76 . Jahrgang.

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Nagold, Samstag den 29. November

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fraglos zu Venezuela gehöre. Die Blockade des Orinoko­flusses, so betonte der Minister, soll trotz der gegenteiligen Erkärung Großbritanniens effektiv werden.

In einem Teil der sranzösischen Presse wird vor jedem voreiligen Einschreiten Frankreichs in Marokko dringend ge­warnt. DieRepublique Fran?aise" z. B. schreibt:Die Haltung Frankreichs in jenen Regionen muß eine scharf be­obachtende sein, darf aber nicht herausfordernd werden. Nur so treten wir den englischen Intriguen wirk­sam entgegen. Daran ändern die Fragen, die hier und da im englischen Parlament aufgeworfen und vom Foreign Office doppelsinnig beantwortet werden, rein nichts. Unsere guten Beziehungen zu Spanien sichern uns eine lange Dauer des herrschenden stillschweigende» Einvernehmens, und wir glauben, daß Herr Delcasss mit Hilfe eines erfahrenen Mannes, wie des Generalgouverneurs von Algerien, sich seiner schwierigen Aufgabe gewachsen zeigen wird. Unsere wackeren afrikanischen Truppen verstehen es, so oft man ihrer bedarf, die unruhigen Stämme zur Ordnung' zu weisen, die sich von dem muselmännischen Fanatismus Hin­reißen lassen und in der Schwäche ihres Sultans eine Ermutigung finden. Unsere Seeleute kennen überdies die schwachen Punkte der marokkanischen Küste so genau, daß ihre Gegen­wart, falls sie nötig würde, sogleich die gewünschten Folgen hätte. Wir müssen daher in unserer abwartenden Haltung verharren, was auch gewisse aufgeregte Abgeordnete sagen mögen, die immer bereit sind, über die Vernachlässigung unserer Kolonialrechte zu schreien."

Der Zustand der türkischen Flotte scheint doch ein sehr kläglicher zu sein. Nachdem bereits die beiden gegen die Piraten im Roten Meer entsandten türkischen'Kanonenboote in den Dardanellen liegen geblieben waren, wurde auch noch eins der beiden Schiffe, der Jdare i Mahsusse, in Sigri durch Havarie an der Fortsetzung der Fahrt gehindert. Die Pforte hat das Marineministerimn dringend aufge­fordert, die Schiffe alsbald durch seetüchtige zu ersetzen und jederzeit geeignete Schiffe vollkommen ausgerüstet bereit zu halten da die Pforte sich gegenüber Italien verpflichtet habe das Rote Meer gänzlich von den Piraten zu säubern.

Advent.

Wer würde nach dem Advent fragen, wenn nicht Weih­nachten hinterdreinkäme? Die Adventszeit ist nur ein Bote, der das Christfest ankündigt. Und die Botschaft ergeht nicht umsonst. In den Geschäften wird es lebendiger, zu rüsten, daß die Käufer ihre Wünsche befriedigen können. In Schulen und Häusern erwacht zwiefach die Lust am Singen, und der Kinder Mund wird nicht müde, die trauten Weisen immer neu anzustimmen. In stillen Abendstunden regen sich heimlich fleißige Hände, um allerlei Arbeit zu thun, die Weihnachtsfreude auf die Gesichter zaubern soll. An die Hütte der Armut klopft als Gast die Hoffnung, daß wohlthätige Menschen auch ihr ein Fest bereiten wer­den. Ja, es ist eine schöne Zeit, die Rüstzeit auf Weih­nachten, der heilige Advent, wie unsere Väter sagten. Sie haben es besser gewußt als viele in unseren Tagen, daß man auf Weihnachten nicht nur äußere Zurüstungen treffen muß. Sie öffneten die Herzen, um den Glanz der ewigen Liebe aufzunehmen. Sie vergaßen es nicht, daß so­genannteLieb es werke" wertlos sind ohne Liebe. Und was ist denn bei all den Vorbereitungen der Advents­zeit, bei all dem Rennen und Sorgen wirkliche echte Liebe? Diejenige Liebesarbeit, die gerne gethan wird! Ueber der Unruhe der Geschäfte vergißt man leicht die stille Einkehr, bei der die Quellen der ewigen Gottesliebe sich öffnen und die Herzen mit Lindigkeit gegen den Nächsten erfüllt werden. Wo rechte Liebe waltet, wird es auch an der rechten Dank­barkeit nicht fehlen. Möge uns eine gesegnete Adventszeit werden!

UoMische Hlebevsicht.

