7«. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger-

lohn 1.10 im Bezirks- und 10 Km-Verkehr 1.15 im übrigen

Württemberg 1.25 Monatsabonnements nach Verhältnis.

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Telexhon Nr. 29. Telephon Nr. 29.

Nagold, Donnerstag den 10. Juli

Auflage 2050.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhnl. Schrift oder bereu Raum: bei Imat Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchev und

Schwäb. Landwirt.

1902.

Amtliches.

Bekanntmachung.

Am Samstag den 12. Juli ds. Js., vormittags 9 Uhr findet die

Arntsversammlrmg

auf dem Rathause in Nagold statt, bei welcher folgende Gegenstände zur Beratung kommen:

1. Publikation der Amtspflege-Rechnung pro 1901/02, der Rechnung der Bezirkskrankenpflegeversicherung und der Oberamtssparkasse pro 1901, sowie der Abhör- Ergebnisse zur Amtspflege-Rechnung pro 1900/01 und zur Rechnung der Bezirkskrankenpflegeversicherung pro 1900.

2. Publikation der Uebersichten über die Einnahmen und Ausgaben der Amtspflege pro 1. Oktober 1901 und 1. April 1902.

3. Dekretur der Amtsvergleichungskosten pro 1. April 1901/02.

4. Vergütung der Kosten für die Beherbergung mittel­loser Handwerksburschen.

5. Festsetzung der Prüfungssporteln für die Rechnungen der Amtspflege und der Bezirkskrankenpflege-Ver­sicherung.

6. Vornahme mehrerer Kommissions-Wahlen.

7. Wahl des Vorsitzenden der Farrenschaubehörde.

8. Einführung einer unvermuteten Farrenschau durch den Oberamtstierarzt.

9. Aenderung der Bestimmungen über die Verwilligung von Beiträgen zur Anschaffung von Farren.

10. Neuregulierung der Gehalte des Oberamtstierarztes, des Oberamtspflegers und des Oberamtssparkassiers.

11. Gesuche der Witwen des Oberamtsbaumeisters Schu­ster und des Oberamtstierarztes Wallraff um Ge­währung eines Gratials.

12. Definitive Besetzung der Oberamtswundarztstelle.

13. Beschlußfassung über einige Abänderungen der Be­stimmungen über die Verwaltung des Bezirkskranken­hauses.

14. Dotierung der Freibettstistuug.

15. Erhöhung der Mitglieder-Beüräge zur Bezirkskranken­pflege-Versicherung.

16. Aenderung der Oberamtskirenze gegen Herrenberg auf den Markungen Sulz und Affstätt.

17. Eingabe der Korporationsstraßenwärter um Aenderung ihrer Arbeitszeit.

18. Aufnahme einer weiteren Schuld zur Bestreitung des Korporationsbeitrags zu dem Straßenbau Wildberg Effringeu.

19. Verwilligung eines Beitrags zur Herstellung der oberen Nagoldthalstraße anläßlich deren Uebernahme in die Staatsunterhaltung.

20. Wiederbesetzung der erledigten Oberamtsbaumeister rc.- Stellen und eventuelle Uebertragung dieser Stellen an den bisheriaen Oberamtswegmeister, sowie Auf­stellung eines Oberwärters zur Kontrollieiung und Jnstruierung der Korporationsstraßenwärter.

21. Beratung des Amtskörperschafts-Etats und Festsetzung der Amtsschadensumlage pro 1902/03.

22. Eine Reihe minderwichtiger Gegenstände.

Für die Beschickung der Amtsversammlung ist Tur­ins XVI. maßgebend.

Hienach sind stimmberechtigt:

Die gewählten Deputierten von Nagold (6), Altensteig­stadt (3), Güitlingen, Haiterbach mit Alt-Nuifra, Wildberg (je 2), Bösingen, Ebhausen, Egenhausen, Emmingen, Ober­thalheim, Rohrdorf, Nothfelden, Schönbronn, Simmersfeld, Spielberg, Sulz, Ueberberg, Unterthalheim, Walddors mit Monhardl, Warth (je 1 ).

