7«. Jahrgang.

Auslage 2VSV

Erscheint

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Telephon Nr. 29.

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Schwäb. Landwirt.

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Noch immer werde» bei allen Postämtern, Landpost­boten, unfern Ansträgcrinnen und der Expedition d. Bl. für die Monate Juli, August und September Be­stellungen auf unser Blatt entgegengrnommcu und die fehlen­den Nummern bereitwilligst nachgcliefert.

Amtliches.

Die Schultheistenämter

wollen bis 1. August ds. Js. erheben und anher be­richten, wie viel an Steuern, Abgaben und sonstigen Schuldigkeiten an die Gemeinden vom abgelauscnen Rech­nungsjahr 1SVI1S«2 bei den Gemeindcpflegcn noch ausstehen und mit allem Nachdruck daraus Hin- Wirken, daß die Steuern u. s. f. vom verflossenen Rech­nungsjahr in Bälde bezahlt und stets im Laufe des Rech­nungsjahrs die für dasselbe schuldigen Steuerbeträge er­hoben werden.

Nagold, den 7. Juli 1902.

K. Oberamt. Ritter.

K. Amtsgericht Nagold.

Bekanntmachung betr. die Gerichtsferien.

1) Die Gerichtsferien beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September.

2) Während der Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen. Feriensachen sind:

n) Strafsachen;

d) Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen;

«) Meß- und Marktsachen;

<l) Streitigkeiten zwischen Vermietern und Mietern von Wohnungs- und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mieter in die Mictsräume etngebrachten Sachen;

«) Wechselsachen;

1) Bausachen, wenn über Fonsetzung eines angefange­nen Baues gestritten wird.

3) Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, soweit sie einer besonderen Beschleunigung bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Befugnis hat vorbehaltlich der Entscheidung des Gerichts der Vorsitzende.

4) Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungs­verfahren und das Konkursverfahren, sowie

5) auf andere Angelegenheiten als diejenigen der ordent­lichen streitigen Gerichtsbarkeit sind die Gerichtsferien ohne Einfluß.

Den 7. Juli 1902.

Oberamtsrichter: Sigel.

-KoMische MeSersicht.

Das Interesse der Bundesfürsten für die Kriegsmarine zu erwecken hat der Kaiser besonders in den letzten Jahren gut verstanden. Fünf der neuesten Linienschiffe führen die Namen von Stammhäusern deutscher Fürsten oder die Namen deutscher Bundesgebiete; der Stapellauf dieser Schiffe vollzog sich unter Teilnahme von Mitgliedern dieser Fürstenhöfe, die auf Einladung des Kaisers den Taufakt vollzogen. Daß der Kaiser den Kronprinzen von Sachsen ü lu saittz der Marineinfanterie gestellt hat, ist ein neues Zeichen jener Bestrebungen, die deutschen Fürstenhöfe in engere Beziehungen zur Marine zu bringen, als es bisher der Fall ist. Zwei regierende Fürsten, der Großherzog von Baden und der Großherzog von Oldenburg, stehen schon seit Jahren ä 1a suits der Marineinfanterie, Prinz Rupp- recht von Bayern nimmt mit dem Herzog Friedrich Ferdi­nand zu Schleswig-Holstein die gleiche Stellung ein, und nunmehr ist der Kronprinz von Sachsen hinzugelreten. Im Lauf der Jahre wurd die Zahl der ä In 8uits der Marine­infanterie stehenden Fürstlichkeiten sich gewiß noch vermehren, ebenso wie die Reihe der s. 1a suite der Marine stehenden ausländischen Souveräne und Prinzen langsam größer wird.

Der Reichsanz. enthält das Gesetz vom 25. Juni wegen Abänderung des Gesetzes, betr. die kaiserlichen Schutz­truppen in den afrikanischen Schutzgebieten und die Wehr­pflicht daselbst, desgleichen die Bekanntmachung vom 24. Juni betr. die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Hechel­räumen und dergleichen.

Nagold, Mittwoch den 9. Juli

Der Würzburger Professor Thronst erläßt jetzt eine Erklärung, in der er scharf gegen die Behauptung er sei tschechischer Nation, protestiert. Er sei trotz seines slavischen Namens von deutschen Eltern in Graz geboren und bekenne sich offen als Angehöriger des deutschen Volksstammes. Ebenso müsse er den Vorwurf eines Ruhestörers und Ultra­montanen entschieden zurückweisen. Wer ihn kenne, müsse bezeugen, daß er national und liberal, allerdings nicht nationalliberal sei. Auf den Ausgang des unerquicklichen Handels darf man füglich gespannt sein.

Tie Rede Telcasses über den Dreibund besprechend, sagt die Magdeb. Ztg., keine Erklärung eines französischen auswärtigen Ministers könne die Thatsache aus der Welt schaffen, daß, wenn die Politik des Friedens von anderer Seite durchkreuzt wird, Italien verpflichtet ist, mit seiner ganzen Waffenmacht gegen die Friedensstörer aufzutrcten, auch wenn es Frankreich sein sollte. Was die Anspielung auf ein geheimes Abkommen zwischen England und Deutsch­land betrifft, erklärt das Blatt, daß ein solches Abkommen, das Deutschland den Weg zum Persischen Meerbusen öffnen sollte, nicht besteht.

