7«. Jahrgang.

Erscheint

Montag, Mittwoch, Donnerstag nnd Samstag.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger-

lohn im Bezirks­und 1V Km-Verkehr 1.1b im übrigen

Württemberg 1.25 Monatsabonnements nach Verhältnis.

80

Der GchlWsttt.

Ms- «>>d AiM-M ftl dm OdllM-ScD NW»>.

Telephon Nr. 29.

Telephon Nr. 29.

Nagold, Mittwoch den 88. Mai

Auflage SVSiH.

Anzeigen-Gebühr f. d. Ispalt. Zelle au» gewöhnl. Schrift oder deren Raum: bei 1»al. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt

Gratisbeilagen: Das Plauderstübchen und

Schwäb. Landwirt

ML.

WIlWkll Ms ilkl WWsltt

für den Monat

LS- Juni "Dkl

können bei allen Postämtern und Land­postboten gemacht werden.

Amtliches.

Bekanntmachung,

betr. die Errichtung einer Schlächterei- Anlage.

Der Metzger Johannes Wurster in Simmersfeld beabsichtigt, in die nordwestliche Ecke seines Scheunenteils, Gebäude Nr. 17, in Simmersfeld ein 4,00 m langes, 4,10 m breites und 4,20 m hohes Schlachtlokal einzu- richten.

Dies wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, daß etwaige Einwendungen gegen das Unternehmen binnen 14 Tagen bei der Unterzeichneten Stelle anzubringen sind.

Nach Ablauf dieser Frist können Einwendungen in dem Verfahren nicht mehr angebracht werden.

Beschreibung, Zeichnungen und Pläne sind auf der Oberamtskanzlei zur Einsichtnahme für die Beteiligten auf­gelegt.

Nagold, den 26. Mai 1902.

» K. Oberamt. Ritter.

politische Mebersicht.

Der konservative Reichstagsabgcordnete Graf v. Kanitz beabsichtigt, der Kreuzztg. zufolge im Reichstage den Schiff­fahrtstrust in einer Interpellation zur Sprache zu bringen. Es sollen namentlich nähere Mitteilungen über die von deutschen Schiffahrtsgesellschaften mit diesem Trust ge­troffenen Vereinbarungen, soweit angängig, erbeten werden. Zu hoffen sei ferner, daß bei dieser Gelegenheit auch die Haltung, die man in Regieruncskreisen dem Schiffahrts­trust gegenüber einzunehmen gedenkt, die allseitig gewünschte Klärung erfahren werde. Die konservative Fraktion des Reichstags werde sich voraussichtlich am 3. Juni über die .Einbringung der Interpellation schlüssig machen.

Am Dreibund will Italien festhalten, das ist der Kern der Ausführungen des italienischen Ministers des Aeußern in der Deputiertenkammer. Der Minister sagte, daß die jüngsten Ausführungen von Goluchowski den gegen­wärtigen Stand der Dinge klar darlegten. Die drei Re­gierungen hätlen noch nichts unterzeichnet; aber sie Hätten gegenseitig den Entschluß kundgegeben, zur geeigneten Zeit an die Erneuerung des Bündnisses zu gehen. Man habe in Italien eine Politik der Isolierung allgeraten. Der Augenblick scheine aber hiefür durchaus nicht geeignet zu sein. Denn die allgemeine Tendenz gehe dahin, sich zu- fammenzuschließen, oder alte Zusammenschlüsse noch weiter zu festigen. Selbst England habe seineglänzende Iso­lierung" aufgegeben. Die Gleichartigkeit der Interessen, der Zusammenhang zwischen allen die Welt bewegenden Fragen nötigten zu solchem Vorgehen, ohne welches Ueberraschungen immer zu fürchten wären. Was Italien angehe, so könne man zugeben, daß nach dem Einvernehmen mit Frankreich betreffs des Mittelmeeres die Besorgnis, welche seinen Ein­tritt in den Bund zu bestimmen schien, ziemlich an Wert verloren habe. Es wäre aber Irrtum, zu glauben, daß dieses der einzig bestimmende Grund gewesen sei. Noch viele andere Interessen von hervorragender Wichtigkeit für Italien finden im Dreibund ihre Garantie, deren Wert mehr und mehr gestiegen ist.

