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Aufgebot bestellte, sich als wohnhaft in Freiburg und früher lange in Paris gewesen ausgegeben. Die Untersuchung hat nun folgendes ergeben: Grentz heiratete im Jahre 1879 in Dresden erstmals und verließ seine Frau, als die Geburt eines zweiten Kindes herannahte. Nach einigen Jahren klagte die Verlassene auf Scheidung, erfuhr aber nicht eher etwas von ihrem Mann, als bis er in Zürich wegen eines Gelddiebstahls in einem Hotel zu l'/z Jahren Arbeitshaus verurteilt worden war. Das Gericht wies die Schei- dungsklage der Frau zurück und der Angeklagte erfuhr dies; bald darauf wurde er aus dem Zuchthause entlassen. Start heimzukehren, ging er nach Freiburg und vollzog hier am 4. August 1885 die zweite Ehe, nicht ahnend, daß die Scheidung von seiner ersten Frau nahe bevorstand. Diese hatte nämlich die Scheidungsklage wiederholt und das Oberlandesgericht Dresden erkannte diesmal auf Scheidung der Ehe. Das war aber Grentz damals und auch lange Zeit nachher nicht bekannt. Vor Gericht suchte sich der Angeklagte damit auszureden, er habe im Januar 1885 nochmals an seine Frau geschrieben, sie habe ihn aber für immer abgewiesen, da sie bereits geschieden seien und sie im Begriff stehe, sich wieder zu verheiraten. Einen Beweis hierfür konnte er natürlich nicht beibringen. Das Gericht erkannte: dem Anträge des St.-A. entsprechend, auf eine Zuchthausstrafe von 1 Jahr 6 Mon. und auf 5jähr. Ehrverlust.
Solitude, 26. März. In den letzten Tagen wurden in den hier angrenzenden Waldungen, sowie auch im Rotwildpark, eine hübsche Anzahl Füchse teilweise geschossen, teilweise gefangen, was für die Jagd im allgenieinen, im besonderen aber für die Niederjagd, von großem Wert ist, da Füchse bekanntlich in die Klasse von „Raubzeug" gehören und somit der Jagd vielen Schaden zufügen. Vor einigen Tagen hatte, wie wir schon berichtet, Forstwächter Renz, ein alter, praktischer und erfahrener Jäger, eine Füchsin mittels Berlinereisen gefangen, welche mit 8 Jungen trächtig war und hatte derselbe vorgestern wiederholt das Glück, auf dieselbe Weise eine solche mit 7 Jungen zu fangen. Gleichzeitig schoß auch Jagdaufseher Maier in Ditzingen eine Füchsin mit 6 Jungen trächtig, und Parkwächter Müller im Rotwildpark fing vermittels Falle eine solche mit 6 Jungen trächtig; macht die Vernichtung von zusammen 31 Füchsen in einem Zeitraum von 10 Tagen. Gewiß ein schönes Fangresultat, was zu erfahren für jeden Jäger von Interesse sein dürfte.
Untertürkheim, 27. März. Seit einigen Tagen herrscht hier unter dem Geflügel eine Seuche, welcher in einigen Ställen in ganz kurzer Zeit sämtliche Hühner zum Opfer gefallen sind. Die Tiere sitzen maude- rig umher, versagen das Futter, der Kamm wird blaß, sie bekommen Durchfall und nach einigen Stunden tritt der Tod ein. Bei den geöffneten Tieren zeigt sich der Kropf aufgeschwollen und der Darm entzündet.
Reutlingen. 27. März. In das Dunkel, das über die Thäter- schaft des gestern aus Pfullingen gemeldeten Mordes seither herrschte, scheint Licht zu kommen. Auf dem Bette der ermordeten 73jährigen Frau fand man einen Westenknopf; derselbe paßt genau an die Weste ihres — Schwiegersohnes, der ganz in der Nähe wohnt. Im Schuldbuche derselben fehlte ferner das Blatt, auf dem die Schulden ihres Schwiegersohnes notirt waren, von dem bekannt ist, daß er hier und da bei seiner Schwiegermutter Geld entlehnte. Der mutmaßliche Thäter wurde in das hiesige Oberamtsgerichtsgesängnis eingeliefert.
