7 «. Jahrgang.

Erschein:

Montag, Mittwoch, Donnerstag und Samstag.

Preis vierteljährlich hier 1 mit Träger-

lohn 1.10 im Bezirks­und 10 Km-Verkehr 1.15 im übrigen

Württemberg 1.25 Monatsabonnemenls nach Verhältnis.

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Amtliches.

Bekanntmachung.

Man hat Veranlassung, die am 31. August 1893 er­lassenen bezirkspolizeilichen Vorschriften zur Ver­hinderung eines schädlichen Betriebs des Fisch­fangs innerhalb der Fischwege und in deren Um­gebung zur allgemeinen Kenntnis zu bringen:

1. DieFischw.ge im Oberamtsvezirk Nagoid, welche da­zu bestimmt sind, den Fischen das Aufsteiger! in den oberen Teil deo Wasscrlauss zu ermöglichen, sind das ganze Jahr offen zu Hallen.

2. In den Fischungen des Oberamtsbezirks Nagoid, so­wie in einem Umkreis von 50 m um dieselben herum ist für d e Zeit, während welcher sie geöffnet sind, jede Art des Fischfangs, insbesondere das Einhängen oder Einsetzen von Fangvorrichtungen irgend welcher Art verboten.

3. Verfehlungen gegen vorstehende Vorschriften werden ans Grund des Art. 39 Polizeistrasgesetzes vom Obcramt mit Geldstrafe bis Zu 45 ^ bestraft.

Die Herren Ortsvorstehrr werden beauftragt den Interessenten diese Vorschriften bekannt Zu geben und hierüber Eintrag im Amtsprorokoll zu machen.

Nagold, 12. April 1902. _ K. Oderamt. Ritter.

Die gemeinschaftlichen Aemter

wollen die Jahresberichte über die mit Unterstützung der Zentrallcitung des Wohühätigkcilsvercins bestehenden Kleinkinderschulen spätestens bis 25. d. Mts. auf dem seiner Zeit Angestellten Formular anher vorlegen. Nagold, den 11. Avril 1902.

K. gcm. Obcramt. Ritter. Römer.

Die Gemeindebehörden

werden hiemit auf den in Nr. 8 dcS Ministerial-AmtS- blatrs von diesem Jahr erschienenen Erlaß oes K. Mimst.nums Scs Innern voni 27 v. Mts. betr. den- Schutz vater­ländischer Kunst- und Altertumsdenkmale v sonders aunneiksun gemacht und insbesondere ans Ziffer 5 Abs. 2 des Ermises zur Nachachtung hingewieseu.

N u g o t d, L.n 15. April 1902.

_ K. Oberamt. R itte r .

Amtliches. Seine Kgl. Majestät haben am 11. April d. I. allergnädigst geruht, auf die erledigten Forstämter Stam m heim den Oberförster Reichert in Kleinaspach und Liebenzell den Oberförster Lechler in Enzrlösterle je auf Ansuchen zu versetzen, sowie das erledigte Forstamt Balingen dem Forstamtmann tit. Oberförster Müller in Freudenstadt zu übertragen.

Am 11. April d. I. ist von der Evangelischen Obcrschnlbehörde die Schulstelle in Nenn eck, Bez. Pfalzgrafenweilcr, dem Hilfs­lehrer Gottlieb Egen in Jngelfingen, Bez. Belscnberg, (Künzclsau), übertragen worden.

Telephon Nr. 29.

'politische HleöerstchL

Der deutsche Reichstag nahm gestern nach Beendigung der Osteiferien seine Arbeiten wieder auf. Wie indessen verlautet, soll seine Thätigkeit nur eine kurze sein. Man glaubt in Reichstagskreisen, daß die Vertagung bereits

Z>cr April und seine Launen.

Von Fritz Deutsch.

Nachdruck verboten.