Ueber die Beziehungen der Republik Venezuela zu Deutschland hat jetzt der venezolanische Minister des Innern eine Erklärung abgegeben, die gegen den früheren hoch­fahrenden Ton der dortigen Regierung viel mildere Saiten anschlägt. Es heißt in der Erklärung: Deutschland habe niemals die Absicht zu erkennen gegeben, seine schwebenden Ansprüche an Venezuela mit Gewalt zur Geltung zu bringen. Präsident Castro habe durchaus nicht die Absicht, sich den großen Verpflichtungen der venezolanischen Regierung zu entziehen, sondern wolle sie in loyaler Weise erfüllen. Man könne aber nicht erwarten, daß er Maßregeln billige, welche die Rechte und die Würde der venezolanischen Regierung beeinträchtigen. Weiter heißt es in der Erklärung, Groß­britannien habe keinerlei Anspruch auf die Insel Patos, die

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 28. Nov. Am Bundesratstisch zu Beginn Niemand. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung 12.20 Uhr. Im stark besetzten Haus herrscht lebhafte Bewegung. Die Tribünen sind dicht besetzt. Um den Tisch des Präsidenten drängen sich zahl­reiche Abgeordnete.

Unter lebhafter Unruhe nimmt Spahn (Ztr.) das Wort und will zunächst auf die gestern vorgekommenen Angriffe gegen die Ge­schäftsführung des Präsidenten zurückkommen, was Präsident Graf Ballestrem aber inhibiert. Spahn legt dar, daß der Antrag Kar- dorff gefchäftsordnungsmäßig zulässig sei und keine Gesetzesverlstzung enthalte. Die Minderheit habe kein Recht, den Antrag als unzu­lässig zurückzuweisen. (Protestrufe links.) Spahn betont, der ganze Zolltarif könne als Anlage zum Zolltarifgesetz betrachtet werden und führt parlamentarische Präzedenzfälle an. Spahn hebt sodann weiter hervor, daß der Zolltarif in der Kommission ansgiebig be­raten worden sei und daß er nur ein Instrument zur Erlangung von Handelsverträgen sein solle.

Berlin, 28. Nov Schräder cfrs. Bgg.) bekämpft die Aus­führungen Spahns. Zufälligen Mehrheiten dürfe doch nicht die Möglichkeit gegeben werden, die Gesetzgebung nach ihrem Sinn zu gestalten; das wäre eineGeschäftsunordnung". Das Vorgehender Mehrheitsparteien bedeute eine ungeheuerliche Mißachtung der vielen von dem Zolltarif einschneidend berührten Interessen. (Beifall links.)

Haase (Soz.s führt aus, der Antrag Kardorff sei ein parla­mentarischer Staatsstreich und flagranter Rechtsbruch. Die Enbloc- Annahme sei nur möglich, wenn kein Widerspruch erhoben werde. Die Mehrheitsparteien würden es sicherlich noch einmal bedauern, sich auf diese abschüssige Bahn begeben zu haben.

v. Norm« nn erklärt, die Konservativen stimmen, da sie die Darlegungen Spahns für zutreffend halten, geschlossen für Zulässig­keit des Antrags Kardorff wenn auch ein Teil der Konservativen mit dem materiellen Inhalt des Antrags nicht übereinstimme.

Richter bemerkt, eine so gesuchte Rechtsauslegung wie die des Abg. Spahn sei ihm noch nie vorgekommen. Richter hält die Ein­bringung des Antrags Kardorffs für einen flagranten Bruch der Geschäftsordnung.

Bassermann (nat.lib.) führt aus: Wir haben uns nach der bisherigen Kampfesweise der Sozialdemokraten überzeugt daß wir mit der Beratung der 946 Positionen des Zoll­tarifs nicht zu Ende kommen würden. Angesichts der großen Bedeutung des Tarifs sollte man es uns nicht verargen, daß wir die bisherigen Bahnen verlassen (Großer Lärm links.) Der Präsident sucht vergebens Ruhe zu schaffen. Redner fortfahrend: Die große Mehrheit der Nationalliberalen ist für die Zulässigkeit des Antrags. Anderfalls hätten wir andere Wege für die Erledigung des Tarifs gefunden. WirhättenjadieGeschäftsordnung ändern können. (Erneuter Lärm.) Redner weiter: Da die Frage der Zulässigkeit des Antrags zweifelhaft ist, gibt es keinen andern Weg, als den Reichstag durch Abstimmung entscheiden zu lassen.

Berlin, 28. Nov. Die heutige Reichstagssitzung ver­lief bis jetzt weit ruhiger, als die gestrige. Man erzählt, daß Bebel in der gestrigen Fraktionssitzung den Genossen tüchtig die Köpfe ge­waschen habe. Außerhalb der eigentlichen Geschäftsordnungsdebatte darüber, ob der Antrag Kardorff zulässig sei, haben sich noch 24 so­zialdemokratische Redner zur Geschäftsordnung gemeldet.