Litten crvisches.
Mjlticti» I. Da» L«bcn Kaiser Wiktiekms ile« 8>eqrcicks». Dem l!e»Isct>en iloltie crzäkkl «an 4rikär, 1ie-üek.Awin„eak>erft. Mit 8 Vollbildern. (Stuttgart. Süddeutsches Verlags-Institut, E. Hänselmann's Verlag.) Preis elegant gebunden 1 »k
Unter den vielen Biographien unseres Kaisers, die für die weitesten Kreise bestimmt sind, dürfte die vorliegende eine ganz hervorragende Stellung einnehmen. Es i ag dem Verfasser weniger daran, eine genaue chronologische Darstellung von dem !
Leben des Kaisers zu geben, er hat mit Vorliebe den Charakter desselben gezeichnet, und in demselben das Bild eines Mannes dargestellt, dessen Pflichttreue, dessen unerschütterliches Vertrauen auf das deutsche Volk ihn ein so herrliches Ziel erreichen ließ. In schöner und lebendiger Darstellung schildert uns der Verfasser unser» Heldenkaiser, seine drangsalreiche Jugend, die Arbeit seines Mannesalters und das segensreiche Wirken feines Greisenalters. Trefflich versteht er, in dem Leser die wärmsten patriotischen Gefühle zu wecken, und die politischen Ereignisse während seiner Regierungszeit scharf und treffend zu charakterisieren. So bietet er in diesem prächtig ausgestatteten Buche nicht allein ein Bild voll Leben des Kaisers, sondern auch eine Schilderung aus der Zeitgeschichte, deren Beurteilung geistvoll, deren Darstellung musterhaft genannt werden darf.
Fricärilti Wikliekm, Kronxrm; <I«utsikiei> Fici'ckcs »ml oo» Preußen. Kl» Vorbitä eine» Fürsten im Krieq unä Frieden. Dem äeutfchen Volke geiviämet von T. A. Fiscster. (Stuttgart. Süddeutsches Verlags-Institut, E. Hänselmann's Verlag.) Preis reich illustriert, elegant gebunden 1
Gerade jetzt, wo sich das ganze deutsche Volk in Sorge um die Zukunst unseres Kronprinzen vereinigt, dürfte ein Buch wie das vorliegende Beifall und Anklang finden. Es ist nicht allein die prächtige Ausstattung und der staunenswert billige Preis, der diesem Buch rasch Eingang schaffen wird, wir gestehen, selten ein Lebensbild unseres Kronprinzen gelesen zu haben, das wie dieses historische Vollständigkeit mit schöner Darstellung und warmem patriotischem Gefühl vereinigt. Das Heldenleben unseres Kronprinzen in allen seinen Phasen darzustellen, ein Bild seines echt deutschen Charakters zu zeichnen und die Liebe zu unserem Kaiserhaus zu wecken und zu beleben, diese Aufgabe hat der Verfasser trefflich gelöst. Es ist ein wahrer Genuß, diese Schrift zu lesen, die von einem Süddeutschen geschrieben, umsomehr Anerkennung verdient, als er in kluger und trefflich begründeter Darstellung jedem kleinlichen Partikularismus scharf zu Leibe geht und beweist, daß unser deutsches Reich nur unter Führung der Hohenzollern blühen und gedeihen kann. Auch aus diesem Grunde begrüßen wir dieses neue Buch mit Freuden, und empfehlen dasselbe allen unser» Lesern, Jung und Alt, da dasselbe überall, in jeder Familie, in jeder Schülerbibliothek sein sollte.
