, dann rechts nach Lindendorf. Nehmen Sie sich aber auf der Steige in acht, dort ist ein gefährlicher Stembruch. Unser Fritz, den wir zum Doktor nach Lindendorf geschickt haben, ist hinuntergesalleu, es hat ihm gottlob nichts geschadet."
Der Doktor hatte sich schon zum Gehen gewendet; als er aber den Namen Lindendorf hörte, fragte er verwirrt: „Wie, was? nach Lindendorf? Wo bin ich denn eigentlich hier?"
„Das ist der Baldershof."
„Aha! Und Ihr seid die Frau Rauhagel?"
„So heiß ich!" entgegnete die Frau erstaunt, daß der Fremde sie kenne.
„Wie gehts Eurem Kind?"
„Unsre Marie, meint Ihr? Ach, die wird den Morgen nicht erleben. Wenn nur der Herr Doktor endlich käme. Unser Fritz ist vor zwei Stunden in Lindendorf gewesen, hat ihn aber nicht zu Haus getroffen."
„Laßt einmal mich nach dem Kinde sehen."
„Sie sind aber doch nicht der Doktor Sigbert?
„Ich bin sein Stellvertreter!"
„Aber Sie sind nicht den richtigen Weg von Lindendorf hergekommen!"
„Das ist Nebensache, führt mich zu der kranken Marie!
Die Türe wurde geöffnet. Ottmar trat in ein etwas ärmliches, aber sauber gehaltenes Wohnzimmer, in dessen Ecke Fritz schlummerte. Von da wurde er in ein enges, dumpfes Kämmerlein geführt, wo das kranke Kind in Fieberglut lag. Er übersah sofort, daß Marte an der auch in Framersbach herrschenden Kinderkrankheit litt, daß aber die Wendung zur Besserung bereitseingetreten war. Ottmar ordnete zuerst an, daß das kranke Kind in die große Stube gebettet werde, dann wandte er sein neues Mittel gegen die Krankheit ohne Bedenken an. Bald wurden die Atemzüge Mariens regelmäßiger und leichter. Mit den Worten: „In ein paar Tagen will ich wieder Nachsehen", nahm der Arzt Abschied vom Baldershof. Alles war so eilig gegangen, daß er sich nicht einmal Zeit genommen hatte, zu fragen, ob der Vater des Kindes dagewesen sei.
Der Himmel war nach dem Gewitter klar und wolkenlos; ein schwacher Lichtstreif im Osten verkündigte den nahenden Tag, in den Zweigen der Bäume rührten sich die Vögel, der frische Morgenwind trocknete die durchnäßten Kleider des Arztes.
Ottmar fuhr rasch, ohne sich viel Gedanken zu machen, durch Lindendorf und weiter nach der Universitätsstadt. Er hatte sich gleich am Baldershof auf den Wagen gesetzt; an den Rattennikel schien er nicht mehr zu denken.
Schon tauchte in der Ferne der spitze Turm der Uni-