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Telephon Nr. 29.

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Gratisbeilagen: Das PlauderstübchEl und

Schwab. Landwirt.

Uagold, Samstag den 2l. Juni

19V2.

des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens, betreffend die Verleihung der juristischen Persönlichkeit an die bei der Baugewerke­schule in Stuttgart errichteteEgle Stiftung". Vom 6. Juni 1902.

König Albert von Sachsen s.

Nach schweren Tagen des Schwankens zwischen Hoffen und Bangen kommt jetzt die erschütternde Trauerkunde vom Tode des greisen Herrschers und Helden.

*) Ein Privattelegramm vom 19. Juni nachts 12 Uhr meldet uns:

Sibyllenort, 19. Juni. König Albert von Sachsen ist abends 8.°^ sanft und ruhig entschlafen.

rjr -dt-

Mit König Albert von Sachsen erleidet nicht nur das sächsische, sondern das ganze deutsche Volk einen unersetzlichen Verlust. Er war ein weiser Fürst und ein genialer Heer­führer. Von ihm sagt ein Biograph:Wenn ein jeder das Seine so redlich thäte, wie dieser König, stets sich selbst und seiner Pflicht ge­treu, es stände vieles besser in deutschen Lan­den, als es steht.

König Albert, geboren den 23. April 1828, ward unter der speziellen Leitung des Geheimrats von Langen erzogen und studierte seit 1845 in Bonn Rechts-und Staats­wissenschaften. In die Heimat zurückgekehrt, betrat der Prinz die militärische Laufbahn, nahm 1849 als Hauptmann an dem Feldzug in Schleswig-Holstein teil, erhielt 1851 als Oberst und bald als General-Major die Führung einer Infanterie-Brigade, einige Jahre später die einer Division und wurde dann Kommandeur der gesamten In­fanterie. Im Feldzug von 1866 befehligte er die ganze sächsische Armee, die Anfangs dem 1. österreichischen Armee­korps (Clam-Gallas) zugeteilt war. Mit diesem zusammen kämpfte er bei Münchengrätz und Gitschin. In der Schlacht bei Königgrätz stand er auf dem linken Flügel der öster­reichischen Aufstellung und verteidigte Problus sehr energisch gegen die Elbarmee. Nach Gründung des Norddeutschen Bundes befehligte er das 12. (sächsische) Armeekorps des deutschen Bundesheeres. Unter seiner Führung nahm dieses im Kriege gegen Frankreich 1870 zuerst entscheidenden An­teil an der Schlacht bei Gravelotte 18. August, indem es im Verein mit der preußischen Garde auf dem äußersten linken Flügel der deutschen Armee die starken Stellungen der Franzosen in Marie-aux-Chönes und St. Privat im Sturm nahm. Hierauf wurde ihm der Oberbefehl über die aus dem Gardekorps, dem sächsischen und vierten Ar­meekorps gebildete vierte (oder Maass-Armee übertragen, welche, auf dem Marsch von Metz nach Chaloi-s begriffen, den rechten Flügel der großen Rechtsschwenkung nach Norden bildete, bei Buzancy das Corps Douay, bei Nouart und Beaumont das Faillys zurückwarf und den Sieg bki Sedan erfechten half. Schließlich beteiligte sich der Kronprinz mit seiner Armee an der Einschließung von Paris und nahm

*) (Schon heute früh durch Anschlag an unserem Geschäftshaus bekannt gemacht.)

durch einen energisch ausgeführten Artillerie-Angriff den Mont Avron. Nach dem Kriege wurde er zum General­feldmarschall und zum Generalinspekteur der ersten Armee- Inspektion ernannt. Er folgte 29. Oktober 1873 seinem Vater aus den Thron. Seit 1853 ist er mit der Prin­zessin Carola, (geboren 1833), Tochter des Prinzen Gustav von Wasa und der Prinzessin Luise von Baden, vermählt. Die Ehe war kinderlos.

