Wotttifche Hleöersicht.

Ter dem Reichstag zugegangene Gesetzentwurf, Phos­phorzündwaren betreffend hat folgenden Wortlaut:Weißer oder gelber Phosphor darf zur Herstellung von Zündhölzern und anderen Zündwaren nicht verwendet werden. Zünd­waren, die unter Verwendung von weißem oder gelbem Phosphor hergestellt sind, dürfen nicht gewerbsmäßig feil­gehalten, verkauft oder sonst in Verkehr gebracht werden. Zündwaren der bezeichneten Art dürfen zum Zweck gewerb­licher Verwendung nicht in das Zollinland eingcführt werden. Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Zündbänder, die zur Entzündung von Gruben-Sicherheitslampen dienen, keine Anwendung. Wer den Vorschriften dieses Gesetzes vorsätz­lich zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark bestraft. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit be­gangen worden, so tritt Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark ein. Neben der Strafe ist auf Einziehung der ver­botswidrig helgestellten, eingeführten oder in Verkehr ge­brachten Gegenstände, sowie bei verbotswidriger Herstellung auf die Einziehung der dazu dienenden Gerätschaften zu erkennen, ohne Unterschied, ob sie den Verurteilten gehören oder nicht. Ist die Verfolgung oder die Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausführbar, so ist die Einziehung selbständig zu erkennen. Die Vorschriften des Z 1 Absatz 2 treten am 1. Januar 1908, im übrigen tritt das Gesetz am 1. Januar 1907 in Kraft."

Nach den Vorschlägen des Reichsjustizamts über die Handhabung des Verfahrens bei Erteilung eines bedingten Strafaufschubs haben diejenigen Bundesstaaten, in denen Vorschriften über die bedingte Begnadigung bereits bestehen, folgende Grundsätze vereinbart: 1. Von dem bedingten Strafaufschub soll vorzugsweise zu Gunsten solcher Ver­urteilter Gebrauch gemacht werden, welche zur Zeit der That das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben. 2. Gegen­über Personen, die früher bereits zu Freiheitsstrafen ver­urteilt find und die Strafe ganz oder teilweise verbüßt haben, soll der bedingte Strafaufschub nur in besonderen Fällen Platz greifen. 3. Die Höhe der erkannten Frei­heitsstrafe soll die Gewährung des bedingten Strafauf­schubs nicht grundsätzlich ausschließen. 4. Ueber die Be­willigung des bedingten Strafaufschubs ist eine Aeußerung des erkennenden Gerichts herbeizuführen. 5. Die Bewährungs­frist soll auf weniger als die Dauer der Verjährungsfrist, und zwar bei Strafen, die in zwei Jahren verjähren, mindestens auf ein Jahr, bei Strafen, die einer längeren Verjährung unterliegen, auf mindestens zwei Jahre bemessen werden.

Im russischen Finanzministerium wird ein Gesetzent­wurf vorbereitet, durch den scheinbar die Trunksucht be­kämpft werden soll, der aber voraussichtlich die gegenteilige Wirkung haben wird. Nach diesem Gesetz soll denThee- hallen des Kuratoriums für Volksnüchternheit" gestattet werden, auch Branntwein in kleinen Mengen zu ver­kaufen. Es soll dadurch dem Trunk auf den Straßen vor­gebeugt werden, denn jetzt darf der gekaufte Branntwein in den Monopolbuden selbst nicht vertilgt werden. Sobald man den Theehallen, die zur Bekämpfung der Trunksucht errichtet wurden, den Branntweinverkauf gestattet, sind es eben keine Theehallen mehr. Zudem sind die Theehallen auch an Feiertagen und bis in die späte Nacht hinein ge­öffnet, so daß hier alle Vorbedingungen vorhanden sind, um die bisher künstlich eingedämmte Trunksucht auf das äußerste zu fördern.

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 22. Nov. In der Sitzung stand die Interpellation der Sozialdemokraten über Maßnahmen gegen polizeigesetzliche Ueber- griffe auf der Tagesordnung.