r. Stuttgart, 27. Nov. Die Kommission der Kammer

der Abgg. für Gegenstände der inneren Verwaltung beriet heute über die Amtsblattfrage. Dieser Gegenstand hat die Kammer der Abgg. das letzte Mal am 6. Februar ds. Js. beschäftigt, wo die Kommission (Referent Neubronner) über die Bitte der Gebrüder Nübling, Verlag der Ulmer Schnellpost, um periodische Vergebung der Amtsblatteigen- schast seitens der einzelnen Amtskörperschaften im Aufstreich an den meistbietenden Zeitungsunternehmer Bericht erstattete und hiezu Uebergang zur Tagesordnung beantragte. Da­mals stellte der Abg. Schmidt-Maulbronn, um ein positives Resultat zu erzielen, da die Frage sonst doch nicht zur Ruhe komme, den Antrag:

Die Kammer der Abgeordneten wolle beschließen, die Kgl. Regierung zu ersuchen, die Herausgabe beson­derer Amtsblätter nach der Richtung, !) daß diese Amtsblätter alle amtlichen Bekanntmachungen der Be­hörden des Staats, der Amtskorporationen und der Gemeinden unentgeltlich aufzunehmen haben, die im Privatinteresse liegenden Anzeigen aber gegen Entgelt veröffentlichen können, 2) daß die Amtsblätter keinen politischen und unterhaltenden Teil haben, 3) daß sie kostenlos sämtlichen, im Erscheinungsbezirke herausg«. gebenen Zeitungen, die es wünschen, beigelegt werden, in Erwägung zu ziehen.

Im Mai ds. Js. kam dann eine Eingabe von 53 Amtsblattverlegern um Belassung der bisherigen Verhält­nisse der Amtsblätter ein, welche ebenfalls an die Kommis­sion verwiesen wurde. In der heutigen Kommissionsfitzung vertrat nun der Abg. Schmidt-Maulbronn selbst, welcher als Stellvertreter für den Abg. Cleß eintrat, seinen Antrag, fand jedoch bloß bei dem Abg. Keil für die beantragteEr­wägung" Unterstützung. Nach mehrstündiger Debatte, an welcher sich auch der anwesende Staatsminister des Innern beteiligte, wurde der Antrag Schmidt-Maulbronn, die in seinem Antrag enthaltenen Wünsche der Regierung zur Er­wägung zu übergeben, von der Kommission abgeleimt gegen die Stimmen des Antragstellers und des Abg. Keil (zwei Mitglieder, Schmid-Besigheim und Tag, enthielten sich der Abstimmung), dagegen wurde (gegen eine Stimme, Schach) auf Antrag des Referenten beschlossen, jene Wünsche der Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Bezüglich der Eingabe der Amtsblattverleger wurde ebenfalls Ueber- gabe zur Kenntnisnahme beschlossen, während in Ansehen der Eingabe der Gebrüder Nübling der Antrag wie früher auf Uebergang zur Tagesordnung geht. An die Kammer war in der Frage wieder ein schriftlicher Bericht erstattet worden. Schließlich wurde in Gegenwart des hiezu wieder­um eingeladenen Kriegsministers über die Eingabe der Ve­teranen nochmals beraten und ein Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung gefaßt. Damit waren die Verhandlungen zu Ende. _

Gages-Meuigkeitsn.

Ms Stadt Md Land.

Nagold 29. November.

Ter Württcmbeergische Schutzverein für Handel und Gewerbe schreibt uns: Verschiedene Krakauer Firmen inserieren gegenwärtig in württemb. Zeitungen4 Paar Schuhe hochelegant nur um 4 ^ aus einer Konkursmasse." Einige Hereingefallene haben uns die Schuhe eingeschickt. Wie bei diesen bekannten Krakauer Firmen nicht anders zu erwarten, handelt es sich um Schundware (Tuchschuhe mit Rupfensohlen), welche dielte lange nicht wert sind, außer­dem haben die Empfänger noch 1,60 Zoll und 75 zZ Nachnahmeporto zu bezahlen. Wir warnen deshalb jeder­mann vor diesen Krakauer Schwindelfirmen.

r. Thailfingen, 27. Nov. Gestern früh kurz nach 7 Uhr ereignete sich hier ein bedauerlicher Unglücksfall. Wäh­rend der bei Balth. Blickles Witwe hier bedienstete Pferde­knecht Gottlieb Blickle eben im Begriff war, einzuspaunen, schlug eines der Pferde, durch einen Hund erschreckt, aus und traf den Knecht so unglücklich an den Kopf, daß sein Leben in Gefahr schwebt.

Unterjesingen, 28. Nov. Unglücksfall. Der Bauer Ludwig Schnaidt von hier wollte während der Drescharbeit die Scheunenleiter besteigen, dabei wurde er vom Schwindel befallen und stürzte auf die Tenne. Schwerverletzt und bewußtlos wurde er vom Platze getragen. An seinem Auf­kommen wird gezweifelt.

r. Stuttgart, 26. Nov. Der am 15. ds. an einem Neubau in der Ludwigsburgerstraße verunglückte Dachdecker ist gestern im Karl-Olga-Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.

r. Cannstatt, 28. Nov. Nachdem die Eingemeindung Untertürkheims als vollständig gesichert erscheinen kann,Zenkt