Es ist mit Bestimmtheit'anzunehmen, daß der jetzige Thronwechsel keinerlei wesentliche Veränderungen mit sich bringt; König Georg dürfte aller Voraussicht nach in po­litischer Beziehung die Regierung ganz aus derselben Bahn weiter leiten, wie dies unter König Albert geschah. Auch das bisherige Ministerium bleibt wohl in der bisherigen jüngst erst durch die Ernennung eines neuen Finanzministers und Justizministers gegebenen Zusammensetzung bestehen.

König Georg ist Witwer; seine Gemahlin war eine portugiesische Prinzessin Marie. Sein ältester Sohn ist Prinz Friedrich August, der seit 1896 mit einer österreichi­schen Erzherzogin, Prinzessin Luise, verheiratet ist und drei Söhne und zwei Töchter besitzt. Außerdem hat König Georg noch zwei Söhne und zwei Töchter.

-i- *

Dresden, 19. Juni. Der Tod Königs Alberts wurde hier kurz nach 8 Uhr bekannt. Die Vorstellung im Hof­theater wurde V-9 Uhr geschlossen. In den Straßen bilden sich gegenwärtig Ansammlungen und von der Hof­kirche ertönt Glockengeläute. In den Militärgebäuden ist die Reichsflagge auf Halbmast gezogen.

UoMiscHe HlebersichL.

Nochmals Bekämpfung der Trunksucht. Einen wich­tigen Erlaß betreffs Bekämpfung der Trunksucht hat vor einiger Zeit der preußische Kultusminister v. Studt an die Kgl. Regierungen und an die Kgl. Provinzial-Schulkollegien gerichtet, dem nachstehende Sätze entnommen sind.Die Bekämpfung der Trunksucht ist gegenwärtig zu einer Auf­gabe geworden, an deren Lösung sich die weitesten Kreise dueiligen. Auch die Schule kann hierzu Mitwirken im Sinne -.liier Belehrung des Volkes, die schon bei der Jugend ein­zusetzen hat. Sieben rührigen Vereinen haben auch parla­mentarische Kreise sich dieser wichtigen Angelegenheit an­genommen, u id unter den Mitteln die zur Beschränkung des Alkoholgeniisses empfohlen worden sind, ist mit Recht auch auf die Mitarbeit der Schule hingcwicsen worden. Es ist mir wohl bekannt, daß die Schulen wie Schulbehörden dieser Frage ihre Sorge längst und mit Eifer zugewandt haben, wie noch in letzter Zeit von seiten einer Kgl. Re­gierung ganz im Sinne des Vorstehenden die Kceis-Schul- inspektoren verständigt worden sind. Aber die außerordent­liche Bedeutung der vorliegenden Aufgabe veranlaßt mich, es noch besonders zum Ausdruck zu bringen, daß auch nicht eine einzige Volksschule sich der nachdrücklichen Be­teiligung an den Kämpfen gegen das unheilvolle Nebel der Trunksucht entziehen darf. Wenn dem Religionsunterrichte hauptsächlich die ethische Seite, die Bekämpfung des Lasters

Amtliches.

Bekanntmachung.

In Bösingen ist die Maul- und Klauenseuche wieder erloschen.

Nagold, den 19. Juni 1902.

K. Oberamt. Ritter.

Aeriderung einer Wafserwerksanlage.

Die Gustav Werner-Stiftung zum Bruderhaus in Reut­lingen beabsichtigt, die bei ihrem Fabrikgebäude Geb. Nr. 177 in Altensteig gelegenen, hölzernen, baufällig gewordenen Konstruktion der Werkeinlaßfallen durch eiserne Fallen­gestelle mit Betonunterbau zu ersetzen. Dabei soll die Ein­laßfalle zum Rad der Spinnerei von 1.043 m auf 1.26 m erweitert, der seitherige Leerlauf zubetoniert und an Stelle der alten Einlaßfalle zur früheren Walke eine neue Leer­lauffalle mit 1.14 m Weite erstellt werden.