TcrgeS-WenigkeiLen.

Aus Stadt Md Land.

Nagold 9. Juli.

Württ. Schwarzwaldvereiu. Bei herrlichem Wetter tagte am Sonntag in Schramberg die Hauptversamm­lung des Württ. Schwarzwaldvereins. Die Gäste trafen um ff-11 Uhr in unerwartet großer Anzahl ein. Die Be­grüßung am Bahnhof war herzlich; in zahlreichen Ge­fährten gings durch die Stadt zum Berneckthal und zum Falkenstein. Hier herrscht bei erwünschter Erfrischung und den Klängen der Stadtkapelle ein fröhliches Treiben. Um 12 Uhr gings ab ins Lauterbachthal zu den schönen Wasser­fällen und zumUhrenmuseum." Dann folgte der geschäft­liche Teil, welcher in einstündiger Sitzung erledigt wurde. Der Verein zählt jetzt 3966 Mitglieder. Die neuen Satz­ungen wurden genehmigt. Der Bericht der Weg-Kommission wurde mit Befriedigung über die Fortschritte auf dem Ge­biete der Höhenwege vernommen. Eine neue Schwarzwald­karte soll mit genauer Bezeichnung der Höhcnwege und der Zugänge zu denselben versehen werden. Das Blatt 5 der SchwarzwaldvereinskarteNagold-Horb" wird demnächst herausgegeben werden. Ein Längsweg von Pforzheim über Liebenzell, Hirsau, Teinach, Pfalzgrafenweiler, Freudenstadt nach Schwenningen-Tuttlingen soll ausgeführt werden. Die nächste Hauptversammlung ist in Freudenstad t. Ober- forftrat von Gran er wurde durch Akklamation zum Vorsitzenden wiedergewählt. Um 3ff« Uhr waren die Be­ratungen zu Ende. An dem Festessen im Bären nahmen ca. 250 Personen teil. Hiebei kam die Festesfreude in schwungvollen Toasten zum Ausdruck. Nach dem Essen wurden die Mitglieder ins Junghans'sche Hofgut einge­laden zu einem Gartenfest mit Illumination, wo sich an tausend Personen unter den großen Linden und in den schönen Anlagen sich des herrlichen Tages und seines be­sonderen Festes gefreut haben. Die Beleuchtung zog neue Gäste an, muntere Tanzweisen hielten die Jugend in leb­hafter Bewegung, die Klänge der Stadtmusik, die schönen Lieder derLyra" brachten Freude und Leben bis in die späte Nacht. Die durch Raketensignal angezeigte bengalische Beleuchtung der Burg Falkenstein lockte die Gesellschaft hinauf zum Moltkeplatz und so war des Genusses und des Vergnügens kein Ende. An der Tour Königsberg-Triberg- Hornberg beteiligten sich gegen 50 Personen. Dieselbe ver­lief aufs schönste.

Vom Lande, 6. Juli. Wie weit die Haftpflicht unter Umständen ausgedehnt werden kann, zeigt nachstehender Fall, der sich jüngst im Oberamt Saulgau zutrug. Ein Fuhrwerkbesitzer, der einen Reisenden zu führen hatte, ver­wickelte sich mit der Geißel in den Zweigen eines über­hängenden Baumes. Das Ende traf bei den Bemühungen, dieselbe wieder frei zu machen, unglücklicherweise das Auge des Reisenden und verletzte es schwer. Derselbe klagte mit Erfolg auf Schadenersatz in der Höhe von 5000 Da aber der Fuhrmann hiezu nicht im Stande war, so wurde der Eigentümer des überhängenden Baumes für in erster Linie haftpflichtig erklärt und zur Bezahlung der Summe verurteilt. Eine neue Mahnung, den Ueberhang an Straßen vorschriftsmäßig zu entfernen. Daß dieses für den Baum bekömmlicher ist vor Beginn der Vegetationszeit, als wäh­rend oder nach der Blüte, wie bisweilen noch geschieht, ist selbstverständlich.

190L.

Neuenbürg, 7. Juli. Gestern wurde in Calmbach das Gauturnfest des Nagold-Gaues, verbunden mit der Fahnen­weihe des dortigen Turnvereins, abgehalten. Von morgens 6 Uhr wurde mit nur kurzer Unterbrechung bis mittags nach 12 Uhr in angestrengtestem Wettstreit um den Kranz des Siegers geturnt, denn die Konkurrenz hatte sich im Einzelwettkampf wie im Vereinsturnen gegenüber den bis­herigen Festen bedeutend verschärft, und mit größter Spann­ung erwartete man daher den Spruch des Preisgerichts. Präzis 6 Uhr nahm der neue Gauvorstand, Hr. Vogt von Neuenbürg, die Verteilung der Preise vor.