Abg. Heine begründete die Interpellation und wies auf die bekannten, in der Presse mitgeteilten Fälle der letzten Monate hin, aus denen die Notwendigkeit eines Reichsstrasvollzug-Gesetzes her­vorgehe. Der Redner erörtert sodann auf Grund reichhaltigen Materials die Mängel des heutigen Strafvollzugsgesetzes und prüft namentlich die ungerechtfertigte Verhängung der Untersuchungshaft, sowie die unwürdige Behandlung der Untersuchungsgefangenen.

Staatssekretär von Nieberding teilt mit, daß der Reichs­kanzler alle amtlichen Uebergriffe entschieden verurteilte und ihnen entgegenlreten werde, soweit seine Kompetenz reiche. Zweifellos seien Verfehlungen vorgekommen. Den Zeitungsberichten gegenüber sei aber Vorsicht geboten. Für ein Reichsstrafvollzugsgesetz sei die Zeit noch nicht gekommen, da erst die Reform des Strafrechts be­endet sein müsse.

In der Besprechung der Interpellation tadelten die Abg. Bass er mann. Gröber und Lenzmann, daß die Polizei vielfach den Respekt vor der persönlichen Freiheit verloren habe, und verlangten die sofortige Ausarbeitung eines Strafoollzugs- gesetzes.

Staatssekretär Nieberding versicherte, daß das Reichs­justizamt fleißig mit den Vorarbeiten für die Strafprozeßresorm be­schäftigt sei.

Abg. Oertel (kons.) bedauerte, daß der Presse die Klar­stellung von Mißgriffen durch die amtlichen Stellen erschwert werde. Im weiteren Verlauf erwähnte der Bundesratsbevollmächtigte für die thüringischen Staaten Paulßen, den Fall Anita Augspurg, ihre Verhaftung in Weimar sei ein bedauerlicher Mißgriff gewesen, zum Teil war es aber die Geschichte eines freiwilligen Martyriums des Fräuleins.

Abg. Müller-Meiningen (frs. Ver.) geht ausführlich auf diesen Fall ein, der typisch sei und Deutschland zum Gespött oer zivilisierten Welt mache.

Berlin, 24. Nov. Am Bundesratstisch: Staatssekretär Graf Posadowsky und Thielmann. Präsident Graf Baüeftrem eröffnet die Sitzung 1 Uhr 20 Min. In der fortgesezten Beratung des Zoll­tarifgesetzes begründet Bebel einen Antrag, als H llb die Bestim­mung einzufügen: Vom Ertrag der Zölle sind alljährlich 100 Mill. Mark den Bundesstaaten zur Förderung des Volksschulwesens, ins­besondere zur Lehrerbesoldung, Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehrmittel zu überweisen. Redner führt aus: Wenn wir den kulturfeindlichen Zolltarif nicht beseitigen können, wollen wir wenig­stens teilweise die Befriedigung der wirklichen Kulturbedürfnifse, durch dis,^Mittel Vie der Zolltarif ergiebt. Wir wollen nicht, daß

diese Mittel lediglich für die Vermehrung der Flotte nnd der Ka­vallerie verwendet werden Redner behauptet, das französische Volks­schulwesen habe das deutsche weit überflügelt und schildert die miß­lichen Volksschulzustände, besonders in Schlesien, welche die Ver­rohung der Jugend steigerten. Manche Volksschullehrcr würden schlechter bezahlt, als die Fabrikarbeiter, was dazu beitrage, das Lehrerpersonal minderwertig zu machen. Bebel erörtert sodann die Schulverhältnisse in Süddeutschland, wo es nicht anders aus­sehe als in Preußen. Am schlimmsten aber stehe es in Sachsen. Der Staat müsse den Armen den Kampf ums Dasein möglichst er­leichtern und ihn mit Kulturmitteln ausrüsten. Was die Höheren Staatsbeamten von der Volksschule halten, habe ja der Trakehner Lehrerprozeß gezeigt. Keine Zölle könnten die Landwirtschaft vom Untergang retten, das könne allein die Anwendung von technischen und wirtschaftlichen Fortschritten. Diese aber könnten ohne ent­sprechend vorgebildete Arbeiter, d. h. ohne eine gute Volksschule, nicht erzielt werden.