Der französische Ministerpräsident Waldeck-Rousseau ist mach einer offiziellen Mitteilung der Temps fest entschloßen, von der Regierung zurückzutreten. Er wird seinen Rück­tritt sofort nach der Heimkehr des Präsidenten Loubet aus Rußland öffentlich erklären und am 1. Juni der Kammer als Demissionär gegenüber stehen. Zwei Gründe sind maß­gebend gewesen: ein politischer und ein gesundheitlicher. Der erstere wird vom Temps folgendermaßen erklärt: Herr Waldeck-Rouffeau ist der Ansicht, daß er das Pro­gramm, welches er vor drei Jahren beim Antritt seiner Regierung aufstellte, genau erfüllt habe. Das Werk der republikanischen Verteidigung, dem er sich widmete, ist voll­

endet. Die Ruhe ist hergestellt und der Weg ist von neuem offen für die Politik der Einigung der Republikaner, die der Ministerpräsident sich vorgenommen hatte, möglich zu machen. Unter diesen Bedingungen hat sich Herr Waldeck- Rousseau nach unseren Erkundigungen entschlossen, zurückzu­treten und dem Präsidenten der Republik die Sorge zu überlassen, ein Kabinett zu bilden, das der neuen Kammer entspricht."

Präsident Loubet in Kopenhagen. Der französische Torpedokreuzer Cassini mit Loubet an Bord traf vorgestern vormittag 11 Uhr im Hafen von Kopenhagen unter dem Donner der Geschütze und den Klängen der Marseillaise ein. Der König, der Kronprinz, sowie die Prinzen Waldemar, Harald und Hans begaben sich an Vord des Cassini und begrüßten den Präsidenten Loubet aufs herzlichste. Nach einiger Zeit begaben sich die hohen Herrschaften an Land, wo als Ehrenwache eine Abteilung des Leibgarderegiments aufgestellt war, deren Front der König und der Präsident Loubet abschritten. Hierauf wurde die Fahr! zum könig­lichen Schloß angetreten, voran in geschloffenem Wagen König Christian und Loubet, von einer zahlreichen Volks­menge lebhaft begrüßt. Bei der Frühstückstafel richtete der König an den Präsidenten folgende Ansprache: Herr Präsident! Unendlich erfreut, daß Sie mich und mein Land mit Ihrem freundlichen nnd liebenswürdigen Besuche be­ehren, drängt es mich, Ihnen dafür meinen aufrichtigsten Dank auszusprechen. Aus das innigste die Kürze Ihres Aufenthalts bei uns bedauernd, trinke ich auf Ihre Ge­sundheit, Herr Präsident, sowie auf die Wohlfahrt Ihres schönen Vaterlandes, dessen erster und würdigster Vertreter Sie allenthalben sind. Die Musik spielte hierauf die Marseillaise. Präsident Loubet erwiderte: Nichts Härte uns bei der Rückkehr aus einem uns in so hohem Maße teuren Lande angenehmer sein können, als den verehrten Souverain einer Nation zu begrüßen, für welche Frankreich nur Achtung und Sympathie hegen kann. In voller Dankbarkeit für den mir zu teil gewordenen Empfang erhebe ich mein Glas zu Ehren des Königs und der ganzen Kgl. Familie und trinke auf die Wohlfahrt des wackeren dänischen Volkes. Die Musik intonierte die dänische Hymne. Nach der Früh­stückstafel unternahmen der König und der Präsident eine Spazierfahrt durch die innere Stadt nnd trafen um 8Vi Uhr am Hafen ein, wo sich inzwischen der Kronprinz, die Kgl. Prinzen und die Würdenträger, die bei dem Em­pfang anwesend gewesen waren, eingefunden hatlen. Der König und Loubet schritten die Front der Ehrenkompagnie ab. Loubet verabschiedete sich sodann von dem Gefolge des Königs und begab sich, begleitet von dem König, dem Kronprinzen und den Prinzen unter den Hochrusen der Menge mittels Dampfschaluppe an Bord des Kreuzers Cassini. Hier verabschiedete sich der Präsident von dem König und den Prinzen auf das herzlichste, worauf kurz nach 4 Uhr der Cassini unter den Salutschüssen der Forts und der Kriegsschiffe nordwärts in See ging.