r. Rottenburg, 7. Juli. Der bei dem hiesigen kgl. Landesgefängnis Rottenburg errichtete Gefängnisbau für jugendliche Personen männlichen Geschlechts ist am 1. ds. in Betrieb gesetzt worden. Von diesem Zeitpunkt an sind diejenigen gegen jugendliche Personen gerichtlich erkannten Strafen, welche bisher in der Abteilung der jugendlichen Gefangenen bei dem Zellengefängnis Heilbronn zu vollziehen waren, in der bei dem Landesgefängnis Rottenburg ein­gerichteten Jugendabteilung zu Vollstreckern

Tübingen, 4. Juli. Zu dem Zusammenbruch der Firma Wilhelm Bräuninger wird weiter gemeldet, daß Unterschlagungen von Depots in der Höhe von 240,000 Mark vorliegen. Amtlicherseits wird die Verhängung des Konkurses bekannt gemacht.

r. Aidlingen, 7. Juli. Am Freitag abend brannte es lt. Tüb. Chronik in der Wohnung der Katharine Wid- maier. Das Feuer konnte bald gelöscht werden, aber der Verlust eines jungen Menschenlebens ist zu beklagen. Die ledige Katharine Widmaier ließ, als sie einen Ausgang machte, ihr 9jähriges Kostkind allein in der Wohnung zurück. Dasselbe machte sich während dieser Zeit an dem am Fenster stehenden Spirituskocher zu schaffen, zündete den Spiritus an und bald darauf standen Kind und Vorhänge in Hellen Flammen. Das Kind, welches sich durch einen Sprung aus dem Fenster retten wollte, ist den erlittenen Brand­wunden erlegen. Die amtsgerichtliche Untersuchungskom­mission ist am Samstag an Ort und Stelle erschienen und hat von der Verhaftung der Widmaier Abstand genommen.

r. Nottweil, 7. Juli. Die hiesige Handelskammer hat zu Beiräten des Gesamtkollegiums der Zentralstelle für Gewerbe und Handel gewählt Fabrikant K. Groß hier und als Stellvertreter Fabrikdirektor P. Landenberger in Schramberg.

Stuttgart, 8. Juli. Zum Hoftheaterbrand. Der Brandschaden welcher der Gebäudebrandversicherungsanstalt durch den Hoftheaterbrand vom 20. Januar d. I. zur Lastfällt, ist nunmehr durch den Verwaltungsrat der genannten An­stalt mit Erlaß vom 28. Juni d. I. endgültig festgestellt worden. Hienach hat die Brandvcrsicherungshauptkasse zu vergüten: für das abgebrannte Hoftheater nach Abrechnung der vorhandenen Brandreste 851,422 für mitversicherte Zubehörden (Einrichtung und Maschinen) 210,826 für Beschädigungen am K. Residenzschloß u. Königin-Olga-Bau 448 Im ganzen ist somit die Summe von 1,072 696 zu vergüten.

Stuttgart, 5. Juli. Zum Kommunalstcucrgesetz hat heute der Abgeordnete Egger den Antrag cingebracht, hinter Artikel 54 einzuschalten: Die Gemeinden sind berech­tigt, von den Radfahrern, welche der Gemeinde angc- hören oder längeren oder bleibenden Aufenthalt daselbst nehmen, eine jährliche Steuer im Betrage von 3 bis 5 ^ zu erheben. Diese Steuer ist je aus den 1. April ver­fallen. Wer später in den Besitz und Gebrauch eines Fahr­rades kommt, hat die Anzeige hiervon zu machen und die entsprechende Stcuerguote vom nächsten Quartal an zu be­zahlen. Personen, welche ein Fahrrad zu ihrem Dienst ge­brauchen, wie z. B. Polizeidiener, Landjäger, Pr-stboten u. s. w. sind steuerfrei zu lassen. Personen, welche ihr Brot außerhalb der Gemeinde suchen müssen und eines Fahrrades dazu bedürfen, kann Steuerermäßigung gewährt werden. Die Quittungskarte über die bezahlte Steuer hat jeder Radfahrer stets mitznführen. Die streikenden M aur er versammelten sich heute im Gewerkschaftshaus in der Stärke von etwa 300 Mann, um Beschluß zu fassen über ihr ferneres Verhalten in der gegenwärtigen Lohn­bewegung. Er wurde beschlossen, den Streik vorläufig fortzusctzen, gleichzeitig wurde aber die Lohnkommission mit dem Unternehmer-Verband, sowohl wie auch mit den diesem Verband nicht angehörigen Meistern in Unterhand­lungen einzutreten. Da der Unternehmer-Verband sich ge­weigert, mit der bisherigen Lohnkommission wegen ihrer Zusammensetzung zu verhandeln, wurde eine neue Kom­mission gewählt, welcher nur hiesige Maurer angehören. Auf nächsten Sonntag ist eine weitere Versammlung der Sireikenden anberaumt, in welcher über das Ergebnis der Unterhandlungen mit den Meistern berichtet und Beschluß