Die Oberkante der Leerlauffalle soll 1.53 m unter die Eichklamme (das ist gleich der Höhe der Wehrfallenober­kante) zu liegen kommen. Die übrigen wesentlichen Be­standteile der Werksanlage bleiben unverändert.

Pläne und Beschreibungen der Anlage sind auf der Kanzlei des Oberamts zur Einsicht der Beteiligten auf­gelegt.

Dies wird mit dem Anfügen hiemit bekannt gemacht, daß etwaige Einwendungen gegen dieses Unternehmen bin­nen 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen sind.

Nagold, den 20. Juni 1902.

K. Oberamt. J.V.

_stv. Am. Schlör.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betreffend die Bewilligung von Staatsbeiträgen für Leistungen aus dem Gebiete des Fischereiweseus.

Der Zentralstelle sind im Hauptfinanzetat für 1902 Mittel zur Verfügung gestellt, aus denen einzelnen Fisch­züchtern oder Vereinen zu den Kosten zweckmäßiger und mustergültiger Einrichtungen und Leistungen auf dem Gebiet der Fischzucht, insbesondere auch der Teichfischerei, Staats­beiträge gewährt werden können.

Gesuche um solche, denen eine Beschreibung der Anlage bezw. eine Darlegung der Leistung und ein Nachweis des gemachten Aufwands beizugeben sind, sind bei dem betreffen­den Kreisfischereisachverständigen für den Schwarzwaldkreis: Oberförster Hofmann in Kloster­reichenbach, OA. Freudenstadt, einzureichen, welcher die Gesuche nebst seiner Aeußeruug der Zentralstelle vorlegen wird.

Stuttgart, den 2. Juni.

v. Ow.

Amtliches. No. 18 des Regierungsblatts für das König­reich Württemberg, ausgegeben 18. Juni 1902, hat folgenden In­halt: Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Aich- ung der Neckarschiffe. Vom 10. Juni 1902. Bekanntmachung

Iriedvicl) Iwbel'.

Ein Gedenkblatt zu seinem 50. Todestage (21. Juni) von Professor v. Or. Zimmer.

Erst allmählich wird deutlicher, worin die ganze Be­deutung des nun vor einem halben Jahrhundert aus dem Leben geschiedenen deutschen Pädagogen Friedrich Fröbel besteht. Vielleicht werden seine Gedanken die Erziehungs­arbeit des angebrochenen Jahrhunderts grundlegend bestim­men; vielleicht ist er berufen, als führender Pädagoge Pestalozzi und Herbart abzulösen jedenfalls haben wir viel von ihm zu lernen, denn er war einer der ursprüng­lichsten Pädagogen, tiefgründend und umfassend, ja, er war einer der Vordergeister der Menschheit.

Wie bei dem großen Tschechen Comenius und bei dem großen Schweizer Pestalozzi war auch bei diesem großen deutschen Pädagogen das äußere Leben ein viel zer­rissenes. Aber durch sein Inneres geht von früh auf ein beherrschendes und erfolgreiches Streben nach Einheit. Was so häufig zusammenhanglos neben einander herläuft oder gar in unvereinbarem Gegensatz steht, Naturerkenntnis und Religion, das ging bei ihm sein ganzes Leben hindurch unmittelbar einig und zusammen. Die Erziehung soll nach ihm den Menschen zur Klarheit über sich und in sich, zum Frieden mit der Natur und zur Einigung mit Gott leiten, und in der gesuchten und gefundenenLebenseinigung" sah er selbst sein eigenes Wesen und seine geschichtliche Bedeu­tung. Im Angesichte des Todes wagte er von sich das kühne Wort:Ich erkenne mein Leben als ein durch und

durch in sich einiges; lange ist kein solches in der Mensch­

heit erschienen; es hat sich auch nur unter seltenen Umstän­den dahin emporarbeiten können. Aber es ist die Bedingung für die Erfüllung der Forderung der Zeit."

