dem Kranken ausbezahlte, nach ihrer Meinung zu viel verausgabten 8 ^ 77 iL zu erstatten; sie ist der Ansicht, daß nur der Satz, der zur Zeit der Erkrankung bestand, also 85 iZ, für die Dauer der ganzen Krankheit maßgebend sei. Die Regierung des Neckarkreises wies eine Klage der Kasse in Altensteig auf Erstattung der Ausgabe ab, indem sie sich an ein Urteil des preuß. Verwaltungsgecichtshofs in einem ähnlichen Falle anlehnte. Klägerin legte hierauf beim Verwaltungsgerichtshof hier Berufung ein, der unter Abänderung des Urteils der Kreisregierung die beklagte Kasse in Nagold zur Bezahlung der 8,77 sowie in die Kosten des Verfahrens und in die Sporteln von 15 verurteilte.
Leipzig, 6. Nov. Im Landesverratsprozeß gegen Udo Becker aus Wolfenbüttel wurde dieser wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu 3 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus. 10 Jahren Ehrverlust und Zulassung der Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt.
Leipzig, 6. Nov. Vor dem Reichsgericht, und zwar ebenfalls vor dem vereinigten 2. und 3. Strafsenate, wird heute ein zweiter Landesverratsprozeß verhandelt, und zwar gegen den 30jährigen Schlachtmeister Leo Beck aus Kanton Wallis, dem gleichaltrigen Kontrolleur Anton Bai aus Mortara (Italien), den 37 Jahre alten Erdarbeiter Joses Proserpio aus Mariano (Italien) und die 27jährige Frau Marie Bai aus Senones (Italien). Die Verhandlungen werden mindestens zwei Tage in Anspruch nehmen. Beck, welcher durch Rechtsanwalt Zenotti verteidigt wird, steht unter der Anklage des vollendeten Verbrechens, die anderen Angeklagten sind des Versuchs und der Beihilfe beschuldigt. Die Oeffentlichkeit wird für die Dauer der Verhandlungen ausgeschlossen.
Das Schwurgericht zu Nizza sprach gegen den Mörder Vidal, der zwei Frauen ermordet und drei andere zu morden versucht hatte, das Todesurteil aus.
Deutsches Reich.
Berlin, 3. November. Der nationalliberale Abgeordnete Dr. Endemann hat erklärt, daß er bei den kommenden Wahlen in Anbetracht seines hohen Alters kein Mandat mehr annehmen werde. Dr. Endemann steht im 70. Lebensjahre. — Die Reichstagsersatzwah! in Liegnitz an Stelle des verstorbenen Stadtrats Kauffmann findet am 11. Dez. statt. Die Konservativen und der Bund der Landwirte haben den Erbscholtiseibesitzer Röhrich in Wilhelmsdorf als Kandidaten aufgestellt.
Berlin, 5. Novbr. Voranschlag für das Kiautschou- gebiet. Die Voss. Ztg. erfährt: Der dem Reichstag demnächst zugehende Eiatsvoranschlag für das Kiautfchou-Gebiet wird eine 1. Rate zum Bau einer großen Dockanlage für Tsingtau fordern. Das Dock soll selbst Linienschiffen eme Aufnahme gewähren können, gegebenfalls auch Reichspost- und Handels-Dampfern zur Verfügung stehen.
Berlin, .7. Nov. Es wird halbamtlich mirgctcilt, daß für den durch die Versetzung des Fürsten zu Enlenburg in den einstweiligen Ruhestand erledigten Posten des Botschafters in Wien der bisherige Botschafter in Rom Graf Karl v. Wedel in Aussicht genommen ist, und daß dieser durch den bisherigen Gesandten in München, Grafen v. Monts, ersetzt werden soll.
r. Pforzheim, 5. Nov. In Ittersbach wurde vorgestern abend der 17 Jahre alte Fabrikarbeiter Wilhelm Rittmann von dort ohne Grund von dem 30 Jahre alten Steinhauer Luswig Rittmann auf dem Nachhauseweg überfallen und durch einen Stich ins Herz sofort getötet. Der Thäter wurde verhaftet. Wie der Pforzh. Anz. berichtet sind die beiden Rittmann nicht miteinander verwandt und es beging der Mörder eine Verwechslung. Ludwig Rittmann hatte mit einem gewissen Jakob Gegenheimer vor dem Geschehnis in der Wirtschaft Streit. Er wollte nachher seinem Gegner aurlauern und ihn niederstechen, traf aber infolge einer Verwechslung den unbeteiligten Wilhelm Rittmann. Der Getötete ist der Sohn einer Witwe, die noch 4 Kinder hat. Der Mörder hat Frau und ein Kind.