Die Vertreter der nicht im Turnus befindlichen Ge­meinden sind befugt, an den Verhandlungen mit beraten­der Stimme teilzunehmen.

. Die stimmberechtigten Deputierten wollen präzis er­scheinen.

Die Verhandlungen der Amtsversammlung sind öffentlich. Nagold, den 21. Juni 1902. _ K. Ob eramt. Ritter.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Abhaltung eines Molkereilehrkurses in Gerabronn.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn demnächst wieder­

um ein vierwöchentlicher Unterrichtskurs über Molkerei­

wesen abgehalten werden.

In diesem Kurs werden die Teilnehmer nicht allein in den praktischen Betrieb der Molkerei eingeleitet, sondern sie erhalten auch einen dem Zweck und der Dauer des Kurses entsprechend bemessenen theoretischen Unterricht. Der Unterricht ist unentgeltlich, dagegen sind die Teilnehmer an demselben verpflichtet, die vorkommenden Arbeiten nach Anweisung des Leiters des Kurses zu verrichten, auch haben sie für Wohnung und Kost selbst zu sorgen und die für den Unterricht etwa notwendigen Bücher und Schreibmate­rialien selbst anzuschaffen. Unbemittelten Teilnehmern kann ein Staatsbeitrag in Aussicht gestellt werden.

Bedingungen der Zulassung sind: zurückgelegtes sechs­zehntes Lebensjahr, Besitz der für das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse und guter Leumund. Vorkenntnisse im Molkereiwesen begründen eine vorzugsweise Berücksichtigung bei der Aufnahme.

Der Beginn des Kurses ist auf Montag den 25. Au­gust ds. Js. festgesetzt.

Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind bis längstens 9. August ds. Js. an dasSekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden. Den Aufnahmegesuchen sind beizulegen:

1) ein Geburtsschein;

2) ein Schulzeugnis, sowie etwaige Zeugnisse über Vor­kenntnisse im Molkereiwesen;

3) wenn der Bewerber minderjährig ist, eine Einwillig­ungserklärung des Vaters oder Vormunds, in welcher zugleich die Verbindlichkeit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten, insoweit solche nicht auf andere Weise gedeckt werden, über­nommen wird;

4) ein von der Gemeindebehörde des Wohnsitzes des Bewerbers ausgestelltes Leumundszeugnis, sowie eine Bescheinigung derselben darüber, daß der Bewerber, bezw. diejenige Persönlichkeit, welche die Verbindlich­keit zur Tragung der durch den Besuch des Kurses erwachsenden Kosten für den Bewerber übernommen hat, in der Lage ist, dieser Verpflichtung nachzu­kommen;

5) wenn ein Staatsbeitrag erbeten wird, was zutreffen­denfalls immer gleichzeitig mit Vorlage des Auf­nahmegesuchs zu geschehen hat, ein gemeinderätliches Zeugnis über die Vermögens- und Familienverhält­nisse des Bewerbers und seiner Eltern, sowie ein Nachweis darüber, ob die Gemeinde, der landwirt­schaftliche Bezirksverein, eine Molkereigenossenschaft oder eine andere Korporation dessen Aufnahme befür­wortet und ob dieselben ihm zu diesem Zweck einen Beitrag und in welcher Höhe zugesagt oder in Aus­sicht gestellt haben.

Stuttgart, den 1. Juli 1902.

v. Ow.

WoMische HlebersichL.