Parlamentarische Nachrichten.

Württembergischer Landtag.

i'. Stuttgart, 24 Mai. Heute führte die Kammer der Ab­geordneten die Beratung der vorliegenden und von der volkswirt­schaftlichen Kommission vorberatenen Eisenbahnwünsche zu Ende. Vogler (Ztr.) berichtete über die Petition um Zusammenschluß der Stichbahnen nach Schwendi und Wurzach durch Erbauung der Nebenbahn Schwendi-Gutenzell-Roth und Roth-Ellwangen-Wurzach und beantragte Mitteilung zur Kenntnisnahme. Die Bezirksabge­ordneten Braunger (Ztr.) und Krug (Ztr. empfehlen diesen An­trag, L i e s ch i n g (Vp.) und Staatsrat v. Balz traten ihm ent­gegen. Ersterer beantragte Uebergang zur Tagesordnung. Dieser Antrag wurde, trotzdem Vizepräsident Or. v. Kiene (Ztr.) sich für den Antrag auf Kenntnisnahme ins Zeug legte, zum Beschluß erhoben. Vogler (Ztr.) berichtete ferner über die Petitionen um eine Bahn von Mengen über Ostrach und Wilhelmsdorf nach Friedrichshafen und beantragte Uebergabe zur Erwägung. Sommer (Ztr.) empfahl diesen Antrag, ebenso Liesching (Bp.). Minister v. Soden erklärte, daß die Regierung prinzipiell auf dem Stand­punkt stehe, daß die Durchgangslinien in Württemberg noch nicht alle ausgebaut seien. Staatsrat v. Balz bekämpfte das vorliegende Projekt aufs allerentschiedenste, was zu einem heftigen Rencontre mit dem Abg. Liesching Anlaß gab. Nach weiteren Ausführungen verschiedener Redner wurde der Antrag auf Erwägung angenommen. Gabler (Vp.) berichtete über die Eingabe um Errichtung eines Bahnhofs mit Güterabfertigungsstelle am Lokalzugshaltepunkt Pfau­hausen und beantragte, die Eingabe der Regierung zur Erwägung zu übergeben. Minister von Soden verneinte die Bedürfnisfrage, v. Geß «D. P.) empfahl den Kommissionsantrag, der denn auch angenommen wurde. Ueber die Eingabe von Jakob Wolf und Gen. aus Erzingen OA. Balingen um Errichtung einer Haltestelle in Emlingen ging man zur Tagesordnung über. Gabler (Vp.) beantragte, über die Eingabe der Gemeinde Trosfingen um Ge­währung eines Staatsbeitrags für die dortige Lokalbahn zur Tages­ordnung überzugehen. Schnekenburger empfahl die Petition und beantragte Erwägung eventuell Kenntnisnahme. Minister von Soden sprach sich für Uebergang zur Tagesordnung aus, der auch beschlossen wurde.

Tccges-Neuigkeiten.

Aus Stadt md Land.

Nagold 26. Mai.

Die Eröffnung der Telephonanstalt in Wildderg erfolgt laut amtlicher Mitteilung am 31. Mai d. I. Die Tele­phondienstzeit dauert Werktags von 7 (Winters 8) Uhr bis 12 Uhr vormittags und von 2 Uhr bis 7 Uhr nachmittags; an Sonn- und Festtagen von 1112 Uhr vormittags. Ueber Württemberg hinaus sind Gespräche zugelaffen mit Bayern rechts des Rheins, sowie mit Basel, Durlach, Ett­lingen, Frankfurt (Main), Karlsruhe, Kehl, Mannheim, Offen­bach (Main), Pforzheim und Straßburg (Elf.). Vom glei­chen Tag an sind die Telegraphenstellen Gültlingen und Sulz zum telephonischen Gespräch mit sämtlichen Telephon­stellen des Landes zugelassen.