Abg. v. Zar lins ki sagt: Die mangelnden Leistungen der Volksschule in den polnischen Landesteilcn rühren davon her, daß die Lehrer die Kinder nicht in der Muttersprache unterrichten dürf­ten. In diesen Landesteilen sei die Schule nur ein papageimäßiges Abrichtungsinstitut.

Vizepräsident S t o l l b e r g rügt diese Kritik der preußischen Unterrichtsverwaltung. Die Abstimmung über den sozialdemokrati­schen Antrag ist namentlich. Es stimmen 178 Abgeordnete ab. Das Haus ist also beschlußunfähig. Der Präsident setzt die Weiter­beratung auf Dienstag 1 Uhr fest. Schluß der Sitzung 3'/^ Uhr.

Stuttgart, 22. Nov. (Gemeindereform.) Nach achttägigen Verhandlungen ist heute die Kommission mit der Generaldebatte über die Gemeindereform zu Ende ge­kommen. Nachdem der Minister v. Pischek sowie die einzelnen Abgeordneten noch einmal den bereits gestern zum Ausdruck gebrachten Standpunkt betont hatten, stellte der Abgeordnete Haußmann folgenden Antrag:Es ist ge­boten, die Bezirksordnung auch unter dem Gesichtspunkt der Ausdehnung der Selbstverwaltung auf die Organisation der Kreisbehörden einer Prüfung zu unterziehen." Dieser Antrag wurde mit 11 gegen 3 Stimmen (Kraut, Haug, v. Gaisberg) und zwei Stimmenthaltungen (Röder und Maier- Blaubeuren) angenommen. Schließlich fand noch ein von Haußmann gestellter Antrag Annahme mit 15 gegen 1 Stimme (Kloß), in die Beratung der Gemeinde- und Be­zirksordnung einzutreten.

Gclges-Wenigkeiten.

Aus Stadt Md Land.

-ä- Mötzingen, 25. Nov. Gestern abend 10.20 Uhr brach in dem seit 4 Monaten nicht mehr bewohnten Wohn­haus des Straßenwarts Bertsch Feuer aus, welches bis auf den Grund niederbrannte. Es wird Brandstiftung vermutet.

Herrenberg, 24. Nov. Bei der Gauversammlung der Gewerbevereine des Schwarzwaldes, die heute nachmittag im Saal der Bahnhofrestauration unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Haußer-Herrenberg stattfand und die sehr zahlreich, auch seitens des Verbandsvorsttzenden Malermeisters Schiedter-Göppingen besucht war, interessierte besonders der Vortrag von Dr. Zwiesele, der als Wanderlehrer der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel über die Elektrizität im Dienste des Kleingewerbes redete. Unter gespannter Aufmerksamkeit der Zuhörer wurden die neuesten elektrischen Apparate sowohl des Schwach- als Starkstroms vorgeführt und in sehr anschaulicher und lichtvoller Weise erklärt. Nach den Ausführungen des Redners ist für Gewerbetreibende der Elektromotor gegenüber Benzin-, Petroleum- und Gas­motor entschieden zu empfehlen.

Herrrnberg, 25. Nov. (Bitte um milde Gaben.) Bei dem Brand des Doppelwohnhauses in Thailfingcn ist dem 71 Jahre alten Bauern Sautter, der neben einer geistes­kranken Frau noch zwei geisteskranke Töchter hat, alles verbrannt. Da er nicht versichert ist und der Winter vor der Thüre steht, so bittet ein Komite in einem Aufruf im Gäuboten edle Menschenfreunde um milde Gaben in Geld oder Naturalien.

r. Calw, 25. Nov. Gestern Nachmittag 1 Uhr brach in dem früheren Brauereigebäude der Restauration Heydt auf der Insel, das jetzt als Woll-Magazin benützt wird, Feuer aus, welches das Gebäude in kurzer Zeit einäscherte. Auch das Restaurationsgebäude wurde von den Flammen gepackt, konnte aber noch gerettet werden.