— Im Interesse unserer Leser glauben wir jetzt schon darauf Hinweisen zu müssen, daß von „Meyers Hand Lexikon des allgemeinen Wissens", dem bekannten, in Hunderttausenden verbreiteten Nachschlagebuch ersten Ranges, demnächst eine neue vierte, gänzlich umg'earbeitete Auflage erscheinen wird. Dieselbe soll eine Vermehrung um nahezu 20,000 Artikel, eine reiche illustrative Ausstattung, größeres Format und deutsche Schrift erhalten. Die Ausgabe wird in 40 wöchentlichen Lieferungen zu dem erstaunlich niedrigen Preis von 30 Pf. erfolgen, eine bequeme Gelegenheit zur Erwerbung dieses kostbaren Kleinods, die selbst der Unbemittelte nicht versäumen sollte.
Sie klagen darüber, daß Sie an Ihren Stiefeln wenig Aenderung wahrnehmen, trotzdem daß Sie solche einmal mit „Schuhfett Marke Büffelhaüt" behandeln ließen? Lieber Freund, nicht einmal, sondern wöchentlich einmal, bei nasser Witterung auch noch häufiger, müssen Sie das Schuhwerk abends mit diesem Fett behandeln und erst am andern Morgen wichsen lassen. Dann aber garantiere ich Ihnen für stets weiche, wasserdichte und dauerhafte Stiefel, die auch bei Regenwetter sofort wieder Glanz annchmen.
Das auf dem Lande so häufige Einfettcu der Stiefel mit Schweineschmalz, Schmeer u. dergl. ist nicht ratsam, da diese Fette hauptsächlich das Leder hart und brüchig machen. Oben erwähntes Lederkonserviermittel wird nicht offen, sondern — um den Käufer vor Täuschung zu schützen — nur in Blechbüchsen verkauft, deren Deckel mit der gesetzlich eingetragenen Marke „Büffelhau t" bedruckt sind. Hierauf ist der vielen minderwertigen Nachahmungen wegen sehr zu achten.
Büchsen L 20 und 40 H sind samt Gebrauchsanweisung in folgenden Handlungen zu haben:
In ßalrv: Emil G e o r g ii, Erwin H a rl f i ug e r, R. H aub er , C. Ios e n -
Hans' Nächst, Karl Sakmanu, Chr. Schlatterer, L. Schlotterbeck.
Akthengkett: Fr. Kling. Hechingen: Jak. Krauß. Kirlan: G. Hcnsle.
Tievenzell: Karl Rau. Wötlkingcn n. Simrnozheim: K. H. Ehmert.
Stammheim: L. Weiß.
Gottesdienste am h. Osterfest, den 1. April.
Vom Turme: Nro. 167. Vormittagspredigt: Hr. Dekan Braun. Feier des h. Abendmahls. Nachmittagspredigt um 2 Uhr in der Kirche: Hr. Helfer Eytel.
Ostermontag.
Vormittagspredigt um halb 10 Uhr in der Kirche: Hr. Helfer Eytel.
Kotteüäienste in äer MetlioäisleiiKupcüe am Sonntag, den 1. April 1888, morgens '/-10 Uhr, abends 8 Uhr.
rasch entgegen, und es durfte keine Zeit verloren werden, um mit ihm eine Vereinbarung zu treffen, über deren Art aber nichts erwähnt war. Inständiges Flehen an den Adressaten war in jedem Schreiben zu lesen, derselbe möge bald kommen, und alle diese Briefe trugen die Unterschrift: Morton.
„Ich denke, ich thue am besten daran, diese Briefe dem Vater zu zeigen und zu hören, was er darüber zu sagen hat," entschloß Richard sich endlich. „Man) braucht sie aber einstweilen noch nicht zu sehen; sie würde sich nutzlose Gedanken machen, gleich mir!"
Und der gepeinigte junge Mensch durchmaß erregt das Zimmer.
Es verging eine geraume Zeit, bevor er wieder den Mut fand, die noch nicht durchgelesenen Briefe anzusehen; einer derselben war es, welcher seine Aufmerksamkeit ganz besonders auf sich zog:
„Ich schließe den Vertrag bei; Du weißt, wie ruhelos er ist, wir haben keine Zeit zu verlieren; ein Trost erübrigt uns aber doch: wir sind Alle im gleichen Boote!"