Unausgesetzte Selbstbeobachtung und Selbsterziehuug waren das Rückgrat dieser Einheitlichkeit seiner Persönlich­keit. Sie zu üben, bot sein äußerer Lebensgang reichlichen Anlaß. Mutterliebe hatte dem am 21. April 1782 gebo­renen Kinde gefehlt, auch dem Vater, einem thüringischen Landpfarrer, sah es durch die Stiefmutter sich entfremdet; aber im Leben mit der Natur fand das Kind sein Genüge; sie wurde ihm das Zentrum aller seiner Wünsche, seines Sehnens; jedoch etwas Höheres, Unerklärbares schien ihm in ihr zu leben und trieb ihn zu der Frage: Was ist die­ses Einzige?

Mit 15 Jahren Försterlehrling, besuchte er 19jährig die Universität Jena, verließ sie zwei Jahre später, wurde Landmann, nach seines Vaters Tode Forstamtsakmar, war dann bei Landvermessungen und als landwirtschaftlicher Sekretär thätig. Mit 25 Jahren im Begriff, Architekt zu werden, empfing er durch den Schulmann Grüner m Frankfurt a. M. den Anstoß, seinem Streben,die Menschen ihnen selbst zu geben", durch Eintritt in die Erzieberthätig- keit eine Bahn zu schaffen. Er ward Lehrer in Frankfurt, dann Hauslehrer, nahm als solcher seinen Zögling zu Pe­stalozzi für zweijährigen Aufenthalt in Averdun mit und begann nach Beendigung seiner Hauslehrerthätigkeit als 29jähriger abermals akademische Studien in Göttingen und Berlin, nahm 1813 an den Befreiungskriegen teil, wo er

umer den Lützow-Jägern seine späteren Mitarbeiter Lange­thal und Middendorfs kennen lernte, und ward noch im selben Jahre Assistent am Mineralogischen Museum in Ber­lin. Seinen Plan eines eigenen Erziehungsinstituts reiste die Notwendigkeit, drei Söhne seines verstorbenen Bruders zu erziehen. So eröffnet« er 1816 in dem schwarzburgischen Dorfe Griesheim seine allgemeine deutsche Erziehungsanstalt, die er im folgenden Jahre nach Keilhau verlegte. Hier schrieb er 1826 sein HauptwerkDie Menschenerziehung", Ihm", d. h. Gott, gewidmet. Die Weiterführung der Keilhauer Anstalt seinem Freunde Barop überlassend, ging Fröbel wieder in die Schweiz, wo er Erziehungsanstalten in Wartensee und Willisau begründete und 1835 die Leitung des Waisenhauses in dem durch Pestalozzi bekannten Burg­dorf übernahm. Hier fand er die langgesuchte Gelegenheit einer Erziehungsarbeit an Kindern von 46 Jahren; hier entstand ihm die Idee einer Erziehungsstätle für das frühe­ste Kindcsalter. Davon begeistert eilte er nach Deutschland und begründete in Blankenburg in Thüringen unter dem WahlspruchKommt, laßt uns unfern Kindern leben!" den ersten Kindergarten. Später wieder nach Keilhau, dann nach Liebenstein übersiedelnd, konnte er noch vielseitig an­regen, aber den Grundgedanken seines Erziehungswerkes nicht mehr über den Kindergarten h naus ausführen; 70 Jahre alt starb er.

Ein Grab des Kirchhofs zu Schweina, in der Nähe Liebensteins ziert ein seltsamer Denkst-in. Er stellt Kegel, Walze und Würfel, Fröbels ,zweite Spielgabefi dar; der sinnige Middendorfs hat sie gewählt. Und der unter dem