Karlsruhe, 5. November. Die F. Z. erhält folgende Zuschrift: Ju der Nummer 306, drittes Morgenblatr der Frankfurter Zeirnng vom 4. November ist unter: „Baden- Baden, 2. November" die Mitteilung enthalten, daß von der Oberpostdirektion in Karlsruhe gegen den Borsteher des Postamts in Baden-Baden, Postdirektor B. Disziplinar- Untersuchung cingeleitet ist. Diese Mitteilung ist unrichtig. Gegen den Vorsteher des Postamts Baden-Baden, Pon- direktor B. ist weder D.sziplinar-Uutersuchung eingeleiret worden, noch steht solche irgendwie in Aussicht. Karlsruhe (Baden), 5. November 1902. Kaiserliche Oöerpostdirektion. Geister.
München, 5. November. Ueber die Ergebnisse der Reise des preußischen Eisenbahnministers erfährt die F. Z: Von einer Reichseisenbabmdce will man in Berlin absolut nichts wissen. Wie die bayerische Verwaltung, ist auch die preußische Verwaltung der Ansicht, daß die gegenwärtige Zeit nicht zu einer Herabsetzung der Elsenbahntarife, namentlich der Personentarife, angethan sei. Aus den Ansprachen mit dem preußischen Eisenbahnminister hat man hier die Hoffnung gewonnen, daß die Verhandlungen wegen der Mainkanalisation in Bälde wieder ausgenommen werden. Die bayerische Regierung hat auf Grund von Erhebungen und Vorbesprechungen eine Denkschrift bezüglich der Mainkanalisation schon im Frühjahr, der preußischen Regierung vorgelegt. Hierauf ist eine Antwort bisher noch nicht erfolgt, da die preußische Regierung die Vorlage erst durch- chrüfen mußte.
Insterburg, 3. November. Gegen das Duell. Für die gegenwärtig tagende Ostpreußische Provinzialsynode hat mit Bezug aus die hiesigen Vorfälle die hiesige Kreissynode rügenden Antrag gestellt: Die Provinzialsynode wolle mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln dahin wirken, daß der den Geboten Gottes und dem Gesetze des Staates sohnsprechenden Unsitte des Duells keinerlei Schonung zu nl werde.
Aus Ostpreußen, 3. November. Zu der angeblichen Soldatenmißhandlung in Gumbinnen wird der Königsberger Hart. Ztg. auf Grund von Informationen an zuständiger Stelle mitgeteilt, daß das Kriegsgericht der zweiten Division die Vorgänge, mit welchen den Tod des Kanoniers Balt- rusch im Zusammenhang steht, eingehend untersucht hat, daß dieses Gericht in Gumbinnen getagt hat, und daß die Beteiligten freigesprochen sind, weil sie sich in der Notwehr befunden haben.
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Die Dienstag Sitzung des Reichstags mußte wegen Beschlußunfähigkeit abgebrochen werden.
Ausland.
London, 4. November. Der Times wird aus Peking gemeldet: Ein kaiserliches Dekret vom 15. August 1901 verbot dem Friedensprotokoll gemäß den hohen Provinzial- bramten die Einfuhr von Waffen oder von Material zur Herstellung von Waffen auf zwei Jahre. Trotz dieses Verbotes sind aber inzwischen in fast jedem chinesischen Arsenale mit voller Energie Waffen aller Art fabriziert worden. In der Peking-Gazette vom 23. Okt. bringt nun der Gouverneur von Kwangsi dem Throne zur Kenntnis, daß ein Beamter vierten Grades wahren patriotischen Geist gezeigt habe, indem er kürzlich 1000 Mausergewehre und 300000 Patronen in die Provinz gebracht habe. Dieselben seien der Regierung zur Unterdrückung der Rebellen zur Verfügung gestellt worden. Der Gouverneur von Kwangsi fügt hinzu, die Schwierigkeit, Waffen zu erlangen, sei umso größer gewesen wegen des kaiserlichen Verbotes vom letzten Jahre und ersucht daher den Beamten dadurch zu belohnen, daß er zum Mandarin ersten Ranges ernannt wird. Ein kaiserliches Dekret desselben Datums verleiht dem erfolgreichen Schmuggler diese Auszeichnung.
London, 4. November. Nachträglich sind noch einige hundert Kämpfer aus dem Bnrenkrieg dekoriert worden. Sie füllen 12 Seiten in der amtlichen Gazette. An der Spitze steht Generalleutnant Paul Sandford Lord Methuen, er hat das Großkreuz des Bathordens erhalten; Generalmajor Willson das Kommandeurkreuz; das Ritterkreuz (OomMAmoas) die Generale Oliphant und Kitchener (nicht der bekanntere Lord Kitchener) und eine Anzahl von Obersten. Zu Generalleutnants werden ernannt die Generalmajore French und Jan Hamilton, zu Generalmajors die Obersten Wood, Kekewich, Plumcr, Brabant und Dartnell, letztere beide aus dem Kapland und Natal.