Der April ist ein launischer Geselle, ein Schalk sonoer- gleichen. Heute strahlt die Sonne vom wolkenlosen Himmel hernieder und jedmänniglich freut sich der lenzlichen Wärme, Strohhüte und Sonnenschirme werden aus ihrem Winter­quartier befreit morgen empfangen dich kalte Regenschauer, ein eisiger Wind treibt dir Schneeflocken und Graupeln ins Gesicht und brummend trägst du einen tüchtigen Schnupfen nach Hause, der dich mehrere Tage plagt und leicht noch Schlimmeres nach sich ziehen kann. Dieser rasche und aus­fallende Witterungswechsel im April ist für Deutschland und die meisten Gegenden Oesterreichs und der Schweiz charak­teristisch. Im allgemeinen hat er seinen Grund in der Lage dieser Länder. Gegen Osten ziehen sich die größten zusammenhängenden Erdmassen der Erde, im Westen ist der weile und unruhige atlanische Ozean. Der Gegensatz zwi­schen dieser ungeheuren kontinentalen Masse und der uner­meßlichen Massermenge bedingt einen Gegensatz in der Er­wärmung. Schon von Mitte März an erwärmen sich die unteren Luftschichten über dem mitteleuropäischen Festlande bedeutend, vorausgesetzt, daß klares, schönes Wetter ist. Das Meer und die darüber ruhenden Luftschichten erwärmen sich langsamer. Die, bedeutend erwärmte Luft über dem Kontinent steigt rapid in die Höhe, die kältere Luft des Meeres dringt rasch herzu daher nach kurzem schönen Frühlmgsweiter die Nocdweststürme mit ihren unangenehmen atmosphärischen Erscheinungen. Auch von Nordosten und

Telephon Nr. 29.

Nagold, Mittwoch dm 16. Ilprit

Auflage 2050.

Anzeigen-Gebktzr f. d. Ispalt. Zeile aus gewöhn!. Sckrist oder deren Raum ' bei Israi. Einrückung 10 7 z, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Gratisbeilagen: DaS Plauderstübchev und

Schwab. Landwirt.

Mitte Mai erfolgen wird. Diese Vermutung wird mit dem Hinweis begründet, daß die Zolllarifkommission ihre Ar­beiten umso eingehender fördern könne, je früher der Reichs­tag vertagt wird. Mit der frühzeitigen Vertagung würden einige wichtige Vorlagen, wie das Schaumweinsteuergesetz und die Novelle zum Branntweinsteuergesetz unerledigt bleiben.

Von einem Statthalter wird Luxemburg hinfort re­giert werden. In der gestrigen Sitzung der luxemburgischen Deputiertenkammer machte der Staatsminister Eyschen fol­gende Mitteilung: Der Gesundheitszustand des Großherzogs legt ihm große Schonung auf, andererseits will er eine Störung der ganzen Staatsgeschäfte vermeiden. Er ernennt darum kraft der Verfassung den Erbgroßherzog zu seinem Statthalter. Der Erbgroßherzog nimmt die Mission an und läßt die Kammer ersuchen, einen Ausschuß zu ernennen, in deren Hände er den vorgeschriebenen Eid leisten will. Die Kammer hat darauf eine Kommission von 7 Mitgliedern ausgelost.

lieber den Wiener Aufenthalt des deutschen Reichs­kanzler Grafen von Bülow wird ans Kreisen, die demselben nahe stehen, der N. Fr. Pr. berichtet: Gras von Bülow hat allen Grund, mir dem Erfolg seines Wiener Aufent­halts zufrieden zu sein. Der Kaiser empfing ihn außer­ordentlich liebenswürdig und behielt ihn über eine Stunde bei sich. Der Kanzler konferierte vormittags anderthalb Stunden Fnt dem Grafen Goluchowsti und sah ihn nach­mittags wieder. Gras von Bülow sowohl wie die Staats­männer, mit denen er sich unterhielt, wurden in derUeber- zeugung bestärkt, daß die internationale Politik fortan aus den gleichen Grundlagen wie bisher ruhen werde. Die Wiener Unterredungen haben ergeben, daß der bisherige Zustand als ein so guter erachtet w rd, daß man nichts besseres an dessen Stelle setzen sollte, um nicht die Gefahr herauszubeschwören, daß das Bessere vielleicht minder gut sei, als das bisherige Gme. Der Dreibund wird also weiter bestehen und erneuert werden.

Zu dem italienisch-schweizerischen Zwischenfall bringt die in Rom erscheinende offiziöse Zeitung Cavitan Fracassa einen sehr scharfen Artikel üver das Verhalten der Schweiz. Es heißt dort: Die Abberufung des italx-nischeu Gesandten, der nur die Aufmerksamkeit der Schweizer Re­gierung am das infame Treiben der Anarchisten lenkte, konnte durchaus mehr geduldet, geschweige erörtert werden. Die Schweiz erlaubte ans Furcht den Anarchisten den Druck und die Verbreitung von 50 Schmähschriften gegen Italiens Monarchie. Jene Regierung hatte nicht ein Wort des Be­dauerns, ermutigte hingegen diese ekelerregende Sorte Litte- ratur. Unser Gesandter benahm sich korrekt. Wenn die wahren Freunde der Schweiz die Anarchisten sind, bedauern wir nicht, die schweizerische Freundschaft verloren zu haben, zumal die Initiative zum Bruch von Bern ansging. Dagegen stellen die schweizerischen Blätter fest, daß der Bundesrat handelte, wie es die Würde des Landes ver­langte und sind überzeugt, daß der Vorfall prompt erledigt wird. Die neue Züricher Zeitung sagt: Aus der Frage des persönlichen Taktes sei ein diplomatischer Zwischenfall gemacht worden. Man dürfe hoffen, daß der Zwischenfall