Ein zweites Blatt entfaltend, welches dem Briefe beigeschlossen war, las Richard:
„Willigt ein, in Oregon zu leben; ist mit dem Klima einverstanden, will viertausend Pfund Sterling mehr, — hat offenbar keine Ahnung von dem Wert des ganzen Gehölzes, sonst würde er das Zehnfache verlangen. (Dies war als Randbemerkung eingeklammert.) Will Pferde-Export beginnen, verlangt das Geld bis zum 25. März, da er ungeduldig ist, abreisen zu können; will überdies einen schönen, goldenen Chronometer und ein Füßchen feinsten Branntwein als Zugabe. Wenn wir diese Bedingungen erfüllen, so wird er uns nicht weiter belästigen und erklärt sich vollständig bezahlt; um des Himmels willen komme und lasse uns die Sache abthun."
So bestürzt auch Richard über Das war, was er bis nun gelesen, so steigerte sich diese Bestürzung doch noch weit mehr, als er auf einem anderen Blatte seine und seiner Geschwister Namen und Geburtstage, sowie den Namen seiner Mutter und das Datum ihrer Vermählung, mit Richard James von Roden las. Darunter stand mit fester Handschrift zu lesen:
„Darf keine Verwechslung und kein Irrtum geschehen."
Wer aber hätte denn über solche Dinge Verwechslungen Hervorrufen können?
Doch nicht der Vater oder der Onkel, welche ihr Leben lang mit der Familie verwoben gewesen waren?
Endlich unterbrach Richard die sich selbst gestellte Aufgabe, war aber mehr denn jemals überzeugt, daß irgend ein düsteres Familiengeheimnis bestehen müsse, welches das Licht der Welt zu scheuen habe.
Wenn er den Inhalt aller Briefe durchdachte, konnte er nicht umhin, zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß sein Vater einst unter dem Namen Morton bekannt gewesen sein müsse, oder diesen Namen angenommen habe, um sich vor irgend einem Menschen zu verbergen, welchen zu fürchten er Grund haben mußte; wer der Betreffende aber sei oder worin das Geheimnis bestehe, das ahnte Richard jetzt eben so wenig, als bevor er einen Einblick in jene Papiere genommen hatte.
„Es bleibt eine mysteriöse Geschichte, wie immer man es auch ins Auge fassen mag," sagte er sich, indem er zu dem sternenübersäeten Himmelszelt emporblickte. „Es ist stets eine Schranke aufgetürmt gewesen zwischen uns und dem Vater; liegt hierin die Erklärung derselben? Gott im Himmel, kann er je irgend Etwas gethan haben, wodurch er unwert geworden ist, mit anderen Menschen auf dem Fuße der Gleichberechtigung zu verkehren? Ich vermag es nicht zu fassen!"
Und schaudernd entsann er sich, wie oftmals er von Freunden der Familie hatte mitleidsvoll hören müssen, daß sein Vater bis zur Unkenntlichkeit verändert worden sei durch den Anfall von gelben, Fieber, welchen er in Westindien gehabt, und durch den Tod Frau von Rodens.
War es am Ende jenes düstere, unaufgeklärte Geheimnis, welches in Wirklichkeit diese Wandlung hervorgebracht hatte?
„Ich muß es ergründen, wenn mir das Leben nicht eine unerträgliche Last sein soll!" sagte Richard sich. „Ich muß wissen, ob dieser Morton und mein Vater eine und dieselbe Person sind und wenn sich meine Nachforschungen selbst bis nach Westindien erstrecken sollten. Ich darf nicht ruhen, noch rasten, bis ich die Wahrheit weiß. Ich stehe vor einem Rätsel, welches dunkel ist, wie das Schicksal, das unser wartet. Wenn nur ein Bruchteil von dem, was diese Blätter enthalten, mit dem Namen Roden in Verbindung steht, es wäre Schmach, untilgbare Schmach, — nein, mehr als das, — es wäre Tod und Verderben!" (Forts, folgt.)