Paris, 6. Nov. Eine Privatdepesche aus New-Aork meldet folgende Einzelheiten über die Explosionskatastrophe aus dem amtlichen Bericht eines Polizisten folgende Einzelheiten:
„Ich wollte einem Deutschen beistehen, dem das rechte Bein unterhalb des Knies abgerissen war. Er aber schrie mich förmlich an: „Machen Sie, daß Sie fortkommen! Hören Sie nicht Kinder und Frau stöhnen?!" Als ich nach einer Viertelstunde zmückkam, sah ich denselben Deutschen seine Brust als Kiffen einem blutenden Knaben bieten. Fast gewaltsam mußten wir den Schwerverletzten in den Ambulanzwagen bringen. Seinen Beinstumpf hatten wir glücklich gefunden, doch schien ihn das wenig zu interessieren. Er fragte nach dem Verbleib des Jungen, den er seinen kleinen „Nachbar Unverhofft" nannte.
Der mit der Bewachung der Mörser betraut gewesene Lcßmann blieb unverletzt. Er schreibt das verfrühte Losgehen einem unglücklichen Zufall zu. Der gewählte Eigentümer des Journals, William Hearst, dessen Sieg mit dein Feuerwerk gefeiert werden sollte, wird allen Verunglückten 1 Million Dollars zuwenden.
New-Uork, 5. Nov. Zn dem schon gemeldeten großen Unglück durch Explosion wird noch gemeldet: Man hatte zur Feier der Wahr Feuerwerk arrangiert und dazu 3 Gruppen von je 20 mit schweren Bomben geladene Mörser ausgestellt. Beim Abfeuern fiel ein Mörser um und die Bombe ging mitten unter die Menge, wo sie explodierte. Die Erschütterung warf eine ganze Reihe Mörser um, und eine furchtbare Salve von Bomben entlud sich in die Menge, die zweite und dritte Reihe Mörser folgten und schleuderten ihre Geschosse unter die entsetzten M nschenmassen. Die Scene war gräßlich. Viele Personen wälzten sich in ihrem Blute, die Panik erfaßte das Volk und Tausende rannten wild durcheinander, fallend und andere niedertretend. Ein ent-^ sepliches Geschrei erfüllte die Luft. Die Panik dauerte eine halbe Stunde, danach konnte erst das Rettnngswerk beginnen. Sämtliche Ambulanzen der Stadt wurden aufge- boten; man barg bisher zwölf Tote und mehr als fünfzig Schwerverletzte, von denen viele in schrecklichem Zustande sind. Blanche Leichen wurden völlig in Stücke, gerissen.
New-Uork, 6. Nov. Die Zahl der bei der gestrigen Explosion Verwundeten beträgt 80. Mehrere von ihnen dürften kaum mit dem Leben davonkommen. Im Bellevue- Spital wurden gestern 7 Beine amputiert. Mehreren Personen mußten beide Hände abgenommen werden.
Aus China. Infolge des Verlangens des englischen Gesandten, daß die für die Ermordung der Missionare Bruce und Lewis in Hunan verantwortlichen Beamten zur Bestrafung gezogen werden, ist ein Erlaß veröffentlicht worden, welcher über die militärischen Beamten, die sich geweigert haben, die Missionare zu schützen, die Todesstrafe, über mehrere andere hervorragende Lokalbeamte einschließlich des Präfekten die Strafe der dauernden Ausschließung von öffentlichen Aemtern und über mehrere andere Beamte die Strafe der Verbannung verhängt.
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In der-Republik Haiti entstanden wieder Unruhen; der Ausbruch einer neuen Revolution steht bevor.
Italien und die Türkei.
Nom, 5. Nov. Nach Blättermeldungen hatten die Piraten der Insel Midi zehn Schaluppen, die mit sehr guten Waffen ausgerüstet waren. Vier Schaluppen der Italiener richteten unter den Piraten ein wahres Blutbad an. Drei Schaluppen der Seeräuber wurden in den Grund debohrt. Die türkischen Behörden lieferten den Italienern drei Piraten aus.