Freudenstadt, 24. Nov. Am Samstag wurde in Göttel- fingen das frühere Hauptgebäude der Werner'schen Anstalt wie auch das große Oekonomiegebäude völlig eingeäschert. Der Schaden ist sehr beträchtlich. Der Gebäudeschaden beträgt 30,000 ebenso hoch ist der Mobiliarschaden. Brand­stiftung wird vermutet.

r. Tübingen, 24. Nov. Die Tübinger Chronik meldet: Gestern traf von Rottenburg kommend der neue Erzbischof von Köln Dr. ö. Fischer hier ein und stattete der katholisch- theologischen Fakultät einen Besuch ab.

Reutlingen, 22. Nov. Hundert Jahre sind morgen vergangen, seit die kaiserlichen Wappen und Banner an den Thoren und herrschaftlichen Gebäuden der Stadt Reutlingen fortgeschafft und die Reichsadler mit dem damals den Reut- lingern verhaßten württembergischen Hirschhorn vertauscht wurden. Es geschah dies zum Zeichen, daß die alte freie Reichsstadt in den Besitz des Herzogs Friedrich übergegangen war und sie damit der Rechte einer Reichsstadt, nämlich die der Selbstregierung und der Freiheit verlustig ging.

Stuttgart, 22. Nov. Nicht ganz zufrieden mit den agrarischen Reichstagsmitgliedern ist der Vorstand des konser­vativen Vereins in Stuttgart, Komm.Rat Gundert. Er schreibt in einem dieNotwendigkeit richtiger Schutzzölle für die Industrie wie für die Landwirtschaft" betitelten Leitartikel in der konservativen Reichspost:

Die Mehrzahl der Gerber und Lederfabrikanten wenigstens in Württemberg sind für die landwirt­schaftlichen Zölle auf Vieh und Getreide zu haben, wie solche von dem Bund der Landwirte vorgeschlagen werden, und erheben keinen Widerspruch gegen dieselben, sie ver­langen aber auch, daß dann die agrarischen Reichstags- Mitglieder die Verhältnisse in der Lederbranche richtig beurteilen und im Jnreresse der Lohheckenbesitzer gegen die vorgeschlagenen exorbitanten Gerbstoffzölle sich entschieden aussprechen."

r. Jlsseld, 24. Nov. Gestern früh 4 Uhr ist das Wohnhaus des Bauern Friedr. Bräund! im Weiler Wüsten- hausen mit Scheuer und Stall abgebrannt. Das Feuer ist in dem an die Scheuer angebauten Holzschuppen ausge­brochen. Die Entstehungsursache ist nicht bekannt, doch wird Brandstiftung vermutet. Der Gebäudeschaden beträgt etwa 2800

Heilbronn, 23. Nov. Ein Jahrhundert ist am 23. Nov. 1902 verflossen, seit die damals freie Reichsstadt Heilbronn dem Herzogtum Würtemberg einverleiht wurde. Die bürgerlichen Kollegien haben aus diesem Anlaß eine künstlerisch angefertigte Ergebenheitsadresse an S. M. den König gerichtet.

r. Friedrichshafen, 25. Nov. Der Bau eines neuen württ. Salondampfers, der den NamenHerzog Albrecht" führen wird, wurde in Angriff genommen.

r. Friedrichshasen, 25. Nov. Gestern früh wurde laut Seeblatt im See beim Schloßdamm die Leiche einer etwa 40 Jahre alten dunkel gekleideten Frau gefunden. An einer Hand befindet sich ein Ehering. Zwei Kassenschlüssel waren im Hut eingesteckt.

Deutsches Reich.

Berlin, 21. November. Die deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten hatte dem Reichs­kanzler ihre Konstituierung angezeigt. Graf Bülow hat darauf seine Sympathie mit den Bestrebungen der Gesell­schaft ausgesprochen und u. A. geäußert: Was staatlicher- seits zur Förderung dieser guten Sache, sei es im Wege der Gesetzgebung, sei es auf dem Gebiete der Verwaltung, wie insbesondere des medizinischen Unterrichts auf den Uni­versitäten, geschehen kann, daran soll es nicht fehlen. Vor Allem aber kommt es darauf an, daß die Bevölkerung selbst, unter Führung ihrer sittlichen und ärztlichen Berater, sich der drohenden Gefahr voll bewußt wird und derselben aus eigener Kraft und entschlossen und unbeirrt durch falsche Scheu entgegentritt. Wenn die neu gebildete Gesellschaft in diesem Sinn an ihr Werk geht und dasselbe mit zäher Ausdauer weiter verfolgt, so wird Segen und Erfolg nicht ausbleiben. Das ist der Wunsch, mit welchem ich das Jnslebentreten der Gesellschaft dankbar begrüße.