nicht weiter aufgebauscht werde, und daß es dem guten Willen der maßgebenden Persönlichkeiten gelinge, die nor­malen und freundlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wiederherzustellen.

Die russischen Landwirte in den au die preußische Grenze stoßenden Distrikten haben sich mit einer Kollektiv­eingabe an das Departement für Handel und Manufakturen in St. Petersburg gewandt, welches sie ersuchen, das aus Preuße.a eingeführte Getreide mit einem Zoll zu belegen, welcher dem von Deutschland festgesetzten oder geplanten Zoll entspreche. Wie dem Warschauer Dn. zu entnehmen ist, ließ das Departement die Eingabe zur Meinungs­äußerung an das Warschauer Börsentoinitee gehen, das sich den Wünschen der Bittsteller angeschlosseu hat.

Parlamentarische Nachrichten.

Berlin, 12. April. Die Zvlltarifkoinmission trat nun heute in die Beratung der Biehzötle ein. Die Konipromißanträge Gamp nnv Genessen haben wir gestern mitgeteilt. Bei Position 99 Pferde kam es zu einer grundsätzlichen Debatte. Graf Schwerin (korst.) begründete den Kompromißantrag mit dem Interesse der Landpferdezucht und der Armee, Müller-Sagan (freist Vp. ,' entgegnete, durch die Zölle werden die billigen Arbeits­pferde prozentual Höher belastet als die teuren Luxuspferde. Antrick (Soz.) begründete den Antrag auf vollständige Zolljreiheit. Land- winschaftsminister v. Podbielski betonte die Notwendigkeit dieser Zölle, aber die Sätze der Regierungsvorlage seien ausreichende; auf dieBindnng der Viehzölle durch Mindestsätze können sich die Regierungen nicht entlassen. Herold iZentr.) erklärt, die Viehzölle müssen gleich den Getreidezöllen gebunden werden, weitere Bindungen aber werden dann vom Zentrum nicht verlangt meiden. Staatssekretär Graf P 0 sad 0 wsky führte aus : Niemand werde darart zweifeln, daß er ernstlich wünsche, im Interesse der Landwirtschaft, der In­dustrie und der arbeitenden Bevölkerung das handelspolitische Ver­hältnis des deutschen Reiches zu den anderen Staaten auf eine neue Grundlage zu stellen. Das könne aber nur unter der Voraus­setzung geschehen, daß der Uebergang in die neuen Verhältnisse ohne eine Erschütterung ver handelspolitischen Beziehungen zu anderen Staaten vor sich gehe. Ein gegenteiliges Resultat würde für Deutsch­land sehr bedenklich sein. Ein Doppeltarif könne unter Um­ständen ein gutes handelspolitisches Instrument sein, aber nur unter Per Boraussetznng, daß die Minimalzölle nicht zu hoch gegriffen werden. Solche Minimalsätze, wie sie hier bei den Viehzöllen ge­fordert würde», seien mit Handelsverträgen nicht vereinbar. Der Zolltarif sollte gewissermaßen nur eine erste Skizze sein, von den: ersten Marmorblock, den man roh forme, müsse noch viel Material heruntergeschlagen werden. Wenn jetzt nur eine lose Ueberarbeitnng des Materials vorgenommen werde, so habe das den Fehler, daß Ferner- und auch Näherstehonde schon jetzt Miß­trauen gegenüber dem Werke empfinden und von vornherein ein Vorurteil entstehe. Aber bei der zweiten Lesung und im Plenum könne eine wundervolle Bildsäule herauskommen. (Heiterkeit und Widerspruch.» Er könne den Freunden der Zolltarstvorlage nur raten, energischer ans die endgiltige Gestaltung binzuarbeiten und von dem System der Mindestzölle abzusehen, lieber seine Reise sagt der Staatssekretär, die Herren tonnen glaube», daß cs keine reine Vergnügungsreise gewesen sei, aber es gebe Dinge, bei denen sich die Regierungen nicht in die Karten sehen lassen können.