Schwarzwaldwerk. Verdiente Würdigung findet das in unserem Bericht in Nr. 79 erwähnte Schneewittchen Nagold in dem soeben erschienenen Werk von Prof. Dr. L. Reu­mann, Der Schwarzwald, 167 Seiten, mit 171 Abbildungen und einer farbigen Karte. Preis gebunden 4 Mark. Der Stadt ist eine ganzseitige Abbildung gewidmet. Im Text heißt es: Das alte Städtchen, das neben manchem interessan­ten Haus aus früheren Zeiten auch noch Teile der ehe­maligen Befestigung zur Schau trägt, liegt unten im Thal und gewährt von dem hochgelegenen Bahnhof einen ebenso freundlichen als stattlichen Anblick. Es zählt heute 3700 Einwohner und erfreut sich einer ansehnlichen Gewerbethätig- keit, besonders in Woll- und Goldwaren, auch blüht der Holzhandel aufs lebhafteste, was bei der weiten Ausdehnung der herrlichsten Waldungen weit umher nicht zu verwundern ist. Ueberragt wird das Thal von der alten Feste Hohen- nagold, die, abgesehen von der prächtigen Aussicht, die sie gewährt, unser Interesse mit Recht dadurch fesselt, daß sie einen lehrreichen Einblick in die Bauweise solcher mittel­alterlichen Befestigungsanlagen gestattet.

Weiter heißt es: Zunächst kommen wir nach dem kleinen Städtchen Wildberg, das, auf drei Seiten vom Fluß um­strömt, an einer der eben erwähnten Flußhalbinseln steil yinaufgebaut ist und mit seinen engen Gassen, alten Häusern und seinem noch bewohnbaren Schloß aus früheren Jahr­hunderten das Forstamt ist darin untergebracht uns in anschaulichster Weise ein Stückchen Mittelalter vor die Augen zaubert.

Die Mainummer der Blätter des Wiirtt. Schwarz- waldvercius bietet den Lesern wieder viel Interessantes. Eine Reihe neuer Mitglieder sind dem Verein beigelreten; sogar in Duala wird das Blatt, wie das neueste Mit- gliederverzeichnis zeigt, gehalten. Zuerst kommt die Fort­setzung des ansprechenden ArtikelsEine Dampferpartie durch's Ncckarthal" von Viktor Keller mit sehr hübschen Bildern, dann die Schilderung aus demMonbachthal" von C. M. in L., es folgt hierauf der Schluß des geschicht- lichen und sehr lesenswerten Aufsatzeslieber die Neckar­flößerei bis zum Ende des 18. Jahrhunders" von Schul­lehrer Huber in Dornhan, ein Gedicht des bekannten Naturfreundes Ehr. Wagner in Warmbronn und eine Schilderung des Thonbachlhals von Lehrer Knapp in Thon­bach. Weiter ist zu nennenDas vormalige befestigte Bergschloß Albeck, die Grafen von Sulz und die Freiherren von Geroldseck" von Regierungssekretär Spellenberg in Reutlingen undZur Wegbezeichnung" von Fr. Wertz. Den Schluß bilden Berichte aus den Bezirksvereiuen.

Schanmweinsteuergesetz. In Ergänzung unserer Notiz in Nr. 70 ds. Bits, machen wir noch folgende Angaben über die Höhe der Steuer: Nach Z 2 des Gesetzes jvom 9. Mai beträgt die Schaumweinsteuer a) für Schaumwein, der aus Fruchtwein ohne Zusatz von Traubenwein hergestellt ist, zehn Pfennig für jede Flasche; b) für anderen Schaum­wein und schaumweinähnliche Getränke fünfzig Pfennig für jede Flasche.

Fahrpreisermäßigung für Hopfrnpflücker. Während der heurigen Hopfenernte wird für Hopfenpflücker eine Ermäßi­gung der Eiscnbahnfahrtaxe in der Weise eingeräumt, daß im Binnenverkehr der würitemb. Staatseisenbahnen an Per­sonen, die zum Zwecke des Hopfenpflückens nach den unten angeführten Stationen reisen, während der Monate August und September einfache Personenzugsfahrkarten dritter Klaffe abgegeben werden, die zur freien Rückfahrt bis spätestens 1. November berechtigen, wenn die Fahrkarten (auf der Rückseite) vor dem Antritt der Rückreise mit dem Amls- stempel des Orte-, wo die Fahrkarteninhaber als Hopfen­pflücker beschäftigt waren, abgestempelt worden sind. Diese Abstempelung gilt gleichzeitig als Bestätigung seitens der Ortsbehörde, daß der Karteninhaber als Hopfenpflücker be­schäftigt war. Diese Fahrkarten werden nur nach den