Esse» a. R., 22. Nov. (Zum Tode Krupps.) In den Kruppschen Werken gab die Direktion nach­mittags 6 Uhr durch Anschlag folgendes bekannt:Den Angehörigen der Fabrik teilen wir in tiefem Schmerze mit, daß unser hochverehrter, geliebter Herr Krupp heute nach­mittag infolge Gehirnschlags gestorben ist. Herr Krupp hatte heute morgen 6 Uhr einen Schlaganfall erlitten. Unter ärztlicher Einwirkung erwachte er wieder zu ziemlich klarem Bewußtsein. Um 9 Uhr erneuerte sich die Verschlimmerung seines Zustandes, der mittags von den Aerzten als schwer bedenklich erkannt wurde. Es war ein neuer Gehirnschlag eingetreten. Krupp verschied um 3 Uhr, ohne daß er das Bewußtsein wieder erlangt hatte." Die Nachricht von dem Tode Krupps rief in der Stadt die größte Bestürzung her­vor. Auf den Straßen, den Plätzen und vor den Zeitungs­redaktionen, welche die Nachricht durch Extrablatt bekannt machten, sammelten sich Menschen und erörterten, anfangs voller Zweifel die Nachricht. Frau Krupp war beim Tode nicht zugegen. Sie befindet sich auf der Reise hier­her und trifft morgen nachmittag, von Kassel kommend, hier ein. Die Vorstellung im Theater fällt morgen abend aus. Die städtischen Gebäude flaggen halbmast. Bei einer auf abends 7 Uhr einberufenen Sitzung der Stadtver­ordnetenversammlung widmete der Oberbürgermeister dem verstorbenen, um die Vaterstadt hochverdienten Ehren­bürger warme, anerkennende Worte. Die Versammlung drückte einmütig ihre Entrüstung über die dem Verblichenen kurz vor seinem Hinscheiden angethane Kränkung aus mit dem Aufträge, der Witwe des Verstorbenen das innigste Beileid der Versammlung und der gesamten Bürgerschaft auszusprechen und namens der städtischen Behörde die Vor­bereitungen zu treffen, welche zu einer würdigen Vertretung der Stadt bei den Beisetzungsfeierlichkeiten erforderlich seien. Einem unverbürgten Gerücht zufolge soll nach den Bestim­mungen eines vom Vater Krupps herrührenden Testaments die Fabrik in Form eines Fideikommiß weitergeführt werden. Zum Chef soll ein Vetter Krupp's, Arthur Krupp in Berndorff, ausersehen sein. Man erzählt, Krupp beabsichtigte, heute wieder nach Capri zu reisen. Der Salonwagen war schon bereitgestellt und das Gepäck, da­runter Angelgeräte, lagerten bereits auf dem Bahnhöfe. Der Verstorbene war bekanntlich seit längerer Zeit herz- leidend. An das Direktorium der Firma Krupp telegra­phierte der Kaiser:Die Nachricht von dem so uner­wartet eingetretenen Hinscheiden Ihres Chefs hat mich tief erschüttert. Die Vorsehung hatte Geheimrat Krupp an die Spitze eines Unternehmens gestellt, das weit über die Grenzen des Vaterlandes universelle Bedeutung gewonnen hat. Dies Werk, wie es von seinem genialen Vater ihm überkommen war, nicht nur zu erhalten, sondern seinem Weltruf ent­sprechend weiter auszubilden, sah er als die Aufgabe seines Lebens an. Sein Name ist mit der Entwickelung der Eisen­industrie, des gesamten Waffenwesens, der modernen Be-