Position 99 wurde, wie voransznsehen war, nach dem Kompromißantrage Gamp und Genossen angenommen. Dafür stimmten außer den Konservativen und dein Zentrum auch die beiden nationallib. Abg. Tieg und Horn-Goslar, während die nationallib. Abg. Paasche und Beniner mit der Minderheit stimmten. Position 99 lautet jetzt:

Pferde im Werte von 800- 1009 ./t: 90 Zoll pro Stück; von 1000-2500 180 Zoll; über 2500 800 Zoll.

Der Bundesrat ist befugt, Zuchtpferde unter 2 Fahren pro Stück

j Osten, wo noch starrer Winter herrscht, kommen kalte Winde, die nicht wenig zu den Launen des April beitragen.

Eine weitere Ursache der Witterungsstörungen im Früh­jahr sind die geologischen Verhältnisse der südlichen Begrenz­ung unseres Erdstriches. Ein riesiger Bergwall zieht sich von den Seealpen am niitteländischen Meer in einem halb­kreisförmigen Bogen bis nach Siebenbürgen und tief in die Balkanhalbinsel hinein. Dieser verwehrt den Lüften des Südens, die sich über der glühenden Sahara bilden, den regelmäßigen Zutritt zu unseren Gegenden. Der Ausgleich zwischen Kälte und Wärme vollzieht sich deshalb hier in gewaltsamer Weise; rasende Stürme an den Linsten des Mittelmeeres z. B., wie sie im Frühjahr nicht fetten sind, machen sich bet uns häufig als Föhn bemerkbar.

Aber wie sind die Veränderungen des Wetters, »die sich oft in wenigen Minuten vollziehen, zu erklären? Die Meinungen darüber sind verschieden; aber so viel ist gewiß, daß die Elektrizität in der Atmosphäre und in der Erde einen bedeutenden Einfluß auf die Witterung ausübt. Seit Jahrhunderten ist bekannt, daß die Erde ein großer Magnet ist. Aber sie wirkt auch wie ein elektrische? Element; mit ihrer Erwärmung werden elektrische Ströme erzeugt, deren Stärke und Richtung sehr verschieden sind. In neuester Zeit werden Uuteffuchungen darüber angestellt, inwieweit diese elektrische Ströme mir den Schwankungen und Stör­ungen des Erdmagnetismus Zusammenhängen. Diese Stör­ungen zeigen sich hauptsächlich im April, wo die obersten Schichten der Erde aufs neue erwärmt werden. In der Atmosphäre bildet sich infolge von Wasserverdnnstung fort­während eine große Menge von Elektrizität. Ihre un­

gleiche Verteilung in den verschiedenen Luftschichten sichet zu kurzen Gewittern und damit zu flüchtigen Regenschauern, an deren Stelle nach wenigen Minuten Sonnenschein tritt.

So ist der April ein wettei wendischer Geselle und wird es auch bleiben, trotzdem bei uns für alle Monate des Jahres eine große Veränderlichkeit des Wetters wahrzs- nehmen ist. Daß diese Veränderlichkeit uns gerade im April am unangenehmsten ist, hat auch seinen Grund. Nach dem langen, kalten Winter in uns ein warmer, hettercr Frühlingstag doppelt angenehm; tritt der naturumwendige Wittcrmtgsumschlag ein, für den der April doch eigentlich nichts kann, so schelten wir ihn einen unmanierlicheit, un­höflichen Gesellen, der uns die gute Laune verderbe. Wer ist um: launisch? Sind wir cs, oder ist es der April?

Vermischtes.

Der Humorist W lhclm Busch begierig am 15. April seinen 70. Geburtstag. Er ist allen Ehrungen aus dem Wege gegangen und hat Mechtshausen (wo ec seil Jahren zurück­gezogen lebt) am 9. d. Nt. verlass. 11 und eine Reise angetr teu. Unbestimmt, wohin uns aus weiche Zeit. Mechtshausen liegt im Hildcsheimischcn, harr au der braunschweigischen Grenze. Busch wohnt dort bei s.inem Steffen, dem. evangelischen Pfarrer Noeidckc, seit 4 Jahren und verläßt seinen Ruhesitz nur selten. Der alte Herr fühlr sich in der idyllischen Ruh. des schön gelegenen Dorfes außerordentlich wohl, er lieb e das Landleben von Jugend auf. Das Genre, in dem er einst so Glänzendes geleistet hat, liegt ihm so sagt .r selbst jetzt fern, er hat kein Interesse mehr dafür.