Zum Volksschulgesetz. Ter wiirtt. Volkeschullehrervercin hat eine Eingabe an die Stände gerichtet, in welcher er bezüglich der Unterrichtsfächer fordert, daß der Unterricht in weiblichen Handarbeiten fakultativ sein, aber die obli­gatorischen Fächer in den für sie nötigen Unterrichtsstunden nicht beschränken soll. Handfertigkeitsnuterricht sür Knaben und Haushaltungskunde für Mädchen sollen selbst als frei­willige Unterrichtsgegenstände nicht in den Lehrplan der Volksschule gehören. Die in dem Entwurf angenommenen Höchstrahlen der Schüler in einer Klaffe seien noch viel zu groß. Die geistliche Ortsschulaufsicht sei als überflüssig zu beseitigen. Die Bezirksschulaufsicht sei in sämtlichen Be­zirken im Hauptamt einzuführen, und als Bczirksschulauf- seher sollen in erster Linie bewährte Volksschullehrer er­nannt werden. Für alle Schulen sei nur eine Oberschul­behörde mit einer besonderen Abteilung für das Volksschul­wesen zu schaffen. Die schultechnischen Mitglieder dieser Abteilung sollen in genügender Zahl den Reihen der zur Bezirksschulleitung befähigten Schulmänner entnommen werden.

Gegen die Toastpolitik des Neuen Kurses wendet sich der konservative Reichsbote mit bemerkenswerter Schärfe, indem er die halbamtlichen Reden des Generalobersten v. Los und des Feldmarschalls v. Waldersee verurteilt und dann fortfährt:Es ist nicht zu verkennen und hat auch keinen Sinn, zu verbergen, daß der überschäumende Rede­strom mit persönlichen rhetorischen Neigungen zusammenhängt, welche der regierende Träger der Monarchie besitzt. Eine so wunderbare komplizierte Natur, ein so vielseitig ange­regter Geist, wie der Kaiser es ist, wird auch immer dazu

neigen, sich gleich einer rastlosen Quelle vielseitig zu er­

gießen, und da der Kaiser auch die Gabe des phantasie­vollen Ausdrucks, der sich bis zu poetischem Schwünge zu steigern vermag, hat und ihren Besitz empfindet, so macht er nicht ungern von ihr Gebrauch. Es kommt dazu, daß ihn eine Reihe subjektiver Ideen innerlich bewegen, bei denen er sich gewissermaßen selbst als geistiger Propagan­dist seinem Volke gegenüber fühlt und bewegt. Er tritt dann auf und wirbt für sie, wie andere Männer von geist­iger Initiative das auch thun. Man darf gegen die edlen Absichten, die inneren Motive, die Arbeit und Begabung, die der Kaiser dabei entfaltet, nicht ungerecht werden. Aber die Gefahren dieses kaiserlichen Auftretens sind ebenso wenig zu verkennen. Das Berauschen an Worten, die von dem Augenblick eingegeben und getragen werden, das starke sub­jektive Element, das jeder Beredsamkeit anhaftet, eine un­zureichende Ausreifung der bewegenden Gedanken, das Außerachtlassen der Kritik und des Widerhalls, den solche Kundgebungen naturgemäß erzeugen müssen, sind die Kehr­seite. Als Fürsten, die öffentlich viel gesprochen und ge­wissermaßen auch agitiert haben, sind aus der neuen Ge­schichte Friedrich Wilhelm IV und der Koburger Herzog Ernst, der Großonkel des Kaisers, bekannt. Das Beispiel und die Erfolge beider reizen nicht zur NAhahmung, sondern bilden eher eine Warnung. So geistvoll und wirklich genial Friedrich Wilhelm IV war, so wenig hatte seine bewegliche und interessante Rhetorik die sonstigen Schwächen seines Wesens und Regiments zu ersetzen oder auch nur zu ver­hüllen vermocht, und die Koburgerei, die auf allerlei Festen mit Toasten politische Gedanken auszuwirken und die Ein­heit der Nation zu schaffen suchte, ist zur historischen Figur nicht in gutem Sinne geworden. Das deutsche Volk ist ein zu gebildetes, tiefes, sachlich und objektiv angelegtes, als daß es aus die Dauer von blendenden Worten sich be­geistern ließe: ein Gran Sachkunde oder kraftvolle That ist ihm lieber wie ein Zentner weitschallender Reden na-, mentlich wenn ihr sachlicher Gehalt nicht zu höherer Ab­klärung empordringt. Es wird schon genug und zu viel im Parlament und sonst geredet. Der Kaiser stände mit den Vorzügen seiner persönlichen Begabung ganz anders da, wenn er zunächst in der Beschränkung den Meister suchte, d. h. sein kaiserliches Wort nur bei politisch oder geistig wichtigen Entscheidungen und Anlässen gewissermaßen als das letzte entscheidende Schwert in die Wagschale würfe und wenn er das nur dann thäte, nachdem er den Gegen­stand in den Besprechungen mit seinen geordneten Ratgebern oder anderen Autoritären bis auf den Grund ausgeschöpft und ausreifen lassen hätte, dann würde das Impulsive, Subjektive, Zufällige, das jetzt die Kritik herausfordert, ab­gestreift und die ruhige objektive Höhe erreicht werden, die nun einmal das wohlgesinnte deutsche Volk als berechtigtes Merkmal an den Reden seiner Fürsten verlangt, um sich an ihnen zu orientieren." Schade, daß solche mannhaften, echt königstreuen und nur zu wahren Worte nicht an die Stelle dringen. Das Ohr des Kaisers besitzen ganz an­dere Männer, die besser wissen, was bei Hof angenehm und unangenehm klingt.