Konstantinopel, 6. Nov. Der Kommandant des italienischen Kriegsschiffes Piemonte zeigte den türkischen Behörden an, daß er, falls die neue für die Auslieferung der Piraten gewährte Frist nicht innegehalten werden würde, weitere energische Repressalien ergreife. Die Pforte ist durch die Angelegenheit sehr beunruhigt. Hier ist die Nachricht eingetroffen, daß angesichts der Vorgänge bei Midi zur Wahrung der englischen Interessen und zum Schutze der englischen Staatsangehörigen in Hodeida rin englisches Kriegsschiff daselbst eingetroffen ist; ein zweites werde erwartet. Diese Nachricht rief im Mdizpatast eine derartige Beunruhigung hervor, daß der Befehl gegeben wurde, alle rückständigen Forderungen der englischen Staatsangehörigen in Hodeida und sonstige schwebende Angelegenheiten zu regeln. Das Gerücht, England stellte in dieser Hinsicht ein Ultimatum, ist unbegründet.
Für November und Dezember, wie auch für November allein, nehmen sämtliche Postämter und Landpostboten Bestellungen auf de» .
Gesellschafter
immer noch an. — Der Preis für diese beiden Monate beträgt bei der Post 81 Pfg., für November allein 41 Pfg.
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
r. Stuttgart, 6. Nov. M o st o b stm ar kt am Nordbahnhof. Angekommen 55 Waggons Mostobst per 10,000 ÜA aus:
Schweiz 31 Preis 1120—1180 ^
Böhmen 14 „ 1080—1150 „ ,
Italien 10 1030-1100 „
Nach auswärts abgegangene Waggons 30.
Im Kleinverkauf per, sü. 4rA„ (aüsl.) ^ 5.40—5.90. -Handel: lebhaft. - ^ .
r. Stuttgart, 6. Nov. (Schlnchtviehmar k t.). Zugetrieben wurden: 43 Ochsen 101 Farren 136 Kalbeln uns Kühe 257 Kälber 521 Schweine. Unverkauft blieben: 2 Ochsen 25 Farren 69 Kalbeln und Kühe — Kälber 59 Schweine. Erlös aus Icx Schlachtgewicht: für Ochsen 71—73 Farren 55 —59 ch, .Kalbeln und Kühe 36—65 ch, Kälber 75—85 ch, Schweine 6l—69 Ver
lauf des Marktes: Verkauf lebhaft.
Literarisches.
Von dem Lieferungswerk „Hundert Meister der Gegenwart", eine Sammlung farbiger Faksimiles nach Gemälden moderner deutscher Künstler, mit begleitendem Text, ist jetzt das zweite Heft ausgegeben. Das erste galt den Münchenern, Sie im zweiten wiedergegebenen Originale sind von Berliner Künstlern gemalte. Von erstaunlicher Lebenswahrheit ist Adolf Menzels engiisches Restaurant an der Außenseite des Hauptgebäudes der Pariser Weltausstellung von 1867. Nicht minder in täuschender Uebereinstimmung mit dem Original ist die Kopie des in der Dresdener Gallerte befindlichen, köstlichen Menageriebildes von Paul Meyerhcim. Es folgt Hans Hermanns meisterhaftes Bild aus niederiändischer Natur „An der Scheldemündung" dann Max Liebermanns Oelsmdie „Schulmädchen" in einen von Sonnenstrahlen durchblitzten Lanbgange, endlich Skar- binas „Winterabend am Lützowplatz" mit seinen komplizierten Beleuchtungseffekten, die so überzeugend wahr herausgebracht sind, wie die eigentümliche Farbenstimmung und Malweise jedes der anderen Bilder.
Der Hauslehrer. Von dem reichhaltigen Inhalt des Berthold Otto'schen Hauslehrers geben wir diesmal durch eine kurze Ueber- sicht über den Inhalt der letzten Nummern Rechenschaft. T r u st s und Streik in Amerika. — Verstaatlichung. — Für Zehnjährige wird die Odyssee fortgesetzt in den Artikeln: Wie Odysseus nach Jthaka kam. Wie Eumäos den Odysseus auf- nahm. Wie Telemach nach Hause fuhr und wie er seinen Vater fand.- F ü r Achtjährige werden als weitere „kleine Sagen" angereiht)' „Die. wandelnde Glocke" und „der Zauberlehrling" und für die Anfänger im Lesenlernen werden Uebnngsn gegeben, die etwa, in 8er Altersmnndart des 6.—8. Lebensjahres gehalten sind. Ans dsm Gebiet der einzelnen Disziplinen sind die „Vorübungen z u r >M a t h e m a l i k" wieder ausgenommen; In der „Lateinischen Ecke" finden sich die „Cäsarprä- parat tonen" und werden die Darlegungen zur leichten Er- icrnung des Lateinischen weckergeführt. Die letzteren find mit solchem Beifall ausgenommen worden, das bereits «in Sonderdruck des Abschnitts nötig wurde.
Zu beziehen durch die «. HV. L»l8«i-'sche Buchhandlung.
Druck und Verlag der <S. W. Zaiser' schen Buchdruckerei (Ew I Zaiser) Nagold — Für die Redaktion verantwortlich: K. P nur.