Parlamentarische Nachrichten.

Wiirttembergischer Landtag.

r. Stuttgart, 8. Juli. Die Debatte über die Warenhaus - (teuer wurde heute in der Abgeordnetenkammer zu Ende geführt und schließlich die Steuer als obligatorische Gemeindesteuer in nament­licher Abstimmung mit 43 gegen 34 stimmen angenommen, v. Geß sprach sich für fakultative Kommunalsteuer aus. Immen- dörfer bekannte sich als Freund der Warenhaussteuer. Binz erklärte, sich der Abstimmung enthalten zu wollen, Schumacher versprach sich von der Warenhaussteuer nichts, gab aber doch die Erkärung ab, daß er für dieselbe stimmen werde. Kraut befür­wortete die Besteuerung der Warenhäuser, Galler und Keil be­kämpften sie scharf. Der Finanzminister und mehrmals auch der Minister des Innern vertreten den Standpunkt der Regierung, der Berichterstatter Frhr. von Ga i s b e r g - Helfenberg sprach sich für Ablehnung der Steuer aus, Betz erklärte, gegen den Art. 14 zu stimmen. Als er dem Abg. Egger den Vorwurf machte, daß dieser sich zum Träger einer niedrigen Gesinnung gemacht habe, zog er sich einen scharfen Ordnungsruf des Präsidenten zu. wie denn letzterer heute häufiger als sonst auch bei einer Reihe anderer Abgeordneten in die Lage kam, Rügen erteilen zu müssen. Nach weiterer Debatte wurde der Antrag der Kommission auf Streichung der Warenhaussteuer abgelebnt und der bereits obenerwähnte An­trag Gröber auf obligatorische Einführung a!s G>nun disteuer angenommen.

r. Stuttgart, 9. Juli, Tie Beratung des Gemeindciteuer- enlwurfs wurde in der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer um ein gut Stück gefördert. Die Gemeindekapitalpeuer wurde ohne Debatte angenommen, ebenso fand die Gemeindesteuer Annahme, und zwar in fakultativer Weise. Ein Antrag Gröber, der von diesem in längeren Ausführungen begründet wurde, die Gemeinde­einkommensteuer obligatorisch einzuführen, wurde, da die Abstimm­ung Stimmengleichheit ergab, durch den Stichentscheid des Präsi­denten abgelehnt. Die Wohnsteuer konnte heute nicht erledigt, mußte vielmehr an die Kommission znrückverwiesen werden, weil in der staatsrechtlichen Frage, ob in solchen Gemeinden, die keine